Landesverwaltungsgericht Tirol
03.09.2014
LVwG-2014/32/2296-2
Das Landesverwaltungsgericht Tirol hat durch seinen Richter Ing. Mag. Herbert Peinstingl über die Beschwerde von Herrn D E, Adresse, vertreten durch die Rechtsanwälte, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft G vom 16. Juli 2014, Zahl ****, den
B E S C H L U S S
gefasst:
1. Der Beschwerde wird insofern stattgegeben, als der Bescheid der Bezirkshauptmannschaft G vom 16. Juli 2014, Zahl ****, aufgehoben und die Angelegenheit wird zur Erlassung eines neuen Bescheides gemäß Paragraph 28, Absatz 3, Satz 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) an die Bezirkshauptmannschaft G zurückverwiesen wird.
Im Übrigen wird der Beschwerde keine Folge gegeben.
2. Gegen diesen Beschluss ist gemäß Paragraph 25 a, VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Artikel 133, Absatz 4, B-VG unzulässig.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen diese Entscheidung kann binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, oder außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.
Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen, und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
römisch eins. Verfahrensgang und Sachverhalt:
Mit der Eingabe vom 5. Juni 2014 (Email) hat Frau B F ua „um Sperrstundenverlängerung auf 6“ für die gastgewerbliche Betriebsanlage mit der Etablissementbezeichnung „C“ in A angesucht.
In der Folge ist die Bezirkshauptmannschaft G davon ausgegangen, dass damit eine Verlängerung der Betriebszeit der gegenständlichen gastgewerblichen Betriebsanlage beantragt wurde und hat in diesem Zusammenhang die mündliche Verhandlung für den 3. Juli 2014 anberaumt. Als Gegenstand der Verhandlung wurde darin ua die „Verlängerung der Betriebszeit von dzt. 5.00 Uhr, genehmigt lt. Bescheid der Bezirkshauptmannschaft G vom 23.11.2009, Zl: ***, auf 06.00 Uhr.“ angeführt.
Bei dieser mündlichen Verhandlung hat sich ua der nunmehrige Beschwerdeführer gegen die Betriebszeitverlängerung bis 6:00 Uhr ausgesprochen, da er zusätzliche Lärmbelästigungen befürchtet.
In der Folge wurde der nunmehr angefochtene Bescheid der Bezirkshauptmannschaft G vom 16. Juli 2014 erlassen, mit dem die „Verlängerung der Betriebszeit der ‚C‘ von dzt. 5.00 Uhr, genehmigt lt. Bescheid der Bezirkshauptmannschaft G vom 23.11.2009, Zl: ***, auf 06.00 Uhr“ gemäß Paragraphen 81 und 74 Gewerbeordnung 1994 unter Bedachtnahme auf Paragraph 93, ArbeitnehmerInnenschutzgesetz genehmigt wurde.
Dagegen hat der rechtsfreundlich vertretene Beschwerdeführer rechtzeitig Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Tirol erhoben und darin wie folgt ausgeführt:
„Herr D E erhebt gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft G vom 16.07.2014, GZ *****, welcher ihm am 17.07.2014 zugestellt wurde, binnen somit offener Frist nachstehende
Beschwerde
gemäß Artikel 130 Absatz eins, Ziffer eins, B-VG an das Verwaltungsgericht und bringt hierzu vor wie folgt:
A. Beschwerdeumfang und Beschwerdegründe:
Mit dem bekämpften Bescheid der Bezirkshauptmannschaft G vom 16.07.2014, GZ *****, wird die Verlängerung der Betriebszeit der „C“ auf 6.00 Uhr genehmigt.
Dieser Bescheid wird zur Gänze angefochten. Der angefochtene Bescheid ist mit Rechtswidrigkeit seines Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften belastet.
