Landesverwaltungsgericht Niederösterreich
23.01.2024
LVwG-AV-1930/001-2021; LVwG-AV-1931/001-2021
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erkennt durch seinen Richter Dr. Marvin Novak, LL.M., als Einzelrichter über die Beschwerde von Frau A, vertreten durch die B Rechtsanwälte OG, ***, ***, gegen 1. den Bescheid des Verwaltungsausschusses des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Niederösterreich vom 5. Mai 2021, Zl. ***, betreffend Gewährung der Altersversorgung, und 2. den Bescheid des Verwaltungsausschusses des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Niederösterreich vom 5. Mai 2021, Zl. ***, betreffend Beitrag zur Grundrente, nach gemeinsamer Beschwerdevorentscheidung vom 21. Juli 2021, Zlen. *** und ***, zu Recht:
1. Die Beschwerde gegen den Bescheid vom 5. Mai 2021, Zl. ***, wird als unbegründet abgewiesen und es wird Spruchpunkt 1. der Beschwerdevorentscheidung vom 21. Juli 2021 bestätigt.
2. Die Beschwerde gegen den Bescheid vom 5. Mai 2021, Zl. ***, wird zurückgewiesen und es wird Spruchpunkt 2. der Beschwerdevorentscheidung vom 21. Juli 2021 bestätigt.
3. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision nicht zulässig.
Rechtsgrundlagen:
ad 1.: § 28 Absatz eins und 2 des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes (VwGVG)
ad 2.: §§ 28 Abs. 1 und 2, 31 Abs. 1 des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes (VwGVG)
ad 3.: § 25a des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG)
Art. 133 Absatz 4, des Bundes-Verfassungsgesetzes (B-VG)
Entscheidungsgründe:
1. Maßgeblicher Verfahrensgang:
1.1. Die nunmehrige Beschwerdeführerin, eine in Niederösterreich ansässige Fachärztin, beantragte mit Schreiben vom 10. Februar 2021, am 12. Februar 2021 per E-Mail beim Verwaltungsausschuss des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Niederösterreich eingebracht, die Gewährung der Altersversorgung ab 1. Jänner 2020.
1.2. Mit Bescheid des Verwaltungsausschusses des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Niederösterreich vom 5. Mai 2021, Zl. ***, wurde ausgesprochen, dass der Beschwerdeführerin die Altersversorgung per 1. Februar 2021 im Ausmaß einer Grundrente in Höhe von monatlich 1.251,94 Euro brutto und einer Zusatzleistung in Höhe von monatlich 1.391,01 Euro gewährt und 14mal jährlich ausbezahlt werde (Spruchpunkt 1.). Weiters wurde der Antrag auf Gewährung der Altersversorgung für den Zeitraum von 1. Jänner 2020 bis 31. Jänner 2021 als verspätet zurückgewiesen (Spruchpunkt 2.). Festgestellt wurde, dass per 31. Jänner 2021 ein Beitragsrückstand in Höhe von 155,73 Euro bestehe, der von der gewährten Leistung in Abzug gebracht werde (Spruchpunkt 3.).
Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die Altersversorgung in Anspruch genommen werden könne, weil die Voraussetzungen erfüllt seien und das 65. Lebensjahr bereits vor dem 1. Februar 2021 vollendet worden sei. Da der beantragte Leistungsstichtag mehr als drei Monate in der Vergangenheit liege, habe die Versorgung erst ab 1. Februar 2021 gewährt werden können und es sei der vorangehende Zeitraum zurückzuweisen. Da das Beitragskonto einen Rückstand aufgewiesen habe und die Verrechnung ausständiger Beiträge mit gewährten Leistungen in der Beitragsordnung WFF NÖ vorgesehen sei, gelange die Altersversorgung in einem um den ausgewiesenen Rückstand verminderten Ausmaß zur Auszahlung.
1.3. Mit Bescheid des Verwaltungsausschusses des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Niederösterreich vom 5. Mai 2021, Zl. ***, wurde ausgesprochen, dass der Beitrag zur Grundrente ab 1. Jänner 2020 maximal 25% des Höchstbeitrages gemäß Paragraph 6, Absatz 2, der Beitragsordnung WFF NÖ betrage, was monatlich 236,25 Euro entspreche.
