Gericht

Landesverwaltungsgericht Niederösterreich

Entscheidungsdatum

14.05.2024

Geschäftszahl

LVwG-AV-405/001-2024

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erkennt durch Glöckl, LL.M. als Einzelrichterin über die Beschwerde der A in ***, ***, gegen den Bescheid des Verwaltungsausschusses des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Niederösterreich vom 8. November 2023, Zl. ***, betreffend Zurückweisung des Antrages auf Gewährung der Krankenunterstützung, zu Recht:

1.    Die Beschwerde wird gemäß § 28 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes (VwGVG) als unbegründet abgewiesen.

1.    Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG) eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe:

1.    Zum wesentlichen Verfahrensgang:

1.1. Mit Bescheid des Verwaltungsausschusses des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Niederösterreich (in der Folge: belangte Behörde) vom 8. November 2023, Zl. ***, wurde der Antrag der A (in der Folge: Beschwerdeführerin) vom 21. September 2023 auf Gewährung der Krankenunterstützung betreffend den Krankenstand vom 11. August 2023 bis 22. August 2023 als verspätet zurückgewiesen. Begründend wurde zusammengefasst ausgeführt, dass gemäß Paragraph 63, Absatz 4, der Satzung des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Niederösterreich (Satzung WFF) Anträge auf Krankenunterstützung binnen vier Wochen nach Ende der Berufsunfähigkeit einzubringen seien, wobei die verspätete Einbringung nachgesehen werden könne, sofern die Verspätung entsprechend begründet werde. Da der Antrag der Beschwerdeführerin am 21. September 2023 – somit über vier Wochen nach Ende der Berufsunfähigkeit und daher verspätet – eingelangt und keine Verspätungsbegründung erfolgt sei, sei der Antrag zurückzuweisen.

1.2. Mit E-Mail vom 12. November 2023 erhob die Beschwerdeführerin dagegen fristgerecht Beschwerde, in welcher sie zusammengefasst ausführte, dass es bislang üblich gewesen sei, dass das Sekretariat (Personalstelle) im Krankenhaus, für das sie tätig sei, die Anträge auf Krankenunterstützung für sie „ausgefüllt und versendet“ habe. So sei sie auch im gegenständlichen Fall davon ausgegangen, dass der Antrag fristgerecht durch das Sekretariat weitergeleitet werden würde. Nachdem sie „einen Monat lang keine Reaktion vom Wohlfahrtsfond[s] erhalten habe“, habe sie bei der Personalstelle nachgefragt und dabei festgestellt, dass die Anträge nicht mehr durch das Sekretariat weitergeleitet werden. Daraufhin habe sie den Antrag sofort eingereicht, jedoch leider einen Tag zu spät. Aus diesem Grund werde um Kulanz und um neuerliche Prüfung ihres Antrages auf Krankenunterstützung ersucht.

1.3. Die belangte Behörde legte mit Schreiben vom 20. März 2024 den Verwaltungsakt dem Landesverwaltungsgericht Niederösterreich zur Entscheidung vor, ohne von der Möglichkeit einer Beschwerdevorentscheidung Gebrauch gemacht zu haben.

2.    Feststellungen:

Für das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich steht folgender Sachverhalt fest:

2.1. Die Beschwerdeführerin gehört seit dem Jahr 2006 dem Wohlfahrtsfonds und der Ärztekammer für Niederösterreich an.

2.2. Die Beschwerdeführerin war vom 11. August 2023 bis 22. August 2023 berufsunfähig, wobei dies ihre behandelnde Ärztin mit Arbeitsunfähigkeitsmeldung vom 10. August 2023 bestätigte.

2.3. Der Antrag auf Krankenunterstützung samt Beilagen wurde von der Beschwerdeführerin am 21. September 2023 um 15:39 Uhr per E-Mail eingebracht.

