Landesverwaltungsgericht Tirol
27.05.2014
LVwG-2014/25/0417-12
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Tirol hat durch seinen Richter Dr. Alexander Hohenhorst über die Beschwerde der Gesellschaft1, Straße2, Ort2, vom 12.12.2012 gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Ort3 vom 19.11.2012, Zahl *.*-***/**-*-*1, betreffend die Vorschreibung anderer bzw zusätzlicher Auflagen gem Paragraph 79, Absatz eins, GewO 1994
zu Recht erkannt:
1. Gemäß Paragraph 28, VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
2. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß Paragraph 25 a, VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Artikel 133, Absatz 4, B-VG unzulässig.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen diese Entscheidung kann binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, oder außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.
Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen, und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
Mit dem angefochtenen Bescheid schrieb die Bezirkshauptmannschaft Ort3 der Gesellschaft1 gem Paragraph 79, Absatz eins, GewO 1994 in Verbindung mit Paragraph 93, Absatz 2, ArbeitnehmerInnenschutzgesetz für die Betriebsanlage Gesellschaft1 Tankstelle in Ort1, Straße1, sieben gewerbetechnische Auflagen und sechs Auflagen zum Schutz der Gewässer vor.
Die gewerbetechnische Auflage A/4 lautet wie folgt:
„Die Kompensationselemente in den Domschächten sind elektrisch leitend zu überbügeln (mindestens 16 mm2 Cu).“
Die Auflage zum Schutz der Gewässer B/6 lautet wie folgt:
„Sämtliche Mineralölabscheider sind einer Generalinspektion gemäß Punkt 6 der Ö-Norm EN 858-2 zu unterziehen (unter anderem Dichtheitsprüfung) und die Prüfprotokolle der Behörde zu übermitteln.“
Gegen diese beiden Spruchpunkte richtet sich die nunmehr als Beschwerde zu wertende Berufung der Gesellschaft1 vom 12.12.2012, in welcher im Wesentlichen ausgeführt wird, dass sich bezüglich der gewerbetechnischen Auflage nicht ergebe, welche konkreten Umstände diese rechtfertigen würden. Es gebe kein Ermittlungsergebnis, dass Dehnungskompensatoren für Diesel und Treibstoff1 nicht elektrisch leitend verbunden sind. Die Vorschreibung beziehe sich auf Dehnungselemente sämtlicher Domschächte, ohne diese zu besichtigen. Es gebe keine Begründung, welche Gefährdungen davon ausgingen. Einschlägige Bestimmungen sähen keine Verpflichtung vor, wonach Kompensationselemente elektrisch leitend zu verbinden wären. Die Auflage unterscheide auch nicht zwischen Domschächten für Vergasertreibstoff und Diesel. Bezüglich der gewässerschutztechnischen Auflage werde ebenfalls die Frage gestellt, welche Umstände diese Auflage rechtfertigen würden. Die Mineralölabscheider seien mängelfrei und die letzte Überprüfung nach der Indirekteinleiter-Verordnung sei am 24.05.2012 erfolgt.
Zu diesem Berufungsvorbringen wurden der gewerbetechnische und der wasserfachliche Amtssachverständige aufgefordert, Stellung zu nehmen. Der wasserfachliche Amtssachverständige führte in seinem Schreiben vom 28.01.2014 dazu zusammengefasst aus, das potenzielle Undichtheiten der Ölabscheider eine Gefährdung des Grundwassers bedeuten. Ö-Norm EN 858-2, Punkt 6, verlangt, dass in Zeitabständen von höchstens fünf Jahren präventive Generalinspektionen mit Dichtheitskontrollen durchgeführt werden. Solche Generalinspektionen werden nicht durch Amtssachverständige sondern durch spezialisierte Fremdgutachter erstellt. Die Fremdüberwachung der Firma Gesellschaft2 vom 24.05.2012 bezieht sich auf Emissionswerte gemäß dem Vertrag mit dem Abwasserverband und stellt keine Generalinspektion im Sinn der Ö-Norm EN 858-2 dar.
