Landesverwaltungsgericht Niederösterreich
15.03.2022
LVwG-AV-1365/001-2019
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erkennt durch Mag. Marzi als Einzelrichter über die Beschwerde der A eGen mbH, vertreten durch die Rechtsanwälte B und C in ***, ***, gegen den Bescheid des Verwaltungsausschusses des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Niederösterreich vom 30. Jänner 2019, Zl. ***, ***, ***, nach Beschwerdevorentscheidung vom 03. April 2019, betreffend Hinterbliebenenunterstützung, nach mündlicher Verhandlung zu Recht:
1. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen und die Beschwerdevorentscheidung bestätigt.
2. Eine Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist nicht zulässig.
Entscheidungsgründe:
1. Feststellungen:
1.1. D (in der Folge: Verstorbener), geboren am ***, ist am *** verstorben. Der Verstorbene war seit 2. Mai 1991 Mitglied des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer Niederösterreich und bezog ab 1. April 2007 seine Altersversorgung.
Mit Schreiben vom 28. März 2003 votierte der Verstorbene betreffend die Änderung der Todesfallbeihilfe für den Umstieg auf Variante 2 mit einer Erlebensprämie von
18.168,21 Euro und eine Auszahlungssumme in Höhe von 9.516,51 Euro an die Hinterbliebenen im Ablebensfall.
1.2. Mit Schreiben vom 27. Februar 2006, bei der Ärztekammer für Niederösterreich eingelangt am 1. März 2006, gab der Verstorbene Folgendes bekannt (Ausführungen in eckiger Klammer hier und in der Folge durch das Landesverwaltungsgericht):
„Mit diesem Schreiben beantrage ich, [der Verstorbene], das Bezugsrecht und sämtliche Ansprüche aus meinem bei Ihnen bestehenden Leitungsvertrag für den Ab- und Erlebensfall (derzeitige Summe EUR 38.066,--) im ersten Rang zugunsten der [beschwerdeführenden Partei] vorzumerken. Weiters ist eine Auszahlungssperre der Leistung zugunsten der [beschwerdeführenden Partei] anzumerken.
Außerdem beauftrage ich die NÖ-Ärztekammer, die [beschwerdeführenden Partei] bei Einlangen alle von mir unterzeichneten Anträge auf Änderung schriftlich zu verständigen.
Ich weise die in NÖ-Ärztekammer an, sämtliche Leistungszahlungen aus dem Vertrag ausschließlich auf das Konto [mit näher genannter Nummer] bei der [beschwerdeführenden Partei] gutzubringen.“
1.3. Mit an den Verstorbenen gerichteten Schreiben vom 8. März 2006 gab der Rechnungsdirektor der Ärztekammer für Niederösterreich bekannt, dass die Abtretung des Anspruchs auf die Bestattungs- und Hinterbliebenenunterstützung aus dem Wohlfahrtsfonds an die beschwerdeführende Partei vorgemerkt worden sei.
1.4. Mit Schreiben vom 25. Oktober 2011, bei der Ärztekammer für Niederösterreich eingelangt am 27. Oktober 2011, beantragte der Verstorbene die Auszahlung seiner Erlebensleistung gemäß Paragraph 38, der Satzung des Wohlfahrtsfonds auf ein näher genanntes Konto (Anmerkung: nicht bei der beschwerdeführenden Partei).
Am 4. Jänner 2012 wurde dem Verstorbenen seitens des Wohlfahrtsfonds ein Betrag in Höhe von 18.168,21 Euro ausgezahlt, wobei ca. 1.300 Euro zur Tilgung seiner Schulden beim Wohlfahrtsfonds verwendet wurden.
Eine bescheidmäßige Erledigung des Antrags auf Auszahlung der Erlebensleistung erfolgte nicht.
1.5. Weder der Verstorbenen noch die belangte Behörde bzw. der Ärztekammer für Niederösterreich informierten die beschwerdeführende Partei über die Option aus 2003, den Antrag aus 2011 oder die Auszahlung der Summe der Erlebensleistung am 4. Jänner 2012.
1.6. Im Zeitpunkt des Ablebens des Verstorbenen am *** haftete bei beschwerdeführenden Partei ein Kreditbetrag von 33.242,26 Euro aus.
