Gericht

Landesverwaltungsgericht Steiermark

Entscheidungsdatum

18.05.2015

Geschäftszahl

LVwG 443.8-682/2015; LVwG 443.8-760/2015

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Steiermark hat durch die Senatsvorsitzende Dr. Merl und die Richter Mag. Schlossar-Schiretz und Dr. Hanel im Nachprüfungsverfahren gemäß Paragraph 5, ff Steiermärkisches Vergaberechtschutzgesetz – StVergRG, betreffend das Vergabeverfahren „Überlassung externer Reinigungskräfte“ durch das Amt der Steiermärkischen Landesregierung, Abteilung, G und P, F, G, über die Anträge der
W S GmbH & Co KG, Z, W, vertreten durch H S, Geschäftsführer der W S GmbH & Co KG, Z, W,

z u R e c h t e r k a n n t:

römisch eins. Dem Antrag auf Nichtigerklärung der Ausscheidensentscheidung, datiert mit 12.03.2015, wird

Folge gegeben

und die mit Schreiben vom 12.03.2015 bekannt gegebene Entscheidung der Auftraggeberin, das Angebot der W S GmbH & Co KG auszuscheiden, wird für nichtig erklärt.

römisch II. Dem Antrag der Antragstellerin vom 13.05.2015, die Zuschlagsentscheidung der Auftraggeberin vom 06.03.2015 für nichtig zu erklären, wird

Folge gegeben

und die Zuschlagsentscheidung der Auftraggeberin vom 06.03.2015 für nichtig erklärt.

römisch III. Die Auftraggeberin hat der Antragstellerin die entrichteten Pauschalgebühren im Ausmaß von insgesamt € 5.400,00 binnen 14 Tagen ab Zustellung dieses Bescheides bei sonstigen Zwangsfolgen zu ersetzen.

römisch IV. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Artikel 133, Absatz 4, B-VG unzulässig.

Gemäß Paragraph 16, Absatz 3, StVergRG tritt die einstweilige Verfügung des Landesverwaltungsgerichtes Steiermark vom 13.03.2015, GZ: LVwG 45.8-683/2015-10, mit dieser Entscheidung des Landesverwaltungsgerichtes Steiermark außer Kraft.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

römisch eins. Vorbringen der Parteien:

A. Am 09.03.2015 brachte die W S GmbH & Co KG, Z, W, vertreten durch Herrn H S, Geschäftsführer, Z, W (im Folgenden die Antragstellerin) einen Antrag auf Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens vor Zuschlagserteilung ein und beantragte, die Entscheidung der Auftraggeberin vom 06.03.2015, der Bieterin A S GmbH, Gebäudereinigung, Fweg, im Vergabeverfahren „Überlassung externer Reinigungskräfte“ den Zuschlag erteilen zu wollen (Zuschlagsentscheidung), für nichtig zu erklären, die Auftraggeberin zum Ersatz der von der Antragstellerin entrichteten Pauschalgebühren zu verhalten und eine öffentlich mündliche Verhandlung durchzuführen. Gleichzeitig wurde beantragt, der Auftraggeberin mittels einstweiliger Verfügung bis zur Entscheidung über den Nachprüfungsantrag die Erteilung des Zuschlags im Vergabeverfahren „Überlassung externer Reinigungskräfte“ zu untersagen. Die Antragstellerin brachte vor, dass die Auftraggeberin die „Überlassung externer Reinigungskräfte“ für mehrere Standorte in der Steiermark als Dienstleistungsauftrag im Oberschwellenbereich ausgeschrieben habe. In der Ausschreibung sei kein geschätzter Auftragswert angegeben, dafür sei ein Stundensatz brutto-netto und eine Gesamtsumme für 16.000 Jahresstunden verlangt gewesen. Die Antragstellerin, ein unter den Top 50 gereihtes Dienstleistungsunternehmen, welches für diverse Dienststellen des Landes Steiermark derartige Dienstleistungen durchgeführt habe, erachte sich durch die angefochtene Zuschlagsentscheidung beschwert, insbesondere sei sie durch die vorliegenden Verstöße gegen Grundsätze des Vergaberechts, durch weitere Rechtswidrigkeiten dieser gesondert anfechtbaren Entscheidung der Auftraggeberin, und in ihrem Recht auf Teilnahme an einem gesetzlichen Vergabeverfahren, in ihrem Recht auf objektive, nichtdiskriminierende Angebotsprüfung, und in ihrem Recht auf Ausscheiden des Angebots der präsumtiven Billigstbieterin im gegenständlichen Verfahren verletzt. Die angefochtene Zuschlagsentscheidung sei rechtswidrig, das Angebot der präsumtiven Zuschlagsempfängerin der A S GmbH sei zwingend auszuscheiden. Der zukünftige Auftragnehmer sei verpflichtet, zumindest drei Referenzaufträge vorzulegen, dieser Verpflichtung sei die Antragstellerin durch die Vorlage von 39 Referenzaufträgen mehr als nachgekommen, auch das Kriterium des billigsten Preises habe die Antragstellerin erfüllt. Da keine weitere Aufforderung der Auftraggeberin erfolgt sei, sei die Zuschlagsentscheidung der Auftraggeberin, die nach den Angebotspreisen zweitgereihte Bieterin, die A S GmbH zu beauftragen, eindeutig als rechtswidrig zu werten.

Aa. Mit Schriftsatz vom 13.05.2015, eingelangt beim Landesverwaltungsgericht Steiermark am selben Tag, stellte die W S GmbH & Co KG, vertreten durch den Geschäftsführer H S, Z, W, einen weiteren Antrag auf Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens vor Zuschlagserteilung. Bekämpft werde die mit Mailschreiben vom 12.03.2015 übermittelte Entscheidung der Auftraggeberin, das Angebot der Antragstellerin mangels Eignung auszuscheiden. Begründend wurde vorgebracht, dass nachdem sich aus dem Ausschreibungstext nicht klar ergeben habe, unter welcher Gewerbeberechtigung die ausschreibende Stelle ausgeschrieben habe, die Antragstellerin eine entsprechende Bieteranfrage vorgenommen habe. Als Antwort habe sie ein Mail vom 17.02.2015 erhalten, wonach die Gewerbeberechtigung „Denkmal-, Gebäude- und Fassadenreinigung“ maßgebend sei. Am 18.02.2015 sei eine korrigierte Antwort der Auftraggeberin versendet worden, wonach als Voraussetzung die Gewerbeberechtigung „Arbeitskräfteüberlassung“ erforderlich sei. Nachdem die Antragstellerin ihr Anbot bereits am 11.02.2015 per Post eingereicht habe, sei diesem Angebot nur die Gewerbeberechtigung für Gebäudereinigung beigelegt gewesen. Die Antragstellerin verfüge ebenfalls über die Gewerbeberechtigung für Arbeitskräfteüberlassung und hätte diese, wäre sie von der Auftraggeberin dazu aufgefordert worden, entsprechende Nachweise dazu vorlegen können. Nachdem die Antragstellerin von der Auftraggeberin um Zustellung einer Kopie ihres Angebots ersucht worden war, habe diese die Gewerbeberechtigung für Arbeitskräfteüberlassung dem Anbot beigelegt. Der von der Auftraggeberin herangezogene Ausscheidungsgrund liege nicht vor. Der der Antragstellerin drohende Schaden belaufe sich auf € 307.000 pro Jahr. Mit ihrem Nachprüfungsantrag legte die Antragstellerin ein E-Mail der Auftraggeberin vom 17.02.2015, ein E-Mail der Auftraggeberin vom 18.02.2015, die Ausscheidensentscheidung vom 12.03.2015, die Übernahmebestätigung per Post ihres Angebots, einen Nachweis der Gewerbeberechtigung AKÜ der WKO N, einen Nachweis der Gewerbeberechtigung der AKÜ Niederlassung Wi und einen Nachweis der Gewerbeberechtigung AKÜ der Niederlassung S vor.