Begründend wurde dazu ausgeführt, dass die Beschwerdeführerin per *** das 65. Lebensjahr vollendet und 100% Anwartschaft zur Grundrente erreicht habe. Gemäß Paragraph 6, Absatz 3, der Beitragsordnung WFF NÖ betrage der Beitrag zur Grundrente maximal 25% des Höchstbeitrages gemäß Paragraph 6, Absatz 2, der Beitragsordnung WFF NÖ, wenn ein Wohlfahrtsfonds-Mitglied einen Leistungsanspruch gemäß Paragraph 26, der Satzung WFF NÖ in Höhe von 100% erworben und das 65. Lebensjahr vollendet habe. Im vorliegenden Fall seien diese Voraussetzungen per 1. Jänner 2020 erfüllt, sodass die spruchgemäße Feststellung zu treffen gewesen sei.
1.4. Die Beschwerdeführerin erhob fristgerecht gegen beide zuvor genannten Bescheide eine rechtsanwaltliche Beschwerde, die am 2. Juni 2021 eingebracht wurde. Darin wird im Wesentlichen Folgendes ausgeführt:
Die Beschwerdeführerin habe hinsichtlich der angeblich versäumten Frist bereits den Rechtsbehelf der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand erhoben. Die Fristversäumung stelle einen gravierenden Rechtsnachteil dar und es sei die Beschwerdeführerin durch ein unvorhergesehenes bzw. unabwendbares Hindernis (Irrtum) an der Einhaltung der Frist zur Beantragung der Alterspension ab 1. Jänner 2020 gehindert gewesen. Die Beschwerdeführerin habe im März 2019 ein Informationsschreiben zur Altersversorgung erhalten, habe im November 2019 ein Telefonat mit einem Behördenmitarbeiter geführt und habe auch Informationsveranstaltungen der Ärztekammer besucht. Sie sei nicht darauf hingewiesen worden, dass ab 1. Jänner 2020 eine wesentliche Änderung der Pensionsregelungen gelte und sie dann eine ungeschmälerte Altersversorgung bei gleichzeitiger Fortsetzung ihrer Ordinationstätigkeit beantragen könne. Sie habe darauf vertraut, weitere Informationen bzw. eine Anleitung zu erhalten und es habe die Behörde ihr subjektives Recht auf Anleitung zur Vornahme der notwendigen Verfahrenshandlungen zur rechtzeitigen Beantragung der Altersversorgung und zur Beantragung der Herabsetzung des Höchstbeitrages zur Grundrente ab 1. Jänner 2020 verletzt. Gemäß Paragraph 13 a, AVG hätte sie von der Behörde zu beidem angeleitet werden müssen. Die Behörde habe auf Grund regelmäßiger Information hinsichtlich der Pensionsantrittsmöglichkeiten einen Vertrauenstatbestand dahingehend geschaffen, dass die Beschwerdeführerin rechtzeitig auf die Möglichkeit der Beantragung der Alterspension ab 1. Jänner 2020 hingewiesen werde; bei verfassungskonformer Interpretation der Bestimmungen sei die Altersversorgung rückwirkend zu gewähren und es habe die Behörde Willkür geübt.
Beantragt wurde zum ersten Bescheid die rückwirkende Gewährung der Altersversorgung ab 1. Jänner 2020, zum zweiten Bescheid die dahingehende Abänderung, dass „der Beitrag zur Grundrente [der] Beschwerdeführerin rückwirkend ab 01.01.2020 maximal 25 % des Höchstbeitrages gemäß Paragraph 6, Absatz 2, BO WFF beträgt“, sowie eine öffentliche mündliche Beschwerdeverhandlung durchzuführen.
1.5. Der Verwaltungsausschuss des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Niederösterreich teilte der Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 23. Juni 2021 mit, dass hinsichtlich der Beschwerde eine Beweisaufnahme zu folgenden Themen stattgefunden habe: Alter der Beschwerdeführerin und Tätigkeiten, Beitragsrückstand, Grundrente, Zusatzleistung, Kontakthistorie, Veröffentlichungen.