B. Beschwerdesachverhalt:
Der Beschwerdeführer ist Eigentümer der Liegenschaft in EZ 9, GB 300 A, samt dem darauf unter der Adresse A errichteten Wohnhaus. Vor kurzem wurde bei diesem Haus ein Anbau für den Sohn des Beschwerdeführers errichtet, der mit seinen Kindern dort einziehen wird.
Im Nahbereich des Hauses des Beschwerdeführers befinden sich bereits zahlreiche Bars und zwar die verfahrensgegenständliche C, die H (im Gasthaus römisch eins), das J (Adresse), das K (Adresse), das L (Adresse, derzeit geschlossen), das M (Adresse, derzeit geschlossen). Die C ist nun die erste Bar, für die eine Betriebszeit bis 6.00 Uhr genehmigt werden soll. Im unmittelbaren Nahbereich dieser Bar befindet sich auch eine Bushaltestellte für den öffentlichen Verkehr und Schulverkehr.
Laut Bescheid der Bezirkshauptmannschaft G vom 23.11.2009, GZ ***, ist für die verfahrensgegenständliche C bereits eine Betriebszeit bis 5.00 Uhr genehmigt.
Diesem Bescheid liegt eine Stellungnahme des Amtsarztes Dr. N zugrunde, der das Wohnhaus des Beschwerdeführers (Familie O) als die nächsten Nachbarn herangezogen hat. Neben einer Verlängerung der Betriebszeit von 3.00 bis 5.00 Uhr wurde auch die Erhöhung des Schallpegels der Musikanlage im Lokal auf 85 dB und die Erhöhung der Verabreichungsplätze im Gastlokal auf 70 Personen genehmigt. Der Amtsarzt Dr. N hat bei der Verhandlung am 19.08.2009 festgestellt, dass - bei Errichtung eines Windfanges mit geschlossenen Türen - der Lärmpegel derart reduziert werde, das beim Nachbarn (Familie O) Belästigungen durch die Musikanlage mit maximal 85dB auszuschließen wären. Auch hinsichtlich der Betriebszeitenverlängerung und der Erhöhung der Verabreichungsplätze bestünden aus gewerbetechnischer bzw. lärmtechnischer Sicht keine Bedenken. Bei Einhaltung der Auflagen des gewerbetechnischen Sachverständigen und bei ordnungsgemäßem Betrieb des Gastlokals wären keine unzumutbaren Belästigungen oder gar Gesundheitsgefährdungen durch den geänderten Betrieb des Lokals bei Anrainern zu erwarten. Es wären jedoch folgende Auflagen unbedingt einzuhalten:
Errichtung eines Windfangs
- nach 22.00 Uhr muss sowohl die Eingangstür als auch die Windfangtür geschlossen gehalten werden Pegelbegrenzung der Musikanlage im Lokal auf max. 85 dB
Der medizinische Sachverständige wies aber bereits damals darauf hin, dass Störgeräusche und damit Lärmbelästigungen außerhalb des Lokals - wie im gegenständlichen Fall – auf öffentlichen Flächen bzw. auf einem öffentlichen Parkplatz - in der Beurteilung zwar nicht berücksichtigt werden dürften, erfahrungsgemäß unzumutbare Belästigungen von Nachbarn jedoch gerade durch das Verhalten von Gästen außerhalb vom Lokal bzw. auf Parkplätzen bestünden und durch die Betriebszeitenverlängerung des Lokals bzw. wahrscheinlich auch anderer Lokale im Bereich des P zusätzliche Belästigungen der Familie O - vor allem durch den Pkw-Verkehr und das Verhalten der Gäste auf dem Parkplatz – zu erwarten wären.