B. Mit Stellungnahme vom 23.03.2015, beim Landesverwaltungsgericht Steiermark am selben Tag eingelangt, teilt die Auftraggeberin, das Land Steiermark, vertreten durch das Amt der Steiermärkischen Landesregierung, Abteilung-W und G, Fachabteilung G und P, Referat Gesundheitsberufe mit, dass die nicht prioritäre Dienstleistung der Kategorie „Arbeits- und Arbeitskräfteüberlassung“ „Überlassung externer Reinigungskräfte für die Reinigung von Objekten der Schulen für G- und K des Landes Steiermark“ ausgeschrieben worden sei. Das Vergabeverfahren sei nach den Bestimmungen des Bundesvergabegesetzes 2006 und den dazu ergangenen Verordnungen sowie dem Steiermärkischen Vergaberechtschutzgesetz und den dazu ergangenen Verordnungen für eine nicht prioritäre Dienstleistung des Bereiches Arbeits- und Arbeitskräfteüberlassung (Kategorie 22) nach Anhang römisch IV des BVergG 2006 im Rahmen eines offenen Verfahren im Oberschwellenbereich durchgeführt worden. Die Ausschreibung sei nicht angefochten und somit bestandsfest geworden. Das am 11.02.2015 aufgegebene Angebot der Antragstellerin sei am 13.02.2015 bei der Auftraggeberin eingelangt. Innerhalb der Angebotsfrist sei eine Anfrage einer Mitbewerberin erfolgt, nach welchen Kriterien bzw. Kollektivverträgen die Reinigungskräfte zur Verfügung gestellt werden sollten. Dies sei wichtig, da es von den Stundensätzen, die angeboten würden, starke Unterschiede gäbe. Mit Schreiben vom 17.02.2015 sei die Beantwortung dieser Anfrage anonymisiert auch an die Antragstellerin übermittelt worden und habe „Denkmal-, Gebäude- und Fassadenreinigung“ gelautet. Die Beantwortung habe jedoch eine Fehlbeantwortung dargestellt und sei dieser Fehler am 18.02.2015 durch ein E-Mail berichtigt worden, und zwar mit der korrigierten Antwort „Arbeitskräfteüberlassung“. Die Angebotsfrist habe am 23.02.2015 geendet. Am 23.02.2015 sei die öffentliche Angebotsöffnung erfolgt, wobei für die Antragstellerin der Geschäftsführer Herr H S anwesend gewesen sei. Mit Schreiben vom 24.02.2015 sei die Antragstellerin aufgefordert worden, eine original unterschriebene Kopie des Angebots (gebunden oder spiralisiert, jedenfalls geheftet) samt aller vorgelegter Beilagen gemäß der Ausschreibungsunterlage nachzureichen. Am 27.02.2015 sei die Nachreichung der Kopie eingelangt. Dieser Nachreichung sei jedoch in Abweichung vom Original auch ein Bescheid der Bezirkshauptmannschaft M vom 26.01.2007 über die Feststellung der individuellen Befähigung des gewerberechtlichen Geschäftsführers der Antragstellerin beigelegt gewesen. In der Regierungssitzung vom 05.03.2015 sei von der Steiermärkischen Landesregierung die Auftragsvergabe an den präsumtiven Zuschlagsempfänger beschlossen worden, wobei als Begründung dieses Beschlusses unter anderem festgehalten worden sei, dass die Antragstellerin nicht über das ausgeschriebene Gewerbe „Arbeitskräfteüberlassung“ verfüge und in weiterer Folge die Antragstellerin offensichtlich nach dem Kollektivvertrag der „Denkmal-, Gebäude- und Fassadenreinigung“ angeboten habe, da der Kollektivvertrag für Arbeitskräfteüberlassung aufgrund des angegebenen Stundenlohnes nicht eingehalten werden könne und deshalb die Antragstellerin auszuscheiden gewesen sei. Mit E-Mail vom 06.03.2015 sei die Mitteilung der Zuschlagsentscheidung an die Antragstellerin erfolgt, wonach beabsichtigt sei, der präsumtiven Zuschlagsempfängerin den Zuschlag zu erteilen. Nach Einlangen des Nachprüfungsantrages der Antragstellerin vom 09.03.2015 sei der Antragstellerin mit Schreiben vom 12.03.2015 die Mitteilung der Ausscheidensentscheidung bekannt gegeben worden. Als Begründung sei angeführt worden, dass die Leistung „Arbeitskräfteüberlassung“ ausgeschrieben worden sei, für welche die Antragstellerin aufgrund der vorgelegten Unterlagen nicht über die erforderliche Berechtigung verfüge und das Angebot mangels Eignung auszuscheiden gewesen sei. Die gegenständliche Ausschreibung sei gemäß der Ausschreibungsunterlage als nicht prioritäre Dienstleistung der Kategorie „Arbeits- und Arbeitskräfteüberlassung“ (Kategorie 22) des Anhanges römisch IV BVergG 2006 ausgeschrieben worden. Gemäß
§ 141 BVergG seien weder die Bestimmungen der Paragraphen 122 bis 128 über die Prüfungsangebote noch Paragraph 129, BVergG über das Ausscheiden von Angeboten anzuwenden. Aus diesem Grund sei für nicht prioritäre Dienstleistungen weder eine vertiefte Angebotsprüfung erforderlich, noch finde Paragraph 70, BVergG 2006 über das Verlangen der Nachweise durch den Auftraggeber Anwendung. Laut Auskunft der zuständigen Gewerbebehörde, der Bezirkshauptmannschaft M, sei zum Zeitpunkt der Angebotsöffnung, dem 23.02.2015, die Gewerbeberechtigung zur Arbeitskräfteüberlassung ruhend gestellt gewesen. Mangels Vorliegen der Eignung zum Zeitpunkt der Angebotsöffnung sei der Bieter auszuscheiden. Von der Durchführung eines Parteiengehörs oder einer Nachfrage bei der Antragstellerin habe abgesehen werden können, da die bezughabenden Bestimmungen des BVergG nicht anwendbar seien und aus den von der Antragstellerin vorgelegten Ausdrucken der Daten des Mitgliederverzeichnisses der Wirtschaftskammer N der aktuelle Stand der Berechtigungen der Antragstellerin wiedergegeben sei. So habe die Antragstellerin entsprechend der vorgelegten Mitgliederdatenauskunft über die Berechtigung zur Ausübung der Gewerbe für Denkmal-, Gebäude- und Fassadenreinigung, Bewachungsgewerbe und Berufsdetektive verfügt. Die Datenbank der WKO sei mit dem Gewerberegister abgeglichen und gäbe Auskunft über alle aktuell aufrechten Berechtigungen des Mitglieds. Fehle aber die Berechtigung an sich, so könne darüber auch kein Nachweis erbracht werde. Ein solcher Mangel sei nicht sanierbar. Die Nachforderung eines Nachweises könne daher mangels vorliegender Berechtigung unterbleiben. Die Antragstellerin habe es in mittlerweile zwei Anläufen nicht vermocht, eine den Ausschreibungsunterlagen konforme Bescheinigung (welche nicht älter als sechs Monate vor Angebotsöffnung sei) vorzulegen. Da die Antragstellerin zum Zeitpunkt der Angebotsöffnung nicht über die Eignung zur Ausübung des Gewerbes der Arbeitskräfteüberlassung verfügt habe und dieser Mangel nicht berichtigt werden könne, sei das Angebot der Antragstellerin auszuscheiden und brauche dahingehend kein Parteiengehör eingeräumt zu werden, da dieser Mangel nicht sanierbar gewesen sei. Dienstleistungen der Gebäude- und Fassadenreinigung zählten im Gegensatz zu Arbeitskräfteüberlassung zu den prioritären Dienstleistungen gemäß Anhang römisch III. BVergG. Allein aus diesem Umstand hätte die Antragstellerin erkennen müssen, dass es sich nicht um eine Dienstleistung der Denkmal-, Gebäude- und Fassadenreinigung handle. Auch die Ausschreibung selbst lasse keinen Zweifel an der Art der zu erbringenden Leistung. So laute der Leistungsgegenstand „Überlassung externer Reinigungskräfte…“ und befinde sich unter Punkt 1.3 der Hinweis auf die Dienstleistung der Kategorie „Arbeits- und Arbeitskräfteüberlassung“. Zumindest ab der Aufklärung durch die Auftraggeberin am 18.02.2015 sei auch für die Antragstellerin klar gewesen, dass als Eignung das Gewerbe „Überlassung von Arbeitskräften“ erforderlich sei. Da der Antragstellerin die Eignung fehle, sei sie vom Vergabeverfahren auszuscheiden, sie besitze deshalb auch kein Recht auf Erhebung eines Nachprüfungsantrages hinsichtlich der Zuschlagsentscheidung. Die Auftraggeberin beantragte, den Antrag der Antragstellerin auf Nichtigerklärung der Ausscheidensentscheidung abzuweisen und den Antrag der Antragstellerin auf Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung mangels Antragslegitimation zurückzuverweisen. Mit der Stellungnahme der Auftraggeberin vom 23.03.2015 wurden als Unterlagen das E-Mail der Bezirkshauptmannschaft M vom 20.03.2015, der Originalakt und die Originalunterlagen vorgelegt.

C. Mit Schreiben vom 09.03.2015 wurde die Firma S GmbH Denkmal-, Fassaden- und Gebäudereinigung, Fweg 40, G als präsumtive Zuschlagsempfängerin vom Nachprüfungsantrag der Antragstellerin in Kenntnis gesetzt und sie darauf hingewiesen, dass der in einer Zuschlagsentscheidung für den Zuschlag in Aussicht genommene Bieter die Parteistellung verliert, wenn er nicht binnen zehn Tagen ab Zustellung dieser Verständigung über die Einleitung des Nachprüfungsverfahrens begründete Einwendungen gegen die vom Antragsteller begehrte Entscheidung erhebt. Die Firma A S GmbH Denkmal-, Fassaden- und Gebäudereinigung erhob innerhalb der zehntägigen Frist keine Einwendungen.

