Gericht

Landesverwaltungsgericht Niederösterreich

Entscheidungsdatum

08.01.2021

Geschäftszahl

LVwG-AV-882/009-2018

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erkennt durch Mag. Holz als Einzelrichterin über die Beschwerde von 1. Aund 2. B, beide vertreten durch C Rechtsanwalts GmbH, ***, ***, gegen den Bescheid des Stadtrates der Stadtgemeinde *** vom 3.7.2018, GZ: ***, betreffend baupolizeilicher Abbruchauftrag nach der NÖ Bauordnung 2014 (NÖ BO 2014), zu Recht:

 

1.    Der Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 und 2

Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) Folge gegeben und der Spruch des angefochtenen Bescheides des Stadtrates der Stadtgemeinde *** vom 3.7.2018, GZ: ***, dahingehend abgeändert, dass in Stattgebung der gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Stadtgemeinde *** vom 24.4.2018, GZ: ***, erhobenen Berufung dieser ersatzlos behoben wird.

2.    Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG iVm

Paragraph 25 a, VwGG nicht zulässig.

Entscheidungsgründe:

1.    Verfahrensgang:

Mit Bauanzeige vom 23.1.2018, bei der Baubehörde eingelangt am 29.1.2018, haben A (in der Folge: Erstbeschwerdeführerin) und B (in der Folge: Zweitbeschwerdeführer) die Ausführung eines Bauvorhabens nach Paragraph 15, NÖ BO 2014 angezeigt.

Die Anzeige hat folgenden Inhalt:

„Errichtung Folientunnel auf EZ. *** GST. ***, .***, 20m x 12m, Verankerung im Bodes mittels Erdanker;

Folientunnel dient als Pilotanlage Aquaponic Bionic System;

Lage und Projektbeschreibung siehe beigefügter Unterlagen, Spezifikation *** Folientunnel.“

Diese Bauanzeige wurde mit Schreiben des Bürgermeisters der Stadtgemeinde *** vom 8.2.2018 zur Kenntnis genommen.

Am 3.4.2018 erfolgte ein Lokalaugenschein zum Zweck der Überprüfung der mit Schreiben vom 8.2.2018 zur Kenntnis genommenen Bauanzeige. In einem Aktenvermerk dazu wurde festgehalten, dass die die äußeren Umrisse des Folientunnels nicht wie angezeigt 12,0 m x 19,05 m, sondern 12,0 m x 20,05 m betragen würden. Die verbaute Fläche betrage somit 240,60 m² anstatt 228,60 m².

Unter Berücksichtigung des Bezugsniveaus, welches dem tatsächlichen Geländeverlauf entspreche, sei festgestellt worden, dass gegenüber der bewilligten Scheitelhöhe von 3,95 m diese in einer Höhe von 4,07 m ausgeführt worden sei.

Hinsichtlich der Situierung des Folientunnels sei festgestellt worden, dass der Abstand zur westlichen Grundstücksgrenze anstelle der 3,0 m nunmehr 3,20 m betrage. Infolge der festgestellten Abmessungen ergebe sich ein Widerspruch zu dem angezeigten Bauvorhaben.

Mit Bescheid des Bürgermeisters der Stadtgemeinde *** vom 24.4.2018, Zl. ***, wurde den Beschwerdeführern gemäß Paragraph 35, Absatz 2, Ziffer 2, NÖ BO 2014 der baupolizeiliche Auftrag erteilt, den errichteten Folientunnel auf dem Grundstück Parz. Nr. ***, ***, KG ***, bis 25. Mai 2018 abzutragen. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass bei der am 3.4.2018 durchgeführten baubehördlichen Überprüfung festgestellt worden sei, dass der Folientunnel hinsichtlich Flächenausmaß, Gebäudehöhe und Anordnung auf dem Grundstück nicht der eingebrachten Bauanzeige vom 23.1.2018 entspreche. Für den gegenständlichen Folientunnel liege keine Anzeige nach Paragraph 15, NÖ BO 2014 vor und sei entsprechend Paragraph 35, Absatz 2, Ziffer 2, NÖ BO 2014 der Abbruch des Bauwerkes ungeachtet eines anhängigen Antrags oder einer anhängigen Anzeige nach Paragraph 15, von der Baubehörde anzuordnen.

Dagegen erhoben die Beschwerdeführer fristgerecht Berufung und brachten im Wesentlichen vor, dass der angefochtene Bescheid rechtswidrig sei, außerdem habe die belangte Behörde willkürlich gehandelt. Die Beschwerdeführer erachteten sich zudem in ihrem Recht auf ein faires Verfahren verletzt. Ebenso werde die Befangenheit der Sachbearbeiter und des Bürgermeisters geltend gemacht. Bei Bürgermeister D, E und F würden wichtige Gründe vorliegen, die geeignet seien, die volle Unbefangenheit in Zweifel zu ziehen. Die Beschwerdeführer hätten der belangten Behörde das gesamte Projekt offengelegt, die Anzeige sei demgemäß eingebracht worden und sei auch nicht untersagt worden. Die belangte Behörde habe sich damit zur Gänze auseinandergesetzt und habe dies geprüft. Am 3.4.2018 sei eine Überprüfung des Folientunnels seitens der Vertreter der Stadtgemeinde *** erfolgt. Dabei habe E mitgeteilt, dass es über die erteilte Genehmigung Anrainerbeschwerden gegeben haben soll. Es sei eine Amtshaftungsklage angedroht worden. Schon daraus ergebe sich, dass die beteiligten Verwaltungsorgane nicht unbefangen hätten urteilen können, sondern unter dem Druck einer drohenden Amtshaftungsklage eines Nachbarn gehandelt hätten. Das Vorgehen der Baubehörde sei auch willkürlich, da den Beschwerdeführern nicht einmal die Möglichkeit gegeben werde, Behebungen auszuführen, sondern es werde in rechtswidriger Weise der Abbruch verlangt.

Der Folientunnel entspreche vollumfänglich der Anzeige vom 23.1.2018. Es liege weder ein konsenswidriger noch ein konsensloser Bau vor. Die Messungen würden nicht einmal geringfügig von der Anzeige abweichen. Die belangte Behörde führe auch gar nicht an, mit welchen Messmethoden diese Daten geliefert worden seien.

Wenn überhaupt eine Abweichung vorliegen sollte, sei dies eine unerhebliche Abweichung und sei der gegenständliche Folientunnel kein von der Anzeige abweichender Bau. Es wäre zudem keinesfalls ein Abbruchauftrag nach Paragraph 35, NÖ BO 2014 zu erlassen gewesen, sondern wäre nach Paragraph 34, NÖ BO 2014 vorzugehen gewesen. Im gegenständlichen Fall liege kein „aliud“ vor und hätte daher überhaupt nur ein Behebungsauftrag ergehen dürfen.

Am 21.6.2018 fand ein weiterer Lokalaugenschein seitens der Baubehörde an Ort und Stelle statt, darüber wurde ein Aktenvermerk aufgenommen.

Mit Bescheid des Stadtrates der Stadtgemeinde *** vom 3.7.2018, Zl. ***, wurde der erstinstanzliche Bescheid dahingehend abgeändert, dass der baupolizeiliche Auftrag zum Abbruch des Folientunnels auf dem Grundstück Nr. ***, KG ***, binnen drei Monaten ab Rechtskraft des Bescheides zu erfüllen sei. Im Übrigen wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen.

Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die Angaben im Aktenvermerk des Bauamts vom 3.4.2018 in der Berufung nicht substantiiert bestritten würden. Es werde Iediglich in rechtlicher Hinsicht geltend gemacht, dass es sich nicht um wesentliche Abweichungen handle.

Zur Beurteilung dieses Vorbringens sei es zunächst erforderlich, den Inhalt der Bau- anzeige vom 23.1.2018 im Einzelnen zu ermitteln. Es zeige sich nämlich, dass sich die Eingaben in den Einreichunterlagen und im Begleitschreiben nicht genau decken würden. Die Baubehörde habe das Zutreffen der Bewilligungsvoraussetzungen im Hinblick auf die vorgelegten Projektunterlagen zu prüfen; eine allfällige Fehlbezeichnung des Projekts im Begleitschreiben könne daher nicht relevant sein.

Demgemäß seien derartige unzutreffende Angaben in einem Antragsschreiben naturgemäß nicht Bestandteil des Konsenses. Nichts anders könne für das Anzeigeverfahren gelten. Demgemäß sei zur Bauanzeige vom 23.1.2018 festzuhalten, dass sich diese auf einen Folientunnel mit folgenden Außenmaßen beziehe: Länge: 19,50 m, Breite: 12,00 m; Scheitelhöhe: 3,95 m.

Die im Zuge des baupolizeilichen Verfahrens festgestellten Abmessungen des Folientunnels würden hiervon mehr als geringfügig abweichen (Verlängerung um 55 cm, Vergrößerung der „Scheitelhöhe“ um 12 cm). Auch die Situierung des Bauwerks habe sich verändert (Abstand zur Grundstücksgrenze 3,20 Meter statt 3,00 Meter).

Nach der Judikatur des VwGH werde eine Baubewilligung für ein durch seine Größe und Lage bestimmtes Vorhaben erteilt, sodass ein Abweichen hiervon bzw. jedes Verrücken des Bauvorhabens eine neuerliche Baubewilligung erfordere. Für den durch die Kenntnisnahme einer Bauanzeige erwirkten Baukonsens könne nichts Anderes gelten.

Es solle nicht übersehen werden, dass im vorliegenden Fall der Seitenabstand nicht verringert, sondern vergrößert worden sei. Bei einem Gebäude, das ursprünglich mit einem Abstand zu einer Grundstücksgröße im Ausmaß des Mindestabstands von 3,00 m projektiert gewesen sei, sei aber jedes Verrücken als wesentlich zu werten; die geänderte Situierung müsse in einem neuerlichen Bewilligungs- bzw. Anzeigeverfahren auf ihre Übereinstimmung mit den Anordnungsvorschriften geprüft werden. Es sei nicht zulässig, das Ergebnis dieser Prüfung im Rahmen der Beurteilung, ob eine neuerliche Bewilligung bzw. Anzeige erforderlich sei, vorwegzunehmen.

Schon aus diesen Gründen sei davon auszugehen, dass es sich bei dem tatsächlich errichteten Folientunnel um ein anderes Bauwerk als jenes handle, auf das sich die Bauanzeige vom 23.1.2018 bezogen habe. Da weder eine weitere Bauanzeige noch eine baubehördliche Bewilligung für ein Bauvorhaben, wie das tatsächlich ausgeführte, vorliege, sei gemäß Paragraph 35, Absatz 2, Ziffer 2, NÖ BO 2014 der Abbruch des Folientunnels anzuordnen. Ob dieser einem nachträglichen Konsens zugänglich sei, sei nicht zu prüfen.

Es handle sich beim gegenständlichen Folientunnel um ein Bauwerk im Sinne des Paragraph 4, Ziffer 7, NÖ BO 2014, konkret um ein Gebäude. Die Errichtung eines Gebäudes sei generell nach Paragraph 14, Ziffer eins, NÖ BO 2014 bewilligungspflichtig, es sei denn es komme eine der spezielleren Regelungen der Paragraphen 15,, 17 NÖ BO 2014 zur Anwendung.

Einschlägig könne in einem Fall, wie dem vorliegenden, der Anzeigetatbestand des Paragraph 15, Ziffer 2, Litera a, NÖ BO 2014 sein, wonach „die Aufstellung von begehbaren Folientunnels für gärtnerische Zwecke“ bloß anzeigepflichtig sei. Von der Zweckwidmung „für gärtnerische Zwecke“ könne jedoch beim verfahrensgegenständlichen Objekt keine Rede sein. Der Folientunnel diene als Einhausung für eine Aquakultur samt den dafür erforderlichen technischen Geräten.

Dies könne nicht unter den Begriff „Gärtnerei“ (laut Duden: „Unternehmen, das gewerbsmäßig Gartenbau betreibt“ sowie „Gartenarbeit“) subsumiert werden.

Mangels Anwendbarkeit des spezielleren Anzeigetatbestands komme daher die Bewilligungspflicht nach Paragraph 14, Ziffer eins, NÖ BO 2014 zum Tragen. Die von den Berufungswerbern erstattete Bauanzeige sei somit selbst dann unzureichend, wenn ein exakt dem damals vorgelegten Projekt entsprechendes Gebäude errichtet worden wäre. Eine Bauanzeige, die für ein in Wahrheit bewilligungspflichtiges Vorhaben erstattet werde, gehe nach ständiger Judikatur des VwGH - auch wenn die Baubehörde hierauf nicht mit Untersagung reagiere - ins Leere und könne die Bewilligung nicht zu ersetzen. Der Abbruchauftrag sei auch unter diesem Aspekt zu Recht erfolgt.

Berechtigung komme der Berufung lediglich im Hinblick auf die Leistungsfrist zu.

Eine Frist von drei Monaten, wie sie im Spruch eingeräumt worden sei, sei aber jedenfalls ausreichend, um das gegenständliche Bauwerk zu entfernen. Ein Eingehen auf die in der Berufung behaupteten Verfahrensmängel erübrige sich, da sich der erteilte Abbruchauftrag in materieller Hinsicht jedenfalls als rechtmäßig erweise und die verfahrensrechtlichen Ansprüche einer Partei niemals weiter reichen, als die Sphäre ihrer materiellen Rechte.