Auch der gewerbetechnische Amtssachverständige hat das Wohngebäude „O“ (Wohnhaus des Beschwerdeführers) für die Beurteilung herangezogen. Es handle sich dabei um den nächstgelegenen Nachbarn, der südlich der Betriebsanlage in einer Entfernung von ca. 60m liege. Der gewerbetechn. Sachverständige hat festgestellt, dass bei Betrieb des Gastlokales bei geöffneter Tür sich beim nächstgelegenen Nachbarn (Beschwerdeführer) ein Pegel von ca. 39 dB ergebe. Bei Errichtung eines Windfangs mit geschlossenen Türen würde sich der Pegel derart verlängern, dass Belästigungen beim Nachbarn auszuschließen wären.
Zur Betriebszeitenverlängerung von 3.00 Uhr auf 4.00 Uhr bzw. 5.00 Uhr führte der gewerbetechnische Amtssachverständige damals aus, dass diesbezüglich aus gewerbetechnischer Sicht keine Bedenken bestünden und gegen die Nacharbeiten von 4.00 - 5.00 Uhr (z.B. Reinigung etc.) keine Bedenken bestünden, da diese ausschließlich vom Personal vorgenommen werden und Lärmemissionen nicht zu erwarten wären.
Ursprünglich hatte die Betreiberin B F eine Betriebszeitenverlängerung bis 4.00 Uhr beantragt, wobei sie den Anspruch in der Verhandlung vom auf 5.00 Uhr abänderte, dies aus aus dem Akt nicht nachvollziehbaren Gründen. Es wurde jedoch in diesem Verfahren der Eindruck erweckt, dass von 4.00 - 5.00 Uhr lediglich Nacharbeiten stattfinden sollten.
Mit der nunmehr genehmigten Betriebszeitenverlängerung ist es möglich, dass sich Gäste bis früh Morgens um 6.00 Uhr im Lokal aufhalten und dort bewirtet werden und zu einer Zeit das Lokal - vermutlich in alkoholisiertem Zustand verlassen, in der sich Kinder auf dem Schulweg oder auf den Weg in den Kindergarten befinden. Nacharbeiten durch Lokalbetreiber oder Personal sind auch nach der Sperrstunde zulässig und sind daher kein Grund, eine Betriebszeitenverlängerung zu beantragen bzw. zu genehmigen.
Mit der genehmigten Betriebszeitenverlängerung besteht die Gefahr, dass umliegenden Betrieben bei Antragstellung ebenfalls eine derart lange Betriebszeit genehmigt werden müsste, womit die Belastungen für die Nachbarschaft jedenfalls unzumutbar werden. Auch der Bürgermeister der Gemeinde A hat sich gegen die beantrage Betriebszeitenverlängerung ausgesprochen.
Die Behörde hat im gegenständlichen Verfahren weder geprüft, ob die mit dem letzten Bescheid vom 23.11.2009 erteilten Auflagen eingehalten wurden noch ob und welche Lärmbelästigungen beim nächstgelegenen Nachbarn bestehen, wobei es sich dabei nicht um das Wohnhaus des Beschwerdeführers sondern um das noch näher gelegene Wohnhaus P (Q) handelt.
Die gegenständliche Beschwerde richtet sich daher gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft G vom 16.07.2014, mit dem nun die Betriebszeit der C von derzeit 5.00 Uhr, genehmigt laut Bescheid der Bezirkshauptmannschaft G vom 23.11.2009, auf 6.00 Uhr verlängert wird.
C. Beschwerdepunkte:
Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in folgenden Rechten
verletzt:
- in seinem Recht als Nachbar, nicht durch Geruch, Lärm, Rauch, Staub, Erschütterungen oder in anderer Weise belästigt zu werden;
- in seinem Recht, dass durch die Änderung an einer Betriebsanlage das Emissionsverhalten dieser Anlage zu ihm als Nachbarn nicht nachteilig beeinflusst wird;
- in seinem Recht, dass sein Leben und seine Gesundheit sowie jene seiner Familie
und der Mitbewohner seiner Liegenschaft nicht beeinträchtigt werden;
- in seinem Recht auf ein ordentliches Verfahren.