1.7. Mit Antrag vom 15. März 2017 beantragte die Witwe des Verstorbenen bei der belangten Behörde die Auszahlung der Bestattungsbeihilfe sowie der Hinterbliebenenunterstützung. Dieser Antrag langte am 3. April 2017 bei der belangten Behörde ein.
1.8. Mit Schreiben vom 4. April 2017 informierte die belangte Behörde die beschwerdeführende Partei vom Ableben des Verstorbenen und darüber, dass eine Abtretung der Hinterbliebenenunterstützung zugunsten der beschwerdeführenden Partei vermerkt sei. In diesem Zusammenhang ersuchte die belangte Behörde um schriftliche Rückmeldung, ob die erwähnte Abtretung noch aufrecht sei und ersuchte um Vorlage einer Kopie des Kreditvertrags, eines aktuellen Kontoauszugs bezüglich des noch offenen Kreditbetrags sowie näher genannte Kontaktdaten.
1.9. Mit Schreiben vom 7. April 2017, bei der belangten Behörde eingelangt am 19. April 2017, begehrte die beschwerdeführende Partei unter Beilage einer Kopie des Kreditvertrags sowie eines Kontoauszugs mit dem noch offenen Kreditbetrag die Auszahlung der Hinterbliebenenunterstützung und der Bestattungsbeihilfe.
1.10. Die Witwe des Verstorbenen legte über Aufforderung der belangten Behörde die von ihr beglichenen Rechnungen betreffend das Begräbnis des Verstorbenen in Höhe von etwas mehr als 5.000 Euro vor.
1.11. Mit Schreiben vom 3. Mai 2018 konkretisierte die beschwerdeführende Partei – im Hinblick auf das vorangegangene Ermittlungsverfahren der belangten Behörde – ihren Antrag dahingehend, dass sie die Auszahlung eines Betrages von 33.263,18 Euro aushaftenden Betrages des Darlehens begehre.
1.12. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 30. Jänner 2019 wurde seitens der belangten Behörde spruchgemäß wie folgt ausgesprochen:
„1. Die Verfahren [betreffend die Anträge der beschwerdeführenden Partei sowie der Witwe] werden zusammengelegt.
2. Die Bestattungsbeihilfe und die Hinterbliebenenunterstützung werden der [beschwerdeführenden Partei] in Höhe von insgesamt € 9.516,51 gewährt. Der Antrag auf eine darüber hinaus gehende Leistung wird abgewiesen.
3. Der Antrag [der Witwe] auf Gewährung der Bestattungsbeihilfe und Hinterbliebenenunterstützung wird abgewiesen.“
1.13. Gegen diesen Bescheid brachten die beschwerdeführende Partei und die Witwe näher begründete Beschwerden ein.
1.14. Mit Beschwerdevorentscheidung vom 3. April 2019 wurden die Beschwerden der beschwerdeführenden Partei und der Witwe als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid vollinhaltlich bestätigt.
Begründend führte die belangte Behörde nach Wiedergabe des Vorbringens und des Verfahrensganges, Feststellungen und Beweiswürdigung aus, dass im vorliegenden Fall der Anspruch auf Bestattungsbeilhilfe und Hinterbliebenenunterstützung nach dem Verstorbenen vom Verstorbenen an die beschwerdeführende Partei abgetreten worden sei, weshalb der Anspruch der Witwe auf beide beantragten Leistungen ausscheide. Gemäß Paragraph 38, Absatz 10, der Satzung des Wohlfahrtsfonds komme die allgemeine Anspruchsreihung gemäß Absatz 7, leg.cit., welche an erster Stelle die Witwe begünstigen würde, nicht zum Tragen, wenn eine Abtretung vorliege.