Der gewerbetechnische Amtssachverständige führte in seiner Stellungnahme vom 04.02.2012 zum Beschwerdevorbringen aus, dass sowohl die Verordnung über brennbare Flüssigkeiten als auch die Ö-Normen E 8001-1 E 8065 eine Sicherstellung des Potenzialausgleiches fordern. Verbaute Kompensatoren werden zwar als elektrisch leitfähig deklariert, haben aber einen Widerstand von ein Kiloohm bis ein Megaohm. Durch diesen hohen elektrischen Widerstand können sie die Anforderungen zur Sicherstellung des Potenzialausgleichs nicht ohne weitere Maßnahmen erfüllen. Beim Ortsaugenschein konnte kein Potenzialausgleich entsprechend ÖVE/Ö-Norm E 8001-1 bzw der Verordnung über brennbare Flüssigkeiten festgestellt werden. Die Vorgaben der VEXAT sind Betreiberpflichten. Beim Ortsaugenschein wurde in sämtliche Domschächte Einsicht genommen. Demnach waren die Behälter für Ottokraftstoff und Heizöl mit festem, nicht brennbarem und leicht entfernbarem Material verfüllt, weshalb nicht feststellbar war, ob die in den Domschächten vorhandenen Kompensationselemente verbügelt sind oder nicht. Die Verbügelung dient der Sicherstellung des Potenzialausgleiches, der dem Personenschutz dient. Durch fehlenden Potenzialausgleich können unterschiedliche Spannungspotenziale auftreten, die bei einer Überbrückung schlagartig ausgeglichen werden, wobei es zu einem elektrischen Schlag kommt, der auch einen zundfähigen Funken erzeugen kann. Da bei einer Tankstelle viele explosionsgefährdete Bereiche bestehen, muss die Entstehung eines solchen Funkens unbedingt verhindert werden, da dieser eine potenzielle Gefahr für Sach- und Personenschäden in sich birgt. Durch den derzeitigen Zustand wird die Eintrittswahrscheinlichkeit eines solches Zwischenfalls jedenfalls erhöht. Laut Verordnung über brennbare Flüssigkeiten müssen sämtliche Anlagenteile, somit auch für Diesel und Heizöl über diesen Schutz verfügen. Die vorgeschlagene Maßnahme der Überbrückung der Kompensationselemente mittels Kupferkabel stellt das geringste Mittel zur Verhinderung des Entstehens von zundfähigen elektrischen Funken im Nahbereich der tanktechnischen Anlagenteile dar.
Dazu führte die Anlagenbetreiberin in ihrer Äußerung vom 25.02.2014 aus, dass die Dichtheitsprüfung der Firma Gesellschaft3 vom 14.03.2009 vorliege. Die Notwendigkeit einer Dichtheitsprüfung der Mineralölabscheider sei aus Paragraph 134, Absatz 4, WRG nicht zu entnehmen. Demnach wäre die Überprüfung gemäß Paragraph 82, b GewO ausreichend. Dieser Verpflichtung werde mit Prüfbefund gemäß Paragraph 82, b GewO des technischen Büros Gesellschaft4 vom 05.04.2009 entsprochen. Zudem gebe es die Dichtheitsprüfung der Firma Gesellschaft5 aus dem Jahr 2006. Die Abwasseranlage sei durch das Büro Gesellschaft2 am 24.05.2012 überprüft worden. Der Amtssachverständige begründe nicht, warum zusätzlich zur Überprüfung gemäß Paragraph 134, Absatz 4, WRG eine Dichtheitsprüfung notwendig sei. Es gebe keine gesetzliche Bestimmung, wonach Ö-Norm EN 858-2 für die Mineralölabscheideranlage verbindlich wäre, womit keine Grundlage für eine Vorschreibung nach Paragraph 79, Absatz eins, GewO vorliege.