Zum Einwand der Befangenheit sei im Übrigen anzumerken, dass dieser nur dann berechtigt sein könne, wenn er sich auf den Organwalter beziehe, der den angefochtenen Bescheid genehmigt habe. Der angefochtene Bescheid sei von Bürgermeister D erlassen worden. In Bezug auf seine Person würden Gründe, die gegen die volle Unbefangenheit sprechen sollen, nicht einmal behauptet.

Dagegen erhoben die Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde und brachten im Wesentlichen vor, dass die Berufung als unbegründet abgewiesen worden sei, ohne sich inhaltlich mit den behaupteten Berufungsgründen auseinanderzusetzen. Auf das Vorbringen, wonach nicht nachvollziehbar sei, wie die Behörde erster Instanz zu den von ihr herangezogenen tatsächlichen Maßen gekommen sei und auf die Befangenheit gehe die belangte Behörde gar nicht ein.

Die belangte Behörde setze sich in keinster Weise mit den vorgebrachten Befangenheitsgründen auseinander. Dies werde damit begründet. dass die Beschwerdeführer in Bezug auf die Person des Bürgermeisters keine Gründe behauptet hätten. Schon allein darin liege willkürliches Verhalten der belangten Behörde vor. Im Pkt. 5.1 3. der Berufung werde ausdrücklich ausgeführt, dass bei Bürgermeister D, E und F wichtige Gründe vorliegen würden, die geeignet seien, die volle Unbefangenheit in Zweifel zu ziehen.

In der Folge sei ausführlich ausgeführt worden, dass es Anrainerbeschwerden gegeben habe und eine Amtshaftungsklage angedroht worden sei. Man müsse daher seitens der Stadtgemeinde *** Formalfehler finden. In Punkt 5.1.8 der Berufung werde ausgeführt, dass die beteiligten Verwaltungsorgane nicht unbefangen hätten urteilen können, sondern unter dem Druck einer drohenden Amtshaftungsklage gehandelt hätten. Auch werde auf einen Zeitungsbericht der *** (Beilage ./2 zur Berufung) verwiesen. Zudem habe sich herausgestellt, dass eine Aufsichtsbeschwerde von den Nachbarn gegen die Stadtgemeinde *** eingebracht worden sei. Dazu komme auch noch die Tatsache, dass keine neue Vermessung stattgefunden habe, obwohl eine neuerliche Überprüfung vor Ort stattgefunden habe und zwischenzeitlich die Länge und Höhe angepasst worden sei.

Es würden grobe Verfahrensmängel seitens der belangten Behörde vorliegen.

Ferner sei bei der neuerlichen Überprüfung am 21.06.2018 der Hinweis durch den Beschwerdeführer erfolgt, dass es bei den Nachbargrundstücken einen kaputten Baum, einen kaputten Zaun und ein nicht bewilligtes Bauwerk gebe. Die Beschwerdeführer hätten Herrn F diese Umstände angezeigt, zumal durch herabstürzende Äste oder durch Hunde. welche durch den kaputten Zaun kommen könnten, Personenschäden zu befürchten seien. Bislang seien keine Schritte durch die Stadtgemeinde *** vorgenommen worden. Daher sei auch hier Befangenheit anzunehmen, zumal hier einseitig im Sinne der Nachbarn agiert werde, welche ja zudem noch mit der Amtshaftung drohen würden.

Auch werde die Befangenheit des Stadtrates, insbesondere folgender Mitglieder, eingewendet, zumal sie hier ebenfalls nicht gehandelt hätten und den Bescheid erster Instanz ohne weiteres bestätigt hätten (mit Ausnahme der Leistungsfrist).

Dabei handle es sich um folgende Personen:

- Stadträtin G (***)

- Vizebürgermeisterin römisch eins (***)

- Stadtrat J (***)

- Stadtrat H (***)

- Bürgermeister-Stellvertreter L (***)

Aus dem beiliegenden Beschluss des Stadtrates ergebe sich, dass mit den Stimmen der oben genannten Mitglieder des Stadtrates (ausgenommen Herr L) die Berufung als unbegründet abgewiesen worden sei und mit den Stimmen aller oben angeführter Personen eine neuerliche Beweisaufnahme vor Ort („Lage, Abmessung mit geeichten Messgeräten“) abgelehnt worden sei.

Auch bringe die belangte Behörde erstmals vor, dass ein bewilligungspflichtiges Bauvorhaben vorliegen solle. Dies unter Zugrundelegung falscher Tatsachen und ohne Anhörung der Beschwerdeführer, sodass auch hier wiederum durch ein „Drüberfahren“ nunmehr behauptet werde, dass ein bewilligungspflichtiges Bauvorhaben vorliegen solle. Die belangte Behörde unterstelle hier fälschlicherweise eine reine Fischzucht.

Die belangte Behörde vertrete die Auffassung, dass für die Beurteilung der Abweichungen des Ist-Zustandes mit dem baurechtlichen Konsens die Angaben in der mit der Einreichung vom 23.1.2018 angeschlossenen Skizze des Folientunnels und nicht die Maßangaben gemäß der Baubeschreibung der Bauanzeige oder der bestätigte Konsens der Baubehörde erster Instanz relevant seien. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sei aber der Genehmigungskonsens die wesentliche Voraussetzung, der bei einem Anzeigeverfahren auch aus dem Antwortschreiben der Behörde abzuleiten sei. Die belangte Behörde beurteile den Konsens aber fälschlicherweise aus einer Skizze, die bloß der Veranschaulichung dienen solle, während aus der Baubeschreibung alle maßgeblichen Informationen hervorgehen würden. Weiters sei darauf hinzuweisen, dass Anbringen ausschließlich nach ihrem objektiven Erklärungswert auszulegen seien. Entscheidend sei, wie diese nach der Aktenlage objektiv verstanden werden müsse. Der Genehmigungskonsens habe die Maße Länge 20 m, Breite 12 m, Höhe 3,95, die belangte Behörde sei von falschen Maßen ausgegangen.

Die belangte Behörde vertrete fälschlicherweise die Ansicht, dass die im Zuge des baupolizeilichen Verfahrens festgestellten Abmessungen des Folientunnels mehr als geringfügig von der Bauanzeige abweichen würden. Entgegen der Rechtsansicht der belangten Behörde führe gerade nicht jede Änderung der Situierung zu einem aliud.

Ein aliud könne nur dann vorliegen, wenn es auch zu einer Unterschreitung der gesetzlichen Mindestabstände komme. Im gegenständlichen Fall sei es sogar – wenn auch nur geringfügig – zu einer Vergrößerung des Seitenabstandes gekommen. Der VwGH habe etwa klargestellt, dass bei einem um ein Drittel der Gebäudelänge im Gegensatz zur erteilten Baubewilligung verschobenen Bauwerk nicht mehr von einer Geringfügigkeit gesprochen werden könne. Auch liege nach dem VwGH bei der Verschiebung eines Gebäudes um 2 m nach vorne und der Verdrehung um ca. 20% ein unbefugter Bau vor. Diese vom VwGH angesprochenen Grenzen von 20% bzw. 33,33% würden im gegenständlichen Zusammenhang bei weitem nicht erreicht. Ferner gehe die belangte Behörde gar nicht auf die mangelnde Dokumentation der tatsächlichen Ausführung des Folientunnels ein. Im Akt befinde sich lediglich ein Aktenvermerk, worin ausgeführt werde, dass eine Überprüfung stattgefunden habe und wer anwesend gewesen sei. Die belangte Behörde führe nicht aus, wie und durch welche Messmethoden man zu den Abweichungen gekommen sei. Ein Antrag von Stadtrat K auf neuerliche Vermessung mit geeichten Messgeräten sei im Stadtrat bei der Behandlung der Berufung abgelehnt worden. Die belangte Behörde habe sich in keinster Weise mit den Argumenten der Beschwerdeführer betreffend die bloß geringfügigen Abweichungen auseinandergesetzt.

Die belangte Behörde vermeine auf Seite 6 des angefochtenen Bescheides erstmals im Verfahren, dass die Errichtung des verfahrensgegenständlichen Folientunnels anzeigepflichtig sei. Den Beschwerdeführern sei keine Möglichkeit der Stellungnahme zu dieser Rechtsansicht eingeräumt worden. Die Behörde gehe von gänzlich falschen Umständen aus und habe sich mit dem System nicht auseinandergesetzt. Die Behörde gehe von einer Aquakultur aus, was schon in den Grundprinzipien falsch sei. Die belangte Behörde habe keinerlei Erhebungen darüber eingeholt.

Wie die belangte Behörde selbst erkannt habe, hätten die Beschwerdeführer beabsichtigt, den Folientunnel bei der Einreichung für ein „Aquaponic Bionic“ System zu benutzen. Die belangte Behörde gehe aber fälschlicherweise davon aus, dass die Beschwerdeführer bloß eine Aquakultur betreiben würden. Dabei werde verkannt, dass sich schon das Wort „Aquaponic“ aus den Begriffen „Aquakultur“ und „hydroponischem Pflanzenbau“ zusammensetze. Eine einfache Internetrecherche hätte gereicht, um festzustellen, dass es sich dabei um eine moderne Art des Pflanzenanbaus mittels natürlicher Nährstofflösung handle. Ziel des Systems bzw. die Zweckwidmung des Folientunnels sei also der hydroponische Pflanzenbau. Die Behörde sei bei ihrer Beurteilung fälschlich von einer bloßen Fischzucht ausgegangen. Die Anlage des Beschwerdeführers sei eine Aquaponicanlage, wo die Pflanze eindeutig im Vordergrund stehe.

Der Gesetzgeber bestimme in Paragraph 15, Ziffer 2, Litera a, NÖ BO 2014, dass die Aufstellung von begehbaren Folientunneln für gärtnerische Zwecke bloß anzeigepflichtig sei. Über die Art des Anbaus von Pflanzen bzw. deren Düngung seien keine Festlegungen getroffen, sodass auch der hydroponische Pflanzenanbau als gärtnerischer Zweck des Folientunnels zu bewerten sei, stehe jedoch auch hier die Pflanze im Vordergrund.

Die Beschwerdeführer beantragten die Durchführung einer mündlichen Verhandlung.

Fernen stellten sie die Anträge, in der Sache selbst zu entscheiden und den angefochtenen Bescheid ersatzlos aufzuheben und das Verfahren einzustellen, in eventu den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufzuheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die belangte Behörde zurückzuverweisen.

Die belangte Behörde legte die Beschwerde samt dem Bezug habenden Verwaltungsakt dem erkennenden Gericht mit Schreiben vom 14.8.2018 zur Entscheidung vor.

Mit Schriftsatz vom 8.10.2018 übermittelten M, N, O, P und Q dem erkennenden Gericht einen Antrag auf Zuerkennung der Parteistellung sowie einen Antrag auf Ausschluss der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde. Diese Anträge wurden unter den Geschäftszahlen LVwG-AV-882/002-2018 sowie LVwG-AV-882/003-2018 protokolliert. Über diese Anträge wurde am 6.12.2018 eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt. Mit Erkenntnis und Beschluss vom 25.1.2019 wurde der Antrag auf Zuerkennung der Parteistellung abgewiesen und der Antrag auf Ausschluss der aufschiebenden Wirkung als unzulässig zurückgewiesen. Diese Entscheidung erwuchs in Rechtskraft.

Im zugrundeliegenden Verfahren erstattete die belangte Behörde am 23.10.2018 eine Stellungnahme und führte darin im Wesentlichen zusammengefasst aus, dass die behauptete Befangenheit von Organwaltern nicht vorliege. Zur behaupteten fehlerhaften Beurteilung der Konsensabweichungen sei auszuführen, dass zunächst der Inhalt der Bauanzeige vom 23.1.2018 zu ermitteln sei. Die Baubehörde habe das Zutreffen der Bewilligungsvoraussetzungen bzw. der Voraussetzungen für die Kenntnisnahme einer Bauanzeige stets in Bezug auf die vorgelegten Projektunterlagen zu prüfen, eine allfällige Fehlbezeichnung des Projektes im Begleitschreiben könne nicht relevant sein. Somit habe sich die von den Beschwerdeführern erstattete Bauanzeige auf einen Folientunnel mit den Ausmaßen Länge 19,50 m, Breite 12,00 m, Scheitelhöhe 3,95 m. Zur „Geringfügigkeit“ der Abweichungen führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dass nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes die Baubewilligung für ein durch seine Lage bestimmtes Vorhaben erteilt werde, sodass für jedes Verrücken des Bauvorhabens eine neuerliche Baubewilligung erwirkt werden müsse. Für das Anzeigenverfahren gelte sinngemäß dasselbe. Die Abweichungen seien nicht geringfügig, da die verbaute Fläche in Summe 240,60 m² statt 228,60 m² betrage. Die Differenz betrage immerhin 12 m².

