Gericht

Landesverwaltungsgericht Tirol

Entscheidungsdatum

16.03.2015

Geschäftszahl

LVwG-2015/29/0256-2

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Tirol hat durch seine Richterin Mag. Theresia Kantner über die Beschwerde des A, Adresse1, Ort1, vertreten durch B,C,D und Partner Rechtsanwälte, 6020 Innsbruck, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Ort2 vom 17.12.2014, Zl **-***-2014,

zu Recht erkannt:

1.           Gemäß Paragraph 28, VwGVG wird der Beschwerde Folge gegeben und der angefochtene Bescheid ersatzlos behoben.

2.           Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß Paragraph 25 a, VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Artikel 133, Absatz 4, B-VG unzulässig.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen diese Entscheidung kann binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, oder außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.

Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen, und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

römisch eins.           Bisheriger Verfahrensgang:

Dem Behördenakt ist zu entnehmen, dass am 18.06.2014 zwei E-Mails des E vom 17.06.2014, gerichtet an den BH Ort2 und das BMWFJ, in welchem (ua) angefragt, wird, ob für das (ua) vom Beschwerdeführer auf seiner Homepage angebotene Programm eine Gewerbeberechtigung erforderlich sei, von der BH Ort2 an die Abteilung Gewerbe bei der BH Ort2 weitergeleitet wurden. Am 24.06.2014 wurde von der Abteilung Sachgebiet Gewerbe, Amt der Tiroler Landesregierung, ebenfalls eine E-Mail des E vom 11.03.2014 (ua) an die BH Ort2, Abteilung Gewerbe, weitergeleitet, in welcher von E um Überprüfung ua des Betriebes des Beschwerdeführers auf das Vorhandensein einer Gewerbeberechtigung ersucht wurde.

Dem Behördenakt ist weiters zu entnehmen, dass eine ZMR-Anfrage betreffend den Beschwerdeführer am 01.07.2014 durchgeführt wurde, ebenfalls befinden sich vier Ausdrucke von der Homepage des Beschwerdeführers vom 01.07.2014 im Akt.

Am 07.07.2014 wurde der BH Ort2, Abteilung Gewerbe, ein Erhebungsauftrag des BMWFW vom 01.07.2014, gerichtet an die Tiroler Landesregierung, Landhaus, übermittelt, in welchem die Einladung zur Veranlassung einer gewerbebehördlichen Überprüfung unter anderem der auf der Internetseite des Beschwerdeführers angebotenen Dienstleistungen ersucht wurde.

In weitere Folge richtete die belangte Behörde ein Schreiben vom 26.08.2014 an die Wirtschaftskammer Tirol, in welchem angeführt ist, dass gemäß Paragraph 348, Absatz eins, Satz 2 GewO die Bezirkshauptmannschaft als Gewerbebehörde römisch eins. Instanz bei Zweifeln, ob in einem Verwaltungsstrafverfahren die Bestimmungen des Paragraph 366, Absatz eins, Ziffer eins, GewO auf die betreffende Tätigkeit anwendbar seien, dies von Amts wegen festzustellen habe. Seitens der Bezirkshauptmannschaft Ort2 sei im oben genannten Akt ein Strafverfahren wegen einer Verwaltungsübertretung nach Paragraph 366, Absatz eins, Ziffer eins, in Verbindung mit Paragraph 94, Ziffer 56, GewO eingeleitet worden. Vor der Entscheidung sei nach Paragraph 348, Absatz 2, GewO die Landeskammer der gewerblichen Wirtschaft zu hören, weshalb der Strafakt übermittelt und ersucht werde, ein Gutachten, ob die Bestimmungen der GewO anwendbar seien, binnen 6 Wochen abzugeben.

Dem Behördenakt sind weitere diverse E-Mails des E zu entnehmen, am 31.10.2014 langte sodann die Stellungnahme der Wirtschaftskammer Tirol bei der Behörde ein.