D. Beschwerdeausführungen:
Gemäß Paragraph 77, Absatz eins, GewO darf eine Betriebsanlage nur genehmigt werden, wenn nach den Umständen des Einzelfalles voraussehbare Gefährdungen iSd Paragraph 74, Absatz 2, Ziffer eins, vermieden und Belästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteilige Einwirkungen iSd Paragraph 74, Absatz 2, Ziffer 2 bis 5 auf ein zumutbares Maß beschränkt werden. Derartige Gefährdungen und nachteilige Einwirkungen sind gemäß Paragraph 74, Absatz 2, Ziffer 2, GewO Belästigungen der Nachbarn durch Geruch, Lärm, Staub, Erschütterung oder Belästigungen in anderer Weise. Ob derartige Belästigungen zumutbar sind, ist gemäß Paragraph 77, Absatz 2, GewO danach zu beurteilen, wie sich durch die Betriebsanlagen verursachte Änderungen der tatsächlichen örtlichen Verhältnisse auf ein gesundes, normal empfindendes Kind und auf einen gesunden, normal empfindenden Erwachsenen auswirken. Gemäß Paragraph 81, Absatz eins, GewO bedarf auch die Änderung einer genehmigten Betriebsanlage einer Genehmigung, wenn dies zur Wahrung der im Paragraph 74, Absatz 2, umschriebenen Interessen erforderlich ist, wobei diese Genehmigung auch die bereits genehmigte Anlage so weit zu umfassen hat, als es wegen der Änderung zur Wahrung der im Paragraph 74, Absatz 2, umschriebenen Interessen gegenüber der bereits genehmigten Anlage erforderlich ist.
Die belangte Behörde hat vor Erlassung des angefochtenen Bescheides keine Erhebungen dazu durchgeführt, ob die mit Bescheid vom 23.11.2009, ***, erteilten Auflagen eingehalten werden, welche Nachbarn sich am nächsten zur Betriebsanlage befinden und ob es bei diesen Nachbarn, so auch beim Beschwerdeführer, mit der bereits genehmigten Betriebsanlage und bei Genehmigung der beantragten Betriebsanlagenänderung zu unzumutbaren Belästigungen iSd Paragraph 74, Absatz 2, Ziffer 2, GewO kommt.
Die Behörde hätte jedenfalls entsprechende Messungen durchführen müssen. Insofern liegt jedenfalls ein wesentlicher Verfahrensmangel vor. Die Beschwerdeführer haben sich mehrfach wegen Ruhestörungen an die Polizei gewandt. Die Behörde hätte auch von Amts wegen prüfen müssen, ob es bislang zu derartigen Beanstandungen gekommen ist.
Die Behörde übersieht, dass es sich um ein Wohngebiet handelt und in absehbarer Zeit in unmittelbarer Umgebung für derzeit 7 Lokale Öffnungszeiten bis in die Morgenstunden Realität sein können. Die Behörde hätte auch den besonderen Umstand berücksichtigen müssen, dass derzeit 2 dieser Lokale geschlossen sind und zur derzeitigen Beeinträchtigung diese beiden Lokale theoretisch mit zu berücksichtigen wären. Die Behörde hätte sich auch mit den derzeit genehmigten Sperrstunden der umliegenden Betriebe auseinandersetzen müssen und die Gesamtbelastung für die Nachbarn erheben müssen.
Wenn in der Begründung nur angeführt wird, dass durch die Erweiterung der Betriebszeit von derzeit 5.00 Uhr auf 6.00 Uhr keine zusätzlichen Belastungen zu erwarten sind, so genüg diese Begründung nicht. Der Bescheid ist somit auch wegen mangelhafter Begründung rechtswidrig.