Selbst die Errichtung eines exakt der Bauanzeige entsprechenden Gebäudes könnte die fehlende Baubewilligung nicht ersetzen. Der Folientunnel bedürfe einer Baubewilligung, eine Bauanzeige sei nicht ausreichend. Beim Folientunnel handle es sich um ein Gebäude, welches generell bewilligungspflichtig sei, es sei denn, es komme eine der spezielleren Regelungen der Paragraphen 15,, 17 NÖ BO 2014 zur Anwendung. Näher zu prüfen sei im gegenständlichen Fall der Anzeigentatbestand des Paragraph 15, Ziffer 2, Litera a, NÖ BO 2014, wonach „die Aufstellung von begehbaren Folientunnels für gärtnerische Zwecke“ bloß anzeigepflichtig sei. Von einer solchen Zweckwidmung könne beim verfahrensgegenständlichen Objekt keine Rede sein, der Folientunnel diene als Einhausung für eine Aquaponicanlage. Mangels Anwendbarkeit des speziellen Anzeigetatbestandes komme daher die Bewilligungspflicht nach Paragraph 14, Ziffer eins, NÖ BO 2014 zum Tragen und seien baupolizeiliche Maßnahmen nach Paragraph 35, NÖ BO 2014 zulässig.

Seitens des erkennenden Gerichtes wurde der Amtssachverständige für Agrartechnik R mit der Erstellung von Befund und Gutachten zur Frage beauftragt, ob es sich beim anzeigten Bauvorhaben um die Aufstellung eines Folientunnels für gärtnerische Zwecke (Paragraph 15, Absatz eins, Ziffer 2, Litera a, NÖ BO 2014) handelt.

Mit Schreiben vom 17.12.2018 übermittelte der Amtssachverständige sein Gutachten und kam dabei zum Schluss, dass es unerheblich sei, in welchem Verhältnis die Fischzucht zur Pflanzenproduktion stehe und nach welchen Kriterien dieses Verhältnis zu bewerten sei – Anteil der jeweils genutzten Fläche oder Kubatur im Gewächshaus, Anteil am Ertrag (monetär, gewichtsmäßig oder wie auch immer) – Fischzucht sei keine gärtnerische Nutzung und somit seien Gewächshäuser, die dieser Nutzung dienen, zu welchem Anteil auch immer, nicht von der Regelung in § 15 NÖ BO 2014 (Anzeigepflicht) erfasst.

Dieses Gutachten wurde den Verfahrensparteien samt der Ladung zur öffentlichen mündlichen Verhandlung am 31.1.2019 zur Stellungnahme übermittelt. Seitens der belangten Behörde wurde in einer Stellungnahme vom 18.1.2019 vorgebracht, dass das Gutachten in fachlicher Hinsicht zustimmend zur Kenntnis genommen werde. Es sei aber darauf hinzuweisen, dass die Unterlagen, die der Baubehörde am 15.1.2018 zur Information übermittelt worden seien, keine Beilagen der Bauanzeige vom 29.1.2018 gewesen seien. Die Baubehörde hätte davon ausgehen müssen, dass das Foliengewächshaus gärtnerischen Zwecken dienen würde und hätte die Anzeige daher zur Kenntnis genommen werden müssen.

Ebenfalls am 18.1.2019 wurde eine ergänzende Stellungnahme seitens der Beschwerdeführer vorgelegt. In dieser wurde zusammengefasst vorgebracht, dass das Gutachten nur von hypothetischen Annahmen ausgehe, da die Anlage noch nicht fertiggestellt sei. Die Behörde gehe von einem falschen Genehmigungskonsens aus; dokumentiere in keinster Weise, wie sie bei den Längen auf eine Abweichung von wenigen Zentimetern komme; verfüge noch während der genehmigten Ausführungsphase den kompletten Abriss. Die Beschwerdeführer würden über ein genehmigtes Projekt verfügen und könnten dieses auch nunmehr innerhalb der gesetzlichen Fristen umsetzen. Die belangte Behörde habe den Bescheid überraschend auch damit begründet, dass der Folientunnel nicht für gärtnerische Zwecke verwendet werden solle. Für den Erlass eines Abbruchauftrages müsse jedoch eine tatsächlich widmungswidrige Nutzung vorliegen. Überdies erfülle eine Aquaponic-Anlage den gärtnerischen Zweck. Der Begriff „gärtnerischer Zweck“ sei unrichtig interpretiert. Hätte der Gesetzgeber gewollt, dass ausschließlich gärtnerische Zwecke bestehen dürfen, hätte er die Wortwahl „ausschließlich“ in den Text aufnehmen müssen. Das habe er nicht getan. Man könne dem Gesetzgeber nicht unterstellen, dass nur und ausschließlich Pflanzen aufgestellt werden dürften ohne auch nur irgendwelche im Zusammenhang stehenden Sachen. Es wäre dann auch eine Pflanzenzucht nicht möglich. Gerade bei der Entwicklung neuartiger, innovativer Verfahren, wie es die Absicht der Beschwerdeführer sei, könne nicht davon ausgegangen werden, dass der Gesetzgeber diese ex ante legistisch berücksichtige und nicht von Grund auf eine Differenzierung zwischen den gärtnerischen und anderwertigen Zwecken im Sinn hatte. Weiters sei der gegenständliche Folientunnel kein Bauwerk im Sinne der NÖ Bauordnung. Die gärtnerische Nutzung liege überdies im Vordergrund.

Am 31.1.2019 wurde seitens des erkennenden Gerichtes eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt, in welcher Beweis erhoben wurde durch Verlesung des Verwaltungsaktes der belangten Behörde und der Gerichtsakten zur
Zl. LVwG-AV-882/001-2018, LVwG-AV-882/002-2018 und LVwG-AV-882/003-2018 des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich sowie durch Einvernahme des Zweitbeschwerdeführers B und der beantragten Auskunftsperson Sitzung In der Verhandlung erörterte und ergänzte der agrartechnische Amtssachverständige R sein Gutachten vom 17.12.2018.

Mit Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich vom 29.4.2019, Zl. LVwG-AV-882/001-2018, wurde die Beschwerde mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass die Frist für die Durchführung des Abbruches mit 3 Monaten ab Rechtskraft dieses Erkenntnisses festgesetzt wurde. Die ordentliche Revision wurde für zulässig erklärt. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der gegenständliche Folientunnel nicht ausschließlich gärtnerischen Zwecken dienen solle, sondern als Pilotanlage für ein Aquaponic Bionic System verwendet werden solle, wobei ein untrennbarer Zusammenhang zwischen Fischzucht und Gartenbau bestehe und der Anzeigetatbestand des Paragraph 15, Absatz eins, Ziffer 2, Litera a, NÖ BO 2014 nicht zum Tragen komme. Vielmehr bestehe Bewilligungspflicht nach Paragraph 14, Ziffer eins, NÖ BO 2014.

Im Falle der unrichtigen Beurteilung der Bewilligungspflicht eines nach
§ 15 NÖ BO 2014 angezeigten Bauvorhabens durch die Baubehörde oder eines späteren Hervorkommens der Baubewilligungspflicht eines angezeigten Bauvorhabens seien baupolizeiliche Maßnahmen zulässig. Der Erstattung einer Bauanzeige bzw. deren Kenntnisnahme durch die Baubehörde komme nämlich keine Bescheidqualität zu, sodass keine bindende Entscheidung über die Bewilligungspflicht vorliege und gemäß Paragraph 38, AVG die Frage der Bewilligungspflicht im baupolizeilichen Verfahren nach Paragraph 35, NÖ BO 2014 erneut zu prüfen sei. In Wahrheit liege in einem derartigen Fall keine Anzeige eines Bauwerkes nach Paragraph 15, NÖ BO 2014, auf die es nach Paragraph 35, Absatz 2, NÖ BO 2014 jedoch ankomme, vor, sondern die im Rahmen des Paragraph 35, NÖ BO 2014 bedeutungslose Anzeige eines nach Paragraph 14, NÖ BO 2014 bewilligungspflichtigen Bauvorhabens, das durch die Erstattung der Anzeige nicht zu einem anzeigepflichtigen Bauvorhaben werde (VwGH vom 19.6.2002, 2000/05/0059; vom 23.7.2013, 2013/05/0050).

Da eine Anzeige für ein bewilligungspflichtiges Bauvorhaben wirkungslos sei und im gegenständlichen Fall keine Baubewilligung vorliege, sei der von der belangten Behörde auf Paragraph 35, Absatz 2, Ziffer 2, NÖ BO 2014 gestützte baupolizeiliche Abbruchauftrag zu Recht ergangen. Es sei bereits aufgrund des Nichtvorliegens des Verwendungszwecks der „gärtnerischen Zwecke“ und somit aufgrund der Nichtanwendbarkeit der Bestimmung des Paragraph 15, Absatz eins, Ziffer 2, Litera a, NÖ BO 2014 von einer Bewilligungspflicht des gegenständlichen Bauvorhabens auszugehen und erübrige sich daher die weitere Beurteilung, ob es sich beim errichteten Folientunnel seinen Ausmaßen und seiner Situierung nach um ein „aliud“ handle.

Dagegen erhoben die Beschwerdeführer durch ihren ausgewiesenen rechtsfreundlichen Vertreter das Rechtsmittel der ordentlichen Revision. Mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 12.8.2020, Zl. ***, wurde das angefochtene Erkenntnis wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass es sich bei einem Folientunnel um ein Gebäude im Sinne des Paragraph 4, Ziffer 15, NÖ BO 2014 handle vergleiche VwGH 30.5.1995, 95/05/0042, zu einem Folientunnel nach der insoweit vergleichbaren Rechtslage der NÖ Bauordnung 1976).

Das Verwaltungsgericht vertrete die Ansicht, aus den Gesetzesmaterialien lasse sich ableiten, dass der Anzeigetatbestand des Paragraph 15, Absatz eins, Ziffer 2, Litera a, NÖ BO 2014 nur bei ausschließlich gärtnerischen Zwecken einschlägig sei, der geplante Folientunnel jedoch nicht nur gärtnerischen Zwecken diene. Aus den Gesetzesmaterialien ergebe sich, dass Folientunnel „nur für gärtnerische Zwecke“ dem Anzeigeverfahren unterliegen sollten.

Zutreffend sei, dass die Materialien durch die Anführung des gärtnerischen Zweckes als Voraussetzung für die bloße Anzeigepflicht von Folientunneln eine Abgrenzung zu anderen gebäudeähnlichen Zwecken vornehmen würden. Daraus sei zu schließen, dass nur solche Folientunnel erfasst sein sollten, die eben für diesen Zweck, nämlich den gärtnerischen, genutzt würden.

Zur Auslegung des Begriffes „gärtnerische Zwecke“ ziehe das Verwaltungsgericht unter anderem die Definitionen von „Gärtnerei“ (Unternehmen, das gewerbsmäßig Gartenbau - insbesondere Zierpflanzen, Pflanzen für den Bedarf des Gärtners, Obst und Gemüse - betreibt) und „Gartenbau“ ([intensiver] Pflanzenbau [in Gärten, Baumschulen usw.], besonders Anbau von Gemüse, Obst, Blumen) heran, nicht jedoch - worauf die Revision zutreffend hinweise - die Definition des Wortes „gärtnerisch“, welches „die Gärtnerei betreffend, zu ihr gehörend, auf ihr beruhend, nach ihrer Art“ bedeutet vergleiche hinsichtlich der ersten drei Umschreibungen Duden, Das große Wörterbuch der deutschen Sprache, Band 3; hinsichtlich der ersten, zweiten und vierten Umschreibung Brockhaus Wahrig, Deutsches Wörterbuch, 3. Band, 55).

Der Gesetzgeber habe für den Anzeigetatbestand den Begriff „gärtnerisch“ verwendet und damit Spielraum auch für innovative Ausgestaltungsmöglichkeiten, die die Gärtnerei betreffen, zu ihr gehören oder auf ihr beruhen, geschaffen. Verhindert werden sollte lediglich die gebäudeähnliche Nutzung von Folientunneln zu anderen als gärtnerischen Zwecken.

Die Beurteilung der Anzeigepflicht eines Folientunnels richte sich nach dem Wortlaut des Paragraph 15, Absatz eins, Ziffer 2, Litera a, NÖ BO 2014 („gärtnerische Zwecke“) nach dem Nutzungszweck, der ein gärtnerischer sein müsse. Ob daher im konkreten Fall von einer gärtnerischen Nutzung auszugehen sei, hänge vom Zweck der geplanten Nutzung ab.

Nach den Feststellungen im angefochtenen Erkenntnis bestehe bei Aquaponic ein untrennbarer Zusammenhang zwischen Fischzucht und Gartenbau. Die Exkremente aus der Fischzucht würden als Nährstoffe für Pflanzen verwendet; die Fischhaltung bzw. Fischproduktion solle der Düngererzeugung dienen. Das Verwaltungsgericht gehe auch davon aus, dass bei dem vorliegenden Projekt die Pflanze im Vordergrund stehe und die Fischhaltung bzw. Fischproduktion nur der Düngererzeugung dienen solle.