Nach ÖVE-EN 50110 müssten elektrische Anlagen nach den zum Zeitpunkt der Errichtung gültigen Normen geprüft werden (Bestandschutz), weshalb der Verweis des Amtssachverständigen auf ÖVE/Ö-Norm 8001-1 und E 8065 unrichtig sei. Nach dem Grundsatz der amtswegigen Ermittlungspflicht habe die Behörde nachzuweisen, dass die Anlage nicht den anzuwendenden Normen entspricht und von ihr Gefährdungen ausgehen. Gesellschaft1 habe durch die Vorlage des im Zuge der Tankstellenüberprüfung erstellten positiven Blitzschutz/Erdungsattests der Firma Gesellschaft3 vom 11.08.2011 den Nachweis erbracht, dass die Anlage den anzuwendenden elektrotechnischen Bestimmungen entspricht. Durch die Verfüllung der Vergaserkraftstoff-Domschächte mit nicht brennbarem Material werde ausgeschlossen, dass es bei der Entstehung eines Funkens zur Explosion kommen kann. Die einsehbaren Domschächte für Diesel stellten nach VEXAT und der VbF keine Explosionszone dar. Der Amtssachverständige habe in die verfüllten Domschächte nicht einsehen und damit gar nicht feststellen können, ob die Dehnungskompensatoren eine Überbrückung aufweisen, weshalb seine Feststellung eines derzeit nicht vorhandenen Potenzialausgleichs unrichtig sei. Der Amtssachverständige habe nicht erklärt, wie es in den aufgefüllten Domschächten zu einem explosionsfähigen Gemisch kommen könnte. Die VEXAT greife nicht in rechtkräftige Genehmigungsbescheide ein. Deswegen seien auch keine nachträglichen baulichen Maßnahmen zu setzen und sei eine Überbügelung nicht erforderlich. Auch das aktuelle Blitzschutz/Erdungsattest der Firma Gesellschaft3 vom 03.04.2013 weise keine diesbezüglichen Mängel auf. Die eingebauten Dehnungskompensatoren seien nach den Prüfunterlagen der Firma Gesellschaft6 ausreichend leitfähig und geeignet. Den Bestimmungen der VbF werde entsprochen. Der Amtssachverständige habe in die aufgefüllten Domschächte nicht Einsicht nehmen können, wohingegen Gesellschaft1 durch die vorgelegten Erdungs/Blitzschutzatteste der Firma Gesellschaft3 vom 11.08.2011 und 03.04.2013 die ordnungsgemäße Anlagenausführung nachweisen könne. Der Potenzialausgleich sei durch die eingebauten leitfähigen Kompensationselemente gegeben. Der Amtssachverständige lege keinen Nachweis über den von ihm angenommenen verhältnismäßig hohen elektrischen Widerstand der elastischen Rohverbinder vor.
Diese Äußerung wurde erneut den beiden Amtssachverständigen zur Stellungnahme übermittelt. Dazu äußerte sich der gewässertechnische Amtssachverständige in seiner Stellungnahme vom 04.03.2014 dahingehend, dass die Inhalte von Mineralölabscheidern und vorgeschalteten Schlammfängen wassergefährdend sind, weshalb gemäß Ö-Norm EN 852-2, Punkt 6, maximal alle fünf Jahre eine Generalinspektion durchzuführen ist. Da die letzte Dichtheitskontrolle aus dem Jahr 2006 stammt, sei die Vorschreibung erforderlich. Zwischen der Unterkante des Schlammfangs und dem höchsten Grundwasserspiegel besteht ein Abstand von 70 cm, weshalb im Fall von Undichtheiten wassergefährdete Stoffe in das Grundwasser gelangen könnten, womit Ö-Norm EN 858-2 zur Anwendung zu kommen hat. Es liegt kein Gutachten vor, das den Anforderungen einer solchen Generalinspektion entspricht.