In der Folge erließ die Behörde den nunmehr angefochtenen Bescheid, in welchem wurde spruchgemäß Nachstehendes festgestellt wird:

„Die Bezirkshauptmannschaft Ort2 als Gewerbebehörde römisch eins. Instanz gemäß Paragraph 333, Absatz eins, GewO 1994 entscheidet gemäß Paragraph 348, Absatz eins, GewO 1994, dass auf der Homepage www.***.at vom Beschuldigten Tätigkeiten angeboten werden, bei denen es sich um Tätigkeiten im Sinne des Paragraph eins, Absatz eins, GewO 1994 handelt und zwar um das reglementierte Gewerbe des Reisebüros gemäß Paragraph 94, Ziffer 56, GewO 1994.“

Begründend wurde dazu im Wesentlichen zusammengefasst ausgeführt, dass von der Bezirkshauptmannschaft Ort2 gegen den Beschuldigten ein Verwaltungsstrafverfahren zur Geschäftszahl **-***-2014 eingeleitet und diesem zur Last gelegt worden sei, dass zumindest seit 01.07.2014 auf der Homepage www.***.at Dienstleistungen angeboten würden, welche Inhabern des reglementierten Gewerbes Reisebüro gemäß Paragraph 94, Ziffer 56, GewO 1994 vorbehalten seien, ohne die hier erforderliche Gewerbeberechtigung zu besitzen. Es würden auf der Homepage www.***.at unter den Punkten „Skitouren“, „Freeride“, „Klettern“, „Segeln“, „Hohe Berge“ und „Kurse&Schulungen“ diverse Reisen zu einem Gesamtpreis angeboten, welche neben der Bergführung unter anderem auch die Verpflegung, Unterkunft und Transfers enthalten würden.

Die Landeskammer der gewerblichen Wirtschaft habe dazu Stellung genommen. Es bestünden keine Zweifel darüber, dass der Beschuldigte seine Tätigkeit selbstständig, regelmäßig und in der Absicht betreibe, einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen. Die Regelmäßigkeit ergebe sich gemäß Paragraph eins, Absatz 4, GewO 1994 schon daraus, dass die Tätigkeit durch das Anbieten im Internet an einen größeren Kreis von Personen angeboten werde. Es würden bei den Angeboten auf der Homepage die Voraussetzungen des Artikels 2 EU-Pauschalreise-Richtlinie erfüllt und Pauschalreisen gemäß dieser Bestimmung angeboten, weshalb es gemäß Paragraph 126, Absatz eins, GewO eine Gewerbeberechtigung für das Gewerbe der Reisebüros bedürfe.

In der dagegen fristgerecht erhobenen Beschwerde brachte der Beschwerdeführer durch seine ausgewiesenen Rechtsvertreter zusammengefasst vor, dass es die belangte Behörde unterlassen habe, die angebotenen Tätigkeiten unter Beachtung der hierfür wesentlichen Tatbestandsmerkmale im Spruch näher zu beschreiben. Welche auf der Website des Beschwerdeführers angebotenen Leistungen nun im konkreten Reisebüro-Tätigkeiten darstellen würden, lasse die belangte Behörde unerwähnt und zwar sowohl im Spruch als auch in der Begründung ihrer Entscheidung. Das Feststellungsverfahren solle die Frage klären, ob die und vor allem auch welche von einer Person angebotenen Leistungen der GewO unterlägen. Dies sei jedoch aufgrund des gegenständlichen Bescheides nicht möglich, da die belangte Behörde pauschal und ohne zu differenzieren auf die vom Beschwerdeführer auf dessen Website bereitgestellten Informationen, dies nicht einmal unter Angabe eines Zeitraumes der Abrufbarkeit der Inhalte der Website des Beschwerdeführers – abstelle. Die belangte Behörde hätte daher im Spruch feststellen müssen, welche Tätigkeiten nun im konkreten Reisebüro-Tätigkeiten seien. Nach den insofern richtigen Ausführungen der belangten Behörde biete der Beschwerdeführer nämlich verschiedene Leistungen auf seiner Website an. Der Bescheid sei daher mangels absoluter Unbestimmtheit aufzuheben.

Die belangte Behörde sei bei der korrekten Durchführung des gegenständlichen Ermittlungsverfahrens verpflichtet gewesen, entsprechende Ermittlungen anzustellen und insbesondere auch Feststellungen dahingehend zu treffen, welche Leistungen der Beschwerdeführer im konkreten tatsächlich anbiete und erbringe und allenfalls in welchem Ausmaß dies geschehe.