Sachverhalt:

Das Landesverwaltungsgericht Steiermark geht aufgrund des vorgelegten Vergabeakts, der vorgelegten Unterlagen, des Parteienvorbringens, der nach Anfrage durch das Landesverwaltungsgericht Steiermark erfolgten Mitteilung der Bezirkshauptmannschaft M vom 17.04.2015 und der Ergebnisse der mündlichen Verhandlung vom 18.05.2015 von nachstehendem, entscheidungsrelevanten Sachverhalt aus:

Das Land Steiermark, vertreten durch das Amt der Steiermärkischen Landesregierung, Abteilung W und G, Fachabteilung G und P, Referat Gesundheitsberufe (im Folgenden die Auftraggeberin) betreibt sieben Schulen für G- und K. Die Standorte der Schulen sind Graz (drei Schulen), Leoben, Stolzalpe, Bad Radkersburg und Frohnleiten. Dazu werden noch zwei Schulen für medizinische Assistenzberufe in Graz sowie eine Schule zur Vorbereitung auf die Ausbildung im gehobenen Dienst für Gesundheits- und Krankenpflege in Graz und zwei Internate/Wohnheime in Graz bzw. Leoben geführt. Auf Basis einer EU-weiten Ausschreibung im offenen Verfahren im Oberschwellenbereich (pro Jahr werden rund 16.000 Stunden vergeben) wurde die „Überlassung externer Reinigungskräfte für die Reinigung von Objekten der Schulen für G- und K des Landes Steiermark“ von der Auftraggeberin als nicht prioritäre Dienstleistung der Kategorie „Arbeitskräfteüberlassung“ ausgeschrieben. Innerhalb der Angebotsfrist erfolgte eine Anfrage einer Mitbewerberin, nach welchen Kriterien bzw. Kollektivverträgen die Reinigungskräfte zur Verfügung gestellt werden sollen (Arbeitsüberlassung oder Denkmal-, Gebäude- und Fassadenreinigung). Dies sei wichtig, da es von den Stundensätzen, die angeboten würden, doch starke Unterschiede gäbe. Mit Schreiben vom 17.02.2015 wurde die Beantwortung dieser Anfrage anonymisiert an sämtliche Bieter übermittelt. Die Anfragebeantwortung lautete: „Denkmal-, Gebäude- und Fassadenreinigung“. Da diese Beantwortung jedoch eine Fehlbeantwortung darstellte, wurde dieser Fehler am 18.02.2015 durch ein weiteres Schreiben an sämtliche Bieter berichtigt mit der korrigierten Antwort „Arbeitskräfteüberlassung“. Das am 11.02.2015 per Post aufgegebene Angebot der Antragstellerin langte am 13.02.2015 bei der Auftraggeberin ein. Insgesamt acht Firmen gaben fristgerecht Angebote ab. Das Angebot der Antragstellerin enthielt einen Nettostundensatz von € 16,00. Die Stundensätze der Zweit-, Dritt- und Viertgereihten Bieter beliefen sich auf € 16,56, € 16,79 und € 17,50 netto. Die Antragstellerin ging als Billigstbieterin hervor. Die Stundensatzdifferenz des Angebotes der Antragstellerin zum zweitgereihten Angebot beträgt 3,38%, zum drittgereihten Angebot 4,71%, zum viertgereihten Angebot 8,57% und zum Mittelwert der Stundensätze der zweit- bis viertgereihten Angebote 3,03%.

Das E-Mail der Auftraggeberin vom 24.02.2015 lautet: „Betreff: Ausschreibung „Überlassung externer Reinigungskräfte für die Reinigung von Objekten der Schulen für G- und K des Landes Steiermark“

Sehr geehrte Damen und Herren!

Bezugnehmend auf die Angebotseröffnung am 23.02.2015 betreffend die Ausschreibung „Überlassung externer Reinigungskräfte für die Reinigung von Objekten der Schulen für G- und K des Landes Steiermark“ wird mitgeteilt, dass gemäß unserer Ausschreibungsunterlage (Punkt 1.7) Folgendes nachzureichen ist:

Originalunterschriebene Kopie des Angebotes (gebunden oder spiralisiert, jedenfalls geheftet) samt aller vorgelegter Beilagen in einem verschlossenen Kuvert

Als Frist merken wir uns den 04.03.2015 vor.“

Am 27.02.2015 langte die Nachreichung der Kopie durch die Antragstellerin bei der Auftraggeberin ein. In Abweichung vom Original war dieser Kopie ein Bescheid der Bezirkshauptmannschaft M vom 26.01.2007 über die Feststellung der individuellen Befähigung des gewerberechtlichen Geschäftsführers der Antragstellerin beigelegt.

Im Aktenvermerk für die Regierungssitzung am 05.03.2015 auf Seite 3 ist festgehalten, dass „nachdem das Gewerbe „Arbeitskräfteüberlassung“ ausgeschrieben war, die Antragstellerin aufgrund der vorgelegten Urkunden über das Gewerbe „Denkmal-, Fassaden- und Gebäudereinigung“ verfügt, das Angebot der Antragstellerin auszuscheiden war, zumal diese offensichtlich nach dem Kollektivvertrag der „Denkmal-, Fassaden- und Gebäudereinigung“ angeboten habe und der Kollektivvertrag für die Arbeitskräfteüberlassung aufgrund des angegebenen Bruttostundenlohnes nicht eingehalten werden könne (errechnet mit dem vom Bundesministerium für Finanzen zur Verfügung gestellten Berechnungsprogramm). Da die nächstgereihte Firma Ö C GmbH & Co KG mit einem Stundensatz von € 16,56 netto angeforderte Unterlagen nur fragmenthaft vorlegte, wurde ihr Angebot ausgeschieden. Die drittgereihte Bieterin, die A S GmbH Denkmal-, Fassaden- und Gebäudereinigung, mit einem Angebotsstundensatz von € 16,79 netto wurde als Billigstbieterin ermittelt und festgestellt, dass sie über das Gewerbe „Arbeitskräfteüberlassung“ verfügt.“ In der Regierungssitzung vom 05.03.2015 wurde von der Steiermärkischen Landesregierung die Auftragsvergabe an die präsumtive Zuschlagsempfängerin beschlossen. Mit E-Mail vom 06.03.2015 erging die Mitteilung der Zuschlagsentscheidung an die Bieter im gegenständlichen Vergabeverfahren, wonach beabsichtigt sei, der präsumtiven Zuschlagsempfängerin den Zuschlag zu erteilen. Am 09.03.2015 langte der Nachprüfungsantrag betreffend die Zuschlagsentscheidung im gegenständlichen Vergabeverfahren beim Landesverwaltungsgericht Steiermark ein. Mit Schreiben vom 12.03.2015 wurde gegenüber der Antragstellerin die Mitteilung der Ausscheidensentscheidung bekannt gegeben. Begründend wurde ausgeführt, dass die Leistung „Arbeitskräfteüberlassung“ ausgeschrieben worden sei, für welche die Antragstellerin aufgrund der vorgelegten Unterlagen nicht über die erforderliche Berechtigung verfüge und deshalb ihr Angebot mangels Eignung auszuscheiden gewesen sei.

Mit Schriftsatz vom 23.03.2015 legte die Auftraggeberin ein Schreiben der Bezirkshauptmannschaft M vom 20.03.2015 betreffend die Gewerbeberechtigung der W S GmbH & Co KG vor: „Wunschgemäß wird bestätigt, dass die W S GmbH & Co KG mit Stichtag 23.02.2015 eine Gewerbeberechtigung „Überlassung von Arbeitskräften“ besitzt, die zu diesem Zeitpunkt ruhend gemeldet war!

Mit Schreiben des Landesverwaltungsgerichtes Steiermark vom 14.04.2015 wurde bei der Bezirkshauptmannschaft M angefragt, ob die W S GmbH & Co KG am 23.02.2015 über eine aktive Gewerbeberechtigung für die „Überlassung von Arbeitskräften“ für etwaige Zweigniederlassungen verfüge und welche Schritte gesetzt hätten werden müssen, um die Ruhendmeldung zu beheben.