3.    Beweiswürdigung:

Die getroffenen Feststellungen – einschließlich des Verfahrensganges – ergeben sich aus dem unbedenklichen Inhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes der belangten Behörde, einschließlich der Ausführungen im Rahmen der Beschwerde.

Der Feststellung betreffend die Arbeitsunfähigkeit der Beschwerdeführerin vom 11. August 2023 bis 22. August 2023 liegt die ärztliche Bestätigung der behandelnden Ärztin, ausgestellt am 10. August 2023, zugrunde.

4.    Rechtslage:

4.1. Die maßgeblichen Bestimmungen des Bundesgesetzes über die Ausübung des ärztlichen Berufes und die Standesvertretung der Ärzte (Ärztegesetz 1998 – ÄrzteG 1998), Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 169 aus 1998, in der Fassung Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 21 aus 2024,, lauten auszugsweise wie folgt:

„Eigener Wirkungsbereich

Paragraph 66 a, (1) Die Ärztekammern in den Bundesländern sind berufen, insbesondere folgende Aufgaben im eigenen Wirkungsbereich wahrzunehmen:

[…]

7. Versorgung und Unterstützung der Kammerangehörigen der Ärztekammern in den Bundesländern und deren Hinterbliebenen durch Errichtung und Betreibung von Wohlfahrtsfonds,

(2) Im eigenen Wirkungsbereich obliegt den Ärztekammern in den Bundesländern die Erlassung insbesondere nachfolgender Verordnungen und sonstiger genereller Beschlüsse:

1. Satzung,

2. Satzung des Wohlfahrtsfonds,

[…]

Paragraph 106, (1) Kammerangehörigen, die durch Krankheit oder Unfall unfähig sind, den ärztlichen oder zahnärztlichen Beruf auszuüben, wird eine Krankenunterstützung, die sich nach der Dauer der Krankheit richtet, gewährt.

(2) Die Höhe der Krankenunterstützung und die Anspruchsvoraussetzungen sind in der Satzung festzusetzen.

[…]“

4.2. Paragraph 63, Absatz 4, der Satzung des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Niederösterreich (Satzung WFF) in der – aufgrund des Beschlusses der Erweiterten Vollversammlung vom 30. November 2022 – ab 1. Jänner 2023 geltenden Fassung lautete wie folgt:

„§ 63

Antrag

[…]

(4) Anträge auf Krankenunterstützung sind spätestens binnen vier Wochen nach Ende der Berufsunfähigkeit infolge Erkrankung oder Unfall einzubringen, andernfalls sie als verspätet eingebracht zurückzuweisen sind. Bei ausreichender Begründung der Fristversäumnis kann das Versäumen der Antragsfrist nachgesehen werden. Anzuschließen ist im Falle der Hauspflege eine Bestätigung des behandelnden Arztes, bei stationärer Behandlung eine Bestätigung der Krankenanstalt, wobei jeweils die Diagnose anzuführen ist.

[…]“

5.    Erwägungen:

5.1. Zur Fristversäumnis für die Beantragung der Krankenunterstützung:

Nach dem eindeutigen Wortlaut des Paragraph 63, Absatz 4, der Satzung WFF ist der Antrag auf Krankenunterstützung spätestens binnen vier Wochen „nach Ende der Berufsunfähigkeit“ infolge Erkrankung oder Unfall einzubringen, andernfalls er als verspätet eingebracht zurückzuweisen ist.

Die Frist beginnt somit nicht schon am letzten Tag der Berufsunfähigkeit, sondern erst an dem auf diesen folgenden Tag zu laufen.

Ausgehend vom letzten Tag der Berufsunfähigkeit, Dienstag, 22. August 2023 begann die Frist daher am Mittwoch, 23. August 2023 zu laufen. Die vierwöchige Antragsfrist endete somit – wie die belangte Behörde auch richtigerweise ausführt – am Mittwoch, 20. September 2023, um 23:59 Uhr vergleiche dazu auch Paragraph 33, AVG).

Spätestens an diesem Tag hätte der Antrag auf Krankenunterstützung eingebracht werden müssen.