Davon ausgehend könne die gärtnerische Nutzung des gegenständlichen Folientunnels nicht verneint werden. Es handle sich gerade nicht um eine gebäudeähnliche Nutzung des Tunnels zur Umgehung der Bewilligungspflicht. Vielmehr sei der gärtnerische Zweck gegeben, weil es sich um eine untrennbar zusammenhängende, und damit als Einheit zu betrachtende Kombination aus Aquakultur und Hydrokultur handle, bei der im konkreten Fall die Pflanzenproduktion im Vordergrund stehe. Die Züchtung von Fischen zum etwaigen Verkauf sei gerade nicht intendiert. Vielmehr handle es sich um eine neue Form des ökologischen Pflanzenanbaus.

Das Verwaltungsgericht ziehe in seinen Ausführungen einen Vergleich zwischen Aquaponicanlagen und dem Einsatz von Schweinen zur Düngerproduktion. Diesbezüglich spreche es die Möglichkeit von räumlichem als auch zeitlichem Splitting von Viehzucht und gärtnerischer Nutzung an.

Dem sei zu entgegnen, dass sich dieser Vergleich schon alleine deshalb als unzutreffend erweise, weil es im konkreten Fall nach den getroffenen Feststellungen weder zu einem zeitlichen noch zu einem räumlichen Splitting komme und auch nicht kommen könne. Das Wesen von Aquaponic bestehe nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichtes in einem untrennbaren Zusammenhang zwischen Aquakultur und der Kultivierung von Nutzpflanzen.

Aquaponic sei daher schon insofern nicht mit der Haltung von Mastschweinen bei gleichzeitiger Verwertung des angefallenen Düngers vergleichbar, als ein Splitting nicht in Betracht komme und es sich bei Aquaponic um einen geschlossenen Kreislauf handle, weshalb die Anlage als Einheit zu beurteilen sei.

Dadurch, dass das Verwaltungsgericht in Verkennung der Rechtslage die gegenständliche Aquaponicanlage nicht als gärtnerischen Zwecken dienend eingestuft und darauf aufbauend den baupolizeilichen Auftrag bestätigt habe, habe es die Rechtslage verkannt und habe das angefochtene Erkenntnis mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet, weshalb es gemäß Paragraph 42, Absatz 2, Ziffer eins, VwGG aufzuheben gewesen sei.

Aufgrund dieser Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes wurde das Beschwerdeverfahren seitens des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich fortgesetzt und wurde am 17.12.2020 eine weitere öffentliche mündliche Verhandlung samt Lokalaugenschein durchgeführt. Dem Verfahren wurde der bautechnische Amtssachverständige T beigezogen, welcher in der Verhandlung Befund und Gutachten erstattete.

2.    Feststellungen:

Die Beschwerdeführer sind Eigentümer je zur Hälfte der Liegenschaft ***, EZ ***, KG ***, Gstk. Nr. *** und .***.

Im Dezember 2017 fand eine Vorbesprechung zwischen F, dem stellvertretenden Leiter des Bauamtes der Stadtgemeinde ***, und dem Zweitbeschwerdeführer statt, über die Möglichkeit, im Garten der Liegenschaft der Beschwerdeführer einen Folientunnel zu errichten. Am 15.1.2018 wurde seitens des Zweitbeschwerdeführers an F folgendes E-Mail übermittelt:

„Sehr geehrter Herr F,

wie mit Ihnen letzten Freitag telefonisch vereinbart,

übermittle ich Ihnen in Anlage die Beschreibung meiner Aquaponic Pilotanlage.

Herr F, ich bitte Sie wie besprochen noch um weitere Auskünfte seitens Baubehörde:

●      Foliengewächshaus mit Erdanker erforderlich ist nur eine Bauanzeige, wie zuletzt

besprochen, Beschreibung Pilot siehe Anlage

●      Seitens Baubehörde gibt es keine Bedenken für die Errichtung/ Betrieb der geplant

Pilotanlage auf meinem privaten Grundstück?

●      Für die temporäre Errichtung (1-2J) der Pilotanlage wird seitens Baubehörde eine

Aufschließungsgebühr für mein Grundstück vorgeschrieben?

●      verfügbare Gewerbegründe *** für Produktionsanlage seitens Gemeinde, ich möchte

gerne diese Option in meine Produktionsplanung aufnehmen

●      Produktionsanlage ca 3000-4000m², quadratischer Querschnitt gewünscht, Mitarbeiter ca 4

●      Lage und Preis für Gewerbegrund €/m²

●      Aufschliessungspreis €/m² und weitere zu erwartenden Nebenkosten

Herr F in der Anlage habe ich Ihnen eine Beschreibung der Pilotanlage, Verortung auf meiner Bauparzelle eingezeichnet, als auch technische Information zum Foliengewächshaus (bevorzugt Rundtunnel oder Spitzdach Version).

Sollten Sie noch Fragen haben, möchte ich Sie gerne umgehend beantworten.

Ich freue mich auch um Ihre Rückmeldung kritisch/positiv zu meinem Vorhaben.“

Diesem E-Mail waren folgende Unterlagen beigefügt:

●      Beschreibung mit der Überschrift „Aquaponic Bionic Farming“ und folgendem Text: „Geschlossene Warmwasser-Kreislaufanlage Süß-Salzwasser; Produktion von Fischen-Garnelen-Pflanzen-Algen; Standort für Pilotanlage ***; Lokal produziert erlaubt optimale Frische; Die Natur weiß schon wie es optimal funktioniert; Pilotanlage realisiert in einem Foliengewächshaus einen geschlossenen biologischen Kreislauf zwischen Fische und Pflanzen.“

●      Beschreibung von Ernährungswerten samt Tabelle für die Fischart Barramundi: „Wir empfehlen Ihnen besonders unseren Barramundi; Geschmacklich milder, weißfleischiger Fisch; Fast halb so viel Kalorien wie Lachs; reich an Omega 3 Fettsäuren, wenig Natrium; sein Nährwert übertrifft den aller anderen Fische (außer Sardinen); somit ist er eines der gesündesten Nahrungsmittel weltweit; keine Antibiotika und Wachstumshormone.“

●      Eine Auflistung von Pilot-Produkten, wobei hinsichtlich Aquakultur Barramundi australischer Großbarsch (Süßwasser-Salzwasser) und Garnelen White Leg Shrimps (Brackwasser-Salzwasser) und hinsichtlich Pflanzenarten Kräuter, Salicorna, Meertrabe, Rotalgen, Meersalat und Seetang angeführt sind, weiters ist eine Beschreibung des Aquaponic-Konzeptes angefügt.

●      Beschreibung der Pilotanlage: „geplant als Proof of Concept für 1-2 Jahre, wird nach Aufbau der Produktionsanlage abgelöst; Struktur – Foliengewächshaus 20 m x 12 m, ohne Fundament mittels Erdanker auf Eigengrund – isolierte geschlossene Kulturtanks für Produktion ca. 100 m³; Produkte – tropische Barramundi, Garnelen, Pflanzen, Algen – Fische und Garnelen überleben nicht unter 20 Grad in Österreich; […] Ort – eigenes Grundstück / Haus ***, *** – Verarbeitungsräume sollen im Keller adaptiert werden.“

●      Beschreibung des Kreislaufes im Foliengewächshaus samt Grafik

●      Abbildung der Lage der Pilotanlage auf der Liegenschaft der Beschwerdeführer, wobei der Folientunnel als „Foliengewächshaus 20m x 12m“ angeführt ist.

●      Beschreibung von Foliengewächshäusern der Fa. U samt Lichtbilder

Die Errichtung einer Aquaponicanlage war von vornherein das Ziel der Beschwerdeführer. Mit dem E-Mail vom 15.01.2018 ließ der Zweitbeschwerdeführer der Baubehörde Informationen über das Wesen einer Aquaponicanlage zukommen und brachte zum Ausdruck, dass der Folientunnel auf Zeit zur Erfahrungssammlung dienen soll, bevor eine nachgelagerte Produktionsanlage errichtet wird. Der Zweitbeschwerdeführer plante nicht, die Anlage eins zu eins so zu errichten wie in seinem E-Mail vom 15.1.2018 beschrieben, z.B. hinsichtlich der zu haltenden Fischarten. Dass Fische gehalten bzw. gezüchtet werden, war jedoch von vornherein unbestritten und eindeutig, weil nur damit in einer Aquaponicanlage die Nahrung der Pflanzen generiert wird.

Der Zweitbeschwerdeführer hat daraufhin die Einreichunterlagen für einen Termin bei F am 26.1.2018 vorbereitet. Der Zweitbeschwerdeführer nahm die Baubeschreibung mit sowie die Skizze Foliengewächshaus Maßstab 1:100 (Eingangsbereich, Rückseite) und die Skizze Foliengewächshaus Maßstab 1:100 (Aufsicht, Seitenansicht). F sagte zum Beschwerdeführer, dass noch ein maßstäblicher Lageplan fehlt. Er war dem Zweitbeschwerdeführer bei der Erstellung des Lageplans insofern behilflich, als er die Größe und Lage des Tunnels samt den Beschriftungen in den Lageplan selbst einzeichnete. Der Zweitbeschwerdeführer wies F darauf hin, dass es unmöglich sei, ein rechtwinkeliges Gebäude exakt in ein nichtrechtwinkeliges Grundstück einzuzeichnen. Laut F war jedoch die Einhaltung der Mindestabstände zur Grundstücksgrenze wesentlich und sei es unbedenklich, wenn der Folientunnel ein paar Zentimeter weiter weg von der Grundstücksgrenze errichtet werde. Zum Termin kam dann noch der Baudirektor E hinzu. Seitens E und F wurden bei diesem Termin keine Bedenken geäußert.

Am 29.1.2018 langte eine mit 23.1.2018 datierte Anzeige seitens der Beschwerdeführer bei der Baubehörde erster Instanz ein. Diese hat folgenden Wortlaut: „Hiermit erstatten wir Anzeige über die Ausführung des folgenden, anzeigepflichtigen Vorhaben nach Paragraph 15, NÖ BO 2014: Errichtung Folientunnel auf EZ***GST. ***, .***, 20m x 12m, Verankerung im Boden mittels Erdanker; Folientunnel dient als Pilotanlage Aquaponic Bionic System; Lage und Projektbeschreibung siehe beigefügter Unterlagen, Spezifikation *** Folientunnel.“ Der Anzeige waren ein Lageplan im Maßstab 1:250; Beschreibung Skizze Foliengewächshaus Maßstab 1:100 (Eingangsbereich, Rückseite); Skizze Foliengewächshaus Maßstab 1:100 (Aufsicht, Seitenansicht) und eine Baubeschreibung beigefügt.

In der der Anzeige beigefügten Skizze samt Bemaßung 1:100 sind nachstehende Abmessungen angegeben:

-      Länge           19,50 m

-      Breite    12,00 m

-      Höhe               3,95 m

-      Binderabstand 1,50 m

Folgende Abmessungen und Abstände zur Grundgrenze können dem Lageplan im Maßstab 1:250 entnommen werden:

-      Länge           19,50 m

-      Breite       12,00 m

-      Abstand des südöstlichen Eckpunktes zur südlichen Grundgrenze:

3,00 m

-      Abstand des südwestlichen Eckpunktes des Folientunnels zur westlichen Grundgrenze:

3,00 m

Der Zweitbeschwerdeführer hat im Vorfeld der Einreichung mit der Herstellerfirma Kontakt aufgenommen und hat dort einen Tunnel 20m x 12m bestellt. Er hat die Herstellerfirma gebeten, ihm die technische Beschreibung zukommen zu lassen zum Nachweis, dass der Folientunnel erdverankert ist und auch stabil und sicher ist. Weiters hat er auch noch Unterlagen gefordert zur Beschreibung des Tunnels, insbesondere betreffend die Abstände der Steher. Der zuständige Mitarbeiter war jedoch gerade auf Urlaub und die Urlaubsvertretung hat ihm daraufhin Unterlagen geschickt, welche letztendlich der Anzeige beigelegt wurden. Dabei handelt es sich nicht um den Tunnel mit den Ausmaßen 20m x 12m, welcher mit dem Hersteller geplant und besprochen wurde. Dies ist bei der Abgabe und Einreichung der Unterlagen nicht aufgefallen.

Erst im Zuge der Errichtung seitens der Fachfirma kam der Zweitbeschwerdeführer drauf, dass ihm offensichtlich vor der Einreichung Unterlagen für einen älteren Typ des Tunnels übermittelt wurden. Aufgebaut wurde der neue Typ, welcher die Ausmaße 20m x 12 m haben sollte. Beim älteren Typ lagen auch die Abstände der einzelnen Steher bei 1,5 m, nun sind die Abstände bei 2 m. Der Zweitbeschwerdeführer wollte einen Tunnel mit den Ausmaßen 20m x 12m errichten und war dies mit der belangten Behörde auch so vorbesprochen.

Als Aquaponic wird ein Verfahren bezeichnet, das Techniken der Aufzucht von Fischen in Aquakultur und der Kultivierung von Nutzpflanzen mittels Hydrokultur verbindet. Bei einer Aquaponic Anlage handelt es sich immer um die Kombination einer geschlossenen Kreislaufanlage zur Fischproduktion und einer Hydroponikanlage zur Pflanzenzucht, zum Beispiel für Gemüse und Kräuter.