Der gewerbetechnische Amtssachverständige hat in seiner Stellungnahme vom 07.04.2014 ausgeführt, dass beim Ortsaugeschein die Vertreter der Firma Gesellschaft1 auf die Frage, ob die Überbügelung in den aufgefüllten und nicht einsehbaren Domschächten für Ottokraftstoff schon durchgeführt wurden, erklärten, dass eine solche Überbügelung nur auf Grund einer Behördenvorschreibung ausgeführt würde. Eine solche ist bisher aber nicht ergangen. Am 27.03.2014 hat der Amtssachverständige bei einem Augenschein aus den beiden Domschächten für Ottokraftstoffe das Füllmaterial entfernt und festgestellt, das keines der Kompensationselemente mit einer elektrisch leitenden Verbindung überbrückt war. Es waren Gelbring-Kompensatoren der Firma Gesellschaft6 verbaut, die einen elektrischen Widerstand von ein Kiloohm bis ein Megaohm aufweisen, wie von der Firma Gesellschaft6 bestätigt wurde. Die Anlage wurde seit ihrer Errichtung mehrfach umgebaut. Bereits die Vorgängernorm ÖVE-EN1 hat einen Potenzialausgleich gefordert. Gesellschaft1 hat nachgewiesen, dass die verbauten Dehnungskompensatoren nur elektrostatisch leitfähig sind. Dadurch sind sie aber als Potenzialausgleichselemente nicht nutzbar. Im Paragraph 6, Absatz eins, Elektrotechnikgesetz ist geregelt, dass auch bestehende Anlagenteile insoweit an die neuen elektrotechnischen Sicherheitsvorschriften anzupassen sind, als dies für die einwandfreie Funktion der elektrischen Schutzmaßnahmen erforderlich ist. Die Erdungs/Blitzschutzatteste der Firma Gesellschaft3 dokumentieren lediglich die Ausbreitungswiderstände, sehen aber keine messtechnische Prüfung des Potenzialausgleichs vor. Aus diesen Attesten kann folglich nicht auf einen ausgeführten Potenzialausgleich geschlossen werden.
Im Zuge des Parteiengehörs äußerte sich die Anlagenbetreiberin in ihrem Schreiben vom 06.05.2014 dahingehend, dass auch wenn Mineralöl- und Schlammfanginhalte wassergefährdend sind, dies auch keine Anwendbarkeit der Ö-Norm EN 858-2 bedeute. Die Ö-Norm sei durch keine Rechtsvorschrift für verbindlich erklärt worden, ihre Anwendbarkeit sei nicht auf Paragraph 134, Absatz 4, WRG stützbar. Die Ö-Norm beschreibe nur den Stand der Technik, eine Änderung derselben reiche noch nicht für eine nachträgliche Auflage nach Paragraph 79, Absatz eins, GewO. Der Amtssachverständige habe keine Schäden an der Anlage feststellen können. Eine Dichtheitsprüfung sei bereits 2006 erfolgt, seither wären keine Änderungen an der Anlage oder den Grundwasserverhältnissen eingetreten, die eine Vorschreibung einer weiteren Dichtheitsprüfung rechtfertigen würde.
