Landesverwaltungsgericht Tirol
26.01.2015
LVwG-2014/38/3250-1
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Tirol hat durch seine Richterin Mag. Martina Lechner über die Beschwerde der Frau CW, vertreten durch Rechtsanwälte, Adresse, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft A vom xx.xx.xxxx, Zl ****, wegen einer Übertretung nach dem Tiroler Grundverkehrsgesetz,
zu Recht erkannt:
1. Gemäß Paragraph 50, VwGVG wird der Beschwerde Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß Paragraph 45, Absatz eins, Ziffer 2, VStG eingestellt.
2. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß Paragraph 25 a, VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Artikel 133, Absatz 4, B-VG unzulässig.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Soweit die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof in Wien für zulässig erklärt worden ist, kann innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung dieser Entscheidung eine ordentliche Revision erhoben werden. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision kann innerhalb dieser Frist nur die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.
Wenn allerdings in einer Verwaltungsstrafsache oder in einer Finanzstrafsache eine Geldstrafe von bis zu 750 Euro und keine Freiheitsstrafe verhängt werden durfte und im Erkenntnis eine Geldstrafe von bis zu 400 Euro verhängt wurde, ist eine (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichthof wegen Verletzung in Rechten nicht zulässig.
Jedenfalls kann gegen diese Entscheidung binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, erhoben werden.
Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen, und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
römisch eins. Vorverfahren:
Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde der Beschwerdeführerin vorgeworfen, sie habe zumindest am 26.10.2013, am 02.01.2014, am 12.01.2014, am 20.01.2014, am 10.02.2014, am 19.02.2014, am 23.02.2014, am 26.02.2014, am 02.03.2014, am 04.03.2014, am 09.03.2014, am 18.03.2014 und am 14.07.2014 ihre im Jahr 2005 erworbene Wohnung Top Z an der Adresse, rechtswidrig als Freizeitwohnsitz verwenden lassen, in dem sie diese Wohnung an wechselnde Personen vermietet habe, die die Wohnung nur zeitweilig zu Erholungszwecken verwendet hätten.
Die Beschuldigte habe dadurch die Rechtsvorschrift des Paragraph 36, Absatz eins, Litera c, Tiroler Grundverkehrsgesetz, Landesgesetzblatt Nr 61 aus 1996, in der geltenden Fassung, verletzt.
Über sie wurde eine Geldstrafe in Höhe von Euro 4.500,--, sowie eine Ersatzfreiheitsstrafe in Höhe von 38 Stunden, verhängt. Anteilsmäßig wurden auch noch Verfahrenskosten vorgeschrieben.
Gegen dieses Straferkenntnis erhob die rechtsfreundlich vertretene Beschwerdeführerin fristgerecht Beschwerde und führte aus, dass das Straferkenntnis zur Gänze bekämpft werde. Zunächst sei der Spruch derartig formuliert, dass er keinen Verwaltungsstraftatbestand nach dem Tiroler Grundverkehrsgesetz verwirkliche. Das Verfahren sei mangelhaft geblieben, da nicht ausgeführt worden sei, wer tatsächlich im fraglichen Zeitraum die Wohnung unzulässig als Freizeitwohnsitz genutzt habe. Nur weil Fahrzeuge mit holländischem Kennzeichen im Keller des Gebäudes fotografiert worden seien, könne nicht auf eine Freizeitwohnsitznutzung der Wohnung geschlossen werden.
Weiters wäre hinsichtlich eines Teils des Tatzeitraums bereits Verfolgungsverjährung eingetreten.
Überhaupt sei das Tiroler Grundverkehrsgesetz auf den vorliegenden Sachverhalt nicht anwendbar. Für die Nutzer der Wohnanlage K, Adresse, seien zahlreiche Gemeinschaftsräume vorhanden und es würden auch eine Vielzahl von gewerbetypischen Dienstleitungen angeboten werden. So werde die Wäsche regelmäßig gewechselt und es gebe auch eine regelmäßige Raumreinigung.
Die einzelnen Wohnungen an sich würden über die Firma L angeboten werden, sodass es sich um eine gewerbliche Beherbergung von Gästen handeln würde. Das Verfahren sei weiters auch deshalb mangelhaft geblieben, weil auf die angebotenen Beweise nicht eingegangen worden sei. Der angefochtenen Entscheidung würden auch Begründungs- und Feststellungsmängel anheften und zudem sei die Höhe der Geldstrafe nahezu exzessiv.
Die Beschwerdeführerin beantragte daraufhin, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung in Stattgebung der Beschwerde das angefochtene Straferkenntnis zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.
römisch II. Sachverhalt:
Mit Kaufvertrag vom 06.05.2005 erwarb Frau CW an der Liegenschaft in EZ 3, Grundbuch ****, 95/1640 Miteigentumsanteile, mit denen untrennbar Wohnungseigentum an der Wohnung W 7 verbunden ist. Für diesen Rechtserwerb wurde von der Bezirkshauptmannschaft A die Bestätigung der Anzeige mit Datum vom 20.06.2005 ausgestellt.