Aquakultur (laut 397. Verordnung des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft über die Begrenzung von wässrigen Emissionen aus Aquakulturanlagen (AEV Aquakultur)): Haltung von Fischen oder von im Wasser lebenden Krebs- oder Weichtieren mit dem Ziel, durch Anwendung von Maßnahmen wie Besatz, Fütterung oder Schutz vor natürlichen Feinden die Wachstumsprozesse gezielt zu verstärken und den Zuwachs an Tiermasse zu steigern. Die Ernährung der Tiere erfolgt teilweise oder zur Gänze durch das verabreichte Nahrungsdargebot (Futter) oder durch jenes Nahrungsdargebot, welches neben den natürlichen Produktionsvorgängen auch auf Grund von künstlicher Nährstoffzufuhr im Wasser entsteht.

Bei Aquaponic besteht ein untrennbarer Zusammenhang zwischen Fischzucht und Gartenbau. Das System funktioniert, indem die Exkremente aus der Fischzucht als Nährstoffe für Pflanzen verwendet werden. Es ist grundsätzlich möglich, in einer Aquaponicanlage verschiedene Fischarten zu halten, den Zweitbeschwerdeführer würde die Haltung von Barramundi interessieren, er hat sich aber auf eine bestimmte Fischart noch nicht festgelegt. Es sollen aber jedenfalls Fische gehalten werden, Fischzucht ist Teil des Aquaponic-Systems. Die Fischhaltung bzw. Fischproduktion in der gegenständlichen Anlage soll der Düngererzeugung dienen. Hinsichtlich der Pflanzen möchte der Beschwerdeführer den Fokus auf Kräuter legen, er möchte aber auch Gemüse und Algen züchten. Der gesamte biologische Kreislauf der Pilotanlage soll im Tunnel erfasst werden, d.h. auch die Fischbecken werden im Folientunnel situiert sein. Schon aus dem Begriff Aquaponic als Kunstwort zwischen Aquakultur und Hydroponic, wobei der Begriff Aquakultur für die Fischzucht in Beckenanlagen steht, ergibt sich, dass es sich um eine Symbiose zwischen Fisch- und Pflanzenzucht handelt. Die Fische werden nicht im Kellerbereich des Wohnhauses der Beschwerdeführer verarbeitet. Die Fische und Pflanzen werden auch nicht verkauft.

Beginn des „Kreislaufs“ ist nicht der Fischkot, sondern das Fischfutter, mit dem der Stickstoff (und andere Nährstoffe) ins System eingebracht werden. Ein Teil wird von den Fischen verwertet und im Körper in Form von Proteinen (umgangssprachlich Eiweiß, Hauptbestandteil von Fleisch) gespeichert, ein Teil wird ausgeschieden.

Dieser ausgeschiedene Teil wird von Bakterien („Nitrifizierer“, oxidieren Ammoniak und Ammonium zu Nitrit und Nitrat und gewinnen aus dieser Oxidation ihre lebensnotwendige Energie) umgewandelt und dient den Pflanzen als Dünger (Hauptnährstoffe für Pflanzen: Stickstoff (N), Phosphor, Kali), die Pflanzen entnehmen diese Elemente dem Wasser und lagern es wiederum in die Pflanzenmasse ein. Das Wasser wird dadurch in einer für die Fische guten Qualität erhalten, der Stickstoff wird mit der Pflanzenmasse (Ernte) und mit den Fischen (dienen üblicherweise ebenfalls dem menschlichen Verzehr, alle vom Zweitbeschwerdeführer erwähnten beabsichtigten Fischarten sind Speisefische) aus dem System abgeführt. Es gibt somit keinen N-Kreislauf, sondern wird der Stickstoff mit Futter zugeführt und mit den Fischkörpern und der Pflanzenmasse wieder abgeführt.

Aquaponic ist mit anderen Gewächshäusern nicht vergleichbar, weil in anderen Gewächshäusern unter der üblichen Bezeichnung Hydroponic, Hydrokultur oder ähnliches, die Nährstoffe aus synthetischer Produktion üblicherweise zugeführt werden, wobei die Nährstoffproduktion nicht im Gewächshaus stattfindet, sondern aus synthetischer Produktion zugekauft wird. Es wird eine Nährlösung mit dem Wasser hergestellt.

Fischbesatz und Pflanzen müssen in einem Aquaponic-System in einem ausgewogenen Verhältnis liegen. Bei zu vielen Fischen und zu wenig Pflanzen können die Pflanzen den Stickstoff nicht ausreichend in Pflanzenmasse einbauen, Stickstoff würde sich im Wasser anreichern, die Wasserqualität ebenso leiden wie in der Folge die Fische. Bei zu wenig Fischen bekommen die Pflanzen zu wenig Dünger, man hat nicht den gewünschten Ertrag im hydroponischen Pflanzenbau.

Mit Schreiben des Bürgermeisters der Stadtgemeinde *** vom 8.2.2018 wurde die Errichtung des angezeigten Folientunnels „mit dem Ausmaß 20,00 m x 12,00 m lt. beiliegender Skizze“ zur Kenntnis genommen.

Der Zweitbeschwerdeführer errichtete daraufhin Ende März 2018 binnen 3 Tagen den gegenständlichen Folientunnel. Er beauftragte einen Fachmonteur von der Herstellerfirma, dieser hatte auch noch drei Unterstützer.

Beim Lokalaugenschein am 17.12.2020 wurden seitens des bautechnischen Amtssachverständigen T folgende Abmessungen und Abweichungen zu den Skizzen erhoben:

 

Abmessung ASV

Angabe lt. Skizze (Anzeige)

Differenz

Länge

19,96m

19,50m (20,00m)

0,46m (0,04m)

Breite

12,00m

12,00m

0,00m

Höhe 1 Feld Mitte Ost

3,96m

3,95m

0,01m

 

 

 

 

Abstand des südöstlichen Eckpunktes des Folientunnels zur südlichen Grundgrenze (zu GSt.Nr:***)

 

3,06m

..3,00m

0,06m

Abstand des südwestlichen Eckpunktes des Folientunnels zur westlichen Grundgrenze (zu GSt.Nr:***)

 

3,09m

..3,00m

0,09m

Die westliche und südliche Grundgrenze stehen nicht in einem rechten Winkel zueinander. Einerseits wird von einem rechteckigen Grundriss des Folientunnels ausgegangen, bei einem gleichbleibenden Abstand von 3 m zu der südlichen und westlichen Grundgrenze. Andererseits stoßen diese Grundgrenzen nicht in einem rechten Winkel aneinander, sodass sich entweder bei einem rechteckigen Folientunnel zumindest ein Abstand vergrößern oder verkleinern müsste oder bei einer parallelen Ausführung des Folientunnels zur Grundgrenze der Grundriss des Folientunnels ein Parallelogramm sein müsste. Bei einem vorhandenen Bausatz ist dies nur sehr eingeschränkt möglich.

Bei einer durchgeführten Referenzmessung betrug der Abstand des nordwestlichen Eckpunktes des Folientunnels zur westlichen Grundgrenze (zu GSt.Nr:***) – 3,03m / Differenz: 0,03m. Der Binderabstand beträgt 2,00m statt 1,50m, wie in den Beilagen zur Anzeige angegeben, wobei deren Anzahl einen Einfluss auf die Standsicherheit hat. In der westlichen „Giebelwand“ wurde eine Lüftungsöffnung eingebaut.

Zur Herstellung des vorhandenen Folientunnels sind wesentliche bautechnische Kenntnisse erforderlich, um die Standsicherheit und Gebrauchstauglichkeit sicherzustellen. Dies geht auch bereits aus der Anzeige hervor, wo der Windstaudruck, Schneelast und andere Werte angegeben sind. Solche Angaben aus Normen richtig zu interpretieren und die Tragkonstruktion entsprechend zu bemessen, können nur geschulte Fachleute. Theoretisch kann ein Hobbyhandwerker den Tunnel zwar aufstellen, aber ob er die Bodenverhältnisse richtig einschätzt und die Verbindung mit dem Erdboden ordnungsgemäß hergestellt werden kann, wäre wiederum eine Frage von wesentlichen bautechnischen Kenntnissen. Ein Laie könnte es nicht richtig einschätzen, wenn z.B. besonders aufgelockerte Böden vorhanden sind und somit keine ausreichende Stabilität der Erdanker gegeben ist.

Eine kraftschlüssige Verbindung wird im gegenständlichen Fall durch eine Verankerung im Boden mittels Erdanker sichergestellt, wie in der Anzeige auch dargestellt. Die Metallkonstruktion ist mit einem Erdanker mit dem Boden verbunden und dieser Erdanker ist mit dem Stahlrohr kraftschlüssig verbunden. Damit wird verhindert, dass z.B. Windkräfte den Folientunnel vom Boden abheben können. Diese Stahlbögen mit Fachwerksaussteifung tragen die gesamte Hülle. Über den Stallbögen ist eine Spezialpolyethylenfolie gespannt (PGH Lumisol UV5, 3 Schicht Coex-Folie aus PE) gespannt, die Stahlbögen sind rund. Die verwendeten Materialien stimmen mit der Bauanzeige überein, lediglich bei der Lüftungsklappe wurde statt einem 6 mm starken Hohlkammerprofil aus Kunststoff eine Hartschaumplatte verwendet. Der Folientunnel weist ein Dach und 2 Wände auf, kann von Menschen betreten werden kann ist dazu bestimmt, Tiere und Sachen zu schützen, im gegenständlichen Fall Fische und Pflanzen.

Der fertiggestellte Folientunnel wurde auf dem Grundstück der Beschwerdeführer EZ ***, KG ***, Gstk. Nr. ***, errichtet.

In Folge des Baubeginns erschien eine Anrainerin beim Bauamt der Stadtgemeinde *** und informierte sich bei E, was die Bauwerber bauen und ob diesbezüglich eine Bewilligungspflicht besteht. Die Anfrage von der Anrainerin war der Anstoß für E, die Projektunterlagen einer genaueren Überprüfung zu unterziehen. E kam zur Überzeugung, dass das gegenständliche Bauvorhaben wohl einer Bewilligungspflicht unterliegt. Im Zuge von Gesprächen mit Kollegen hat sich bei E diese Rechtsansicht gefestigt.

Am 3.4.2018 fand eine Überprüfung des Folientunnels auf seine konsensgemäße Ausführung statt. Anwesend waren dabei der Zweitbeschwerdeführer, E und F. Bei dieser Überprüfung wurde der errichtete Folientunnel von E mit einem Maßband ausgemessen.

Am 21.6.2018 fand eine weitere Überprüfung des Folientunnels statt. Dabei wurde festgestellt, dass im Innenraum des Folientunnels zwei baugleiche Behälter errichtet wurden. Die Behälter wiesen außen eine Höhe von 38 cm und innen eine Höhe von 125 cm auf. Der Außendurchmesser der Behälter betrug 3,24 m. Bei einer Wandstärke von 15 cm ergab sich ein Innendurchmesser von 2,94 m. Die Bauausführung erfolgte aus verklebten Polystyrolplatten, welche außen genetzt und verspachtelt waren und im Innenbereich im oberen Drittel ebenfalls vernetzt und verspachtelt waren. Nach Auskunft des Zweitbeschwerdeführers wurden die Behälter auf einer auf dem Gelände aufgebrachten Noppenfolie errichtet. Eine Überprüfung dieser Angabe, ohne die Noppenbahn zu beschädigen, war im Zuge des Lokalaugenscheins nicht möglich. Die Becken hat der Zweitbeschwerdeführer Ende April 2018 aufgestellt. Die Materialien hatte er schon zu Beginn. Die Becken sind derzeit nicht in Verwendung, es fehlt eine Folie innen, welche die Dichtheit der Becken garantieren würde. In einer Ecke des Folientunnels befand sich ein Pflanzgefäß mit dem Ausmaß von 1,27 m x 0,68 m, in welchem Gemüse angepflanzt war. Der Folientunnel wurde bei diesem Lokalaugenschein nicht neu vermessen.

Mit Schreiben vom 13.6.2018 wurde eine Aufsichtsbeschwerde von fünf Anrainern bei der Bezirkshauptmannschaft Korneuburg eingebracht, als belangte Behörde scheint die Stadtgemeinde *** auf.

3.    Beweiswürdigung:

Die getroffenen Feststellungen beruhen im Wesentlichen auf dem unbedenklichen Inhalt des Verwaltungsaktes und des Gerichtsaktes. Dass die Beschwerdeführer Eigentümer je zur Hälfte der Liegenschaft ***, EZ ***, KG ***, Gstk. Nr. *** und .*** sind, ist dem öffentlichen Grundbuch zu entnehmen. Dass der Folientunnel auf dem Gstk. Nr. *** bereits errichtet wurde, ist ebenfalls unstrittig, dies wurde auch vom Zweitbeschwerdeführer bestätigt und ergibt sich auch aus dem Aktenvermerk über den Lokalaugenschein am 3.4.2018.

