Landesverwaltungsgericht Niederösterreich
22.08.2022
LVwG-AV-522/001-2022
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich fasst durch Mag. Marzi als Einzelrichter über die Beschwerde des A in ***, gegen den Bescheid (Disziplinarerkenntnis) des Disziplinarrats der Österreichischen Ärztekammer, Disziplinarkommission für Niederösterreich vom 08. September 2021, Zl. ***, ***, betreffend Disziplinarstrafe der Geldstrafe nach dem Ärztegesetz 1998, den
BESCHLUSS:
1. Die Beschwerde wird als unzulässig zurückgewiesen.
2. Eine Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist nicht zulässig.
Begründung:
1. Aus dem vorgelegen Disziplinarakt sowie dem Akt des Landesverwaltungsgerichtes ergibt sich nachstehender, entscheidungswesentlicher Sachverhalt:
1.1. Mit dem angefochtenen Bescheid (Disziplinarerkenntnis; ON ***) wurde der Beschwerdeführer wegen Nichterfüllung der ärztlichen Fortbildungspflicht des Disziplinarvergehens gemäß Paragraph 136, Absatz eins, Ziffer 2, Ärztegesetz 1998 für schuldig befunden und über ihn gemäß Paragraph 139, Absatz eins, Ziffer 2, Ärztegesetz 1998 eine Geldstrafe in der Höhe von 10.000 Euro verhängt; überdies wurde er gemäß Paragraph 163, Absatz eins, Ärztegesetz 1998 zum Ersatz der mit 1.000 Euro bestimmten Verfahrenskosten verpflichtet.
In der Rechtsmittelbelehrung wurde u.a. darauf hingewiesen, dass eine Beschwerde u.a. die Gründe, aus denen sich nach Ansicht des Beschwerdeführers die Rechtswidrigkeit des Erkenntnisses ergibt, zu enthalten hat.
1.2. Die gegen das Disziplinarerkenntnis erhobene Beschwerde (ON ***) lautet wie folgt (Ausführung in eckiger Klammer durch das Landesverwaltungsgericht):
„Sehr geehrte Damen und Herren!
Meines Erachtens hat die Disziplinarkommission die von mir vorgebrachten Argumente in keiner adäquaten Weise zur Kenntnis genommen.
Ich beantrage hiermit die Aufhebung der Entscheidung und eine neurliche Begutachtung der Situation.
Mit freundlichen Grüßen
[Beschwerdeführer]“
1.3. Die Stellungnahme des Disziplinaranwalt-Stellvertreters vom 31. März 2022 (ON ***) lautet auszugsweise wie folgt:
„Die Beschwerde des Disziplinarbeschuldigten lässt nicht erkennen, welche konkreten Punkte des Disziplinarerkenntnisses angefochten werden und welche Rechtsmittelgründe der Beschwerdeführer anzieht. Insofern erweist sich seine Beschwerde als nicht gesetzmäßig ausgeführt. Ebenso wenig lässt sich ein Beschwerdebegehren erkennen.
Soweit der Beschwerdeführer lapidar behauptet, seiner Argumentation sei nicht gefolgt worden, ist zu entgegnen, dass mit Ausnahme der Feststellung des Umfangs der vom Beschwerdeführer erworbenen Fortbildungspunkte alle anderen Feststellungen der angefochtenen Entscheidung auf der Aussage des Beschwerdeführers gründen. Davon ausgehend hat die Disziplinarkommission die von ihr angewandten Bestimmungen des Paragraph 49, Absatz 2 c, ÄrzteG zutreffend angewandt.“
1.4. Die Beschwerde samt Verwaltungsakt wurde dem Landesverwaltungsgericht Niederösterreich mit Schreiben der belangten Behörde vom 11. Mai 2022 vorgelegt und langte am 16. Mai 2022 beim Landesverwaltungsgericht ein.
1.5. Mit Schreiben vom 22. Juni 2022 gab das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich dem Beschwerdeführer bekannt, dass die Beschwerde im Hinblick auf die Anforderungen des Paragraph 9, VwGVG mangelhaft ausgeführt sei, da die Angabe der Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stütze fehlt.
Gleichzeitig wurde er gemäß Paragraphen 17, VwGVG in Verbindung mit 13 Absatz 3, AVG aufgefordert, seine Beschwerde binnen zwei Wochen ab Zustellung dieses Auftrags zu verbessern, andernfalls sie als unzulässig zurückgewiesen werde.
Dieses Schreiben wurde dem Beschwerdeführer am 27. Juni 2022 (durch Hinterlegung und Bereithaltung zur Abholung) zugestellt. Der behob das Schreiben am 29. Juni 2022.
1.6. Eine Verbesserung der Beschwerde langte bis dato nicht beim Landesverwaltungsgericht ein.
2. Rechtliche Erwägungen:
2.1.1. Gemäß dem im Wege des Paragraph 17, VwGVG im Verfahren vor dem Landesverwaltungsgericht anzuwendenden Paragraph 13, Absatz 3, AVG ermächtigen Mängel schriftlicher Anbringen die Behörde nicht zur Zurückweisung. Die Behörde hat vielmehr von Amts wegen unverzüglich deren Behebung zu veranlassen und kann dem Einschreiter die Behebung des Mangels innerhalb einer angemessenen Frist mit der Wirkung auftragen, dass das Anbringen nach fruchtlosem Ablauf dieser Frist zurückgewiesen wird. Wird der Mangel rechtzeitig behoben, so gilt das Anbringen als ursprünglich richtig eingebracht. Dies gilt auch für Beschwerden nach an das Landesverwaltungsgericht vergleiche zB VwGH vom 29.5.2018, Ra 2018/20/0059).