Dass die Abtretung im gegenständlichen Fall auch den Anspruch auf Bestattungsbeihilfe umfasse, sei durch die zum Zeitpunkt der Abtretung (2006) geltende Satzung des Wohlfahrtsfonds in der Fassung vom 9. Jänner 2006 in dem dort einschlägigen Paragraph 68, Absatz eins, gedeckt, diese habe nämlich die Abtretung der „Todesfallbeihilfe“ vorgesehen. Da die früheren in Paragraph 104, Ärztegesetz 1998 in der Fassung bis 30.12.2004) als Todesfallbeihilfe bezeichnete Leistung später in eine Bestattungsbeihilfe und eine Hinterbliebenenunterstützung aufgeteilt worden sei, und aufgrund der expliziten Nennung beider Leistungen in der Abtretungserklärung, sei eindeutig von der Abtretung beider Leistungen zugunsten der beschwerdeführenden Partei auszugehen. In analoger Anwendung des Paragraph 38, Absatz 10, der Satzung sei daher auch der Anspruch der Witwe auf Bestattungsbeihilfe zu verneinen gewesen.
Durch die Optierung auf eine Erlebensleistung im Jahr 2003 habe der Verstorbene die Leistungsstruktur der Hinterbliebenenunterstützung für den Zeitraum ab 2012 (erstmalige Inanspruchnahme der Erlebensleistung) verändert. Die abgetretene Hinterbliebenenunterstützung für den Fall des Ablebens des Verstorbenen habe bis 2012 somit 34.066,03 Euro betragen. Mit der Auszahlung der Erlebensleistung am 4. Jänner 2012 betrug die Ablebensleistung satzungsgemäß nur noch 5.516,51 Euro.
Der Satzung des Wohlfahrtsfonds, welche auf der Webseite Ärztekammer für Niederösterreich veröffentlicht worden sei, seien Bestimmungen über die Leistungsstruktur im Bereich der Hinterbliebenenunterstützung zu entnehmen. Die belangte Behörde treffe als Organ des Zessus (Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Niederösterreich) keine Verpflichtung, den Zessionar über die zeitliche Struktur der Höhe der zitierbaren Forderung zu informieren, zumal der Zedent selbst (der Verstorbene) alle leistungsrelevanten Aspekte gekannt hat oder gekannt haben muss und somit ausschließlich diesen eine Informationspflicht getroffen habe.
Zudem sei auch eine regelmäßige Mitteilung der beschwerdeführenden Partei oder des Verstorbenen an den Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Niederösterreich darüber unterblieben, welcher Darlehensbetrag noch auf der besicherten Kreditschuld aushafte. Der Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Niederösterreich oder der Verwaltungsausschuss hätten somit keine Kenntnis davon haben können, ob die der Abtretung zugrunde liegende Kreditschuld überhaupt noch aufrecht war und gegebenenfalls in welchem Umfang dies der Fall war.
Es sei somit die Höhe der abgetretenen Leistungsansprüche ab dem 04. Jänner 2012 für die Bestattungsbeihilfe mit 4.000 Euro und für die Hinterbliebenenunterstützung mit 5.516,51 Euro (insgesamt sohin mit einem Betrag von 9.516,51 Euro) festzustellen.
Die beschwerdeführende Partei habe ihre Forderungsberechtigung nachgewiesen und die offene Kreditschuld in der Höhe von 33.263,18 Euro glaubhaft gemacht. Da diese Forderung der beschwerdeführenden Partei höher als der gesamte festgestellte Leistungsanspruch aus Bestattungsbeihilfe und Hinterbliebenenunterstützung sei, werde der gesamte verbliebene Leistungsanspruch in Höhe von 9.516,51 Euro der beschwerdeführenden Partei gewährt und nach Rechtskraft des Bescheides ausbezahlt.
1.15. Gegen die Beschwerdevorentscheidung brachte die beschwerdeführende Partei (rechtzeitig) einen näher begründeten Vorlageantrag ein.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen gründen auf der mündlichen Verhandlung vom 8. März 2022, in welcher Beweis erhoben wurde durch (Verzicht auf) Verlesung des von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsstrafaktes, Verlesung der E-Mail-Korrespondenz des erkennenden Richters mit dem Vertreter der belangten Behörde (Beilage ./1 zur Verhandlungsschrift) sowie Verlesung des seitens der beschwerdeführenden Partei vorgelegten Kontoauszugs (Beilage ./2 zur Verhandlungsschrift).
Die Feststellungen sind im getroffenen Rahmen zwischen den Parteien unstrittig.