Mit E-Mail vom 17.04.2015 wurde von Seiten der Bezirkshauptmannschaft M mitgeteilt: „Die Bezirkshauptmannschaft M nimmt Bezug auf dortige Anfrage vom 14.04.2015 und teilt mit, dass die W S GmbH & Co KG am Gewerbestandort in W im Weinviertel, Z, unter dem Kennzeichen MIW1-G-x, GISA-Zahl x über eine Gewerbeberechtigung „Überlassung von Arbeitskräften“ verfügt. Weitere Betriebsstätten gibt es für diese Gewerbeberechtigung nicht. Zum Zeitpunkt dortiger telefonischer Anfrage (20.03.2015) war ha. aktenkundig, dass die gegenständliche Gewerbeberechtigung bis 13.03.2015 ruhend gemeldet war. Mittlerweile wurde jedoch für die W S GmbH & Co KG rückwirkend ab 01.02.2015 der Wiederbetrieb der Gewerbeausübung beim Mitgliederdatenservice der Wirtschaftskammer N angezeigt. Es wird daher nunmehr festgestellt, dass die Gewerbeberechtigung der W S GmbH & Co KG für die Ausübung des Gewerbes „Überlassung von Arbeitskräften“ ab 01.02.2015 aufrecht („aktiv“) bestanden hat und daher auch ausgeübt hat werden dürfen.“

Laut Auszug der Wirtschaftskammer N vom 17.04.2015 verfügt die W S GmbH & Co KG über die Gewerbeberechtigung Berechtigungswortlaut: Überlassung von Arbeitskräften, wobei diese Gewerbeberechtigung für den Zeitraum von 26.03.2014 bis 31.01.2015 ruhend gestellt war.

Im vorgelegten Vergabeverfahrensakt befinden sich die Ausschreibungsunterlage, der Kollektivvertrag Arbeitskräfteüberlasser mit Stand 01.01.2015, der Aktenvermerk zur Regierungssitzung Bezug: ABT08GP-26.A-2/2013-748, die Bieteranfrage der Antragstellerin vom 29.01.2015, die Bieteranfrage der Antragstellerin vom 02.02.2015, die Bieteranfrage der G S vom 09.02.2014, die Fragebeantwortung der Auftraggeberin vom 17.02.2015, deren Berichtigung vom 18.02.2015, die Niederschrift der Angebotseröffnung vom 23.02.2015 gemäß
§ 18 BVergG, das Aufforderungsschreiben der Auftraggeberin vom 24.02.2015 an die Antragstellerin, wonach die originalunterschriebene Kopie des Angebots gebunden oder spiralisiert in einem verschlossenen Kuvert bis 04.03.2015 vorzulegen ist, der Aktenvermerk vom 24.02.2015, wonach als Billigstbieterin der Ausschreibung die Antragstellerin hervorgegangen ist, alle Unteralgen ordnungsgemäß und rechtzeitig vorgelegt worden seien, ausgeschrieben aber das Gewerbe der „Arbeitskräfteüberlassung“ worden sei, die Antragstellerin aber über das Gewerbe „Denkmal-, Fassaden- und Gebäudereinigung“ verfüge und deshalb ihr Angebot auszuscheiden sei, da offensichtlich nach dem Kollektivvertrag „Denkmal-, Fassaden- und Gebäudereinigung“ angeboten worden sei; der Aktenvermerk zur Regierungssitzung, GZ: ABT08GP-72272/2015-1, die Mitteilungen der Zuschlagsentscheidung und der Ausscheidensentscheidung, sowie die im gegenständlichen Verfahren übermittelten Nachprüfungsanträge und Urkunden der Antragstellerin.

Punkt römisch II.1.2 der Auftragsbekanntmachung lautet: „Art des Auftrags und Ort der Ausführung, Lieferung bzw. Dienstleistung: Dienstleistungen Dienstleistungskategorie 14, Hauptort der Ausführung, Lieferung oder Dienstleistungserbringung: Graz NUTS-Code: x.“

Punkt 1.3 der Ausschreibungsunterlage lautet:

„Verfahrensart

Das gegenständliche Vergabeverfahren erfolgt nach den Bestimmungen des Bundesvergabegesetzes 2006 (BVergG 2006). Es handelt sich bei der zu vergebenden Leistung „Überlassung externer Reinigungskräfte für die Reinigung von Objekten der Schulen für G- und K des Landes Steiermark“ um eine nicht prioritäre Dienstleistung der Kategorie „Arbeits- und Arbeitskräfteüberlassung“ (Kategorie 22) des Anhangs römisch IV BVergG 2006 im Oberschwellenbereich. Das Vergabeverfahren wird als offenes Verfahren im Oberschwellenbereich durchgeführt.“

Punkt 4.1 der Ausschreibungsunterlage lautet:

„Leistungsgegenstand

Überlassung von Arbeitskräften für Reinigungsarbeiten in den Objekten der Schulen für G- und K mit dazugehörigem Internat, Wohnheimen und Verteilerküchen. …“

Punkt 1.7 der Ausschreibungsunterlage lautet auf Seite 8, Absatz 3:

„Der Auftraggeber weist darauf hin, dass nur ein vollständig ausgefülltes und mit allen Nachweisen versehenes Angebot gewertet werden kann. Der Bieter haftet für die Vollständigkeit und Richtigkeit aller im Angebot und den Unterlagen/Beilagen aufgenommenen Angaben. Fehlende Angaben werden nicht gewertet, falsche Angaben und fehlende Nachweise führen – gegebenenfalls nach einer Nachfristsetzung – zum Ausscheiden des Angebotes.“

Punkt 1.25 der Ausschreibungsunterlage lautet:

„Preis und Preisplausibilität

Die Preise sind in Euro inklusive aller Gebühren und Abgaben als Nettopreise exklusive Umsatzsteuer anzugeben. Die gesetzliche Umsatzsteuer ist getrennt auszuweisen. Eine Befreiung von der Umsatzsteuerpflicht ist ausdrücklich anzugeben. Nachlässe oder Preisminderungen sind in die Preise einzurechnen. Sämtliche anfallenden Nebenkosten sind in die angebotenen Preise einzurechnen. Die Erstellung der Preise erfolgt nach dem Preisangebotsverfahren. Die Angabe der Preise bzw. Preiszusammensetzung hat durch Ausfüllen des Preisblattes (siehe Formular- und Dokumentensammlung Seite 3) unter Berücksichtigung des Vertrages über die Zurverfügungstellung von Arbeitskräften für Reinigungsarbeiten von Objekten der Schulen für G- und K des Landes Steiermark (siehe Formular- und Dokumentensammlung, Seite 6 bis 9) zu erfolgen. Mit dem angebotenen Preis sind sämtliche vom Bieter zu erbringende Leistungen im für die Anforderung an die Leistungsdurchführung höchsten Schwierigkeitsgrad abgegolten.

Zur Überprüfung der Preisangemessenheit behält sich der Auftraggeber das Recht vor, in die Kalkulation des Bieters Einsicht zu nehmen bzw. weitergehende Kalkulationsunterlagen nachzufordern. Die Bieter verpflichten sich mit der Abgabe des Angebotes, einer derartigen Aufforderung umgehend nachzukommen. Angebote, die auf nicht plausibilisierbaren Preisgestaltungen beruhen, werden ausgeschieden.“

Punkt 2.1 der Ausschreibungsunterlage lautet:

„Eignungskriterien

Allgemein

Der Bieter muss für die Erbringung der ausschreibungsgegenständlichen Leistung geeignet (Nachweis der beruflichen Zuverlässigkeit, finanzieller und wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit, technischen Leistungsfähigkeit) sein. Die zur Leistungserbringung erforderliche Eignung muss spätestens zum Zeitpunkt der Angebotsöffnung vorliegen. Die vom Bieter zu erfüllenden Eignungskriterien vorzulegenden Eignungsnachweise sind im Folgenden festgelegt. Die Eignung ist grundsätzlich durch Vorlage der in dieser Ausschreibungsunterlage beschriebenen Urkunden nachzuweisen (siehe Paragraph 70, Absatz eins und Absatz 2, BVergG 2006), insbesondere auch durch allenfalls in Frage kommende Subunternehmer und verbundene Unternehmen. Sämtliche Nachweise sind in deutscher Sprache in Kopie zu erbringen. Sämtliche erforderlichen Nachweise sind in aktueller Fassung vorzulegen; das ist bei der Lastschriftanzeige des Finanzamtes und dem Kontoauszug der Sozialversicherungsanstalt der letztgültige Nachweis; die übrigen Nachweise dürfen zum Zeitpunkt der Angebotsöffnung nicht älter als sechs Monate (frühestens erstellt am 23.09.2014) sein.“

Beweiswürdigung:

Die getroffenen Feststellungen gründen sich auf die vorliegenden schriftlichen Unterlagen des Vergabeverfahrens und die Ergebnisse der öffentlich mündlichen Verhandlung.

Aus der Ausschreibungsunterlage Punkt 1.3 Verfahrensart ergibt sich, dass die Auftraggeberin beabsichtigte, eine nicht prioritäre Dienstleistung der Kategorie „Arbeits- und Arbeitskräfteüberlassung“ (Kategorie 22) des Anhangs römisch IV BVergG 2006 im Oberschwellenbereich auszuschreiben. Auch wenn die Auftraggeberin auf den klaren Wortlaut dieser Bestimmung verweist, so ist ihr entgegenzuhalten, dass laut der Kundmachung bzw. Auftragsbekanntmachung der Auftraggeberin unter
Punkt römisch II.1.2. die Dienstleistungskategorie 14 angeführt ist. Dabei handelt es sich um die prioritäre Dienstleistung Gebäudereinigung und Hausverwaltung. Darunter ist unter demselben Punkt der NUTS-Code: x angegeben. Aufgrund dieser widersprüchlichen Angaben in der Ausschreibung und der entsprechenden Kundmachung erfolgten aufgrund von verschiedenen Bieteranfragen letztendlich auch die Bieterbeantwortung vom 17.02.2015 und deren Berichtigung vom 18.02.2015.

