Gericht

Landesverwaltungsgericht Tirol

Entscheidungsdatum

27.11.2014

Geschäftszahl

LVwG-2014/29/2890-4

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Tirol hat durch seine Richterin Mag Theresia Kantner über die Beschwerde des AA, Adresse, vertreten durch den Sachwalter Mag. BB, Rechtsanwalt, Adresse, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Y vom 16.09.2014,
Zahl ****, nach durchgeführter mündlicher Verhandlung

zu Recht erkannt:

1.              Gemäß Paragraph 50, VwGVG wird der Beschwerde stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren hinsichtlich des Tatvorwurfes, dass der Beschuldigte am 23.05.2014 um 10.00 Uhr im Gemeindegebiet von römisch zehn, **** römisch zehn, Adresse, unbefugt das freie Gewerbe „Wartung und Pflege von Kraftfahrzeugen (KFZ-Service)“ ausgeübt habe, gem Paragraph 45, Absatz eins, Ziffer eins, VStG eingestellt.

2.              Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß Paragraph 25 a, VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Artikel 133, Absatz 4, B-VG unzulässig.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Soweit die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof in Wien für zulässig erklärt worden ist, kann innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung dieser Entscheidung eine ordentliche Revision erhoben werden. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision kann innerhalb dieser Frist nur die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

Wenn allerdings in einer Verwaltungsstrafsache oder in einer Finanzstrafsache eine Geldstrafe von bis zu 750 Euro und keine Freiheitsstrafe verhängt werden durfte und im Erkenntnis eine Geldstrafe von bis zu 400 Euro verhängt wurde, ist eine (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichthof wegen Verletzung in Rechten nicht zulässig.

Jedenfalls kann gegen diese Entscheidung binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, erhoben werden.

Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen, und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wird dem Beschwerdeführer spruchgemäß nachstehender Sachverhalt zur Last gelegt:

„Der Beschuldigte Herr AA, geb. am xx.xx.xxxx, wh. in Adresse, hat zumindest bei der Überprüfung durch Organe der Polizeiinspektion Y am 23.05.2014 um 10:00 Uhr Tätigkeiten des freien Gewerbe „Wartung und Pflege von Kraftfahrzeugen (KFZ-Service)“ im Gemeindegebiet **** römisch zehn, Adresse, (am Areal der C GmbH) gewerbsmäßig ausgeübt, und zwar selbstständig, regelmäßig und in der Absicht einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen, gleichgültig für welchen Zweck dieser bestimmt ist, obwohl Herr AA nicht im Besitze einer hiezu erforderlichen Gewerbeberechtigung zur Ausübung des oben genannten Gewerbes ist.

Dies wurde von Organen der Polizeiinspektion Y bei einer Überprüfung am 23.05.2014 um 10:00 Uhr im Standort **** römisch zehn, Adresse, festgestellt.“

Der Beschwerdeführer habe dadurch eine Verwaltungsübertretung gemäß Paragraph 366, Absatz eins, Ziffer eins, GewO in Verbindung mit Paragraph eins, Absatz 4, GewO begangen und wurde über ihn gem. Paragraph 366, Absatz eins, Ziffer eins, GewO eine Geldstrafe in Höhe von Euro 1.500,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 15 Tage) unter gleichzeitiger Festsetzung der Verfahrenskosten verhängt.

Gegen dieses Straferkenntnis hat der Beschwerdeführer durch seinen Sachwalter fristgerecht Beschwerde erhoben und darin zusammengefasst ausgeführt, dass der Beschwerdeführer am 23.05.2014, wie von der Erstbehörde vorgeworfen, gar nicht am ausgewiesenen Tatort anwesend gewesen, geschweige denn bei der Ausübung eines Gewerbes angetroffen worden sei. Dem Kurzbrief der Polizeiinspektion Y sei lediglich zu entnehmen, dass der Firmenchef CC angegeben habe, dass der Beschwerdeführer hin und wieder bei ihm Autoputze, da er ihm noch Euro 1.000,-- schuldig sei. Diese müsse der Beschuldigte bei ihm abarbeiten, da er über keine Barmittel verfüge. Dem Kurzbrief sei jedoch nicht zu entnehmen, dass der Beschwerdeführer an diesem Tag bzw bei dieser Nachschau bei der Ausübung eines Gewerbes angetroffen worden wäre. Für den Fall, dass der objektive Tatbestand bejaht werde, werde die Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Zurechnungsfähigkeit des Beschwerdeführers beantragt, zumal dieser unter Sachwalterschaft stehe.