3. Rechtliche Erwägungen:
3.1. In der Sache:
3.1.1. Rechtsgrundlagen:
3.1.1.1. Die maßgeblichen Bestimmungen der Satzung der Ärztekammer für Niederösterreich in der von 09. Jänner 2006 bis 31. Dezember 2006 geltenden Fassung (in der Folge: Satzung 2006) lauten auszugsweise (Ausführungen/Auslassungen in eckiger Klammer hier und in der Folge durch das Landesverwaltungsgericht):
„§ 56
Hinterbliebenenunterstützung
(1) Das Ausmaß der Hinterbliebenenunterstützung beträgt nach 20 Beitragsjahren € 34.066,03. Die Auszahlungssumme setzt sich zusammen
a) aus einer direkt aus dem Fonds zu gewährenden Unterstützung im Ausmaß von € 5.516,51 und
b) aus einem persönlichen Ablebensversicherungsanspruch im Ausmaß von € 28.549,52 […]
c) An Kammerangehörige, die am 31.12.2000 das 50. Lebensjahr nicht vollendet haben, wird mit Vollendung des 65. Lebensjahres eine persönliche Erlebensfallleistung im Ausmaß von € 25.944,20 ausbezahlt. Gleichzeitig mit dieser Auszahlung erlischt der Anspruch auf Hinterbliebenenunterstützung gemäß lit. b.
d) Kammerangehörige, die am 31.12.2000 das 50. Lebensjahr überschritten und das 65. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, können über Antrag nach mindestens 11 Beitragsjahren – frühestens mit Vollendung des 65. Lebensjahres – anstelle der Leistungen nach lit. b eine Erlebensfall Leistung im Ausmaß von € 11.118,94 in Anspruch nehmen.
e) Die in lit. d genannten Anspruchsberechtigten können ab 1.1.2003 nach mindestens neun Beitragsjahren über Antrag eine Erlebensprämie im Ausmaß von € 18.168,21 in Anspruch nehmen.
[…]
Paragraph 68,
Verpfändung, Abtretung und Aufrechnung von Leistungsansprüchen bzw. Anwartschaften
(1) Leistungen und Anwartschaften können, soweit die gesetzlich nicht vorgeschrieben ist, ausgenommen die Besicherung von Darlehen durch den Anspruch auf Todesfallbeihilfe, an dritte Personen nicht abgetreten oder verpfändet werden.
[…]
[Anmerkung: Mit Paragraph 38, Absatz 9 und 10 der im folgenden zitierten Satzung des Wohlfahrtsfonds vergleichbare Bestimmungen finden sich in dieser Satzung nicht.]“
3.1.1.2. Die maßgeblichen Bestimmungen der Satzung WFF (sowohl in der zum Antragszeitpunkt als auch bis dato geltenden Fassung) lauten auszugsweise:
„§ 38
Hinterbliebenenunterstützung
(1) Im Fall des Ablebens eine WFF-Mitglieds, das
1. am 31.12.2010 dem WFF der Ärztekammer für Niederösterreich angehört hat und
2. bis zum 31.12.2000 das 50. Lebensjahr vollendet hat und
3. eine Optionsmöglichkeit gemäß Abs. 12 nicht ausgeübt hat,
wird bei Erfüllung der Voraussetzungen über Antrag den in Absatz 7, genannten Personen in der dort festgelegten Reihenfolge eine Hinterbliebenenunterstützung gewährt und insgesamt einmalig ausbezahlt. Die Hinterbliebenenunterstützung besteht aus
a) einer direkt aus dem Fonds zu gewährenden Unterstützungsleistung in der Höhe von € 5.516,51 sowie
b) einem persönlichen Ablebensversicherungsanspruch in der Höhe von € 28.549,52.