Die Feststellungen zu den angebotenen Stundenlöhnen durch unterschiedliche Bieter konnten aufgrund der sich im Aktenvermerk zur Regierungssitzung,
GZ: ABT08GP-72272/2015-1, auf Seite 2 aufgestellten Reihung getroffen werden und ergibt sich diese auch aus der Niederschrift der Angebotseröffnung gemäß
§ 118 BVergG vom 23.02.2015.

Aus dem Vorbringen der Auftraggeberin in Zusammenschau mit dem vorgelegten Vergabeakt ergibt sich, dass die Auftraggeberin die Antragstellerin nicht aufgefordert hat, Nachweise der Gewerbeberechtigung wie in der Ausschreibungsunterlage verlangt in aktueller Form vorzulegen. Nach dem Vorbringen der Auftraggeberin ging diese davon aus, dass die Antragstellerin über die entsprechende Eignung nicht verfügte und sich ein Parteiengehör erübrigte.

Aufgrund des Vorbringens der Antragstellerin in Zusammenschau mit den von ihr vorgelegten Urkunden und der Bekanntgabe der Bezirkshauptmannschaft M vom 17.04.2015 in Zusammenschau mit dem Auszug der Wirtschaftskammer N vom 17.04.2015 manifestiert sich klar, dass die Antragstellerin zum Zeitpunkt der Angebotsöffnung die Gewerbeberechtigung für die Ausübung des Gewerbes „Überlassung von Arbeitskräften“ verfügte und auch berechtigt war, diese seit 01.02.2015, nachdem die Gewerbeberechtigung vorübergehend ruhend gemeldet gewesen war, auszuüben. Der Geschäftsführer der Antragstellerin hat darüber hinaus nachvollziehbar dargelegt, dass er selbst gar keine Ruhendmeldung vorgenommen, sondern eine Standortverlegung mitgeteilt hatte. Als er den Fehler festgestellt habe, habe er bei der Wirtschaftskammer um Berichtigung desselben ersucht.

Rechtliche Beurteilung:

1. Zuständigkeit des Landesverwaltungsgerichtes Steiermark und Zulässigkeit der Anträge:

Die gegenständlichen Nachprüfungsverfahren unterliegen den materiellen Bestimmungen des Bundesvergabegesetzes 2006, Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 10 aus 2006, in der Fassung
BGBl. römisch eins Nr. 51/2012 (in Folge BVergG) sowie in formeller Hinsicht dem Steiermärkischen Vergaberechtsschutzgesetz 2012, Landesgesetzblatt Nr. 87 aus 2013, (in der Folge StVergRG).

Das Land Steiermark ist ein öffentlicher Auftraggeber und unterliegt somit das gegenständliche Vergabeverfahren gemäß Paragraph 3, Absatz eins, StVergRG der Nachprüfung durch das Landesverwaltungsgericht Steiermark.

Bei der gegenständlichen Vergabe handelt es sich um die Ausschreibung einer nicht prioritären Dienstleistung der Kategorie „Arbeits- und Arbeitskräfteüberlassung“ (Kategorie 22) des Anhangs römisch IV. BVergG 2006 im Oberschwellenbereich. Das Vergabeverfahren wird nach der Ausschreibungsunterlage als offenes Verfahren im Oberschwellenbereich durchgeführt, weshalb das Landesverwaltungsgericht Steiermark gemäß Paragraph 3, Absatz 2, StVergRG durch einen Senat entscheidet.

Die Antragstellerin bekämpft zwei gesondert anfechtbare Entscheidungen, die Zuschlagsentscheidung der Auftraggeberin vom 06.03.2015 und die der Antragstellerin am 12.03.2015 zugegangene Ausscheidensentscheidung. Bei beiden handelt es sich um gesondert anfechtbare Entscheidungen im Sinne des
§ 141 Absatz 5, BVergG.

Die am 09.03.2015 und 13.03.2015 jeweils eingebrachten Nachprüfungsanträge sind gemäß Paragraph 6, Absatz eins, StVergRG fristgerecht eingebracht worden. Die Pauschalgebühren wurden ordnungsgemäß entrichtet.

Im gegenständlichen Vergabeverfahren wurde weder der Zuschlag erteilt, noch das Verfahren widerrufen.

Die Rechtmäßigkeit der Ausscheidensentscheidung stellt eine Vorfrage für die Rechtmäßigkeit der Zuschlagsentscheidung dar und ist im Vergabekontrollverfahren als Hauptfrage zu behandeln. Sie bestimmt über den Verbleib des Angebots des Bieters im Vergabeverfahren und damit, ob es in den Kreis jener Angebote kommt, aus denen die Auftraggeberin das Angebot für den Zuschlag auswählt (BVA, 06.05.2013, N/0023-BVA/10/2013-25).

Zu Spruchpunkt römisch eins.:

Paragraph 2, Absatz 2, StVergRG:

In einem Verfahren zur Vergabe von nicht prioritären Dienstleistungen gilt jede nach außen in Erscheinung tretende Festlegung der Auftraggeberin als gesondert anfechtbare Entscheidung.

Paragraph 10, Absatz eins, StVergRG:

„Das Landesverwaltungsgericht hat eine im Zuge eines Vergabeverfahrens ergangene gesondert anfechtbare Entscheidung einer Auftraggeberin/eines Auftraggebers für nichtig zu erklären, wenn

1.           diese Entscheidung oder eine ihr vorangegangene nicht gesondert anfechtbare Entscheidung die Antragstellerin/den Antragsteller in dem von ihr/ihm nach § 7 Z 6 geltend gemachten Recht verletzt und

2.           die Rechtswidrigkeit für den Ausgang des Vergabeverfahrens von wesentlichem Einfluss ist.“

Paragraph 141, BVergG:

„(1) Für die Vergabe von nicht prioritären Dienstleistungsaufträgen durch Auftraggeber gelten ausschließlich die Bestimmungen dieses Abschnittes, der 1. Teil mit Ausnahme des Paragraph 2, Ziffer 16,, die Paragraphen 3, Absatz eins und 6, 6, 9, 10, 12 Absatz eins und 3, 13, 16, 20 Absatz 2,, 3 und 5, 21, 44, 49, 51, 87a, 98, 99a und 140 Absatz 9, sowie der 4. bis 6. Teil dieses Bundesgesetzes.

(2) Nicht prioritäre Dienstleistungsaufträge sind von Auftraggebern unter Beachtung der unionsrechtlichen Grundfreiheiten sowie des Diskriminierungsverbotes zu vergeben. Soweit dies auf Grund des Wertes und des Gegenstandes des Auftrages erforderlich erscheint, sind nicht prioritäre Dienstleistungsaufträge grundsätzlich in einem Verfahren mit mehreren Unternehmern, durch das ein angemessener Grad von Öffentlichkeit gewährleistet ist und das dem Grundsatz des freien und lauteren Wettbewerbes entspricht, zu vergeben. Von einer Bekanntmachung eines Verfahrens kann insbesondere Abstand genommen werden, wenn eine der in den Paragraphen 30, Absatz 2, bzw. 38 Absatz 2, Ziffer 3 bis 5 genannten Voraussetzungen vorliegt.

(5) Als gesondert anfechtbare Entscheidung gilt jede nach außen in Erscheinung tretende Festlegung des Auftraggebers.

(6) Der Auftraggeber hat den im Vergabeverfahren verbliebenen Bietern nachweislich mitzuteilen, welchem Bieter der Zuschlag erteilt werden soll. In dieser Mitteilung sind den verbliebenen Bietern das jeweilige Ende der Stillhaltefrist gemäß Absatz 7,, die Gründe für die Ablehnung ihres Angebotes, der Gesamtpreis sowie die Merkmale und Vorteile des erfolgreichen Angebotes bekannt zu geben, sofern nicht die Bekanntgabe dieser Informationen öffentlichen Interessen oder den berechtigten Geschäftsinteressen von Unternehmern widersprechen oder dem freien und lauteren Wettbewerb schaden würde. Eine Verpflichtung zur Mitteilung der Zuschlagsentscheidung besteht nicht, wenn

              1.           der Zuschlag dem einzigen bzw. dem einzigen im Vergabeverfahren verbliebenen Bieter erteilt werden soll, oder

              2.           wenn auf Grund der in Paragraph 30, Absatz 2, Ziffer 3, genannten Voraussetzungen von einer Bekanntmachung des Verfahren Abstand genommen wurde.