In Punkt 6 des Kaufvertrages ist die Freizeitwohnsitzerklärung der Beschwerdeführerin festgehalten, mit der sie bestätigt, dass sie mit dem Erwerb der Liegenschaft keinen Freizeitwohnsitz schaffen wird.
Im Objekt auf der Liegenschaft in EZ 3, Grundbuch ***, werden drei Ferienwohnungen vermietet.
Die Ferienwohnung „O“ befindet sich im zweiten Obergeschoss und weist ein Ausmaß von 90 m² auf. Die Ferienwohnung kann an vier bis sechs Personen vermietet werden und hat zwei Schlafzimmer sowie zwei Badezimmer. Die Küche ist ausgestattet mit einem Backofen, einem Kühlschrank, einem Geschirrspüler, einem Vierplattenherd, sowie elektronischen Kleingeräten, wie Kaffeemaschine und Wasserkocher.
Die Wohnung ist gesamt eingerichtet und hat zwei Tiefengaragenabstellplätze.
Den anreisenden Gästen wird die Ferienwohnung fix und fertig hergerichtet, das heißt, dass die Betten bezogen und Handtücher bereitgestellt werden.
Nach Abreise der Gäste werden die Wäscheartikel komplett ausgetauscht und die Wohnung wird gereinigt.
Auch eine ständige Ansprechberaterin vor Ort, die die Wohnung betreut, ist vorhanden. Die Ferienwohnung wird über eine Homepage der Firma L angeboten und die freie Vermietungszeit ist aus einem angeschlossenen Kalender absehbar.
römisch III. Beweiswürdigung:
Die vorstehenden Sachverhaltsfeststellungen ergeben sich aus der Internetrecherche des erkennenden Gerichtes, besonders was die Ausstattung, und den Verwendungszeitraum betrifft.
Weiters wurde Einsicht genommen in den erstinstanzlichen Akt der Bezirkshauptmannschaft A sowie in den Akt des Landesverwaltungsgerichtes Tirol zu ****.
Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß Paragraph 44, Absatz 2, VwGVG abgesehen werden, da aufgrund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben ist.
römisch IV. Rechtslage:
Gemäß Paragraph 2, Absatz 8, Tiroler Grundverkehrsgesetz 1996 (kurz: TGVG) gilt, dass für Freizeitwohnsitze die Begriffsbestimmung nach Paragraph 13, Absatz eins, des Tiroler Raumordnungsgesetzes 2011 (kurz: TROG) heranzuziehen ist.
Gemäß Paragraph 36, Absatz eins, Litera c, TGVG gilt, dass derjenige, der - ausgenommen in den Fällen des Paragraph 13, Absatz 2 und 5 des Tiroler Raumordnungsgesetzes 2011 – ein Gebäude, eine Wohnung oder einen sonstigen Teil eines Gebäudes aufgrund eines nach dem 1. Jänner 1994 erworbenen Rechtes als Freizeitwohnsitz verwendet oder verwenden lässt oder auf einem Grundstück, an dem nach diesem Zeitpunkt ein entsprechendes Recht erworben wurde, ein Gebäude, eine Wohnung oder einen sonstigen Teil eines Gebäudes errichtet und als Freizeitwohnsitz verwendet oder verwenden lässt, eine Verwaltungsübertretung begeht und von der Bezirksverwaltungsbehörde mit einer Geldstrafe bis zu Euro 40.000,-- zu bestrafen ist.
Gemäß Paragraph 13, Absatz eins, Tiroler Raumordnungsgesetz 2011 ( kurz: TROG) sind Freizeitwohnsitze Gebäude, Wohnungen oder sonstige Teile von Gebäuden, die nicht der Befriedigung eines ganzjährigen, mit dem Mittelpunkt der Lebensbeziehungen verbundenen Wohnbedürfnisses dienen, sondern zum Aufenthalt während des Urlaubs, der Ferien, des Wochenendes oder sonst nur zeitweilig zu Erholungszwecken verwendet werden. Als Freizeitwohnsitze gelten nicht:
a) Gastgewerbebetriebe zur Beherbergung von Gästen, sofern Gemeinschaftsräume vorhanden sind und gewerbetypische Dienstleistungen, insbesondere die regelmäßige Raumreinigung und das regelmäßige Wechseln der Wäsche, erbracht werden und überdies seitens des Betriebes die ständige Erreichbarkeit einer Ansprechperson gewährleistet ist.