Es wurde beantragt den Strafbescheid zu beheben und das Verfahren einzustellen, in eventu die Strafe auf ein tat- und schuldangemessenes Maß herabzusetzen.

Der Beschwerde kommt Berechtigung zu.

Beweis wurde aufgenommen durch Einsichtnahme in den erst- und zweitinstanzlichen Akt sowie die seitens DD vorgelegten Lichtbilder und E-Mails sowie die E-Mail des EE, PI Y, vom 14.11.2014.

Am 14.11.2014 fand eine mündliche Verhandlung vor dem Landesverwaltungsgericht Tirol statt, anlässlich welcher der Beschwerdeführer sowie die Zeugen CC und DD einvernommen wurden.

römisch eins.     Das Landesverwaltungsgericht Tirol hat wie folgt erwogen:

Aus dem erstinstanzlichen Akt ist ersichtlich, dass DD mit E-Mail vom 09.05.2014 der Erstbehörde mitgeteilt hat, dass er AA, bekleidet mit dunkelgrauer Hose und schwarzem T-Shirt am 08.05.2014 um 14.30 Uhr auf dem Areal der C GmbH, Adresse, **** römisch zehn bei der Fahrzeugpflege an einem schwarzen Porsche mit dem Kennzeichen **** beobachtet habe. Dies wurde auch von Seiten des Zeugen DD anlässlich seiner Einvernahme der mündlichen Verhandlung bestätigt. Von Seiten des Beschwerdeführers selbst wird auch nicht bestritten, dass er den genannten schwarzen Porsche, von welchem sich auch ein Lichtbild im Akt befindet, gereinigt habe, dies an der angegeben Adresse. Der Beschwerdeführer gab jedoch anlässlich seiner Einvernahme in der mündlichen Verhandlung an, er könne nicht mehr sagen, ob er das Fahrzeug am 08.05.2014 gereinigt habe und dass er die Reinigung für seinen damaligen Arbeitgeber, die F Anstalt, bei welcher er zu diesem Zeitpunkt beschäftigt gewesen sei, durchgeführt habe.

Aus dem erstinstanzlichen Akt ist ersichtlich, dass in der Aufforderung zur Rechtfertigung der Erstbehörde vom 12.06.2014 an den Beschwerdeführer direkt und vom 24.06.2014 an den Beschwerdeführer zH seines Sachwalters als Tatzeitpunkt für die unberechtigte Gewerbeausübung der „Wartung und Pflege von Kraftfahrzeugen (KFZ-Service)“ immer der 23.05.2014, 10.00 Uhr, Adresse, in **** römisch zehn, angeführt wurde, ebenso wie im nunmehr angefochtenen Straferkenntnis.

Aus einem Kurzbrief der Polizeiinspektion Y vom 23. Mai 2014 ist jedoch lediglich ersichtlich, dass am 23. Mai 2014 um ca 10.00 Uhr beim Areal C GmbH in **** römisch zehn, Adresse, Erhebungen im Zusammenhang der unbefugten Gewerbeausübung durch den Beschwerdeführer geführt worden sind. Man habe mit dem Firmenchef CC gesprochen und sei auch mit der Ehefrau des Beschwerdeführers telefoniert worden, welche angegeben habe, dass ein Gespräch mit AA derzeit nicht möglich sei, beide seien derzeit aber beim stempeln.