Der gewerbetechnische Amtssachverständige führe nicht an, welches Ausmaß des elektrischen Widerstands noch zulässig wäre, um eine ausreichende Leitfähigkeit annehmen zu können. Selbst bei Vorhandensein des von der Firma Gesellschaft6 genannten Widerstands wären die Kompensatoren als ausreichend leitfähig einzustufen. Aus ÖVE-EN 1 ergebe sich nicht die Notwendigkeit einer Überbügelung mit 16 mm2 Kupfer. Ö-Norm EN 8001 sei für die Tankstelle nicht anzuwenden, weil sich diese auf den Schutz der elektrischen Anlagen beziehe, was hier nicht zutreffe. Maßgeblich sei nur Paragraph 111, Absatz 3, in Verbindung mit Paragraph 35, VbF, wonach alle Teile der Tankstelle untereinander elektrisch leitend so verbunden sein müssen, dass elektrostatische Aufladungen sicher abgeleitet werden. Der Nachweis einer ordnungsgemäßen Ausführung des Potenzialausgleichs ergebe sich aus den Elektrobefunden der Firma Gesellschaft3 vom 30.01.2012 und 03.04.2013. Es sei nicht erkennbar, welche Gefahr mit der Auflage abgewendet werden soll, weil sich durch die Verfüllung mit unbrennbarem Material kein explosionsfähiges Gemisch bilden könne und Personen durch die Verfüllung keinen Zugang hätten. Wenn ÖVE-EN 1 die Überbügelung der Dehnungselemente bereits verbindlich vorschreibe, sei eine nachträgliche Auflage nach Paragraph 79, Absatz eins, nicht mehr erforderlich. Dazu nachgereicht wurde die Stellungnahme der Firma Gesellschaft7 vom 06.05.2014, in welcher die Punkte einer Generalinspektion gemäß Ö-Norm EN 858-2 bei Abscheideranlagen in Abständen von höchstens fünf Jahren beschrieben werden. Abschließend führt der Verfasser aus, dass ein Betriebs- und Wartungsbuch mit Eintragung der Kontrollen auf der Tankstelle aufliegt. Ist dieses ordnungsgemäß geführt, können alle oben genannten Punkte als erfüllte betrachtet werden und es ist keine zusätzliche Generalinspektion notwendig.
Das Landesverwaltungsgericht Tirol hat hierzu wie folgt erwogen:
Die im diesem Verfahren maßgeblichen Rechtsvorschriften der Gewerbeordnung lauten wie folgt:
Paragraph 74, Absatz 2,
„Gewerbliche Betriebsanlagen dürfen nur mit Genehmigung der Behörde errichtet oder betrieben werden, wenn sie wegen der Verwendung von Maschinen und Geräten, wegen ihrer Betriebsweise, wegen ihrer Ausstattung oder sonst geeignet sind,
1. das Leben oder die Gesundheit des Gewerbetreibenden, der nicht den Bestimmungen des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes, Bundesgesetzblatt Nr. 450 aus 1994,, in der jeweils geltenden Fassung, unterliegenden mittätigen Familienangehörigen oder des nicht den Bestimmungen des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes, Bundesgesetzblatt Nr. 450 aus 1994,, in der jeweils geltenden Fassung, unterliegenden mittätigen eingetragenen Partners, der Nachbarn oder der Kunden, die die Betriebsanlage der Art des Betriebes gemäß aufsuchen, oder das Eigentum oder sonstige dingliche Rechte der Nachbarn zu gefährden; als dingliche Rechte im Sinne dieses Bundesgesetzes gelten auch die im Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 4, Litera g, angeführten Nutzungsrechte,
2. die Nachbarn durch Geruch, Lärm, Rauch, Staub, Erschütterung oder in anderer Weise zu belästigen,
3. die Religionsausübung in Kirchen, den Unterricht in Schulen, den Betrieb von Kranken- und Kuranstalten oder die Verwendung oder den Betrieb anderer öffentlichen Interessen dienender benachbarter Anlagen oder Einrichtungen zu beeinträchtigen,
4. die Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs an oder auf Straßen mit öffentlichem Verkehr wesentlich zu beeinträchtigen oder
5. eine nachteilige Einwirkung auf die Beschaffenheit der Gewässer herbeizuführen, sofern nicht ohnedies eine Bewilligung auf Grund wasserrechtlicher Vorschriften vorgeschrieben ist.“
Paragraph 79, Absatz eins,