Die Feststellungen zur Vorbesprechung im Dezember 2017 und dem Termin im Jänner 2019 ergeben sich aus der nachvollziehbaren Aussage des Zweitbeschwerdeführers in der öffentlichen mündlichen Verhandlung am 31.1.2019 sowie am 17.12.2020. Die Feststellungen zum Inhalt des E-Mails vom 15.1.2018 und der damit übermittelten Unterlagen ergeben sich aus dem im Verwaltungsakt befindlichen diesbezüglichen Ausdruck des E-Mails samt seinen Beilagen. Insbesondere konnte der Zweitbeschwerdeführer dabei glaubhaft angeben, dass die Errichtung eines Tunnels mit den Ausmaßen 20m x 12m beabsichtigt war und dass Aufgrund einer Fehlkommunikation mit der Herstellerfirmen Unterlagen für einen Tunnel älterer Bauart übermittelt wurden. Schließlich lässt sich auch der Vorkorrespondenz mit der Baubehörde (siehe E-Mail vom 15.1.2018) entnehmen, dass diese Ausmaße intendiert waren.

Dass die Errichtung einer Aquaponicanlage von Vornherein das Ziel der Beschwerdeführer war, hat der Zweitbeschwerdeführer in der öffentlichen mündlichen Verhandlung ausgeführt, ebenfalls, dass Fische gehalten bzw. gezüchtet werden sollen, weil nur damit in einer Aquaponicanlage die Nahrung der Pflanzen generiert wird. Schließlich ergibt sich dies auch aus dem Wortlaut der Anzeige vom 23.1.2019. Ebenso beruhen die Feststellungen über den Termin bei F am 26.1.2018 auf den nachvollziehbaren Angaben des Zweitbeschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung. Der Inhalt der Anzeige vom 23.1.2019 beruht auf ebendieser.

Worum es sich bei Aquaponic handelt und dass dabei ein untrennbarer Zusammenhang zwischen Fischzucht und Gartenbau besteht, hat der Amtssachverständige in seinem Gutachten schlüssig und nachvollziehbar dargestellt, dies wurde auch von S und dem Zweitbeschwerdeführer bestätigt, zumal der Zweitbeschwerdeführer selbst in der mündlichen Verhandlung ausführte, dass die Fischzucht jedenfalls auch geplant war, weil nur damit in einer Aquaponicanlage die Nahrung der Pflanzen generiert wird. Ob es dafür eine Förderung vom Fischförderungsfonds gibt, ist für die Beurteilung der Aquaponicanlage im gegenständlichen Fall nicht relevant, zumal es darauf ankommt, was unter dem Begriff „Aquaponic“ zu verstehen ist und nicht darauf, ob die Beschwerdeführer dafür eine Förderung erhalten.

Der Zweitbeschwerdeführer präzisierte in der mündlichen Verhandlung sein Projekt dahingehend, dass diese als Pilotanlage dienen soll er sich auf eine bestimmte Fischart und auch Pflanzenarten noch nicht festgelegt hat, der gesamte biologische Kreislauf der Anlage im Tunnel erfasst werden soll, die Fischproduktion der der Düngererzeugung dienen soll, die Fische nicht im Kellerbereich des Wohnhauses der Beschwerdeführer verarbeitet werden und die Fische und Pflanzen auch nicht verkauft werden sollen. Dass Beginn des „Kreislaufs“ nicht der Fischkot, sondern das Fischfutter ist, mit dem der Stickstoff (und andere Nährstoffe) ins System eingebracht werden und dass Aquaponic nicht mit anderen Gewächshäusern vergleichbar ist, hat der Amtssachverständige in seinem Gutachten schlüssig und nachvollziehbar ausgeführt.

Die Angaben zur Errichtung des Folientunnels, dessen Verankerung im Boden und dessen Konstruktion sowie die beim Lokalaugenschein festgestellten Ausmaße und Abstände zu den Grundstücksgrenzen beruhen auf Befund und Gutachten des ASV T vom 17.12.2020.

Die Feststellungen dazu, dass E die Anfrage einer Anrainerin als Anstoß nahem, die Projektunterlagen einer näheren Überprüfung hinsichtlich der Bewilligungspflicht zu unterziehen, beruhen auf dem rechtskräftigen Erkenntnis (und Beschluss) des LVwG NÖ zu Zl. LVwG-AV-882/002-2018 und LVwG-AV-882/003-2018 und ergeben sich zudem schlüssig und nachvollziehbar aus den Aussagen der Zeugen F und E in der zu diesen Verfahren durchgeführten mündlichen Verhandlung am 6.12.2018. Die weiteren Feststellungen über die Lokalaugenscheine vom 3.4.2018 und 21.6.2018 beruhen auf dem Akteninhalt.

4.    Rechtslage:

A. Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVG

Paragraph 17, Soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, sind auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Artikel 130, Absatz eins, B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der Paragraphen eins bis 5 sowie des römisch IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, Bundesgesetzblatt Nr. 194 aus 1961,, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, Bundesgesetzblatt Nr. 173 aus 1950,, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, Bundesgesetzblatt Nr. 29 aus 1984,, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Paragraph 24, (1) Das Verwaltungsgericht hat auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. […]

Paragraph 28, (1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

(2) Über Beschwerden gemäß Artikel 130, Absatz eins, Ziffer eins, B-VG hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn

1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder

2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist. […]

B. Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG

7. (1) Verwaltungsorgane haben sich der Ausübung ihres Amtes zu enthalten und ihre Vertretung zu veranlassen:

1. in Sachen, an denen sie selbst, einer ihrer Angehörigen (Paragraph 36 a,) oder eine von ihnen vertretene schutzberechtigte Person beteiligt sind;

2. in Sachen, in denen sie als Bevollmächtigte einer Partei bestellt waren oder noch bestellt sind;

3. wenn sonstige wichtige Gründe vorliegen, die geeignet sind, ihre volle Unbefangenheit in Zweifel zu ziehen;

4. im Berufungsverfahren, wenn sie an der Erlassung des angefochtenen Bescheides oder der Berufungsvorentscheidung (Paragraph 64 a,) mitgewirkt haben. […]

C. NÖ Bauordnung 2014 – NÖ BO 2014, Landesgesetzblatt Nr. 1 aus 2015,

Paragraph 4, NÖ BO 2014 i.d.F. Landesgesetzblatt Nr. 53 aus 2018,

Im Sinne dieses Gesetzes gelten als […]

6. bauliche Anlagen: alle Bauwerke, die nicht Gebäude sind;

7. Bauwerk: ein Objekt, dessen fachgerechte Herstellung ein wesentliches Maß an bautechnischen Kenntnissen erfordert und das mit dem Boden kraftschlüssig verbunden ist; […]

15. Gebäude: ein oberirdisches Bauwerk mit einem Dach und wenigstens 2 Wänden, welches von Menschen betreten werden kann und dazu bestimmt ist, Menschen, Tiere oder Sachen zu schützen, wobei alle statisch miteinander verbundenen Bauteile als ein Gebäude gelten; […]

Paragraph 14, NÖ BO 2014 i.d.F. Landesgesetzblatt Nr. 53 aus 2018,

Nachstehende Vorhaben bedürfen einer Baubewilligung:

1. Neu- und Zubauten von Gebäuden;

2. die Errichtung von baulichen Anlagen;

3. die Abänderung von Bauwerken, wenn die Standsicherheit tragender Bauteile, der Brandschutz, die Belichtung oder Belüftung von Aufenthaltsräumen, die Trinkwasserversorgung oder Abwasserbeseitigung beeinträchtigt oder Rechte nach Paragraph 6, verletzt werden könnten oder ein Widerspruch zum Ortsbild (Paragraph 56,) entstehen könnte; […]

Paragraph 15, NÖ BO 2014 i.d.F. Landesgesetzblatt Nr. 53 aus 2018,

(1) Folgende Vorhaben sind der Baubehörde schriftlich anzuzeigen: […]

2. Vorhaben mit geringfügigen baulichen Maßnahmen:

a) die Aufstellung von begehbaren Folientunnels für gärtnerische Zwecke; […]

Paragraph 35, NÖ BO 2014 i.d.F. Landesgesetzblatt Nr. 50 aus 2017,

(1) Die Baubehörde hat alle Sicherungsmaßnahmen, die zum Schutz von Personen und Sachen erforderlich sind, insbesondere die Untersagung der Nutzung sowie die Räumung von Gebäuden oder Teilen davon anzuordnen.

(2) Die Baubehörde hat den Abbruch eines Bauwerks ungeachtet eines anhängigen Antrages nach Paragraph 14, oder einer anhängigen Anzeige nach Paragraph 15, anzuordnen, wenn

1. mehr als die Hälfte des voll ausgebauten umbauten Raumes eines Gebäudes durch Baugebrechen unbenützbar geworden ist und der Eigentümer einem Auftrag nach
§ 34 Absatz 2, innerhalb der ihm darin gewährten Frist nicht entsprochen hat oder

2. für das Bauwerk keine Baubewilligung (Paragraph 23,) oder Anzeige (Paragraph 15,) vorliegt.

Für andere Vorhaben gilt Ziffer 2, sinngemäß. […]

5.    Erwägungen:

5.1.

Gemäß Paragraph 7, Absatz eins, Ziffer 3, AVG haben sich Verwaltungsorgane der Ausübung ihres Amtes zu enthalten und ihre Vertretung zu veranlassen, wenn sonstige wichtige Gründe vorliegen, die geeignet sind, ihre volle Unbefangenheit in Zweifel zu ziehen.

Die Beschwerdeführer machen in diesem Zusammenhang geltend, dass bei Bürgermeister D, E und F wichtige Gründe vorliegen würden, die geeignet seien, die volle Unbefangenheit in Zweifel zu ziehen.

Es hätte Anrainerbeschwerden gegeben und sei eine Amtshaftungsklage angedroht worden, weiters hätten die beteiligten Verwaltungsorgane unter dem Druck einer drohenden Amtshaftungsklage gehandelt. Auch werde auf einen Zeitungsbericht der *** verwiesen. Zudem habe sich herausgestellt, dass eine Aufsichtsbeschwerde von den Nachbarn eingebracht worden sei. Zudem habe keine neue Vermessung

stattgefunden.

Das Wesen der Befangenheit liegt darin, dass die unparteiische Entscheidung durch unsachliche psychologische Motive gehemmt wird. Eine Befangenheit nach Paragraph 7, Absatz eins, Ziffer 3, AVG ist nicht schon deshalb zu bejahen, weil sich die Partei über den Organwalter beschwert (VwGH 28. 9. 2000, 99/09/0079; 3. 9. 2003, 2002/03/0237), diesen angezeigt (VwGH 18. 3. 1992, 90/12/0167; 11. 10. 2007, 2006/12/0107;
23. 10. 2007, 2006/12/0083) oder diesem mit einer Amtshaftungsklage gedroht hat (VwGH 31. 10. 1991, 90/16/0227; vergleiche auch VwGH 27. 6. 2013, 2012/07/0213), wobei diese Grundsätze auch für die Erhebung einer Aufsichtsbeschwerde durch Anrainer gelten.

Im Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich vom 25.1.2019, Zlen. LVwG-AV-882/002-2018 und LVwG-AV-882/003-2018, wurde rechtskräftig festgestellt, dass das gegenständliche Abbruchverfahren von Amts wegen eingeleitet wurde. Die Anfrage einer Anrainerin war der Anstoß für E, die Projektunterlagen einer genaueren Überprüfung zu unterziehen, wobei er zur Überzeugung kam, dass das gegenständliche Bauvorhaben wohl einer Bewilligungspflicht unterliegt. Im Zuge von Gesprächen mit Kollegen hat sich bei E diese Rechtsansicht gefestigt. Das Vertreten einer zur früheren Rechtsauffassung der Behörde gegenteiligen Rechtsmeinung bietet für sich alleine keinen Anlass, die Befangenheit der diese geänderte Rechtsmeinung vertretenden Organwalter anzunehmen (VwGH vom 29. 3. 2007, 2004/07/0028). Es wäre sonst Behörden und Organwaltern unter dem Einwand der Befangenheit immer verboten, ihre Rechtsansicht in einem Verfahren zu ändern, wenn sie zur Überzeugung gelangen, dass ihre bisherige Rechtsauffassung nicht zutreffend war.

Rechtswidrigkeiten können auch auf einem Irrtum des Organwalters beruhen (VwGH 22. 10. 2012, 2012/03/0035). Auch die von den Beschwerdeführern vorgelegten Zeitungsberichte (Beilage ./B) sind nicht geeignet zu entkräften, dass es aufgrund einer näheren Überprüfung des Projektes zu einer geänderten Rechtsmeinung von E und F kam. Inwiefern eine allfällige (derzeitige) Nichtbearbeitung von Anzeigen seitens des Zweitbeschwerdeführers gegen Nachbarn eine Befangenheit von F bzw. wie von den Beschwerdeführern vorgebracht, der „Stadtgemeinde ***“, in Bezug auf das gegenständliche Bauvorhaben begründen soll, ist dem erkennenden Gericht nicht ersichtlich, schließlich lösen bloße Anzeigen keine Entscheidungspflicht der Behörde aus.