Der Antrag auf Krankenunterstützung beim Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Niederösterreich ist jedoch erst nach Ablauf der vierwöchigen Frist gemäß Paragraph 63, Absatz 4, der Satzung WFF, konkret am 21. September 2023, eingebracht worden. An diesem Tag war die Frist – wie dargelegt – bereits abgelaufen.

Der Antrag auf Krankenunterstützung wurde demnach verspätet eingebracht.

5.2. Zur Frage der ausreichenden Begründung der Fristversäumnis:

Die Fristversäumnis ist im Sinne des Paragraph 63, Absatz 4, der Satzung WFF nicht ausreichend begründet.

5.2.1. Paragraph 63, Absatz 4, der Satzung WFF sieht vor, dass bei ausreichender Begründung der Fristversäumnis das Versäumen der Antragsfrist nachgesehen werden kann.

5.2.2. Nach dem Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 27. April 2017, Ra 2017/11/0015, handelt es sich bei der in Paragraph 63, Absatz 4, der Satzung WFF umschriebenen Frist um eine materiellrechtliche Frist. Der Verwaltungsgerichtshof weist darin darauf hin, dass angesichts des grundsätzlichen Gebots der Zurückweisung eines verspäteten Antrags auf Krankenunterstützung kein Zweifel daran bestehe, dass eine ausnahmsweise Nachsicht gemäß Paragraph 63, Absatz 4, der Satzung WFF nur dann in Betracht komme, wenn entsprechend gewichtige Gründe dafür bestünden, dass der Antragsteller trotz zumutbarer Sorgfalt bei der Führung seiner Angelegenheiten an der Einhaltung der Antragsfrist gehindert gewesen sei. Die für Ausnahmefälle, nämlich bei ausreichender Begründung der Fristversäumung, vorgesehene Nachsicht schaffe im Ergebnis eine Rechtswohltat, die einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Antragsfrist gleichkomme.

5.2.3. Es müsste daher ein Grund für das Fristversäumnis vorliegen, der zumindest ebenso wie ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis geeignet ist, die Beschwerdeführerin an der Antragsstellung zu hindern.

Die Ausführungen der Beschwerdeführerin, wonach in der Vergangenheit die Personalstelle im Krankenhaus die Anträge auf Gewährung von Krankenunterstützung nach Übermittlung der Diagnose per E-Mail für sie „ausgefüllt und versendet“, sie aber nunmehr durch Nachfrage festgestellt habe, dass „dies nicht mehr so gehandhabt“ werde, kann jedoch die im Rahmen der Beschwerde vorgebrachte Fristversäumnis im Sinne des Paragraph 63, Absatz 4, der Satzung WFF nicht ausreichend begründen. Vielmehr ist darauf hinzuweisen, dass es sich bei der Personalstelle um keinen Vertreter der Beschwerdeführerin handelt, da bei der im Rahmen der Beschwerde dargelegten Vorgehensweise von einer bloßen internen Vereinbarung auszugehen ist. Dass die Personalstelle als Bote der Beschwerdeführerin fungiert hat, ist gleichfalls auszuschließen, da sie selbst angab, dass die Personalstelle in der Vergangenheit den Antrag für sie „ausgefüllt“ hat und somit nicht bloß beauftragt wurde, den Antrag für sie weiterzuleiten.