[…]
(4) WFF-Mitglieder, die
1. am 31.12.2010 dem WFF der Ärztekammer für Niederösterreich angehört haben und
2. am 31.12.2000 das 50. Lebensjahr überschritten und das 65. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und
3. gemäß Abs. 12 optiert haben,
können über Antrag mit Vollendung des 65. Lebensjahres, frühestens jedoch mit 01.01.2012 anstelle der Leistungen nach Paragraph 38, Absatz eins, Litera b, oder abs. 3 einer Erlebensfallleistung in Anspruch nehmen, deren maximale Höhe € 18.168,21 beträgt. Gleichzeitig mit dieser Auszahlung erlischt der Anspruch auf die Hinterbliebenenunterstützung gemäß Paragraph 38, Absatz eins, Litera b,
[…]
(7) Anspruch auf die Hinterbliebenenunterstützung haben, sofern das verstorbene WFF-Mitglied oder der Empfänger einer Alters- und Invaliditätsversorgung nicht einen anderen Zahlungsempfänger namhaft gemacht und hierüber eine schriftliche, eigenhändig unterschriebene Erklärung beim Wohlfahrtsfonds hinterlegt hat, folgende Personen in der nachstehenden Reihenfolge
a) die Witwe (der Witwer) oder der hinterbliebene eingetragene Partner,
b) die Waisen,
c) sonstige gesetzliche Erben.
(9) Wurden mehrere Verfügungen im Sinne des Absatz 7, beim Wohlfahrtsfonds hinterlegt, so ist die zuletzt hinterlegte Verfügung als gültig zu erachten. Wenn die Hinterbliebenenunterstützung gemäß Paragraph 49, zur Sicherstellung abgetreten wird, so ist eine neuerliche Verfügung im Sinne dieser Bestimmung erst wirksam, wenn eine Tilgungsbestätigung oder eine sonstige geeignete Bestätigung über das Erlöschen der Abtretung in der Ärztekammer für Niederösterreich vorgelegt wird.
(10) Wurde der Anspruch auf Hinterbliebenenunterstützung gemäß Paragraph 49, zur Besicherung eines Darlehens abgetreten oder verpfändet, so kommt die in Absatz 7, festgelegte Anspruchsreihung zugunsten des durch die Besicherung berechtigten Gläubigers bis zur Tilgung des besicherten Darlehens nicht zur Anwendung. Die Anspruchsberechtigung für einen allfällig verbleibenden Betrag aus der Hinterbliebenenunterstützung ist wiederum gemäß Absatz 7, zu beurteilen.
[…]
(12) Die Optierung für eine Leistung im Sinne der Absatz 3 und 4 kann bis 31.12.2008 erfolgen.
[…]
Paragraph 48,
Einstellung der Leistungen
(1) Wenn sich nachträglich ergibt, dass eine Leistung infolge eines wesentlichen Irrtums über die tatsächlichen Verhältnisse oder eines offenkundigen Versehens gewährt wurde, sind die Leistungen einzustellen. Der Empfänger hat das Empfangene zu ersetzen, wenn er den Bezug durch bewusst unwahre Angaben oder durch Verschweigen maßgeblicher Tatsachen herbeigeführt hat.
[…]
(3) Für zu Unrecht bezogene Leistungen haftet der Empfänger oder seine Verlassenschaft.
[…]
Paragraph 49,
Verpfändung und Abtretung von Leistungsansprüchen bzw. Anwartschaften
Der Anspruch auf Hinterbliebenenunterstützung kann zur Besicherung von Darlehen an Dritte (z.B. Bankinstitute) abgetreten oder verpfändet werden, sofern alle Vorschreibungen zum WFF gedeckt sind. Die Höhe des abtretbaren Anspruchs richtet sich nach Paragraph 38 Punkt “,
3.1.2. Zur „Sache“ des Verfahrens:
Gemäß Paragraph 37, Absatz eins, der Satzung des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer Niederösterreich (in der Folge: Satzung WFF) gebührt beim Tode eines WFF-Mitglieds oder Empfängers einer Alters- oder Invaliditätsversorgung die Bestattungsbeihilfe über Antrag jeder Person, welche die Kosten der Bestattung getragen hat. Die Bestattungsbeihilfe umfasst gemäß Absatz 2, die tatsächlich angefallenen und nachgewiesenen Bestattungskosten, wird jedoch höchstens im Ausmaß von 4.000 Euro einmalig ausbezahlt.
Gemäß Paragraph 38, Absatz eins, Satzung WFF wird im Fall des Ablebens eines WFF-Mitglieds bei Erfüllung der Voraussetzungen über Antrag den in Absatz 7, genannten Personen in der dort festgelegten Reihenfolge eine Hinterbliebenenunterstützung gewährt und insgesamt einmalig ausbezahlt.