Sofern vorgebracht wurde, dass keine neue Vermessung stattgefunden habe, ist eine allfällige mangelhafte Verfahrensführung nicht geeignet, einen Mangel an objektiver Einstellung gegenüber den Beschwerdeführern zu begründen (VwGH 21. 10. 2009, 2009/06/0088). Sonst müsste man davon ausgehen, dass jeder Verfahrensmangel in einem Verfahren zu einer Befangenheit des betreffenden Organwalters führen würde, was jedoch nicht zutreffen kann. Auch hier kann seitens des erkennenden Gerichtes keine Befangenheit vom Bürgermeister und Mitarbeitern des Bauamtes erkannt werden. Selbst wenn die genannten Personen jedoch befangen sein sollten, würde dies nicht zur Unzuständigkeit der Baubehörde erster Instanz führen, sondern lediglich einen Verfahrensmangel begründen
(VwGH 18. 3. 2013, 2011/05/0010).

Unter dem Aspekt einer allfälligen mangelhaften Verfahrensführung ist auch die von den Beschwerdeführern behauptete Befangenheit von jenen Mitgliedern des Stadtrates zu sehen, welche bei der Beschlussfassung am 13.6.2018 eine neuerliche Beweisaufnahme vor Ort abgelehnt haben. Dazu wird auf die bereits oben zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes verwiesen, wonach eine allfällige mangelhafte Verfahrensführung nicht geeignet ist, einen Mangel an objektiver Einstellung gegenüber den Beschwerdeführern zu begründen (VwGH 21. 10. 2009, 2009/06/0088). Zudem wurde der Berufungsbescheid nicht nur auf das Vorliegen eines „aliud“ gestützt, sondern auch auf das Nichtvorliegen des Anzeigentatbestandes des Paragraph 15, Ziffer 2, Litera a, NÖ BO 2014, für dessen Verneinung eine Vermessung des errichteten Folientunnels keine Voraussetzung ist.

Insgesamt kann seitens des erkennenden Gerichtes keine von den Beschwerdeführern behauptete Befangenheit erkannt werden. Diese würde aber, selbst bei deren Vorliegen, allenfalls lediglich einen Verfahrensmangel bilden, welcher durch Verfahrensschritte des - mit umfassender Kognitionsbefugnis ausgestatteten - Verwaltungsgerichtes saniert wird (VwGH 30.1.2018,
Ro 2017/08/0036; 29.4.2015, Ro 2015/05/0007).

5.2.

Gemäß Paragraph 4, Ziffer 7, NÖ BO 2014 ist ein Bauwerk ein Objekt, dessen fachgerechte Herstellung ein wesentliches Maß an bautechnischen Kenntnissen erfordert und das mit dem Boden kraftschlüssig verbunden ist. Gemäß Paragraph 4, Ziffer 6, NÖ BO 2014 gelten als bauliche Anlagen alle Bauwerke, die nicht Gebäude sind. Gemäß Paragraph 4, Ziffer 15, NÖ BO 2014 ist ein Gebäude ein oberirdisches Bauwerk mit einem Dach und wenigstens zwei Wänden, welches von Menschen betreten werden kann und dazu bestimmt ist, Menschen, Tiere oder Sachen zu schützen, wobei alle statisch miteinander verbundenen Bauteile als ein Gebäude gelten.

Beim gegenständlichen Folientunnel handelt es sich nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes um ein Bauwerk gemäß Paragraph 4, Ziffer 7, NÖ BO 2014, zumal ein wesentliches Maß an bautechnischen Kenntnissen erforderlich ist, um diesen werkgerecht herzustellen, wobei dies schon aus Gründen der Sturmsicherheit nur im Wege einer kraftschlüssigen Verbindung mit dem Boden erfolgen kann (VwGH vom 27. Februar 2006, 2005/05/0068; vom 30.5.1995, 95/05/0042). Sollten für die Herstellung des Folientunnels vorgefertigte Teile verwendet worden sein, wurden diese bautechnischen Kenntnisse schon bei der Herstellung dieser Teile eingebracht (VwGH vom 17.4.2012, 2009/05/0063). Das Vorbringen der Beschwerdeführer, dass es sich dabei um kein Bauwerk handle, ist daher unzutreffend.

Der bautechnische ASV führte zudem in seinem Gutachten aus, dass zur Herstellung des vorhandenen Folientunnels wesentliche bautechnische Kenntnisse erforderlich sind, um die Standsicherheit und Gebrauchstauglichkeit sicherzustellen. Dies geht auch bereits aus der Anzeige hervor, wo der Windstaudruck, Schneelast und andere Werte angegeben sind. Solche Angaben aus Normen richtig zu interpretieren und die Tragkonstruktion entsprechend zu bemessen, können nur geschulte Fachleute. Theoretisch kann ein Hobbyhandwerker den Tunnel zwar aufstellen, ob er die Bodenverhältnisse aber richtig einschätzt und die Verbindung mit dem Erdboden ordnungsgemäß hergestellt werden kann, wäre wiederum eine Frage von wesentlichen bautechnischen Kenntnissen. Ein Laie könnte es nicht richtig einschätzen, wenn z.B. besonders aufgelockerte Böden vorhanden sind und somit keine ausreichende Stabilität der Erdanker gegeben ist.

Eine kraftschlüssige Verbindung wird im gegenständlichen Fall durch eine Verankerung im Boden mittels Erdanker sichergestellt, wie in der Anzeige auch dargestellt. Die Metallkonstruktion ist mit einem Erdanker mit dem Boden verbunden und dieser Erdanker ist mit dem Stahlrohr kraftschlüssig verbunden. Damit wird verhindert, dass z.B. Windkräfte den Folientunnel vom Boden abheben können. Diese Stahlbögen mit Fachwerksaussteifung tragen die gesamte Hülle. Über den Stahlbögen ist eine Spezialpolyethylenfolie gespannt. Der Folientunnel weist ein Dach und 2 Wände auf, kann von Menschen betreten werden kann ist dazu bestimmt, Tiere und Sachen zu schützen, im gegenständlichen Fall Fische und Pflanzen.

Konkret handelt es sich aber auch um ein Gebäude im Sinne des Paragraph 4, Ziffer 15, NÖ BO 2014, da der Folientunnel ein Dach und zwei Wände aufweist, von Menschen betreten werden kann und dazu bestimmt ist, Menschen, Tiere oder Sachen zu schützen. Hinsichtlich der Definition einer „Wand“ findet sich in Paragraph 4, Ziffer 31, NÖ BO 2014 die Definition, dass es sich bei einer Wand um einen seitlichen Raumabschluss handelt, der zu mehr als der Hälfte aus flächigen Bauteilen (z. B. Wandbauteile, Fenster, Türen, Tore, Brüstungen) bzw. aus flächig wirkenden Bauteilen (z. B. Gitter, Lamellen, Netze) besteht. Nach Ansicht des erkennenden Gerichtes ist daher auch eine durchgehende Folienbespannung unter den Begriff „Wand“ nach Paragraph 4, Ziffer 31, NÖ BO 2014 zu subsumieren, da es sich dabei um einen seitlichen Raumabschluss aus flächigen Bauteilen handelt. Dass das Dach eine abgerundete Form aufweist, schadet nicht. Schon im Erkenntnis vom 30.5.1995, 95/05/0042, hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, dass es sich bei einem Folientunnel um ein Gebäude handelt. Schließlich wurde auch im Erkenntnis vom 12.8.2020, ***, seitens des Verwaltungsgerichtshofes bestätigt, dass es sich bei einem Folientunnel um ein Gebäude handelt.

5.3.

Gemäß Paragraph 14, Ziffer eins, NÖ BO 2014 bedürfen Neu- und Zubauten von Gebäuden einer Baubewilligung. Wie unter Punkt 5.2. ausgeführt, handelt es sich beim gegenständlichen Folientunnel um ein Gebäude. Die Errichtung eines Gebäudes bedarf daher nach Paragraph 14, Ziffer eins, NÖ BO 2014 einer Baubewilligung, es sei denn, es kommt eine der spezielleren Regelungen der Paragraphen 15 bis 17 NÖ BO 2014 zur Anwendung.

Im gegenständlichen Fall ist zu prüfen, ob der Anzeigentatbestand des Paragraph 15, Absatz eins, Ziffer 2, Litera a, NÖ BO 2014 zum Tragen kommt. Gemäß Paragraph 15, Absatz eins, Ziffer 2, Litera a, NÖ BO 2014 ist die Aufstellung von begehbaren Folientunnels für gärtnerische Zwecke anzeigepflichtig.

Der gegenständliche Folientunnel dient laut Anzeige vom 23.1.2018 als Pilotanlage für ein Aquaponic Bionic System.

Grundsätzlich war schon nach der NÖ Bauordnung 1996 die Aufstellung von begehbaren Folientunnels anzeigepflichtig (siehe Paragraph 15, Absatz eins, Ziffer 9, NÖ Bauordnung 1996). Die Regelung, dass die Aufstellung von begehbaren Folientunnels „für gärtnerische Zwecke“ anzeigepflichtig ist, wurde mit der NÖ BO 2014 eingeführt. Dem Motivenbericht zur NÖ Bauordnung 2014 vom 7.10.2014 lässt sich dazu Folgendes entnehmen:

„§ 15 (Anzeigepflichtige Vorhaben)

Das Anzeigeverfahren der NÖ Bauordnung 1996 wird grundsätzlich, jedoch mit einigen Modifizierungen v.a. auch das Verfahren betreffend (insbesondere auch im Hinblick auf die einzuhaltenden Fristen und den ausdrücklichen Ausschluss einer verspäteten Untersagung) übernommen. Auch hier wurden die Tatbestände überarbeitet, ergänzt und erfolgten Klarstellungen, wo es in der Praxis zu Fehlentwicklungen kam (z.B. Folientunnels, die ursprünglich zwar nur für gärtnerische Zwecke gedacht waren, in der Fassung jedoch entgegen der Intention des Gesetzgebers auch für andere gebäudeähnliche Zwecke - wie Ställe, Garagen – Verwendung fanden.“

Die Materialien nehmen durch die Anführung des gärtnerischen Zweckes als Voraussetzung für die bloße Anzeigepflicht von Folientunneln eine Abgrenzung zu anderen gebäudeähnlichen Zwecken vor. Daraus ist zu schließen, dass nur solche Folientunnel erfasst sein sollen, die eben für diesen Zweck, nämlich den gärtnerischen, genutzt werden.

Zur Auslegung des Begriffes „gärtnerische Zwecke“ sind nicht nur die Definitionen von „Gärtnerei“ (Unternehmen, das gewerbsmäßig Gartenbau - insbesondere Zierpflanzen, Pflanzen für den Bedarf des Gärtners, Obst und Gemüse - betreibt) und „Gartenbau“ ([intensiver] Pflanzenbau [in Gärten, Baumschulen usw.], besonders Anbau von Gemüse, Obst, Blumen) heranzuziehen, sondern auch die Definition des Wortes „gärtnerisch“, welches „die Gärtnerei betreffend, zu ihr gehörend, auf ihr beruhend, nach ihrer Art“ bedeutet vergleiche hinsichtlich der ersten drei Umschreibungen Duden, Das große Wörterbuch der deutschen Sprache, Band 3; hinsichtlich der ersten, zweiten und vierten Umschreibung Brockhaus Wahrig, Deutsches Wörterbuch, 3. Band, 55).

Der Gesetzgeber hat für den Anzeigetatbestand den Begriff „gärtnerisch“ verwendet und damit Spielraum auch für innovative Ausgestaltungsmöglichkeiten, die die Gärtnerei betreffen, zu ihr gehören oder auf ihr beruhen, geschaffen. Verhindert werden sollte lediglich die gebäudeähnliche Nutzung von Folientunneln zu anderen als gärtnerischen Zwecken.

Die Beurteilung der Anzeigepflicht eines Folientunnels richtet sich nach dem Wortlaut des Paragraph 15, Absatz eins, Ziffer 2, Litera a, NÖ BO 2014 („gärtnerische Zwecke“) nach dem Nutzungszweck, der ein gärtnerischer sein muss. Ob daher im konkreten Fall von einer gärtnerischen Nutzung auszugehen ist, hängt vom Zweck der geplanten Nutzung ab.

Nach den getroffenen Feststellungen besteht bei Aquaponic ein untrennbarer Zusammenhang zwischen Fischzucht und Gartenbau. Die Exkremente aus der Fischzucht werden als Nährstoffe für Pflanzen verwendet; die Fischhaltung bzw. Fischproduktion soll der Düngererzeugung dienen. Bei dem vorliegenden Projekt steht die Pflanze im Vordergrund und soll die Fischhaltung bzw. Fischproduktion nur der Düngererzeugung dienen.

Davon ausgehend kann die gärtnerische Nutzung des gegenständlichen Folientunnels nicht verneint werden. Es handelt sich gerade nicht um eine gebäudeähnliche Nutzung des Tunnels zur Umgehung der Bewilligungspflicht. Vielmehr ist der gärtnerische Zweck gegeben, weil es sich um eine untrennbar zusammenhängende, und damit als Einheit zu betrachtende Kombination aus Aquakultur und Hydrokultur handelt, bei der im konkreten Fall die Pflanzenproduktion im Vordergrund steht. Die Züchtung von Fischen zum etwaigen Verkauf ist gerade nicht intendiert. Vielmehr handelt es sich um eine neue Form des ökologischen Pflanzenanbaus.