(7) Der Auftraggeber darf den Zuschlag bei sonstiger absoluter Nichtigkeit nicht innerhalb der Stillhaltefrist erteilen. Die Stillhaltefrist beginnt mit der Absendung der Mitteilung der Zuschlagsentscheidung. Sie beträgt bei einer Übermittlung auf elektronischem Weg oder mittels Telefax zehn Tage, bei einer Übermittlung auf brieflichem Weg 15 Tage. Bei der Durchführung eines Vergabeverfahrens im Unterschwellenbereich verkürzt sich die Stillhaltefrist auf sieben Tage.

Paragraph 70, BVergG:

„(1) Der Auftraggeber hat festzulegen, mit welchen Nachweisen gemäß den Paragraphen 71 bis 75 Unternehmer, die an einem Vergabeverfahren teilnehmen, ihre

              1.           berufliche Befugnis,

              2.           berufliche Zuverlässigkeit,

              3.           finanzielle und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit sowie

              4.           technische Leistungsfähigkeit

zu belegen haben. Nachweise dürfen nur so weit festgelegt werden, wie es durch den Gegenstand des Auftrages gerechtfertigt ist. Dabei hat der Auftraggeber die berechtigten Interessen des Unternehmers am Schutz seiner technischen oder handelsbezogenen Betriebsgeheimnisse zu berücksichtigen.

(2) Bewerber oder Bieter können ihre Befugnis, Zuverlässigkeit und Leistungsfähigkeit auch durch die Vorlage einer Erklärung belegen, dass sie die vom Auftraggeber verlangten Eignungskriterien erfüllen und die festgelegten Nachweise auf Aufforderung unverzüglich beibringen können (Eigenerklärung). In einer solchen Erklärung sind die Befugnisse anzugeben, über die der Unternehmer konkret verfügt.

Paragraph 93, GewO:

„(1) Der Gewerbetreibende muss das Ruhen und die Wiederaufnahme der Gewerbeausübung binnen drei Wochen der Landeskammer der gewerblichen Wirtschaft anzeigen.

Ausgangspunkt für die rechtliche Beurteilung des gegenständlichen Sachverhalts ist zunächst der Umstand, dass es sich beim vorliegenden Auftrag um eine nicht prioritäre Dienstleistung handelt und gemäß Paragraph 141, BVergG 2006 nur ein verdünntes Vergaberegime zur Anwendung gelangt. Gemäß Paragraph 141, Absatz 2, BVergG sind nicht prioritäre Dienstleistungsaufträge unter Beachtung der gemeinschaftsrechtlichen Grundfreiheiten, des Diskriminierungsverbotes sowie des Grundsatzes des freien und lauteren Wettbewerbes zu vergeben. Nach herrschender Judikatur ist bei nicht prioritären Dienstleistungen als Maßstab für die gesetzlich nicht ausdrücklich geregelten Aspekte eines Vergabeverfahrens, die Grundsätze eines Vergabeverfahrens sowie die darin zu messenden Festlegungen in den Ausschreibungsunterlagen heranzuziehen (BVA 24.02.2013, N0007-BVA/13/2012-19). Diese Bindung der Auftraggeberin hat zur Folge, dass diese unter Berücksichtigung des Gleichbehandlungsgrundsatzes nicht nachträglich von den von ihr aufgestellten Bedingungen abweichen darf. Alle Bieter müssen nämlich darauf vertrauen können, dass die Auftraggeberin ihre eigenen Ausschreibungsbedingungen einhält (BVA 03.09.2014, 10N-57/04-34; BVA 17.01.2005, 10N-130/04-19).

Nach den allgemeinen, für die Auslegung rechtsgeschäftlicher Erklärungen maßgeblichen zivilrechtlichen Regelungen der Paragraphen 914, ff ABGB sind Ausschreibungsunterlagen nach ihrem objektiven Erklärungswert zu interpretieren. Auszugehen ist zunächst vom Wortlaut in seiner üblichen Bedeutung. Dabei ist die Absicht der Parteien zu erforschen und sind rechtsgeschäftliche Erklärungen so zu verstehen, wie es der Übung des redlichen Verkehrs entspricht. Die aus einer Erklärung abzuleitenden Rechtsfolgen sind nicht danach zu beurteilen, was der Erklärende sagen wollte oder was der Erklärungsempfänger darunter verstanden hat, sondern danach, wie die Erklärung bei objektiver Beurteilung der Sachlage zu verstehen war und somit, wie diese ein redlicher Erklärungsempfänger zu verstehen hatte. Dabei kommt es nicht auf den von einer Partei vermuteten Zweck der Ausschreibungsbestimmungen an, sondern ist vielmehr der objektive Erklärungswert der Ausschreibung maßgeblich (VwGH 29.03.2006, Zl. EN2004/04/0144; 0156; 0157; BVA 17.04.2009, N/0152-BVA/02/2008-31; BVA 28.09.2010,
N/0067-BVA02/2010-25).

Unter Zugrundelegung dieses Interpretationsmaßstabes ergibt sich in der Ausschreibungsunterlage „Überlassung externer Reinigungskräfte für die Reinigung von Objekten der Schulen für G- und K des Landes Steiermark“ gemäß Punkt 1.3 „Verfahrensart“, dass das gegenständliche Vergabeverfahren eine nicht prioritäre Dienstleistung der Kategorie „Arbeits- und Arbeitskräfteüberlassung“ (Kategorie 22) des Anhangs römisch IV BVergG 2006 im Oberschwellenbereich darstellt und für das gegenständliche Vergabeverfahren die Bestimmungen des Kollektivvertrags für das Gewerbe der Arbeitskräfteüberlassung anzuwenden sind. Tatsächliche Unklarheiten sind offenkundig letztendlich durch den Text der Auftragsbekanntmachung unter Punkt römisch II.1.2. entstanden, als dort die Dienstleistungskategorie 14 genannt ist und erfolgten auch deshalb mehrere Bieteranfragen zur Klärung, welcher Kollektivvertrag bzw. welche Gewerbeberechtigung im gegenständlichen Vergabeverfahren anzuwenden ist. Auch wenn die Auftraggeberin in ihrer Bieterbeantwortung vom 17.02.2015 diesbezüglich eine unrichtige Auskunft erteilt hat, so hat sie mit E-Mail vom 18.02.2015 ihre Antwort korrigiert und als anzuwendenden Kollektivvertrag ausdrücklich jenen für das Gewerbe der Arbeitskräfteüberlassung festgelegt.

Aus der Sicht eines durchschnittlich fachkundigen Bieters, so auch aus der Sicht der Antragstellerin, war bei Anwendung der üblichen Sorgfalt davon auszugehen, dass dem Angebot somit der Kollektivvertrag für Arbeitskräfteüberlassung zu Grunde zu legen ist (EuGH 04.12.2003, Rs C-448/01 (EVN-AG Wien, Strom GmbH gegen Republik Österreich) VwGH 17.11.2004, Zl. 2002/04/0078; VwGH 16.02.2005,
Zl. 2004/04/0030; BVA 11.02.2008, N/0006-BVA/04/2008-24; BVA 11.01.2008, N/0112-BVA/14/2007-20; BVA 28.09.2010, N/0067-BVA/02/2010-25).

Gemäß Paragraph 141, Absatz 5, BVergG gilt jede nach außen in Erscheinung tretende Festlegung des Auftraggebers als gesondert anfechtbare Entscheidung. Da weder die Ausschreibungsunterlage, noch die in weiterer Folge von der Auftraggeberin getroffenen Festlegungen angefochten wurden, sind diese bestandsfest geworden und ist davon auszugehen, dass es sich im gegenständlichen Fall um eine Dienstleistung der Arbeitskräfteüberlassung handelt.

Die Auftraggeberin hat die Antragstellerin mit der Begründung ausgeschieden, dass zum Zeitpunkt der Angebotsöffnung deren Gewerbeberechtigung zur Arbeitskräfteüberlassung ruhend gestellt war, die Antragstellerin zum Zeitpunkt der Angebotsöffnung nicht über die Eignung zur Ausübung des Gewerbes der Arbeitskräfteüberlassung verfügte und es sich dabei um einen unbehebbaren bzw. von der Antragstellerin nicht sanierbaren Mangel handelt.

Im gegenständlichen Fall handelt es sich um die Vergabe nicht prioritärer Dienstleistungen, weshalb die Bestimmungen des Paragraph 141, BVergG zur Anwendung gelangen. Die Auftraggeberin hat bei dem von ihr geplanten Beschaffungsvorgang einen großen Gestaltungsspielraum, innerhalb dessen die Leistungen in einem transparenten und den Grundsätzen des Gemeinschaftsrechtes Rechnung tragenden Verfahren zu vergeben sind.

Die RL89/665/EWG in der Fassung RL2007/66/EG gilt auch für nicht prioritäre Dienstleistungsaufträge. Das Diskriminierungsverbot und das damit einhergehende Transparenzgebot auf Sekundärrechtsebene können nicht anders verstanden werden, als dass Auftraggeberentscheidungen nachprüfbar und nachvollziehbar sein müssen (BVA 11.03.2013, N/0006-BVA/08/2013-69).