Die belangte Behörde hat nach dem Spruch des angefochtenen Bescheids vom 30. Jänner 2019 (Spruchpunkt 2.) der beschwerdeführenden Partei sowohl die Bestattungsbeihilfe als auch die Hinterbliebenenunterstützung zugesprochen; dies erfolgte in einem Gesamtausmaß von 9.516,51 Euro.
Aus der Begründung des Bescheids und der diesen bestätigenden Beschwerdevorentscheidung ergibt sich, dass sich dieser Betrag aus der (maximal möglichen) Bestattungsbeihilfe in der Höhe von 4.000 Euro und der gemäß Paragraph 38, Absatz eins, Litera a, zu gewährenden Unterstützungsleistung in der Höhe von 5.516,51 Euro ergibt.
Im Ergebnis wurde somit der beschwerdeführenden Partei sowohl die Bestattungsbeihilfe als auch die Hinterbliebenenunterstützung gewährt. Ungeachtet der Zusammenfassung in einem Spruchpunkt handelt es sich dabei um zwei voneinander trennbare Spruchteile.
Die Beschwerde wendet sich gegen „den abweisenden Teil des Spruches betreffend einen Betrag von € 23.747,17“. Vor dem rechtlichen Hintergrund, dass die 4.000 Euro bereits das Maximum der Bestattungsbeihilfe darstellen, kann der objektive Erklärungswert der Beschwerde nur dahin verstanden werden, dass nur der Ausspruch betreffend die Hinterbliebenenunterstützung in Beschwerde gezogen werden sollte, nicht hingegen der Ausspruch betreffend die Zuerkennung der Bestattungsbeihilfe.
Die Witwe hat die Abweisung ihrer Beschwerde betreffend ihren Antrag auf Bestattungsbeihilfe und Hinterbliebenenunterstützung mit der Beschwerdevorentscheidung nicht bekämpft; die Abweisung dieser Beschwerde ist sohin rechtskräftig.
Im Falle trennbarer Spruchpunkte ist „Sache“ des Beschwerdeverfahrens vor dem Verwaltungsgericht lediglich der von der Partei bekämpfte Spruchteil des verwaltungsbehördlichen Bescheides und ist das Verwaltungsgericht nur dazu zuständig, den vor ihm bekämpften Spruchteil zu prüfen. Würde das Verwaltungsgericht auch einen nicht bekämpften Spruchpunkt des verwaltungsbehördlichen Bescheides aufheben oder abändern, beanspruchte es eine Zuständigkeit, die ihm nicht zukommt vergleiche VwGH vom 22. Mai 2019, Ro 2017/04/0025).
„Sache“ des Beschwerdeverfahrens ist somit nur die Frage, ob die Zuerkennung von Hinterbliebenenunterstützung in der Höhe von 5.516,51 Euro bei gleichzeitiger Abweisung des Mehrbegehrens zu Recht erfolgt ist. Eine Auseinandersetzung mit der Rechtmäßigkeit der Zuerkennung der Bestattungsbeihilfe zugunsten der beschwerdeführenden Partei ist dem Verwaltungsgericht hingegen verwehrt.
3.1.3. Zur Höhe der Hinterbliebenenunterstützung:
Der Verstorbene hat der beschwerdeführenden Partei im Jahr 2006 (jedenfalls) den Anspruch auf Hinterbliebenenunterstützung zur Besicherung eines Darlehens abgetreten.
Im Jahr 2012 erfolgte aufgrund des Antrags des Verstorbenen die Auszahlung von 18.168,21 Euro an diesen.
Die für den vorliegenden Fall entscheidende Frage ist sohin, ob die Auszahlung im Jahr 2012 die in Paragraph 38, Absatz 4, der Satzung beschriebene Rechtsfolge hatte, nämlich das Erlöschen des Anspruchs auf Hinterbliebenenunterstützung gemäß Paragraph 38, Absatz eins, Litera b, Satzung WFF.
Gemäß Paragraph 38, Absatz 7, Satzung WFF hat das WFF-Mitglied die Möglichkeit mittels Verfügung eine andere als die in den Literae a bis c vorgesehenen Personen als Zahlungsempfänger namhaft zu machen.