1.6. Die Beschwerdeführerin gab dazu mit Schreiben vom 19. Juli 2021 eine rechtsanwaltliche Stellungnahme ab, in welcher im Wesentlichen Folgendes ausgeführt wurde:
Der Beitragsrückstand sei entstanden, weil die Beschwerdeführerin auf Grund eines Gespräches mit einem Behördenmitarbeiter dachte, wegen der Pensionierung ab Jänner 2021 die Beiträge nicht mehr bezahlen zu müssen; die Rechtsauskunft sei allerdings, wie sich inzwischen herausgestellt habe, unrichtig gewesen. Die Ausführungen der Behörde zur Unterdeckung seien für das vorliegende Verfahren nicht von Relevanz. Aus der Kontakthistorie mit der Behörde gehe hervor, dass die Beschwerdeführerin unrichtige bzw. keine Rechtsbelehrungen zur Vornahme der Verfahrenshandlungen zur rechtzeitigen Beantragung der Altersversorgung ab 1. Jänner 2020 sowie zur Herabsetzung des Höchstbeitrages zur Grundrente ab 1. Jänner 2020 erhalten habe. Die Rechtsmittelanträge würden unverändert aufrecht bleiben.
1.7. Mit Beschwerdevorentscheidung des Verwaltungsausschusses des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Niederösterreich vom 21. Juli 2021, Zlen. *** und ***, wurde unter Spruchpunkt 1. die Beschwerde gegen den ersten Bescheid als unbegründet abgewiesen und unter Spruchpunkt 2. die Beschwerde gegen den zweiten Bescheid mangels Beschwer zurückgewiesen. Begründend wurde im Wesentlichen Folgendes ausgeführt:
Der Antrag auf Altersversorgung sei verspätet eingebracht worden und es sei der Wiedereinsetzungsantrag zwischenzeitig als unzulässig zurückgewiesen worden (materiell-rechtliche Frist; kein mangelndes oder bloß leichtes Verschulden). Die Beschwerdeführerin sei nicht amtswegig regelmäßig über Pensionsangelegenheiten informiert worden, was auch nicht der allgemeinen Vorgehensweise entspreche. Den Mitgliedern stehe vielmehr über die Webseite der Ärztekammer für Niederösterreich ein Online Pensionskonto zur Verfügung, es seien auf der Webseite FAQs zum Thema Pension abgedruckt und es behandle auch ein eigener Artikel den Pensionsantritt. Die Satzungsänderungen im Rahmen der Pensionsreform seien breit kommuniziert worden (Kundmachung, Artikel) und auch im Consilium, dem offiziellen Medium der Ärztekammer für Niederösterreich, ausführlich vorgestellt worden. In jedem Jahr würden auch ein bis zwei Seminare zum Thema Ruhestand angeboten, wobei die Beschwerdeführerin an mindestens einem teilgenommen habe. Auch telefonisch würden Fragen und Auskünfte erteilt, wobei sich die Beschwerdeführerin vor dem 1. Jänner 2020 relativ intensiv informiert habe; es sei ihr sogar ein Antragsformular zugeschickt worden, weil sie – mit altersbedingen Abschlägen – bereits im *** die Antrittsvoraussetzungen erfüllt habe. Dass in einem Gespräch im November 2019 das Thema nicht zur Sprache gekommen sei, könne der Behörde nicht angelastet werden, zumal Grund des Anrufes die Erlebensleistung gewesen sei, welche in keinem Zusammenhang mit der Altersversorgung stehe. Die Beschwerdeführerin hätte sich rechtzeitig – insbesondere im Jahr 2020, in dem keine Kontaktaufnahme mit dem Wohlfahrtsfonds dokumentiert sei – um die Belange der Antragstellung für die Altersversorgung kümmern müssen, zumal die Kenntnis der Antrittsvoraussetzungen von Mitgliedern einer Standesvertretung erwartet werden könne. Das Beschwerdevorbringen zu den nötigen Anleitungen entspräche nicht der diesbezüglichen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes.
Der angefochtene Bescheid betreffend die Grundrente trage exakt dem Beschwerdeantrag Rechnung und es würde sich die Rechtsposition der Beschwerdeführerin durch die beantragte Änderung in keiner Weise verändern. Eine subjektive Rechtsverletzung liege nicht vor und es sei keine Beschwer gegeben.
1.8. Die Beschwerdeführerin brachte dazu fristgerecht einen Vorlageantrag ein. Darin wurden keine weiteren Ausführungen getätigt.