Die Behörde übersieht, dass die Grundlage für die letzte Änderung der Betriebszeit mit Bescheid vom 23.11.2009 jene war, dass zwischen 4.00 Uhr und 5.00 Uhr lediglich Nacharbeiten durchgeführt werden sollten, die naturgemäß zu keinen Beeinträchtigungen der Nachbarn führen. Nunmehr soll es der Gewerbetreibenden erlaubt sein, bis 6.00 Uhr Gäste zu bewirten und die Musikanlage zu betreiben. Dabei hätte auch die Beeinträchtigung des Schlafs der Nachbarn durch diese Erweiterung berücksichtigt werden müssen, zumal sich die Betriebszeit nunmehr auf den gesamten Nachtschlaf der Nachbarn erstreckt.
Das von der belangten Behörde durchgeführte Verfahren ist somit in mehrfacher Hinsicht mangelhaft und der angefochtene Bescheid auch deshalb rechtswidrig.
E. Beschwerdeanträge:
Aufgrund der dargestellten Sach- und Rechtslage stellt der Beschwerdeführer nachfolgende
Anträge:
Das Verwaltungsgericht möge der Beschwerde stattgeben,
1. den angefochtenen Bescheid aufheben und den verfahrensgegenständlichen Antrag auf Verlängerung der Betriebszeit der C von derzeit 5.00 Uhr auf 6.00 Uhr abweisen;
2. in eventu: den angefochtenen Bescheid aufheben und die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an die belangte Behörde zurückverweisen.
G, am 14.8.2014 D E
An Kosten werden verzeichnet:
Schriftsatzaufwand EUR 614,67
zuzüglich 20 % U S t EUR 122.93
sohin insgesamt EUR 737,60“
In der Folge erging seitens des Landesverwaltungsgerichtes Tirol an die Antragstellerin folgende Anfrage per E-Mail:
„Sehr geehrte Frau R,
mit dem Bescheid der Bezirkshauptmannschaft G vom 16. Juli 2014, Zahl ****, wurde die Verlängerung der Betriebszeit für den Gastgewerbebetrieb „C“ von 5.00 Uhr auf 6:00 Uhr genehmigt.
Dagegen hat der rechtsfreundlich vertretene Nachbar D E rechtzeitig Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Tirol erhoben.
Der Bescheid der Bezirkshautmannschaft G vom 6. Juli 2014 wurde deshalb erlassen, da Sie mit der Eingabe vom 5. Juli 2014 (Email) ua „um Sperrstundenverlängerung auf 6“ beantragt haben.
Im Bescheid der Bezirkshauptmannschaft G vom 23. November 2009, Zahl ***, - dieser wird mit dem angefochten Bescheid abgeändert - ist angeführt, dass die Betriebszeit von 3:00 Uhr auf 5:00 Uhr verlängert werden soll. Die Öffnungszeit des Lokals soll von 17:00 Uhr bis 4:00 Uhr betragen; die verbleibende Stunde soll für Nacharbeiten genutzt werden.
Mit diesem Bescheid ist daher eine Betriebszeit bis 5:00 Uhr, eine Öffnungszeit (dh Gäste anwesend) bis 4:00 Uhr gewerberechtlich genehmigt.
Sie werden daher um Mitteilung ersucht, ob Sie mit Ihrem Antrag „um Sperrstundenverlängerung auf 6“ lediglich eine Änderung der Betriebszeit bis 6:00 Uhr (mit Öffnungszeit bis weiterhin 4.00 Uhr) beabsichtigt haben oder ob damit tatsächlich die Sperrstunde mit 6:00 Uhr beantragt wird, was bedeutet, dass die Öffnungszeit (von 17.00 Uhr) bis 6:00 Uhr antragsgegenständlich ist und auch die Betriebszeit zu diesem Zeitpunkt enden soll.
Für allfällige Rückfragen stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung.“
Telefonisch teilte die Antragstellerin dem fertigenden Richter des Landesverwaltungsgerichtes Tirol am 1. September 2014 mit, dass mit dem verfahrenseinleitenden Antrag eine Änderung der Sperrstunde für die gegenständlichen gastgewerblichen Betriebsanlage auf 6:00 Uhr beabsichtigt war.