Die belangte Behörde habe sich in ihrer Begründung auf die Angabe beschränkt, dass der Beschwerdeführer „diverse Reisen“ anbiete, die neben der Bergführung unter anderem auch die Verpflegung, Unterkunft und Transfer beinhalten würden, welche Informationen offensichtlich von der Website des Beschwerdeführers, ohne dabei aber – wie oben angeführt – nähere Ermittlungen durchzuführen entnommen worden seien.

Hätte die belangte Behörde dies getan, hätte sie zum Schluss gelangen müssen, dass die vom Beschwerdeführer angebotenen Leistungen keiner Gewerbeberechtigung für das Gewerbe der Reisebüros bedürften, sondern zulässige Nebenleistungen iS organisatorischer Maßnahmen des Paragraph Absatz 3, Tiroler Bergsportführergesetz darstellen würden. Auch in der Stellungnahme der Wirtschaftskammer Tirol sei angeführt, dass ohne Vorlage eines beispielhaften Gutachtens nicht beurteilt werden könne, ob die vom Beschwerdeführer angebotenen Leistungen als Reisebürotätigkeit zu qualifizieren seien.

Der Beschwerdeführer sei ein nach dem Tiroler Bergsportführergesetz staatlich geprüfter Berg- und Schiführer, welcher seine Tätigkeit auch im Ausland ausübe. Die von ihm angebotenen unselbständigen Nebenleistungen würden das Anbieten der Hauptleistung erst möglich machen. An- und Abreise vom Veranstaltungsort seien vom Leistungsumfang ausdrücklich ausgenommen. Auch übersteige der Wert der Hauptleistung (Führen am Berg) den Wert der Nebenleistung bei weitem, zumal der Beschwerdeführer für eine Tagesschi- bzw –bergtour ca Euro 300,-- / Person zzgl Ust im Inland und im Ausland ca Euro 500,-- / Person zzgl Ust verlange.

Die Nebenleistungen iS des Paragraph 3, Abs3 Tiroler Bergsportführergesetz, welchem der Beschwerdeführer unterliegen, würden nur einen geringfügigen Teil der Gesamtleistung ausmachen und sohin nicht als selbständige Dienstleistung zählen, daher seien sie nicht als selbständige Nebenleistungen iS Artikel 2 der Pauschalreisen-RL anzusehen. Damit sei weder die Pauschalreisen-RL noch die Gewerbeordnung auf den Beschwerdeführer anzuwenden, sondern lediglich das Tiroler Bergsportführergesetz. Festzuhalten sei auch, dass ein bereits wegen desselben Vergehens anhängiges Verwaltungsstrafverfahren bereits eingestellt worden sei und nunmehr ein neuerliches Verwaltungsstrafverfahren gegen den Beschwerdeführer geführt werde.

Es wurde beantragt, eine mündliche Verhandlung anzuberaumen, den angefochtenen Bescheid zu beheben und das gegen den Beschwerdeführer eingeleitete Strafverfahren einzustellen, in eventu festzustellen, dass es sich bei den vom Beschwerdeführer auf der Website www.***.at angebotenen Leistungen um keine Tätigkeiten im Sinne des Paragraph eins, Absatz eins, GewO handelt, in eventu die Rechtssache an die BH Ort2 zurückzuverweisen.

In der Folge wurde der Akt dem Landesverwaltungsgericht Tirol vorgelegt.

Der Beschwerde kommt Berechtigung zu.

Beweis wurde aufgenommen durch Einsichtnahme in den vorliegenden Verwaltungsakt der belangten Behörde sowie den Aktenvermerk vom 16.03.2015 (Telefonat der Richterin mit Frau E von der belangten Behörde, es wurde mitgeteilt, dass der Behördenakt vollständig vorgelegt wurde, BMWFW hat sich lediglich am 05.02.2015 noch nach dem Verfahrensstand erkundigt).

römisch II.         In rechtlicher Hinsicht ergibt sich folgendes:

Vorab ist festzuhalten, dass die von Seiten des Beschwerdeführers beantragte mündliche Verhandlung gem Paragraph 24, Absatz 2, Ziffer eins, VwGVG entfallen konnte, da bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid zu beheben ist. Hiezu ist auszuführen wie folgt:

Wird eine Gewerbeanmeldung erstattet oder um die Genehmigung einer gewerblichen Betriebsanlage angesucht oder bei der Behörde die Feststellung beantragt, ob die Genehmigungspflicht einer Anlage im Sinne des Paragraph 74, gegeben ist, bestehen aber Zweifel, ob auf die betreffende Tätigkeit die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes anzuwenden sind, so hat die Behörde gem Paragraph 348, Absatz eins, GewO über diese Frage zu entscheiden. Dies gilt auch für den Fall, wenn in einem Verwaltungsstrafverfahren gemäß Paragraph 366, Zweifel bestehen, ob auf die betreffende Tätigkeit die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes anwendbar sind.

Vor der Entscheidung hat die Behörde gem Absatz 2, leg cit die Landeskammer der gewerblichen Wirtschaft und die nach der Sachlage in Betracht kommenden gesetzlichen beruflichen Interessenvertretungen zu hören, die ihre Gutachten binnen sechs Wochen abzugeben haben. Diesen steht gegen den Bescheid das Recht der Beschwerde zu, falls die Entscheidung ihren fristgerecht abgegebenen Gutachten widerspricht oder sie nicht gehört worden sind.

Voraussetzung für die Durchführung eines Feststellungsverfahrens nach Paragraph 348, Absatz eins, letzter Satz GewO ist sohin, dass ein Verwaltungsstrafverfahren anhängig ist.

Gem Paragraph 25, Absatz eins, VStG sind Verwaltungsübertretungen mit Ausnahme des Falles des Paragraph 56, von Amts wegen zu verfolgen. Gem Paragraph 31, Absatz eins, VStG ist die Verfolgung einer Person jedoch unzulässig, wenn gegen sie binnen einer Frist von einem Jahr keine Verfolgungshandlung iSd Paragraph 32, Absatz 2, VStG vorgenommen worden ist.

Gemäß Paragraph 32, Absatz eins, VStG ist Beschuldigter die im Verdacht einer Verwaltungsübertretung stehende Person von dem Zeitpunkt der ersten von der Behörde gegen sie gerichteten Verfolgungshandlung bis zum Abschluss der Strafsache.

Verfolgungshandlung ist gem Absatz 2, leg cit jede von einer Behörde gegen eine bestimmte Person als Beschuldigten gerichtete Amtshandlung (Ladung, Vorführungsbefehl, Vernehmung, Ersuchen um Vernehmung, Strafverfügung u. dgl.), und zwar auch dann, wenn die Behörde zu dieser Amtshandlung nicht zuständig war, die Amtshandlung ihr Ziel nicht erreicht oder der Beschuldigte davon keine Kenntnis erlangt hat.

Ein Strafverfahren ist sohin erst eingeleitet, wenn eine entsprechende Verfolgungshandlung gegen eine bestimmte Person durch die Behörde gesetzt worden ist. Dem Akt der Behörde ist jedoch keine Verfolgungshandlung zu entnehmen, welche ein Verwaltungsstrafverfahren eingeleitet hätte. Es befinden sich diverse E-Mails im Akt, ein (konkreter) Tatvorwurf (welcher sowohl im Straf- als auch Feststellungsverfahren unerlässlich ist) lässt sich dem Akt nicht entnehmen. Die erste dem Behördenakt zu entnehmende Handlung ist das Schreiben an die Wirtschaftskammer Tirol vom 26.08.2014. Diesbezüglich ist jedoch festzuhalten, dass dieses Schreiben im Rahmen des gegenständlichen Feststellungsverfahrens gem Paragraph 348, Absatz 2, GewO erfolgte und daher nicht einem eventuellen Strafverfahren zuzuordnen ist.

Die Voraussetzungen für die Erlassung eines Feststellungsbescheides im Sinne des Paragraph 348, Absatz eins, letzter Satz GewO lagen sohin nicht vor, weshalb der Beschwerde Folge zu geben und der angefochtene Bescheid ersatzlos zu beheben war.

römisch III.       Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Artikel 133, Absatz 4, B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Landesverwaltungsgericht Tirol

Mag. Theresia Kantner

(Richterin)

European Case Law Identifier

ECLI:AT:LVWGTI:2015:LVwG.2015.29.0256.2