1.9. Der Verwaltungsausschuss des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Niederösterreich legte in Folge den Verwaltungsakt zur Entscheidung vor.
2. Feststellungen und Beweiswürdigung:
2.1. Feststellungen:
Die Beschwerdeführerin wurde am *** geboren und sie hat am *** das 65. Lebensjahr vollendet. Sie gehört als in Niederösterreich ansässige Fachärztin für *** dem Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Niederösterreich an.
Die Beschwerdeführerin erhielt auf Grund eines Telefonates mit einem Mitarbeiter der Ärztekammer Niederösterreich am 5. Jänner 2021 Kenntnis davon, dass seit *** eine abschlagsfreie Alterspension bei gleichzeitiger Fortsetzung der Ordinationstätigkeit für sie möglich gewesen wäre.
Die Beschwerdeführerin beantragte mit Schreiben vom 10. Februar 2021, am 12. Februar 2021 per E-Mail beim Verwaltungsausschuss des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Niederösterreich eingebracht, die Gewährung der Altersversorgung ab ***.
Mit Bescheid des Verwaltungsausschusses vom 5. Mai 2021, Zl. ***, wurde ausgesprochen, dass der Beschwerdeführerin die Altersversorgung per 1. Februar 2021 im Ausmaß einer Grundrente in Höhe von monatlich 1.251,94 Euro brutto und einer Zusatzleistung in Höhe von monatlich 1.391,01 Euro gewährt und 14mal jährlich ausbezahlt werde (Spruchpunkt 1.). Weiters wurde der Antrag auf Gewährung der Altersversorgung für den Zeitraum von 1. Jänner 2020 bis 31. Jänner 2021 als verspätet zurückgewiesen (Spruchpunkt 2.). Festgestellt wurde, dass per 31. Jänner 2021 ein Beitragsrückstand in Höhe von 155,73 Euro bestehe, der von der gewährten Leistung in Abzug gebracht werde (Spruchpunkt 3.).
Mit Bescheid des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Niederösterreich vom 5. Mai 2021, Zl. ***, wurde ausgesprochen, dass der Beitrag zur Grundrente ab 1. Jänner 2020 maximal 25% des Höchstbeitrages gemäß Paragraph 6, Absatz 2, der Beitragsordnung WFF NÖ betrage, was monatlich 236,25 Euro entspreche.
Die fristgerecht gegen die beiden Bescheide erhobene Beschwerde begehrt hinsichtlich des ersten Bescheides die rückwirkende Gewährung der Altersversorgung ab 1. Jänner 2020 und hinsichtlich des zweiten Bescheides die dahingehende Abänderung, dass „der Beitrag zur Grundrente [der] Beschwerdeführerin rückwirkend ab 01.01.2020 maximal 25 % des Höchstbeitrages gemäß Paragraph 6, Absatz 2, BO WFF beträgt“.
Die Beschwerdeführerin beantragte mit rechtsanwaltlichem Schreiben vom 21. Mai 2021 die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß Paragraph 71, AVG betreffend die Antragsfrist der Gewährung der Altersversorgung ab 1. Jänner 2020. Dieser Antrag wurde mit Bescheid des Verwaltungsausschusses des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Niederösterreich vom 23. Juni 2021, ***, als unzulässig zurückgewiesen. Die dagegen erhobene Beschwerde wurde mit Entscheidung des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich vom heutigen Tag, Zl. LVwG-AV-1929/001-2021, als unbegründet abgewiesen.
Die Satzungsänderung betreffend die Ermöglichung der abschlagsfreien Alterspension bei gleichzeitiger Fortsetzung der Ordinationstätigkeit (Änderung von Paragraph 27, der Satzung WFF NÖ) wurde von der Erweiterten Vollversammlung der Ärztekammer für Niederösterreich am 6. November 2019 beschlossen und am 7. November 2019 auf *** kundgemacht. Die Änderung trat mit 1. Jänner 2020 in Kraft. Sie wurde u.a. auf der Webseite der Ärztekammer für Niederösterreich erläutert und im Consilium, dem offiziellen Medium der Ärztekammer für Niederösterreich, in Nr. *** unter dem Titel „Pensionsreform 2019“ vorgestellt (inkl. dem Wegfall der Tätigkeitsvoraussetzungen und dem Wegfall der Zuverdienstgrenze).