Nicht festgestellt werden kann jedoch, dass der Beschwerdeführer am 23.05.2014 um 10.00 Uhr in Adresse, **** römisch zehn, Reinigungstätigkeiten an Fahrzeugen durchgeführt hat, insbesondere als Selbständiger. Diese Negativfeststellung war zu treffen, zumal von Seiten des zum damaligen Zeitpunkt erhebenden Beamten der PI Y am 14.11.2014 nochmals explizit mitgeteilt wurde, dass der Beschwerdeführer am 23.05.2014 nicht angetroffen wurde und darüber hinaus auch keinerlei andere Beweisergebnisse vorliegen, welche dargelegt hätten, dass der Beschwerdeführer zu der im Straferkenntnis angeführten Tatzeit am angeführten Tatort Fahrzeugreinigungsarbeiten durchgeführt hat.

Gemäß Paragraph 44 a, VStG hat der Spruch, wenn er nicht auf Eistellung lautet,

1. die als erwiesen angenommene Tat,

2. die Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist,

3. die verhängte Strafe und die angewendete Gesetzesbestimmung,

4. den Zeugenausspruch über privatrechtliche Ansprecher und

5. im Fall eines Straferkenntnisses die Entscheidung über die Kosten zu enthalten.

Der Vorschrift des Paragraph 44 a, Ziffer eins, VStG ist dann entsprochen, wenn im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat in so konkreter Umschreibung vorgeworfen ist, dass er (im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren, gegebenenfalls auch in einem Wiederaufnahmeverfahren) in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu wiederlegen und der Spruch geeignet ist, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden.

Bei dieser Beschreibung der für eine Verfolgungshandlung wesentlichen Kriterien wird auf eine bestimmte Person als Beschuldigten abgestellt, dem eine konkrete strafbare Handlung oder Unterlassung angelastet wird. Die Verfolgungshandlung muss sich daher auf eine bestimmte Person als Beschuldigten, auf eine bestimmte Tatzeit, den ausreichend konkretisierten Tatort und sämtliche Tatbestandselemente der durch die Tat verletzten Verwaltungsvorschrift iSd Paragraph 44 a, Ziffer 2, VStG beziehen. Dabei ist die Rechtsprechung zu Paragraph 44 a, VStG zu beachten, wonach die Tat so eindeutig umschrieben sein muss, dass kein Zweifel besteht, wofür der Täter zur Verantwortung gezogen wird. Dies ist dann der Fall, wenn die Tat dem Beschuldigten in so konkreter Umschreibung vorgeworfen wird, dass er in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen und der Beschuldigte rechtlich davor geschützt ist, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden (VwGH 06.05.1996, Zl. 94/10/0017).

Von Seiten des Sachwalters des Beschwerdeführers wurde zwar anlässlich der mündlichen Verhandlung angegeben, dass er Akteneinsicht genommen habe, er könne jedoch nicht mehr angeben, ob dies vor oder nach Erlassen des angefochtenen Straferkenntnisses gewesen sei. Es befindet sich diesbezüglich auch kein Vermerk im erstinstanzlichen Akt.

Im gesamten erstinstanzlichen Verfahren wurde sohin die Verfolgungshandlung gegen den Beschwerdeführer mit Tatzeitpunkt 23.05.2014, 10.00 Uhr, geführt, an welchem der Beschwerdeführer unberechtigt das angeführte Gewerbe ausgeübt haben sollte, was aber – wie zuvor ausgeführt – nicht festgestellt werden kann. Eine Berichtigung des Tatzeitpunktes auf den 08.05.2014, 14.30 Uhr, an welchem der Beschwerdeführer zwar Reinigungsarbeiten durchgeführt hat (ob als Selbständiger oder im Rahmen eines Dienstverhältnisses mag hier dahingestellt bleiben), durch das Landesverwaltungsgericht Tirol, würde ein unzulässiges Austauschen der Tat darstellen, weshalb das Verwaltungsstrafverfahren hinsichtlich des von Seiten der Erstbehörde im angefochtenen Straferkenntnis angeführten Tatzeitpunktes gem. Paragraph 45, Absatz eins, Ziffer eins, VStG einzustellen und das Straferkenntnis in diesem Umfang zu beheben war.

römisch II.   Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Artikel 133, Absatz 4, B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Landesverwaltungsgericht Tirol

Mag. Theresia Kantner

(Richterin)

European Case Law Identifier

ECLI:AT:LVWGTI:2014:LVwG.2014.29.2890.4