Im offenen Verfahren muss die Eignung spätestens zum Zeitpunkt der Angebotsöffnung vorliegen. Das bedeutet nicht, dass Unternehmer nicht aufgefordert werden können, nachträglich erforderliche Nachweise vorzulegen bzw. vorgelegte Bescheinigungen zu vervollständigen. Es ist in diesem Fall zu unterscheiden, ob im maßgeblichen Zeitpunkt die Eignung als solche gefehlt hat und somit ein unbehebbarer Mangel vorlag oder ob es bloß am Nachweis der – im maßgeblichen Zeitpunkt an sich bereits bestehenden – Eignung gemangelt hat und somit ein behebbarer Mangel vorlag (VwGH 11.11.2009, Zl 2009/04/0203).

Im Fall des Nachreichens von Unterlagen ist daher zu prüfen, ob der Aussagewert dieser Unterlagen darin besteht, dass der betreffende Bieter schon zum Zeitpunkt der Angebotsöffnung die erforderliche Eignung besessen hat und sie nunmehr lediglich bescheinigt (VwGH, 17.09.2014, Zl 2013/04/0056).

Der Anzeige des Ruhens des Gewerbes gemäß Paragraph 93, Gewerbeordnung 1994 kommt lediglich deklarativer Charakter zu (Grabler/Stolzlechner/Wendl, Kommentar zur Gewerbeordnung, RZ 2 zu Paragraph 93, Gewerbeordnung). Mit der Anzeige des Ruhens des Gewerbes wird gemäß Paragraph 93, Gewerbeordnung 1994 lediglich die Absicht bekannt gegeben, das Gewerbe eine Zeit lang nicht ausüben zu wollen (VwGH 17.09.2010, Zl. 2006/04/0149).

Das Ruhen einer Gewerbeberechtigung für sich allein ist nicht geeignet, das Ausscheiden bzw. den Ausschluss eines Bieters vom Vergabeverfahren zu begründen. Dies deshalb, weil eine ruhende Gewerbeberechtigung an sich nur bedeutet, dass eine Befugnis, die ordnungsgemäß erworben wurde, temporär nicht ausgeübt wird. In das Verfahren der Ruhendmeldung wird die Gewerbebehörde daher auch nicht weiters involviert, da sich an den Voraussetzungen, die zur Erteilung der Befugnis geführt haben, (vor allem bei reglementierten Gewerben) nichts ändert. Diesbezüglich tritt nur die Wirtschaftskammer mit der zuständigen Fachgruppe in Erscheinung, bei welcher die Ruhendmeldung angezeigt wird, die ihrerseits die Verpflichtung hat, die Ruhendmeldung der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft anzuzeigen. Eine Ruhendmeldung kann für ein in der Zukunft liegendes Datum, aber auch rückwirkend, angezeigt werden. Die Ruhendmeldung eines Gewerbes hat damit zur Folge, dass der Gewerbeinhaber zwar die Kammerbeiträge weiter bezahlen muss, das von ihm jedoch keine Beiträge zur gewerblichen Pflichtversicherung während der Zeit des Ruhens eingehoben werden. Prinzipiell ist davon auszugehen, dass während des Ruhens einer Gewerbeberechtigung keine gewerblichen Aktivitäten ausgeübt werden. Sollte eine Ruhendmeldung länger als zwei Jahre währen und während dieser Zeit keine Kammerbeiträge bezahlt werden, wird in der Regel von der zuständigen Wirtschaftskammer die Löschung des Gewerbes aus dem Gewerberegister verfügt. Bei einem länger dauernden Ruhen der Gewerbeberechtigung erhebt sich die Frage, ob hinsichtlich des ruhenden Gewerbes überhaupt noch eine Firmenstruktur vorhanden ist bzw. ob das Unternehmen für den Fall, dass es aus gegebenem Anlass seine Berechtigung wieder aktiv meldet, in der Lage ist, die von ihm geforderten Leistungen überhaupt zu erbringen (VKS Wien 10.01.2008, VKS86157/07; BVA 03.02.2009, N/0171-BVA/04/2008-23).

Aus dem vorliegenden Auszug der Wirtschaftskammer N vom 17.04.2015 ergibt sich klar, dass die Antragstellerin das reglementierte Gewerbe „Überlassung von Arbeitskräften“, welches sie seit 26.01.2007 innehat, für den Zeitraum von 26.03.2014 bis 31.01.2015 ruhend gemeldet hatte. Laut Stellungnahme der Bezirkshauptmannschaft M vom 17.04.2015 hat die Antragstellerin rückwirkend ab 01.02.2015 den Wiederbetrieb der Gewerbeausübung beim Mitgliederdatenservice der Wirtschaftskammer N angezeigt. Darüber hinaus hat die Antragstellerin nachgewiesen, dass sie auch seit 26.01.2007 zur Überlassung von Arbeitskräften mit Standort W im Weinviertel, Z, berechtigt ist und mit Wirksamkeit vom 29.10.2009 die angezeigte Ausübung des Gewerbes in der weiteren Betriebsstätte in Wi, Sgasse, in das Gewerberegister eingetragen wurde. Eine weitere Betriebsstätte wurde in S, J-H-Straße mit 23.12.2009 von der Stadt S bestätigt.

Die Antragstellerin verfügte somit durchgehend über die laut Ausschreibungsunterlage erforderliche Befugnis. Darüber hinaus ist im Verfahren hervorgekommen, dass die Antragstellerin das Ruhen nie erklärt hat, und es sich diesbezüglich um einen Fehler der Wirtschaftskammer gehandelt hat.

Dass die entsprechende Anzeige hinsichtlich der Beendigung des Ruhens der Gewerbeberechtigung lediglich Mitteilungscharakter hat, ergibt sich aus dem Umstand, dass diese rückwirkend vorgenommen werden kann und die Befugnis auch während des Ruhens aufrecht bestehen bleibt (BVA 03.02.2009, N/0171-BVA/04/2008-23).

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes sind solche Mängel als unbehebbar zu qualifizieren, deren Behebung nach Angebotseröffnung zu einer Änderung der Wettbewerbsstellung der Bieter führen kann bzw. ist zu überprüfen, ob durch eine Mängelbehebung die Wettbewerbsstellung des Bieters gegenüber seinen Mitbietern materiell verbessert werden könnte (VwGH 25.02.2004, 2003/04/0186; VwGH 29.06.2005, 2005/04/0024; BVA 11.11.2009, N/0105-BVA/04/2009-39).

Ein nicht behebbarer Mangel führt dazu, dass das betreffende Angebot auszuscheiden ist und für eine Zuschlagsentscheidung bzw. Zuschlagserteilung nicht in Frage kommen kann. Ein Angebot, das einen behebbaren Mangel aufweist, kommt - jedenfalls aber erst nach einer tatsächlich durchgeführten Verbesserung des Angebotes durch den Bieter innerhalb der für den Verbesserungsauftrag der Auftraggeberin zu setzenden Verbesserungsfrist (siehe dazu BVA 15.02.2010, N/0120-BVA/05/2009-52; VwGH 10.12.2009, 2005/04/0201-9), für eine Zuschlagsentscheidung bzw. Zuschlagserteilung in Frage.

Die in der Ausschreibung festgelegten Bestimmungen stellen die Grundlage der Prüfung und Bewertung der Angebote dar. Alle Bieter müssen darauf vertrauen können, dass die Auftraggeberin sich an ihre eigenen Ausschreibungsbestimmungen hält. Nach den Ausschreibungsbestimmungen sind unter Punkt 2. Eignungskriterien die allgemeinen Bestimmungen zur Eignung bzw. zur Befugnis im gegenständlichen Vergabeverfahren festgehalten. Punkt 2.1. der Ausschreibungsunterlage verweist diesbezüglich ausdrücklich auf Paragraph 70, Absatz eins und Absatz 2, BVergG 2006, sodass die Auftraggeberin diese Bestimmung, obwohl diese ex lege nicht anzuwenden gewesen wäre, ihrem Vergabeverfahren zu Grunde gelegt hat.

Nach geltender Rechtsprechung ist im Fall des Fehlens eines Gewerberegisterauszuges eines an sich gewerbeberechtigten Bieters von einem unvollständigen, regelmäßig aber verbesserungsfähigen Angebot auszugehen (VwGH 24.02.2006, Zl. 2004/04/0078).

Da im gegenständlichen Fall von einem behebbaren Mangel auszugehen ist, die Antragstellerin verfügte zum Zeitpunkt der Angebotsöffnung offenkundig über die Gewerbeberechtigung zur Arbeitskräfteüberlassung, hätte sie die Auftraggeberin unter Einhaltung der gemeinschaftsrechtlichen Grundfreiheiten und des Diskriminierungsverbots sowie der Grundsätze der Transparenz und des freien lauteren Wettbewerbs auffordern müssen, entsprechende Nachweise unter Setzung einer Frist vorzulegen. Dass die Antragstellerin zum Zeitpunkt der Angebotsöffnung tatsächlich über die erforderliche Befugnis verfügte, hat sie im gegenständlichen Verfahren, entsprechend der Ausschreibung, mit Vorlage des aktuellen, vorgelegten Wirtschaftskammerauszuges nachgewiesen (LVwG Steiermark 24.09.2014, LVwG 443.15-4395/2014-31).