2.2. Beweiswürdigung:
Die getroffenen Feststellungen basieren auf der vorliegenden unbedenklichen Aktenlage. Die Feststellungen zur Person der Beschwerdeführerin beruhen insbesondere auf dem aktenkundigen Antrag auf Gewährung der Altersversorgung. Dass die Beschwerdeführerin am 5. Jänner 2021 Kenntnis davon erlangt hat, dass seit 1. Jänner 2020 eine abschlagsfreie Alterspension bei gleichzeitiger Fortsetzung der Ordinationstätigkeit für sie möglich gewesen wäre, ergibt sich aus der unbedenklichen aktenkundigen „Kontakthistorie“. Zum Antrag auf Gewährung der Altersversorgung, den beiden Bescheiden und der Beschwerde ist auf den Verwaltungsakt zu verweisen, zur Zurückweisung des Wiedereinsetzungsantrages und der diesbezüglichen Beschwerdeabweisung auf den Gerichtsakt zur Zl. LVwG-AV-1929/001-2021. Die Feststellungen zur Satzungsänderung beruhen ebenso auf der unbedenklichen Aktenlage, insbesondere auf dem behördlichen Schreiben vom 23. Juni 2021 an die Beschwerdeführerin (dabei wurde u.a. auch eine Kopie der entsprechenden Seiten des Consilium Nr. *** übermittelt) sowie den Ausführungen in der Beschwerdevorentscheidung. Die Beschwerdeführerin ist dem nicht konkret entgegengetreten.
3. Maßgebliche Rechtslage:
3.1. Paragraph 64, Absatz 3, der Satzung des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Niederösterreich, beschlossen am 5. Dezember 2012, kundgemacht auf *** am 10. Dezember 2012, in der Fassung der Änderung der Satzung durch Beschluss der Erweiterten Vollversammlung vom 2. Dezember 2015, kundgemacht auf *** am 2. Dezember 2015, (Satzung WFF NÖ) lautet:
„§ 64
Anfall der Leistungen
[…]
(3) Versorgungsleistungen der WFF-Mitglieder werden ab dem beantragten Stichtag gewährt, wenn die Antragstellung spätestens innerhalb von drei Monaten ab dem Stichtag erfolgt. Versorgungsleistungen der Hinterbliebenen oder Kinder eines WFF-Mitgliedes werden ab dem beantragten Stichtag gewährt, wenn die Antragstellung spätestens innerhalb von sechs Monaten ab dem Stichtag erfolgt. Wird ein Antrag auf eine Versorgungsleistung nach den oben angegebenen Fristen eingebracht, so wird die Leistung erst ab dem Monat der Antragstellung gewährt.“
3.2. Paragraph 6, Absatz 2 und Absatz 3, der Beitragsordnung des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Niederösterreich, beschlossen am 2. Dezember 2015, kundgemacht am selben Tag auf www.arztnoe.at, (Beitragsordnung WFF NÖ) lautet:
„§ 6
Höchstbeiträge
[…]
(2) Der Höchstbeitrag zur Grundrente beträgt monatlich € 945,00.
(3) Der Beitrag zur Grundrente beträgt monatlich maximal 25% des Höchstbeitrages gemäß Absatz 2,, wenn ein WFF-Mitglied 100% Leistungsanspruch im Sinne des Paragraph 26, Satzung WFF erworben und das Regelpensionsalter gemäß Paragraph 27, Absatz eins, Satzung WFF vollendet hat.“
4. Erwägungen des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich:
4.1. Zur vorliegenden Beschwerde:
Vorauszuschicken ist, dass die vorliegende Beschwerde weder die Höhe der zugesprochenen Versorgungsleistung bekämpft noch den festgestellten Beitragsrückstand samt Abzug des Rückstandes von der gewährten Leistung (im Übrigen sind im vorliegenden Fall auch keine Bedenken gegen die inhaltliche Richtigkeit entstanden).
Zur verspäteten Beantragung der Altersversorgung (Spruchpunkt 2. des Bescheides vom 5. Mai 2021, Zl. ***) ist Folgendes auszuführen:
Gemäß Paragraph 23, Absatz eins, Ziffer eins, der Satzung WFF NÖ wird die Altersversorgung als Versorgungsleistung auf Antrag gewährt.