„Ergibt sich nach Genehmigung der Anlage, dass die gemäß Paragraph 74, Absatz 2, wahrzunehmenden Interessen trotz Einhaltung der im Genehmigungsbescheid vorgeschriebenen Auflagen nicht hinreichend geschützt sind, so hat die Behörde die nach dem Stand der Technik“
Zur gewerbetechnischen Auflage A/4:
Der Amtssachverständige hat vor Ort festgestellt, dass auch in den aufgefüllten Domschächten für Vergaserkraftstoff keines der vorhandenen Kompensationselemente mit einer elektrischen leitenden Verbindung überbrückt war. Die eingebauten Gelbring- Kompensatoren der Firma Gesellschaft6 weisen einen elektrischen Widerstand im Bereich von ein Kiloohm bis ein Megaohm auf. Der Sachverständige hat in seiner Stellungnahme vom 07.04.2014 auf Seite 2 ausgeführt, dass für eine ausreichende elektrische Leitfähigkeit, die einen Potenzialausgleich erfüllen würde, ein Widerstand erforderlich wäre, der einem Kupferkabel in der Stärke von 16 mm2 (ca 1,1 Milliohm) entspricht. Damit verfehlen die Kompensationselemente die geforderten Widerstandvorgaben um mindestens einen Faktor von 106. Auch die von der Firma Gesellschaft3 im Elektrobefund vom 30.01.2012 angegebenen Widerstände übersteigen den geforderten Wert bei weitem. Die vorhandene elektrostatische Leitfähigkeit erfüllt diesen Potenzialausgleich nicht. Für den Potenzialausgleich ist eine elektrische Leitfähigkeit erforderlich (vergleiche Poinstingl, Kommentar zur Verordnung über brennbare Flüssigkeiten, Juridica, 3. Auflage, Seite 95 zu Paragraph 35,). Die Eigenschaft der elektrischen Leitfähigkeit bedeutet eine sehr gute Leitfähigkeit. Paragraph 111, Absatz 3 und Paragraph 35, Absatz eins, VbF verlangen eine Ausführung in elektrisch leitender Verbindung. Der geforderte Potenzialausgleich muss deshalb elektrisch leitfähig sein und ist eine elektrostatische Leitfähigkeit viel zu gering, weil eine bloße elektrostatische Leitfähigkeit auf Grund deren schlechten Leitfähigkeit unterschiedliche Potenziale nur langfristig abbauen würde. Deshalb ist eine Überbügelung erforderlich, die dem elektrischen Widerstand eines 16 mm2 Kupferkabels entspricht. Die Bauartzulassung vom 14.06.1966 bestätigt im Punkt 3, dass die Rohrverbinder elektrostatisch leitfähig sein müssen, weshalb diese keinen Potenzialausgleich bieten.
Gemäß ÖVE-EN1 3.6.2 ist eine elektrische Betriebsstätte ein Raum oder Ort (auch im Freien), der im wesentlichen zum Betrieb elektrischer Betriebsmittel dient. Eine Zapfsäule ist ein elektrisches Betriebsmittel, weshalb ÖVE-EN1 sehr wohl für Tankstellen gilt. Die Firma Gesellschaft3 hat in ihrem Befund vom 30.01.2012 die Ö-Norm ÖVE-EN1 ausdrücklich als Prüfgrundlage angeführt.
Zur Behauptung, dass sich der Potenzialausgleich aus den Elektro-Befunden der Firma Gesellschaft3 ergebe, ist auf den letzten Absatz der Ausführungen des Amtssachverständigen vom 07.04.2014 zu verweisen, wonach in den vorliegenden Dokumentationen der Firma Gesellschaft3 lediglich die Ausbreitungswiderstände dokumentiert sind. Eine messtechnische Prüfung des Potenzialausgleichs (Schleifenwiderstand) ist im diesem Dokument nicht enthalten und auch nicht vorgesehen. Aus dem vorliegenden Dokument kann folglich auch nicht auf einen ausgeführten Potenzialausgleich zwischen der jeweiligen Rohrleitung und dem Lagerbehälter bzw der Erdungsanlage geschlossen werden.
Wenn die Rechtsmittelwerberin vorbringt, dass es nicht erkennbar sei, welche Gefahr mit der Auflage abgewendet werden soll, weil sich durch die Verfüllung mit unbrennbaren Material kein explosionsfähiges Gemisch bilden könne und Personen durch die Verfüllung keinen Zugang hätten, ist auf den Umstand zu verweisen, dass sich ein explosionsfähiges Gemisch nicht nur im aufgefüllten Domschacht sondern auch im Füllschrank bzw Füllschacht und um die Zapfsäule bilden kann (vergleiche technische Grundlagen zur Beurteilung von Tankstellen, BMWA 2005, Punkt 11).