Beweis wurde weiters aufgenommen durch Einsichtnahme in den behördlichen Akt.
römisch II. Wesentliche Rechtslage:
Gemäß Paragraph 28, Absatz 3, Satz 2 VwGVG kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen, wenn die Behörde die notwendigen Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen hat. Die Behörde ist hiebei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.
römisch III. Rechtliche Erwägungen:
Betriebszeit ist jene Zeit, in der eine Betriebsanlage, in welchem Ausmaß auch immer, in Betrieb ist. Die der Ausübung des Gastgewerbes dienende Anlage wird nicht nur dann betrieben, wenn Speisen und Getränke verabreicht werden, sondern auch wenn Vorbereitungs- und Aufräumarbeiten durchgeführt werden. Der Begriff „Sperrzeit“ (Paragraph 113, GewO 1994) erfasst dagegen nur die Zeit, während der sich Gäste nicht im Lokal aufhalten dürfen vergleiche dazu auch den Erlass des Landeshauptmannes von Tirol vom 16. Dezember 2002, IIa-104(44)/6).
Den Anfang der Sperrzeit bildet die Sperrstunde. Als Öffnungszeit wird jene Zeit innerhalb der Betriebszeit bezeichnet, die nicht Sperrzeit ist. Das Ende der Öffnungszeit bildet daher die Sperrstunde.
Bereits aus dem verfahrenseinleitenden Antrag hat sich ergeben, dass eine Änderung der Öffnungszeit beantragt ist. Auch wenn die „Sperrstundenverlängerung bis 6“ beantragt wurde, so vermag diese umgangssprachliche Formulierung nichts daran ändern, dass tatsächlich die Änderung der Sperrstunde auf 6h beantragt wurde. Dies hat die Antragstellerin auch am 1. September 2014 telefonisch bestätigt.
Soweit in einer betriebsanlagenrechtlichen Genehmigung (Änderungsgenehmigung) zwischen Betriebszeit und Öffnungszeit (Sperrzeit) nicht ausdrücklich unterschieden wird, so kann davon ausgegangen werden, dass Betriebszeit und Öffnungszeit ident sind, soweit keine Anhaltspunkte für die Notwendigkeit einer unterschiedlichen Betrachtungsweise vorliegen. Für die gegenständliche Betriebsanlage wurde mit dem gewerbebehördlichen Feststellungsbescheid vom 23. November 2009, Zahl 3.1.1737/C, eine Betriebszeitverlängerung bis 5:00 Uhr genehmigt, wobei jedoch angeführt ist, dass die Öffnungszeit des Gastlokals (von 17.00 Uhr) bis 04.00 Uhr beträgt; die verbleibende Stunde soll für Nacharbeiten genutzt werden. Insofern ist mit dem Bescheid aus dem im Jahr 2009 die Sperrstunde mit 04.00 Uhr festgelegt. Aufgrund dieser bisherigen Genehmigung liegt ein Anhaltspunkt zur Unterscheidung vor, weshalb auch im gegenständlich Verfahren zwischen Betriebszeit und Öffnungszeit zu unterscheiden ist.
Mit der nunmehr angefochtenen Genehmigung wird entgegen dem verfahrenseinleitenden Antrag nicht die Öffnungszeit sondern die Betriebszeit bis 6:00 Uhr dem Verfahren zu Grunde gelegt vergleiche obige Formulierung in der Kundmachung zur mündlichen Verhandlung vom 20. Juni 2014) letztlich auch genehmigt vergleiche die Betriebsbeschreibung im angefochtenen Bescheid).
Auch aus der Stellungnahme des gewerbetechnischen Amtssachverständigen im Rahmen der mündlichen Verhandlung (Punkt 2.) Betriebszeitverlängerung „C“ bis 06.00 Uhr) ist zu entnehmen, dass der Gewerbetechniker bei seiner Beurteilung von einer Verlängerung der Betriebszeit von 05.00 Uhr bis 6:00 Uhr ausgegangen ist.