Gemäß Paragraph 64, Absatz 3, der Satzung WFF NÖ werden Versorgungsleistungen der WFF-Mitglieder ab dem beantragten Stichtag gewährt, wenn die Antragstellung spätestens innerhalb von drei Monaten ab dem Stichtag erfolgt. Wird ein Antrag auf eine Versorgungsleistung nach dieser Frist eingebracht, so wird die Leistung erst ab dem Monat der Antragstellung gewährt.
Im vorliegenden Fall beantragte die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 10. Februar 2021, am 12. Februar 2021 per E-Mail beim Verwaltungsausschuss des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Niederösterreich eingebracht, die Gewährung der Altersversorgung ab 1. Jänner 2020. Die Antragstellung erfolgte somit nicht innerhalb von drei Monaten ab dem Stichtag und es war die Altersversorgung somit erst ab dem Monat der Antragstellung, sohin ab 1. Februar 2021 zu gewähren.
Durch den Hinweis auf den eingebrachten Wiedereinsetzungsantrag ist für den vorliegenden Fall nichts zu gewinnen, weil der Wiedereinsetzungsantrag von der Behörde zurückgewiesen wurde. Die dagegen erhobene Beschwerde wurde mit Entscheidung des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich vom heutigen Tag, Zl. LVwG-AV-1929/001-2021, als unbegründet abgewiesen.
Zur Berufung der Beschwerdeführerin auf die Manuduktionspflicht ist auszuführen, dass selbst eine allfällige Verletzung nichts an der Versäumung der Frist ändern würde vergleiche etwa VwGH 3.11.1994, 94/18/0689). Darüber hinaus entspricht es der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, dass die Manuduktionspflicht keine Beratung der Verfahrensparteien in materiell-rechtlicher Hinsicht erfordert vergleiche etwa VwGH 8.2.2021, Ra 2020/22/0251) und dass keine Manuduktionspflicht der Behörde dahingehend besteht, den Antragsteller auf eine zweckmäßige Antragstellung hinzuweisen vergleiche etwa VwGH 31.3.2021, Ra 2020/10/0162). Die Belehrungspflicht gemäß Paragraph 13 a, AVG bezieht sich auch nur auf anhängige Verfahren und reicht nicht so weit, dass die Partei zur Stellung bestimmter Anträge anzuleiten wäre. Auch besteht keine Pflicht der Behörde zur Belehrung über ordnungsgemäß kundgemachte Normen vor Bescheiderlassung. Die Erörterung künftiger möglicher Rechtsfolgen in einem anhängigen oder in weiteren Verfahren geht weit über die gemäß Paragraph 13 a, AVG gebotene Manuduktion hinaus vergleiche etwa VwGH 5.7.2023, Ro 2020/11/0010).
Die Notwendigkeit einer verfassungskonformen Interpretation ist – schon auf Grund der öffentlich kommunizierten Satzungsänderung betreffend die Ermöglichung der abschlagsfreien Alterspension bei gleichzeitiger Fortsetzung der Ordinationstätigkeit – nicht zu erkennen vergleiche auch etwa VfSlg. 13.700/1994). Einer solchen Interpretation würde im Übrigen wohl auch der eindeutige Wortlaut des Paragraph 64, Absatz 3, der Satzung WFF NÖ entgegenstehen vergleiche etwa VfSlg. 20.262/2018).
Die erhobene Beschwerde ist somit insoweit als unbegründet abzuweisen und es ist Spruchpunkt 1. der Beschwerdevorentscheidung zu bestätigen vergleiche etwa VwSlg. 19.271 A/2015).
Zum Beitrag zur Grundrente (Bescheid vom 5. Mai 2021, Zl. ***) ist Folgendes auszuführen:
Gemäß Artikel 132, Absatz eins, Ziffer eins, B-VG kann gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde vor dem Verwaltungsgericht wegen Rechtswidrigkeit Beschwerde erheben, wer durch den Bescheid in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet. Eine Rechtsverletzung muss aber zumindest möglich sein vergleiche etwa VwGH 18.11.2014, Ra 2014/05/0011). Das als Prozessvoraussetzung erforderliche Rechtsschutzbedürfnis besteht im objektiven Interesse des Beschwerdeführers an einer Beseitigung der angefochtenen, ihn beschwerenden Erledigung; das objektive Interesse des Beschwerdeführers an der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle gründet in dessen Beschwer vergleiche etwa VwGH 27.6.2017, Ra 2017/10/0086).