In der ÖVE-EN1 ist ein Potenzialausgleich vorgeschrieben, nicht aber die konkrete Überbügelung, weshalb diese im konkreten Fall gem Paragraph 79, Absatz eins, GewO vorzuschreiben ist.
Die Folgen eines fehlenden Potenzialausgleiches bei einer Tankstelle hat der Amtssachverständige in seiner Stellungnahme vom 04.02.2014 unter Punkt 2 beschrieben. Demnach dient die geforderte Auflage im Schutz des Lebens oder der Gesundheit von Personen, unabhängig davon, ob diese Arbeitnehmer, Betriebsanlageninhaber oder etwaige Kunden sind. Durch den derzeit nicht vorhandenen Potenzialausgleich der einzelnen Anlagenteile können unterschiedliche Spannungspotenziale auftreten. Werden diese Potenziale überbrückt (z.B. durch das Berühren einer Kupplung, dem Anschließen einer Leitung usw), wird dieser Potenzialunterschied schlagartig ausgeglichen und es kommt zu einem elektrischen Schlag, welcher unter Umständen auch einen zundfähigen Funken erzeugen kann. Insbesondere an einer Tankstelle, an der erfahrungsgemäß viele explosionsgefährdete Bereiche vorherrschen, muss das Entstehen eines solchen Funkens unbedingt verhindert werden. Damit ergibt sich unabhängig von den Bezug genommenen elektrotechnischen Bestimmungen und der VbF, dass bei der derzeitigen Situation die gem Paragraph 74, Absatz 2, Ziffer eins, GewO wahrzunehmenden Interessen trotz Einhaltung der im Genehmigungsbescheid vorgeschriebenen Auflagen nicht hinreichend geschützt sind, weshalb die Behörde die nach dem Stand der Technik erforderliche bekämpfte Auflage vorzuschreiben hat.
Zur Auflage zum Gewässerschutz B/6:
Paragraph 134, Absatz 4, WRG regelt, dass der Betreiber einer Anlage zur Lagerung oder Leitung wassergefährdende Stoffe (Paragraph 31, a) die Wirksamkeit der zum Schutz der Gewässer getroffenen Vorkehrungen, insbesondere die Dichtheit von Behältern und Leitungen, in Zeitabständen von höchstens fünf Jahren auf seine Kosten überprüfen zu lassen hat, sofern die Behörde nicht unter Bedachtnahme auf besondere Umstände kürzere Zeitabstände vorschreibt. Auf Grundlage der Verordnungsermächtigung des Paragraph 31, a Absatz 3, WRG hat der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft die Verordnung betreffend Anlagen zur Lagerung und Leitung wassergefährdender Stoffe, Bundesgesetzblatt Teil 2, Nr 4 aus 1989,, erlassen. Diese erklärt als kontrollbedürftig unter anderem Anlagen zur Lagerung von Brenn- und Kraftstoffen. Ein Mineralölabscheider ist keine Anlage zur Lagerung von Kraftstoffen, weil das darin befindliche Gemisch aus Wasser, Öl, Benzin, Reinigungsmittel etc keinen Kraftstoff darstellt. Gemeint sind mit diesen Anlagen zur Lagerung Tanks.
Paragraph 134, Absatz 4, WRG schreibt für solche Anlagen alle fünf Jahre eine Dichtheitsprüfung vor. Da ein Ölabscheider aber keine solche Anlage ist, kann eine Dichtheitsprüfung des Ölabscheiders nicht auf Paragraph 134, Absatz 4, WRG gestützt werden.