Im gegenständlichen Fall kann jedoch eine nähere Erörterung der Frage, ob es sich bei der Personalstelle um einen Boten gehandelt hat bzw. ob die Beschwerdeführerin ihrer nach der zumutbaren und der Sachlage nach gebotenen Überwachungspflicht nachgekommen ist vergleiche zB VwGH 29.9.2017, Ra 2017/10/0105) und somit die tatsächliche Ausführung des Auftrages durch entsprechende Nachfrage sichergestellt wurde (siehe auch VwGH 26.5.2010, 2010/08/0081; zudem VwGH 24.1.2008, 2007/09/0221, wonach jedoch die bloße Nachfrage beim Boten, ob dieser die Unterlagen rechtzeitig überbracht hat, gegebenenfalls nicht ausreicht), dahingestellt bleiben. Zwar mag die Beschwerdeführerin einem Irrtum unterlegen sein, doch handelt es sich bei diesem um keinen solchen, der eine Fristversäumnis begründen könnte. Dies ist insbesondere auch vor dem Hintergrund zu sehen, dass es sich bei der Beschwerdeführerin als Ärztin um ein mehrjähriges Kammermitglied handelt, der die sie betreffenden einschlägigen Bestimmungen – so auch die Fristen und die Vorgehensweise betreffend die Antragstellung – bekannt sein müssen vergleiche wenngleich andere Materien betreffend VwGH 29.4.1993, 92/12/0282; 11.5.2017, Ra 2017/04/0045) bzw. die allenfalls auch Informationen darüber rechtzeitig bei der belangten Behörde einholen hätte können vergleiche zu der Thematik, wonach eine der Wiedereinsetzung entgegenstehende auffallende Sorglosigkeit durch Einholung von Informationen bei der Behörde vermieden werden hätten können: VwGH 8.5.1998, 97/19/1271). Im Übrigen bedarf es für die Antragstellung weder besonderer Rechtskenntnisse noch eines besonderen Aufwandes.

5.2.4. Die belangte Behörde hat daher zu Recht den Antrag der Beschwerdeführerin als verspätet zurückgewiesen. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

5.2.5. Bei diesem Ergebnis kann auch dahingestellt bleiben, ob die Beschwerdeführerin – wie im Antragsformular vom 19. September 2023 angegeben – einen Antrag auf Gewährung der Krankenunterstützung für den Zeitraum vom 4. August 2023 bis zum 22. August 2023 oder – wie es sich auch aus der Arbeitsunfähigkeitsmeldung, datiert mit 10. August 2023, ergibt bzw. wie es auch im angefochtenen Bescheid aufgegriffen wurde – für den Zeitraum vom 11. August 2023 bis zum 22. August 2023 stellen wollte.

6.    Zur Nichtdurchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung:

Von der Durchführung einer – im Übrigen nicht beantragten – mündlichen Verhandlung konnte abgesehen werden, weil bereits die Akten erkennen lassen, dass durch die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht zu erwarten ist. Der Sachverhalt war unstrittig, und es wurden keine Rechtsfragen aufgeworfen, deren Erörterung in einer mündlichen Verhandlung vor dem Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erforderlich gewesen wäre vergleiche VwGH 28.2.2024, Ra 2023/07/0013). Darüber hinaus stehen dem Entfall der Verhandlung weder Artikel 6, Absatz eins, der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten noch Artikel 47, der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegen.

7.    Zur Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, da im gegenständlichen Verfahren keine Rechtsfrage zu lösen war, der im Sinne des Artikel 133, Absatz 4, B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil die Entscheidung einerseits nicht von der oben zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht vergleiche insbesondere VwGH 27.04.2017, Ra 2017/11/0015), sich andererseits auf den eindeutigen und klaren Gesetzeswortlaut stützen kann vergleiche aus der stRsp zur Unzulässigkeit der Revision in derartigen Fällen zB VwGH 19.1.2024, Ra 2024/09/0003; 23.4.2021, Ra 2021/09/0032 mwN) und überdies eine einzelfallbezogene Beurteilung vorzunehmen war, zu deren Überprüfung der Verwaltungsgerichtshof im Allgemeinen nicht berufen ist vergleiche allgemein VwGH 12.3.2024, Ra 2024/01/0052 sowie bereits zur Frage des Vorliegens einer ausreichenden Begründung für die Versäumung der Frist für den Antrag auf Krankenunterstützung VwGH 27.04.2017, Ra 2017/11/0015).

European Case Law Identifier

ECLI:AT:LVWGNI:2024:LVwG.AV.405.001.2024