Gemäß Paragraph 108, TROG gilt weiters, dass Gastgewerbebetriebe zur Beherbergung von Gästen, die am 30. Juni 2011 nach den raumordnungsrechtlichen Vorschriften rechtmäßig bestanden haben, jedoch nicht die Voraussetzungen nach Paragraph 13, Absatz eins, Litera a, dieses Gesetzes in der Fassung Landesgesetzblatt Nr. 56 aus 2011, erfüllen, nicht als Freizeitwohnsitze gelten. Die Zahl der Betten dieser Betriebe darf nicht mehr erhöht werden.
römisch fünf. Rechtliche Erwägungen:
Mit dem nunmehr angefochtenen Straferkenntnis ist die Bezirkshauptmannschaft A davon ausgegangen, dass es sich bei der Wohnung der Beschwerdeführerin um keine handle, die vom Freizeitwohnsitzbegriff gemäß Paragraph 13, TROG 2011 ausgenommen sei. Begründet wurde dies damit, dass für die gewerbliche Nutzung die erforderlichen Gemeinschaftsräume fehlen würden und das Gebäude mehr als drei Wohnungen aufweise.
Allerdings ist dem entgegenzuhalten, dass die Übergangsbestimmung des Paragraph 108, Absatz eins, TROG vorsieht, dass Gastgewerbebetriebe zur Beherbergung von Gästen, die am 30. Juni 2011 nach den raumordnungsrechtlichen Vorschriften rechtmäßig bestanden haben, jedoch nicht die Voraussetzungen nach Paragraph 13, Absatz eins, Litera a, dieses Gesetzes in der Fassung Landesgesetzblatt Nr 56 aus 2011, erfüllen, nicht als Freizeitwohnsitze gelten.
Das gegenständliche Gebäude liegt im gemischten Wohngebiet gemäß Paragraph 38, Absatz 2, TROG 2011. In diesen Bereichen dürfen unter anderem auch Gebäude für Gastgewerbebetriebe zur Beherbergung von Gästen mit höchstens 40 Betten errichtet werden. Die Baubewilligung für das gegenständliche Objekt auf Grundstück 208, in EZ 3, Grundbuch K, wurde mit Bescheid der Gemeinde K am xx.xx.xxxx erteilt. Somit bestand das gegenständliche Gebäude am 30. Juni 2011 nach den raumordnungsrechtlichen Vorschriften rechtmäßig.
Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, ist die Frage, ob eine gewerbsmäßige Fremdenbeherbergung anzunehmen ist, jeweils auf den Einzelfall bedacht zu nehmen (zB Reinigung, Tausch der Bettwäsche, Beheizung, etc.).
Nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes liegt eine dem Begriff der Fremdenbeherbergung zuzuordneten Tätigkeit dann vor, wenn gleichzeitig mit der zur Verfügungsstellung von Wohnraum damit üblicherweise im Zusammenhang stehende Dienstleistungen erbracht werden. Dazu ist erforderlich, dass das aus den Zusammenwirkung aller Umstände sich ergebende Erscheinungsbild ein Verhalten des Vermieters der Räume erkennen lässt, das, wenn auch in beschränkter Form – eine laufende Obsorge hinsichtlich der vermieteten Räume im Sinne einer der daraus resultierenden Betreuung des Gastes verrät. So wurde beispielsweise bei der zur Verfügungsstellung einer Wohnung Beherbergung von Gästen im Sinne des Paragraph 189, Absatz eins, Ziffer eins, Gewerbeordnung 1973 im Hinblick darauf angenommen, dass diese Tätigkeit auch die Reinigung der betreffenden Objekte und die Beistellung der Bettwäsche umfasste. Aus dieser Judikatur zum Begriff der in „gewerblichen Beherbergung von Gästen“ ergibt sich also auch, dass dafür bereits ein geringes Ausmaß dann für die Beherbergung typischen Dienstleistungen ausreichend ist (VwGH vom 23.06.2010, Zl 2008/06/0200).
Auch wenn es im gegenständlichen Fall an Gemeinschaftsräumlichkeiten fehlt, so ist aufgrund der doch gewerbetypischen Vermietung der gegenständlichen Wohnungen in Verbindung mit der Übergangsregelung gemäß Paragraph 108, Absatz eins, TROG jedenfalls festzustellen, dass es sich im gegenständlichen Fall nicht um eine Nutzung der Wohnung als Freizeitwohnsitz handelt.
Aus diesem Grund hat die Beschwerdeführerin die ihr zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen, sodass das angefochtene Straferkenntnis zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren insoweit zur Einstellung zu bringen war.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
römisch VI. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Artikel 133, Absatz 4, B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Landesverwaltungsgericht Tirol
Mag. Martina Lechner
(Richterin)
ECLI:AT:LVWGTI:2015:LVwG.2014.38.3250.1