Gericht

Landesverwaltungsgericht Tirol

Entscheidungsdatum

16.02.2015

Geschäftszahl

LVwG-2015/25/0162-2

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Tirol hat durch seinen Richter Dr. Alexander Hohenhorst über die Beschwerde des A, geb am **.**.****, wohnhaft Adresse1, Ort1, vertreten durch B & C Rechtsanwaltspartnerschaft, Adresse2, Ort2, vom 12.01.2015, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Ort2 vom 16.12.2014, Zl **-*-2014, betreffend Übertretung nach der Gewerbeordnung nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung

zu Recht erkannt:

1.           Gemäß Paragraph 50, VwGVG wird der Beschwerde insofern Folge gegeben, als die Geldstrafe von Euro 600,00 auf Euro 200,00 (Ersatzfreiheitsstrafe 20 Stunden) herabgesetzt wird.

Dementsprechend wird der Beitrag zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens gemäß Paragraph 64, Absatz 2, VStG mit Euro 20,00 neu festgesetzt.

2.           Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß Paragraph 25 a, VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Artikel 133, Absatz 4, B-VG unzulässig.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen diese Entscheidung kann binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, oder außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.

Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen, und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Im bekämpften Straferkenntnis wird Herrn A folgender Sachverhalt angelastet und Strafe über ihn verhängt:

„Sie haben es als gewerberechtlicher Geschäftsführer der römisch zehn Kommanditgesellschaft D Co. Adresse3, Ort1, zu verantworten, dass am 13.10.2014 gegen 13.20 Uhr die mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Ort1 genehmigte Betriebsanlage, nämlich eine Bus- und LKWGarage in Ort1, Adresse4 (Grundstück 11**/*, GB 85*** Ort1) in geänderter Weise betrieben wurde, indem auf dem Vorplatz der Garagen Waschtätigkeiten am Omnibus, Kennzeichen **-*** **, durchgeführt wurden, obwohl Sie nicht im Besitz einer Betriebsanlagengenehmigung für die Änderung waren und die geänderte Betriebsweise geeignet ist, eine nachteilige Einwirkung auf die Beschaffenheit der Gewässer herbeizuführen. Im Befund des oben zitierten Bescheides ist nämlich ausgeführt: „Es finden im Bereich der Betriebsanlage keine Servicetätigkeiten (z. B. Waschen, Reparaturen, Ölwechsel udgl.) statt (gewaschen werden die Fahrzeuge in unmittelbarer Nähe, nämlich auf dem Areal der Firma E, die über einen betriebsanlagenrechtlich genehmigten Waschplatz verfügt, Servicearbeiten erfolgen in Werkstätten). Durchgeführt werden nur Reinigungsarbeiten im Inneren der Fahrzeuge (z. B. Reinigen mittels Handstaubsauger usw.)".

Der Beschuldigte hat dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

Paragraph 370, Absatz eins, i.V.m. Paragraph 366, Absatz eins, Ziffer 3 zweiter Tatbestand i.V.m. Paragraph 74, Absatz 2, Ziffer 5 GewO 1994

Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wird über ihn folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe von                Euro falls diese uneinbringlich ist,                Freiheitsstrafe von Gemäß

Ersatzfreiheitsstrafe von

€ 600,-                              56 Stunden                                                                                     § 366

                                                                                                                                                          Einleitungssatz

GewO 1994

Weitere Verfügungen (z.B. Verfallsausspruch, Anrechnung von Vorhaft):

Ferner haben Sie gemäß Paragraph 64, des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

• € 60,00 als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10 % der Strafe (je ein Tag Freiheitsstrafe wird gleich € 15,00 angerechnet);

• € 0,00 als Ersatz der Barauslagen für

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher

€ 660,-„

Dagegen richtet sich die fristgerechte und zulässige Beschwerde, in der der Beschuldigte durch seine Rechtsvertreter im Wesentlichen vorbringt, dass er als gewerberechtlicher Geschäftsführer den Dienstnehmern die Weisung erteilt habe, bei eventuellen Verschmutzungen der Fahrzeuge diese ausschließlich auf dem Areal der Firma E zu reinigen, da diese über einen dafür erforderlich betriebsanlagenrechtlich genehmigten Waschplatz verfüge. Diese dienstrechtliche Weisung umfasse auch das Verbot von Reinigungsarbeiten an Omnibussen auf dem Betriebsgrundstück 11**/*. Davon ausgenommen seien Reinigungsarbeiten im Inneren der Fahrzeuge. Entgegen dieser Weisung habe der Dienstnehmer F zur angelasteten Tatzeit die Fenster des Omnibusses gereinigt. Das Reinigen der Windschutzscheibe von Verunreinigungen, die dazu geeignet sind, die Straßenverkehrssicherheit zu beeinträchtigen, stelle eine Obliegenheit dar, die jeden Verkehrsteilnehmer treffe und daher nicht dem angelasteten Tatbestand zu subsumieren sei. Das Abspülen von Verunreinigungen mit Wasser stelle keine nachteilige Einwirkung auf die Beschaffenheit der Gewässer dar, welches auf ein Betreiben einer geänderten Betriebsanlage ohne die erforderliche Betriebsanlagengenehmigung schließen lassen würde. Ansonsten würde auch dies durch Regen eintreten. Unabhängig davon könnte ein solches Verhalten des Dienstnehmers dem Beschuldigten nicht als Sorgfaltspflichtverletzung vorgeworfen werden, womit ihm kein Verschulden angelastet werden könne. Er sei bei der Erstbehörde auch nicht strafvorgemerkt. Es werde deshalb Aufhebung des Straferkenntnisses beantragt, in eventu Herabsetzung der Strafhöhe.