In seinem Urteil vom 29.03.2012, RS C-599/10, führte der der EuGH aus, dass ein Auftraggeber im Zuge einer Angebotsprüfung seine Aufforderungen klar zu formulieren hat, sodass die Bewerber den vollen Beweis der Seriosität ihrer Angebote erbringen können. Auftraggeber müssen Bewerbern, deren Angebote ungenau sind oder den Spezifikationen der Ausschreibung nicht entsprechen, vor dem Ausscheiden Gelegenheit zur Erörterung einräumen
(VKS Wien 21.06.2012, VKS-5126/12).

Die Auftraggeberin selbst hat vorgebracht, dass sie die Antragstellerin vor deren Ausscheiden nicht zur Behebung des festgestellten Mangels aufgefordert hat.

Gemäß Punkt 1.12 der Ausschreibungsunterlage bestätigt der Bieter durch Unterfertigung des Angebotes, dass die Leistungen in den Ausschreibungsunterlagen vollständig beschrieben sind und keine Teilleistungen fehlen, die zur vollständigen Erfüllung des Leistungsvertrages notwendig sind. Somit erklärte die Antragstellerin mit der Abgabe ihres Angebotes, dass sie die Bestimmungen der Ausschreibungsunterlage kennt und die ausgeschriebenen Leistungen zu diesen Bestimmungen zu den von ihr angebotenen Preisen erbringt. Im Hinblick darauf und Punkt 2.1. der Ausschreibungsunterlage wäre die Auftraggeberin verpflichtet gewesen, im Rahmen eines Vorhalteverfahrens die Antragstellerin aufzufordern, einen entsprechenden Eignungsnachweis vorzulegen. Zu diesem Vorhalteverfahren wäre die Auftraggeberin aus Transparenzgründen verpflichtet gewesen, weil erst nach einer Stellungnahme bzw. Vorlage entsprechender Nachweise von der Auftraggeberin nachvollziehbar geprüft werden könnte, ob der behauptete Ausscheidensgrund vorliegt oder nicht. Da grundsätzlich von einem ausschreibungskonform gewollten Angebot auszugehen ist, wäre in jedem Fall ein derartiger Versuch einer Aufklärung vorzunehmen gewesen (VKS 07.06.2011, VKS-4375/11).

Da die Antragstellerin nicht zur Vorlage von entsprechenden Nachweisen von der Auftraggeberin aufgefordert wurde, es sich im gegenständlichen Fall um einen behebbaren Mangel handelt, verstieß die Auftraggeberin gegen ihre Pflicht zu kontradiktorischen Erörterung von möglichen Ausscheidungsgründen im Zuge der Angebotsprüfung, weshalb dem Antrag auf Nichtigerklärung der Ausscheidungsentscheidung stattzugeben war.

Soweit die Auftraggeberin ihre Entscheidung darauf stützt, dass nach dem unrichtigen Kollektivvertrag von Seiten der Antragstellerin angeboten wurde und eine nicht plausible Zusammensetzung ihres angebotenen Gesamtpreises vorliegt, kann diese Frage nach Ansicht des Landesverwaltungsgerichtes Steiermark noch nicht abschließend beurteilt werden, da die Auftraggeberin es unterlassen hat, etwaige Unklarheiten der Antragstellerin entsprechend Punkt 1.25 der Ausschreibungsunterlage vorzuhalten. Zu diesem Vorhalteverfahren wäre die Auftraggeberin auch aus Transparenzgründen verpflichtet gewesen, weil erst nach einer Stellungnahme der Antragstellerin nachvollziehbar geprüft werden könnte, ob der behauptete Ausscheidungsgrund vorliegt oder nicht (VKS Wien 07.06.2011, VKS-4375/11).

Nach geltender Rechtsprechung liegt ein Unterangebot vor und ist die Prüfung, ob der angebotene Preis angemessen, plausibel und im Verhältnis zur angebotenen Leistung nicht ungewöhnlich niedrig ist, durchzuführen, wenn das Missverhältnis von Leistung und Preis sofort „ins Auge fallen“ (BVA 26.06.2003, 17 N-46/03-34). Die Abweichung des von der Antragstellerin angebotenen Stundensatzes in Höhe von € 16,00 zum zweitgereihten Bieter mit einem Stundensatz von € 16,56 beträgt 3,38 %. Die Abweichung des von der Antragstellerin angebotenen Stundensatzes in Höhe von € 16,00 zum Mittelwert der zweit- bis viertgereihten Angebote beträgt 3,03 %. Unter Berücksichtigung dieser Werte ist vorerst nicht von einem unverhältnismäßigen Stundensatz der Antragstellerin auszugehen.

Laut Ausschreibungsunterlage Punkt 1.25 in Zusammenschau mit dem Preisblatt (Formular- und Dokumentensammlung, Seite 3) ist der angebotene Preis in Euro für eine Stunde anzugeben, wobei der Preis einen Pauschalpreis darstellt, in den sämtliche Leistungsaspekte wie Lohnneben- und Fahrtkosten einzukalkulieren sind.

Ohne Einsichtnahme in die Kalkulationsblätter der Antragstellerin ist aber aufgrund des anzugebenden Pauschalstundenpreises eine Plausibilitätsprüfung tatsächlich nicht möglich. Prüfung und Bewertung der Angebote ist Aufgabe der Auftraggeberin, nicht jene der Vergabekontrollbehörde. Bei der gegenteiligen Auffassung würde das Meritum des Verfahrens auf die Ebene der Prozessvoraussetzungen verlagert (BVA, 04.07.2013, N/0037-BVA/09/2013-45).

Unabhängig davon ist eine Überprüfung der Preisangemessenheit des Angebots der Antragstellerin durch die Auftraggeberin im vorgelegten Vergabeakt nicht dokumentiert, somit auch nicht überprüfbar. Ohne entsprechende Prüfschritte der Auftraggeberin vor der Ausscheidensentscheidung im Nachprüfungsverfahren können diese aber nicht durch die Nachprüfungsbehörde nachgeholt werden (VwGH 31.01.2013, Zl 2010/04/0070; VwGH 18.03.2009, Zl 2007/04/0095).

Zu Spruchpunkt römisch II.:

Gemäß Paragraph 10, Absatz eins, StVergRG hat die Rechtswidrigkeit nur dann die Nichtigerklärung der betreffenden Auftraggeberentscheidung zur Folge, wenn diese für den Ausgang des Verfahrens von wesentlichem Einfluss ist. Dass das Angebot der Antragstellerin nicht hätte ausgeschieden werden dürfen, erweist sich als relevant für den Ausgang des gegenständlichen Vergabeverfahrens (VwGH 21.04.2004, Zl. 2004/04/0016), da es sich bei ihrem Angebot um das preislich günstigste gehandelt hat.

Die angefochtene Zuschlagsentscheidung war für nichtig zu erklären, weil die Antragstellerin ohne rechtmäßiges bzw. zumindest bestandfestes Ausscheiden jedenfalls als Billigstbieterin in diesem Vergabeverfahren nach dem Billigstbieterprinzip anzusehen ist. Die Antragslegitimation der Antragstellerin ist mangels Vorliegens des angezogenen Ausscheidungsgrundes gegeben.

Zum Ersatz der Pauschalgebühren:

Gemäß Paragraph 29, StVergRG haben vor den Landesverwaltungsgerichten – wenn auch nur teilweise – obsiegende Antragstellerinnen/Antragsteller Anspruch auf Ersatz ihrer gemäß Paragraph 28, entrichteten Gebühren durch die Auftraggeberin/den Auftraggeber. Die Antragstellerin/der Antragsteller hat ferner Anspruch auf Ersatz der entrichteten Gebühren, wenn sie/er während des anhängigen Verfahrens klaglos gestellt wird. Gemäß Absatz 2, leg cit besteht ein Anspruch auf Ersatz der Gebühren für einen Antrag auf einstweilige Verfügung nur dann, wenn dem Nachprüfungsantrag (Hauptantrag) stattgegeben wird und dem Antrag auf einstweilige Verfügung stattgegeben wurde oder der Antrag nur wegen einer Interessensabwägung abgewiesen wurde.

Da die Antragstellerin mit beiden ihrer Nachprüfungsanträge durchgedrungen ist, hat die Auftraggeberin ihr gemäß Paragraph 29, StVergRG die ordnungsgemäß entrichteten Pauschalgebühren zu ersetzen.

Zu Spruchpunkt römisch IV.:

Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

        

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Artikel 133, Absatz 4, B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

European Case Law Identifier

ECLI:AT:LVWGST:2015:LVwG.443.8.682.2015