Eine Beurteilung, wie sich die beantragte Änderung der Sperrstunde von 04.00 Uhr auf 6:00 Uhr auswirkt, kann der der Stellungnahme des gewerbetechnischen Amtssachverständigen bei der mündlichen Verhandlung nicht entnommen werden.
Eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen kommt insbesondere in Betracht, wenn die Verwaltungsbehörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat, wenn sie zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhalts vergleiche Paragraph 37, AVG) lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt hat. Gleiches gilt, wenn konkrete Anhaltspunkte annehmen lassen, dass die Verwaltungsbehörde (etwa schwierige) Ermittlungen unterließ, damit diese dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden vergleiche VwGH 26.06.2014, 2014/03/0063).
Gegenständlich ist zu bemerken, dass die Verwaltungsbehörde keine Ermittlungstätigkeiten dahingehend geführt hat, inwieweit die beantragte Verlängerung der Öffnungszeit, sohin der Betrieb der gegenständlichen gastgewerblichen Betriebsanlage bei der Anwesenheit von Gästen (und Betrieb der Musikanlage) bis 6:00 Uhr für die Nachbarn zumutbar ist.
Insbesondere wurden auch keine Messungen durchgeführt bzw nicht dargelegt, weshalb derartige Messungen nicht möglich sein sollen vergleiche ständige Rechtsprechung des VwGH, zuletzt 19.12.2013, 2011/03/0160).
Unbeschadet dessen ist im Berufungsverfahren auch die Schranke des Paragraph 66, Absatz 4, AVG zu beachten, wonach die Rechtsmittelbehörde nur über die durch den Spruch des unterinstanzlichen Bescheides entschiedene Sache (VwSlg 11.237 A/1983 verst Sen; VfSlg 7240/1973) und nicht über mehr absprechen darf vergleiche Hauer/Leukauf6 AVG Paragraph 13, Anmerkung 6; Hengstschläger3 Rz 516; Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensnovellen 1998, 12f), weil den Parteien ansonsten in der Sachfrage eine Instanz genommen vergleiche auch Rz 59f) und infolge der Unzuständigkeit der Rechtsmittelinstanz vergleiche Onz/Kraemmer, RdU 1999, 138) das Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt würde (Rz 60; VfSlg 5822/1968; 8886/1980).
(Hengstschläger/Leeb, AVG (2. Ausgabe 2014) Paragraph 66, Rz 78 (Stand 1.7.2007, rdb.at))
Dies trifft auch auf das verwaltungsgerichtliche Verfahren zu.
Wie bereits erwähnt, wurde seitens der Behörde spruchgemäß lediglich die Verlängerung der Betriebszeit genehmigt. Eine Abänderung des behördlichen Spruches durch das Landesverwaltungsgericht Tirol dahingehend, wonach - wie von der Antragstellerin beantragt - die Sperrstunde mit 6:00 Uhr genehmigt werden soll, würde dazu führen, dass den Nachbarn in der Sachfrage eine Instanz genommen würde.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Abschließend darf darauf hingewiesen werden, dass die Behörde das Feststellungsverfahren nach Paragraph 359 b, GewO 1994 durchzuführen hat, wenn die Voraussetzungen dafür vorliegen. Die Durchführung des regulären Verfahrens (Paragraph 356, Absatz eins, in Verbindung mit Paragraph 77, (und Paragraph 81, Absatz eins,) GewO 1994) ist in diesem Fall nicht zulässig.
römisch fünf. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Artikel 133, Absatz 4, B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Landesverwaltungsgericht Tirol
Mag. Herbert Peinstingl
(Richter)
ECLI:AT:LVWGTI:2014:LVwG.2014.32.2296.2