Beweis aufgenommen wurde in der mündlichen Verhandlung am 16.02.2015 durch das ergänzende Vorbringen des Rechtsvertreters des Beschuldigten sowie durch die Verlesung der Akten der Bezirkshauptmannschaft Ort1 und des Landesverwaltungsgerichts Tirol.

Dabei führte der Rechtsvertreter Folgendes aus:

„Über Befragen des Verhandlungsleiters zu den Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnissen des Beschwerdeführers legt der Rechtsvertreter dessen Pensionsauszug für Jänner 2015 vor, aus dem sich ein Anweisungsbetrag von Euro 1.465,42 ergibt. Diese Bestätigung wird zum Akt genommen. Herr A ist Hälfteeigentümer einer Eigentumswohnung in Ort1, die er gemeinsam mit seiner Ehegattin bewohnt. Über Schulden oder Sorgepflichten ist ansonsten nichts bekannt.

Wenn der Verhandlungsleiter fragt, welche Maßnahmen der Beschuldigte ergriffen hat, um sicherzustellen, dass seitens der Busfahrer keine Waschtätigkeiten an den Fahrzeugen auf der Betriebsanlage Grundstück 11**/*, KG Ort1, durchgeführt werden, erklärt der Rechtsvertreter, dass Herr A an die Busfahrer die strikte Anweisung gegeben hat, am Vorplatz der Garage keine Waschtätigkeiten durchzuführen, sondern zu der ca 50 m entfernten Firma E zu fahren und dort die Waschtätigkeiten durchzuführen. Zum Beweis dafür wird eine Dokumentation der Inanspruchnahme der Waschanlage bei der Firma E im September 2014 vorgelegt und zum Akt genommen. Bezüglich der Anzeigen wird erläutert, dass in der Nachbarschaft ein Konkurrenzunternehmen der Firma römisch zehn Reisen ist, welches laufend anonyme Anzeigen gegen den Beschwerdeführer erstattet. Die Polizei war auch binnen kürzester Zeit nach Aufnahme der Waschtätigkeit vor Ort. Festgehalten wird, dass der Busfahrer lediglich die Scheiben des Fahrzeuges gewaschen hat, wobei im Hinblick auf die nasse Asphaltfläche nicht abgestritten werden kann, dass er dabei sämtliche Scheiben des Busses außen gewaschen haben muss. Zu berücksichtigen ist auch, dass die Reinigung ohne Reinigungsmittel und nur mit klarem Wasser durchgeführt wurde, weshalb sich die Frage stellt, ob diese Tätigkeit geeignet ist, eine nachteilige Einwirkung auf die Beschaffenheit der Gewässer herbeizuführen. Auch die Polizei hat festgestellt, dass die Reinigung mit klarem Leitungswasser erfolgte. Wenn nun das Wasser zur Versickerungsmulde geronnen ist, ist dies vergleichbar mit Regen, der auf den Platz fällt und dann Richtung der Versickerungsmulde rinnt.

Aufgrund des Umstandes, dass Herr A weiß, dass er einen Nachbar hat, der ihn bei der geringsten Kleinigkeit anzeigt, hat er mit ständigen Anweisungen an die Fahrer vorgebeugt, dass am Vorplatz der Garagen keine Waschtätigkeiten durchgeführt werden. Der Fahrer F arbeitet schon seit ca 20 Jahren bei den römisch zehn Reisen und weiß daher genau, dass Waschtätigkeiten nicht erlaubt sind. Offenbar hat er das Reinigen der Windschutzscheibe auf sämtliche Fahrzeugscheiben ausgedehnt. F ist als gewissenhafter Fahrer bekannt und hat es mit ihm bisher keine diesbezüglichen Probleme gegeben. Da im Oktober noch kein Salz gestreut war, ist es dem Beschwerdeführer nicht nachvollziehbar, warum sein Lenker auch die übrigen Scheiben abgewaschen hat.“

Das Landesverwaltungsgericht Tirol hat hierzu wie folgt erwogen:

Die Erstbehörde hat in ihrer Begründung bereits aufgezeigt, dass auf Grundlage der Projektbeschreibung der bestehenden Betriebsanlagengenehmigung in deren Bereich keine Servicetätigkeiten, wie zB Waschen stattfinden und nur Reinigungsarbeiten im Inneren der Fahrzeuge erfolgen. Eine Ausnahme für das äußere Waschen von Scheiben findet sich im Projekt nicht, weshalb eine solche Tätigkeit vom Konsens nicht mitumfasst ist.