Gemäß dem mit „Inhalt der Beschwerde“ überschriebenen Paragraph 9, Absatz eins, VwGVG, Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 33 aus 2013,, hat die Beschwerde ua. die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt (Ziffer 3,) zu enthalten.
Ein Verbesserungsauftrag nach Paragraph 13, Absatz 3, AVG ist nur dann gesetzmäßig, wenn der angenommene Mangel tatsächlich vorliegt (zB VwGH vom 27. Juni 2022, Ra 2021/03/0301).
Das Fehlen eines begründeten Berufungsantrages ist einer Verbesserung zugänglich. Paragraph 13, Absatz 3, AVG dient aber nicht dazu, einen verfehlten Berufungsantrag zu korrigieren; bei der Auslegung des Begriffs „begründeter Berufungsantrag“ ist allerdings kein übertriebener Formalismus anzuwenden, vielmehr sind der wesentliche Inhalt, der sich aus dem gestellten Antrag erkennen lässt, sowie die Art des in diesem gestellten Begehrens maßgebend. Es gibt keinen Anhaltspunkt dafür, dass die grundsätzlichen Anforderungen an bei Verwaltungsgerichten eingebrachten Beschwerden gegenüber den Anforderungen des AVG an Berufungen verschärft werden sollten. Diesem Maßstab genügt es, wenn das Rechtsmittel vor dem Verwaltungsgericht erkennen lässt, was die Partei anstrebt und womit sie ihren Standpunkt vertreten zu können glaubt vergleiche VwGH vom 24. Mai 2016, Ra 2016/03/0037, mwN).
Einem Auftrag des Verwaltungsgerichts zur Angabe einer Beschwerdebegründung wird aber zB dann nicht Rechnung getragen, wenn die Partei dem Verwaltungsgericht mehrere von ihr früher im Verwaltungsstrafverfahren verfasste Unterlagen mit der Aufforderung zur Kenntnisnahme übermittelt. Das läuft offensichtlich darauf hinaus, dass das Gericht dann in den übermittelten Unterlagen die passenden Beschwerdegründe iSd Paragraph 9, Absatz eins, Ziffer 3, VwGVG 2014 identifizieren sollte, wodurch aber die sich aus dem Mängelbehebungsauftrag ergebende Verpflichtung, die Mangelhaftigkeit der Beschwerde selbst zu beheben, entgegen dem klaren normativen Inhalt des Paragraph 13, Absatz 3, AVG letztlich auf das Verwaltungsgericht überwälzt würde vergleiche abermals VwGH vom 24. Mai 2016, Ra 2016/03/0037).
2.1.2. Die oben wiedergegebene Beschwerde beschränkt sich auf einen Verweis auf die im Verfahren vor der belangten Behörde „vorgebrachten Argumente“, welche nach Ansicht des Beschwerdeführers „in keiner adäquaten Weise zur Kenntnis genommen worden“ seien.
Der Beschwerdeführer hat im Verfahren vor der belangten Behörde zwei Stellungnahmen eingebracht (vom 18. September 2020 sowie vom 08. September 21), wobei – wie der Disziplinaranwalt-Stellvertreter zutreffend hervorhebt – die darin „vorgebrachten Argumente“ zumindest teilweise von der belangten Behörde berücksichtigt wurden.
Im Ergebnis läuft der Verweis im Beschwerdeschriftsatz darauf hinaus, dass das Verwaltungsgericht die (weiterhin) passenden Beschwerdegründe iSd Paragraph 9, Absatz eins, Ziffer 3, VwGVG identifizieren solle, wodurch aber die Verpflichtung die Beschwerde gesetzmäßig auszuführen letztlich auf das Verwaltungsgericht überwälzt würde.
Insofern war ein Verbesserungsauftrag zu erteilen.
Da eine Verbesserung nicht erfolgte, ist die Beschwerde – gemäß Paragraph 24, Absatz 2, VwGVG unter Entfall einer mündlichen Verhandlung – als unzulässig zurückzuweisen.
2.2. Die Revision ist nicht zulässig, da sich die Entscheidung auf die zitierte und einheitliche Rechtsprechung bzw. die klare und eindeutige Rechtslage stützt (zur Unzulässigkeit der Revision bei klarer Rechtslage zB VwGH vom 15. Mai 2019, Ro 2019/01/0006). Nicht revisibel sind im Regelfall auch die hier sonst vorliegenden Fragen, ob ein konkreter Auftrag zur Behebung von Mängeln gemäß Paragraph 13, Absatz 3, AVG dem Gesetz entspricht und rechtens zur Zurückweisung des Anbringens führen kann vergleiche VwGH vom 28. April 2022, Ra 2022/06/0030).
ECLI:AT:LVWGNI:2022:LVwG.AV.522.001.2022