Ein Ölabscheider fällt vielmehr in den Anwendungsbereich der Ö-Norm EN 858-2. Diese gilt nach ihrem Punkt 1 für Abscheideranlagen für die Trennung von Leichtflüssigkeiten mineralischen Ursprungs von Schmutzwasser. Sie gilt nicht für die Behandlung von Fetten und Ölen pflanzlichen und tierischen Ursprungs sowie von Emulsionen und Lösungen. In Punkt 6 ist geregelt, dass Abscheideranlagen in Abständen von höchstens fünf Jahren einer Generalinspektion unterzogen werden müssen, die Dichtheit der Anlage, den baulichen Zustand, die inneren Beschichtungen, den Zustand der Einbauteile und der elektrischen Einrichtungen und Anlagen sowie das Überprüfen der Tarierung der selbsttätigen Verschlusseinrichtung z.B. Schwimmkörper umfasst. Aufzeichnungen über Reinigung und Wartung müssen aufbewahrt und den Behörden auf Verlangen zur Verfügung gestellt werden. Sie müssen Aussagen zu spezielle Ereignissen (z.B. Reparaturen, Unfälle) enthalten.
Der wasserfachliche Amtssachverständige hat in seiner Stellungnahme vom 04.03.2014 beschrieben, dass im gegenständlichen Bereich der Grundwasserspiegel während des Jahres um ca 2,7 m schwankt. Laut Lageplan über die Tankstelle liegt das Ablaufrohr des östlichen Schlammfanges bei 1,42 m unter der Geländeoberkante. Um das angegebene Schlammfangvolumen vom 6 m³ bei einem angegebenen Durchmesser des Schlammfanges von 2,5 m zu erreichen, muss der Schlammfang von der Unterkante des Ablaufrohrs noch eine Tiefe von zumindest 1,2 m haben, wodurch sich eine Gesamttiefe des Bauteils von 2,62 m ergibt. Daraus folgt, dass zwischen Unterkante Schlammfang und höchstem Grundwasserspiegel ein Abstand von ca 70 cm vorliegt. Undichtheiten des Schlammfanges hätten zur Folge, dass wassergefährdende Stoffe auf kurzem Weg in das Grundwasser sickern könnten. Seit der Dichtheitsprüfung im Jahre 2006 liegt kein Gutachten vor, das den Anforderungen einer Generalinspektion nach Ö-Norm EN 858-2 entsprechen würde.
Das Schreiben der Firma Gesellschaft7 vom 06.05.2014 zählt die Punkte einer Generalinspektion nach Ö-Norm EN 858-2 auf. Dass eine solche Generalinspektion während der letzten fünf Jahre an diesem Abscheider durchgeführt wurde, wird darin gar nicht behauptet. Die gezogene Schlussfolgerung, dass ein ordnungsgemäß geführtes Betriebs- und Wartungsbuch eine Generalinspektion ersetzen würde, ist auf Grund der Ausführungen des Amtssachverständigen nicht zutreffend.
Zur Ausführung der Anlagenbetreiberin, dass die Ö-Norm durch keine Rechtsvorschrift für verbindlich erklärt wurde, ist auszuführen, dass Ö-Normen den Stand der Technik darstellen und als solche nicht unmittelbar rechtsverbindlich sind. Sie stellen für Sachverständige eine Orientierungshilfe dar, auf deren Grundlage sie ihre Gutachten erstellen, die dann ihrerseits Basis für die auf den Gesetzen beruhenden Behördenentscheidungen sind.
Durch seine Beschreibung der Situation des Schlammfangs im Bezug auf das Grundwasser und den Umstand, dass seit dem Jahr 2006 keine Dichtheitsprüfung mehr durchgeführt wurde, hat der Amtssachverständige in unzweifelhafter Weise aufgezeigt, dass die gem Paragraph 74, Absatz 2, Ziffer 5, GewO wahrzunehmenden Interessen trotz Einhaltung der im Genehmigungsbescheid vorgeschriebenen Auflagen nicht hinreichend geschützt sind, weshalb die Behörde die nach dem Stand der Technik erforderliche bekämpfte Auflage vorzuschreiben hat.
Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Artikel 133, Absatz 4, B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Landesverwaltungsgericht Tirol
Dr. Alexander Hohenhorst
(Richter)
ECLI:AT:LVWGTI:2014:LVwG.2014.25.0417.12