Der Beschwerdeführer beruft sich auf eine bestehende Weisung an die Dienstnehmer, keine Reinigungsarbeiten außen an den Bussen vorzunehmen. Obwohl es bereits im Jahr 2013 eine Anzeige wegen solcher Tätigkeiten gab, geschah dies zur angelasteten Tatzeit erneut. Es kann deshalb keine Rede davon sein, dass - wie im Einspruch vorgebracht – es sich um einmaliges Vorgehen gehandelt hätte.

Dem Beschwerdeführer ist es nicht gelungen, das Vorhandensein eines Kontrollsystems aufzuzeigen, welches geeignet ist, solche Waschtätigkeiten durch Dienstnehmer zu verhindern.

Bei der dem Beschwerdeführer angelasteten Verwaltungsübertretung handelt es sich um ein Ungehorsamsdelikt. Deshalb lag es gemäß Paragraph 5, Absatz eins, VStG bei ihm, glaubhaft zu machen, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden traf.

Davon kann nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nur dann ausgegangen werden, wenn der Beschwerdeführer im Unternehmen ein wirksames begleitendes Kontrollsystem eingerichtet hatte, durch welches die Einhaltung der einschlägigen Verwaltungsvorschriften jederzeit sichergestellt werden konnte. In diesem Zusammenhang lag es beim Beschwerdeführer konkret darzulegen, welche Maßnahmen von ihm getroffen wurden, um derartige Verstöße zu vermeiden, insbesondere wann, wie oft, auf welche Weise und von wem Kontrollen vorgenommen worden sind vergleiche VwGH 28.05.2008, 2005/03/0125, vom 21.04.2010, 2008/03/0139).

Es wurde auch schon erkannt, dass Belehrungen und Arbeitsanweisungen (VwGH 23.04.2008, 2004/03/0050) oder stichprobenartige Kontrollen (VwGH 23.10.2008, 2005/03/0175) allein nicht ausreichen, die Einrichtung eines wirksamen Kontrollsystems glaubhaft zu machen.

Der Beschwerdeführer muss sich deshalb ein Verschulden in Form von Fahrlässigkeit anrechnen lassen.

Wenn die festgestellte Waschtätigkeit als eine im Sinn der Verkehrssicherheit erforderliche Reinigung der Windschutzscheibe dargestellt wird, kann diese Rechtfertigung nicht überzeugen, weil auf den Lichtbildern zu sehen ist, dass der Vorplatz auf einer zumindest zweieinhalbfachen Fläche des Busses nass war und das Wasser Richtung Versickerungsmulde abfloss. Bei einer bloßen Reinigung der Windschutzscheibe (üblicherweise mittels Schwamm und Abziehgummi) hätte der Asphalt nur im Frontbereich des Busses nass sein können und nicht so wie auf den Lichtbildern zu sehen.

Die Frage, ob das Abspülen von Verunreinigungen mit Wasser eine nachteilige Einwirkung auf die Beschaffenheit der Gewässer konkret darstellt oder nicht, ist für das angelastete Tatbild nicht maßgeblich. Die Genehmigungspflicht einer Betriebsanlagenänderung im Paragraph 81, Absatz eins, GewO verweist auf die Wahrung der Interessen nach Paragraph 74, Absatz 2, Dort wird das betriebsanlagenrechtliche Genehmigungserfordernis an die Eignung geknüpft, die dort angeführten Interessen zu beeinträchtigen (Gewässerbeschaffenheit in Ziffer 5,). Wenn dieser Umstand mit dem Vergleich des Regens bestritten wird, ist dies unpassend, weil der Regen nicht geeignet ist, festsitzende Verunreinigungen zu lösen. Am gegenständlichen Vorplatz erfolgt die Oberflächenentwässerung in eine Versickerungsmulde, wodurch verunreinigtes Wasser die Beschaffenheit von Gewässern nachteilig beeinflussen könnte. Ob so etwas tatsächlich zu befürchten ist, wäre in einem Genehmigungsverfahren zu klären.

Der Schuldspruch ist daher zu Recht erfolgt.

Die Beeinträchtigungsintensität einer derartigen Übertretung ist grundsätzlich nicht unerheblich.

Im Hinblick darauf, dass Herr A bislang bei der Bezirkshauptmannschaft Ort1 nicht einschlägig verwaltungsstrafvorgemerkt ist, glaubhaft gemacht wurde, dass die Außenreinigung der Busse grundsätzlich bei der benachbarten Firma F erfolgt und im konkreten Fall die Reinigung des Busses mit Leitungswasser ohne die Verwendung von Reinigungsmitteln erfolgt ist, konnte die Strafhöhe spruchgemäß herabgesetzt werden.

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Artikel 133, Absatz 4, B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Hinweis:

Rechtskräftig verhängte Geldstrafen (sowie Verfahrenskostenbeiträge) sind bei der Behörde einzubezahlen vergleiche Paragraph 54 b, Absatz eins, VStG).

Landesverwaltungsgericht Tirol

Dr. Alexander Hohenhorst

(Richter)

European Case Law Identifier

ECLI:AT:LVWGTI:2015:LVwG.2015.25.0162.2