Gemäß Paragraph 6, Absatz 2, der Beitragsordnung WFF NÖ beträgt der Höchstbeitrag zur Grundrente monatlich 945,-- Euro. Nach Paragraph 6, Absatz 3, der Beitragsordnung WFF NÖ reduziert sich dieser Beitrag auf monatlich maximal 25% des Höchstbeitrags, wenn ein Wohlfahrtsfonds-Mitglied 100% Leistungsanspruch im Sinne des Paragraph 26, der Satzung WFF NÖ erworben und das Regelpensionsalter gemäß Paragraph 27, Absatz eins, der Satzung WFF NÖ vollendet hat.
Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall unstrittig gegeben. Mit dem diesbezüglichen Bescheid vom 5. Mai 2021 wurde ausgesprochen, dass der Beitrag zur Grundrente ab 1. Jänner 2020 maximal 25% des Höchstbeitrages gemäß Paragraph 6, Absatz 2, der Beitragsordnung WFF NÖ betrage, was monatlich 236,25 Euro entspreche. In der Beschwerde wurde die dahingehende Abänderung beantragt, dass „der Beitrag zur Grundrente [der] Beschwerdeführerin rückwirkend ab 01.01.2020 maximal 25 % des Höchstbeitrages gemäß Paragraph 6, Absatz 2, BO WFF beträgt“. Der Beschwerdeantrag entspricht daher exakt dem angefochtenen Bescheid, zumal 25% von 945,-- Euro dem Betrag von 236,25 Euro entsprechen.
Dass die Beschwerdeführerin durch den angefochtenen Bescheid beschwert wäre, ist demgemäß nicht zu erkennen (es wurde Gegenteiliges weder in der Beschwerde, der nachfolgenden Stellungnahme oder dem Vorlageantrag auch nur ansatzweise aufgezeigt).
Die erhobene Beschwerde ist somit insoweit zurückzuweisen und es ist Spruchpunkt 2. der Beschwerdevorentscheidung zu bestätigen vergleiche etwa VwSlg. 19.271 A/2015).
Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß Paragraph 24, Absatz 4, VwGVG unterbleiben, weil die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt und weil dem Entfall weder Artikel 6, EMRK noch Artikel 47, GRC entgegenstehen. Die zwingende Notwendigkeit der Durchführung einer Verhandlung wurde im gesamten Verfahren von keiner Partei aufgezeigt und es hatten die Parteien ausreichend Zeit und Möglichkeiten zur Darlegung ihrer Standpunkte. Der maßgebliche Sachverhalt ist unstrittig, es waren nicht übermäßig komplexe Rechtsfragen zu beurteilen und es entspricht der höchstgerichtlichen Rechtsprechung, dass von einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden kann, wenn der Fall auf der Grundlage der Akten und der schriftlichen Stellungnahmen der Parteien angemessen entschieden werden kann vergleiche etwa EGMR 18.7.2013, Fall Schädler-Eberle, Appl. 56.422/09; VfGH 15.10.2016, A7/2016; VwGH 21.12.2016, Ra 2016/04/0117).
4.2. Zur Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, weil im gegenständlichen Verfahren keine Rechtsfrage zu lösen war, der grundsätzliche Bedeutung im Sinne des Artikel 133, Absatz 4, B-VG zukommt. Die Erwägungen des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich folgen der zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes und der eindeutigen Rechtslage vergleiche zur Unzulässigkeit der Revision bei eindeutiger Rechtslage etwa VwGH 15.5.2019, Ro 2019/01/0006). Darüber hinaus kann einer Rechtsfrage nur dann grundsätzliche Bedeutung zukommen, wenn sie über den konkreten Einzelfall hinaus Bedeutung hat vergleiche etwa VwGH 20.3.2020, Ra 2019/10/0197, Rn 16).
ECLI:AT:LVWGNI:2024:LVwG.AV.1930.001.2021