Gibt es mehrere solche Verfügungen so ist gemäß Paragraph 38, Absatz 9, erster Satz Satzung WFF die zuletzt hinterlegte Verfügung als gültig zu erachten. Wurde die Hinterbliebenenunterstützung gemäß Paragraph 49, Satzung WFF zur Sicherstellung abgetreten, so ist eine neuerliche Verfügung im Sinne dieser Bestimmung erst wirksam, wenn eine Tilgungsbestätigung oder eine sonstige geeignete Bestätigung über das Erlöschen der Abtretung in der Ärztekammer für Niederösterreich vorgelegt wird.
Nach dem insofern eindeutigen Wortlaut kann somit im Fall der Abtretung oder Verpfändung des Anspruchs auf Hinterbliebenenunterstützung gemäß Paragraph 49, Satzung WFF eine – zu Lasten des von der Verpfändung oder Abtretung Begünstigten – Nahmhaftmachung eines anderen Zahlungsempfängers der Hinterbliebenenunterstützung nur dann erfolgen, wenn eine Tilgungsbestätigung oder Bestätigung über das Erlöschen der Abtretung in der Ärztekammer für Niederösterreich vorgelegt wird.
Für den Fall, dass ein WFF-Mitglied von der Möglichkeit der Auszahlung der Erlebensleistung iSd Paragraph 38, Absatz 4, Satzung WFF Gebrauch macht, ist derartiges nicht normiert. Eine extensive Auslegung des Paragraph 38, Absatz 9, Satzung WFF derart, dass auch eine Auszahlung iSd Paragraph 38, Absatz 4, Satzung WFF nur erfolgen dürfe, wenn eine Tilgungsbestätigung oder dergleichen vorgelegt wird, scheitert am insofern eindeutigen Wortlaut des Paragraph 38, Absatz 9, Satzung WFF, der ausdrücklich nur „Verfügungen im Sinne des Absatz 7 “, nennt. Die Inanspruchnahme der Auszahlung der Erlebensfallleistung iSd Paragraph 38, Absatz 4, Satzung WFF stellt keine derartige Verfügung dar, weshalb die Regelung des Absatz 9, auf diese Fälle nicht anzuwenden ist.
Aus Paragraph 38, Absatz 10, Satzung WFF ist kein anderes Ergebnis ableitbar: Dieser Bestimmung nach kommt „die in Absatz 7, festgelegte Anspruchsreihung […] bis zur Tilgung des besicherten Darlehens nicht zur Anwendung.“ Im gegenständlichen Fall geht es aber gerade nicht um einen Anspruch zugunsten eines in Absatz 7, genannten Zahlungsempfängers.
Entgegen der Ansicht der beschwerdeführenden Partei erfolgte mit der Erklärung des Verstorbenen im Jahr 2006 (jedenfalls öffentlich-rechtlich) auch nicht die Abtretung bzw. Verpfändung eines konkreten Betrags, sondern einer Anwartschaft. Die Höhe dieser Anwartschaft richtet sich gemäß Paragraph 49, Satzung WFF aber nach Paragraph 38, Satzung WFF.
Somit hatte die Auszahlung der Erlebensleistung im Jahr 2012 an den Verstorbenen aber die Rechtsfolge, dass der Anspruch auf Hinterbliebenenunterstützung gemäß Paragraph 38, Absatz eins, Litera b, Satzung WFF erloschen ist.
Es kann daher nicht als rechtswidrig erkannt werden, wenn die belangte Behörde der beschwerdeführenden Partei lediglich die aus Paragraph 38, Absatz eins, Litera a, Satzung WFF ersichtliche Summe von 5.516,51 Euro zugesprochen hat.
Die Beschwerde ist daher abzuweisen und die Beschwerdevorentscheidung zu bestätigen ist vergleiche zur Gestaltung des Spruchs der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung nach Beschwerdevorentscheidung und Vorlageantrag VwGH vom 17. Dezember 2015, Ro 2015/08/0026).
3.2. Die Revision ist nicht zulässig, da sich die Entscheidung auf die zitierte und einheitliche Rechtsprechung bzw. die klare und eindeutige Rechtslage stützt (zur Unzulässigkeit der Revision bei klarer Rechtslage zB VwGH vom 15. Mai 2019, Ro 2019/01/0006).
ECLI:AT:LVWGNI:2022:LVwG.AV.1365.001.2019