Das Wesen von Aquaponic besteht nach den getroffenen Feststellungen in einem untrennbaren Zusammenhang zwischen Aquakultur und der Kultivierung von Nutzpflanzen. Aquaponic ist daher schon insofern nicht mit der allfälligen Haltung von Mastschweinen bei gleichzeitiger Verwertung des angefallenen Düngers vergleichbar, als ein zeitliches oder räumliches Splitting nicht in Betracht kommt und es sich bei Aquaponic um einen geschlossenen Kreislauf handelt, weshalb die Anlage als Einheit zu beurteilen ist.

Aus all diesen Gründen ist in Entsprechung des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes vom 12.8.2020, ***, gegenständlich von einer den gärtnerischen Zwecken dienenden Auquaponicanlage auszugehen.

Seitens des Vertreters der belangten Behörde wurde nunmehr vorgebracht, die tatsächlich errichtete Anlage entspreche begrifflich nicht einem Folientunnel im Sinne des Paragraph 15, Absatz eins, Ziffer 2, Litera a, NÖ BO. Wenn diese Bestimmung auch auf Bauwerke im Sinne des Paragraph 4, Ziffer 7, NÖ BO bezogen werde, handle es sich um eine Ausnahme von der Bewilligungspflicht. Derartige Ausnahmen seien nach der Judikatur eng auszulegen. Das gegenständliche Objekt werde auch vom Hersteller als Gewächshaus bezeichnet. Dabei handle es sich um einen anderen Typ von Anlage, als bei einem typischen Folientunnel, dessen Wände ausschließlich aus Folien bestehen. Dass Folientunnel und Gewächshäuser nicht gleichgesetzt werden könnten, ergebe sich auch daraus, dass der Gesetzgeber beide Begriffe verwende und zwar den einen im Paragraph 15, Absatz eins, Ziffer 2, Litera a, NÖ BO und den anderen im Paragraph 17, Ziffer 8, NÖ BO. Nach der letztgenannten Bestimmung seien Gewächshäuser bewilligungs- und anzeigefrei, dies aber nur bei einer Fläche bis zu 10 m².

Diesem Vorbringen ist zu entgegnen, dass laut Anzeigentext die Errichtung eines Folientunnels angezeigt wurde und auch ein solcher tatsächlich errichtet wurde (siehe Lichtbilder Beilage zur VH-Schrift vom 17.12.2020). Die Metallkonstruktion ist mit einem Erdanker mit dem Boden verbunden und dieser Erdanker ist mit dem Stahlrohr kraftschlüssig verbunden. Damit wird verhindert, dass z.B. Windkräfte den Folientunnel vom Boden abheben können. Diese Stahlbögen mit Fachwerksaussteifung tragen die gesamte Hülle. Über den Stahlbögen ist eine Spezialpolyethylenfolie (PGH Lumisol UV5, 3 Schicht Coex-Folie aus PE) gespannt, die Stahlbögen sind rund. Die verwendeten Materialien stimmen mit der Bauanzeige überein, lediglich bei der Lüftungsklappe wurde statt einem 6 mm starken Hohlkammerprofil aus Kunststoff eine Hartschaumplatte verwendet.

Seitens des erkennenden Gerichtes kann nicht erkannt werden, dass zwischen dem Wort „Folientunnel“ und „Foliengewächshaus“ ein derartiger Unterschied bestünde, dass ein Foliengewächshaus nicht unter die Bestimmung des Paragraph 15, Absatz eins, Ziffer 2, Litera a, NÖ BO zu subsumieren wäre. Das Wort „Folie“ kommt in beiden Begriffen vor. Der Begriff „Gewächshaus“ bezeichnet laut Duden-Wörterbuch einen an allen Seiten und am Dach mit Glas oder Folie abgedeckten, hausartigen Bau, in dem unter besonders günstigen klimatischen Bedingungen Pflanzen gezüchtet werden. Auch wurde im gegenständlichen Fall ein Folientunnel angezeigt und errichtet, dessen gesamte Hülle - außer den Stirnseiten – mit Folie bespannt ist. Zudem führte der bautechnische ASV aus, dass in der Praxis sehr wohl auch Tunnel wie der gegenständliche unter der Begrifflichkeit Folientunnel vorkommen.

Aus diesen Gründen kommt daher im vorliegenden Fall der Anzeigentatbestand des Paragraph 15, Absatz eins, Ziffer 2, Litera a, NÖ BO 2014 zum Tragen.

5.4.

Gemäß Paragraph 35, Absatz 2, Ziffer 2, NÖ BO 2014 hat die Baubehörde den Abbruch eines Bauwerks ungeachtet eines anhängigen Antrages nach Paragraph 14, oder einer anhängigen Anzeige nach Paragraph 15, anzuordnen, wenn für das Bauwerk keine Baubewilligung (Paragraph 23,) oder Anzeige (Paragraph 15,) vorliegt.

Nachdem es sich gegenständlich um ein anzeigepflichtiges Bauvorhaben handelt, ist es wesentlich, ob für das Bauwerk eine Anzeige gemäß Paragraph 15, NÖ BO 2014 vorliegt.

Die Behörde muss im Bauauftragsverfahren klären, ob, wenn keine Baubewilligung, aber eine Bauanzeige vorliegt, diese Anzeige den in Paragraph 15, NÖ BauO genannten Anforderungen entsprochen hat; bejaht sie dies, dann ist ein Bauauftrag ausgeschlossen (VwGH vom 24. Mai 2005, Zl. 2003/05/0181).

Die Frage, ob die erstattete Bauanzeige den in Paragraph 15, NÖ BÖ 2014 genannten Anforderungen entsprochen hat, ist in einem Bauauftragsverfahren nach Paragraph 35, Absatz 2, Ziffer 2, NÖ BÖ 2014 zu klären vergleiche VwGH vom 24. Mai 2005, Zl. 2003/05/0181, und vom 18. November 2014, Zl. 2012/05/0088 zur NÖ BO 1996). Das Bindewort "und" bei der in Paragraph 35, Absatz 2, NÖ Bauordnung 1996 vorgenommenen Aufzählung der Voraussetzungen ließ ebenso wie der Wegfall der Wortfolge „und das Bauwerk unzulässig ist“ vordergründig den Schluss zu, dass allein das Vorhandensein einer Baubewilligung oder auch einer Bauanzeige die Erlassung eines Bauauftrages ausschließt. Dabei erhob sich die Frage, ob auch im Falle einer zu Unrecht erfolgten Anzeige die Ausführung des Vorhabens mittels baupolizeilichen Zwanges nicht mehr beseitigbar sein soll. Dies wäre zunächst auf Grund der Gleichbehandlung mit der Baubewilligung zu bejahen. Es kann keinem Zweifel unterliegen, dass die Rechtmäßigkeit einer einmal erteilten Baubewilligung nicht Gegenstand des baupolizeilichen Verfahrens sein kann. Der verfahrensrechtliche Unterschied zur Bauanzeige ist jedoch gravierend: Maßgebend ist allein die in der Anzeige dokumentierte Willenserklärung des Bauwerbers; auch wenn überhaupt kein Verfahren stattfindet, tritt nach Ablauf der Achtwochenfrist die Wirkung ein, dass mit der Ausführung des Vorhabens begonnen werden darf. Es ist also nicht einmal eine bescheidmäßige Kenntnisnahme der Anzeige erforderlich. Der Mangel an Bescheidqualität bewirkt, dass eine Kenntnisnahme auch keinen der Rechtskraft fähigen Abspruch über die Qualifikation der Bauführung als bloß anzeigepflichtig enthält (Schwaighofer, Die Bauanzeige nach der Tiroler Bauordnung 2001, bbl 2004, 1 ff, römisch VII). Kastner zeigt weiters unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes zu Recht auf (Kastner, Probleme um das Anzeigeverfahren nach der NÖ BauO, RdU 1999, 53 ff, 4 b), dass ein Verwaltungsakt, der "erhebliche Rechtswirkungen" zeitigt, rechtlich nicht als unbekämpfbar konstruiert werden darf, weil das verfassungsgesetzlich gewährleistete Rechtsschutzsystem sonst leer laufen würde. Dies kann vermieden werden, wenn man die "Anzeige" nach Paragraph 15, Absatz 3, NÖ Bauordnung 1996 im Sinne des oben dargestellten Unterschiedes zur Baubewilligung als eine "dem Gesetz entsprechende Anzeige" deutet vergleiche VwGH vom 24. Mai 2005, Zl. 2003/05/0181).

Gemäß Paragraph 15, Absatz 3, NÖ BO 2014 sind der Anzeige zumindest eine zur Beurteilung des Vorhabens ausreichende, maßstäbliche Darstellung und Beschreibung des Vorhabens in zweifacher Ausfertigung anzuschließen. Der Anzeige waren ein Lageplan im Maßstab 1:250; Beschreibung Skizze Foliengewächshaus Maßstab 1:100 (Eingangsbereich, Rückseite); Skizze Foliengewächshaus Maßstab 1:100 (Aufsicht, Seitenansicht) und eine Baubeschreibung beigefügt, sodass von einer gesetzmäßig ausgeführten Anzeige auszugehen ist.

5.5.

Im erstinstanzlichen Abbruchbescheid vom 24.4.2018 wurde begründend angegeben, der Folientunnel entspreche hinsichtlich Flächenausmaß, Gebäudehöhe und Anordnung auf dem Grundstück nicht der eingebrachten Bauanzeige vom 23.1.2018, wobei sich auch der zweitinstanzliche Bescheid auf diese Argumentation stützt.

Wie bereits unter Punkt 5.4. ausgeführt, ist im Anzeigeverfahren die in der Anzeige dokumentierte Willenserklärung des Bauwerbers maßgebend (VwGH vom 24. Mai 2005, 2003/05/0181). Die Anzeige ist im gegenständlichen Fall insofern auslegungsbedürftig, als sich der Wortlaut der Anzeige selbst auf einen Folientunnel mit den Ausmaßen 20m x 12m bezieht und auch ein Folientunnel mit solchen Maßen seitens der Baubehörde 1. Instanz zu Kenntnis genommen wurde, andererseits in den Beilagen zur Anzeige (Lageplan im Maßstab 1:250; Beschreibung Skizze Foliengewächshaus Maßstab 1:100 [Eingangsbereich, Rückseite]; Skizze Foliengewächshaus Maßstab 1:100 [Aufsicht, Seitenansicht]; Baubeschreibung) von Ausmaßen von 19,50m x 12m ausgegangen wird.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sind Parteierklärungen nach ihrem objektiven Erklärungswert auszulegen, d. h. es kommt darauf an, wie die Erklärung unter Berücksichtigung der konkreten gesetzlichen Regelung, des Verfahrenszweckes und der der Behörde vorliegenden Aktenlage objektiv verstanden werden muss. Bei undeutlichem Inhalt eines Anbringens ist die Absicht der Partei zu erforschen. Im Zweifel ist dem Anbringen einer Partei, das sie zur Wahrung ihrer Rechte stellt, nicht ein solcher Inhalt beizumessen, der ihr die Rechtsverteidigungsmöglichkeit nimmt (VwGH vom 28.5.2019, Ra 2018/15/0036).

Gegenständlich war die Errichtung eines Tunnels mit den Ausmaßen 20m x 12m beabsichtigt und wurden aufgrund einer Fehlkommunikation mit der Herstellerfirmen Unterlagen für einen Tunnel älterer Bauart übermittelt. Schließlich lässt sich auch der Vorkorrespondenz mit der Baubehörde entnehmen, dass diese Ausmaße intendiert waren. Im Zusammenhang mit der eben dargestellten Judikatur kann somit in Verbindung mit dem Anzeigentext davon ausgegangen werden, dass ein Folientunnel mit den Ausmaßen 20m x 12m angezeigt wurde.

Anders verhält es sich jedoch mit den Binderabständen von 1,50m laut Anzeige, welche tatsächlich mit 2,00m Abständen errichtet wurden. In Bezug darauf ist die Anzeige samt deren Beilagen eindeutig, nämlich werden einheitlich 1,50m erwähnt, sodass kein Raum für eine Auslegung offenbleibt. Auch die eingebaute Lüftungsöffnung war nicht Gegenstand der Bauanzeige.

Eine Baubewilligung wird für ein durch seine Größe und Lage bestimmtes Vorhaben erteilt, sodass ein Abweichen hievon - jedenfalls bei einer nicht bloß geringfügigen Verschiebung des Bauwerkes vergleiche etwa VwGH 3.7.2001, 2001/05/0072) - ein rechtliches "aliud" darstellt, welches eine neuerliche Baubewilligung erfordert (VwGH vom 29.1.2020, Ro 2019/05/0002). Nichts Anderes kann in einem Anzeigeverfahren gelten.

Folgende Abmessungen wurden seitens des bautechnischen ASV beim Lokalaugenschein festgestellt:

 

Abmessung ASV

Angabe lt. Anzeige

Differenz

Länge

19,96m

20,00m

0,04m

Breite

12,00m

12,00m

0,00m

Höhe 1 Feld Mitte Ost

3,96m

3,95m

0,01m

 

 

 

 

Abstand des südöstlichen Eckpunktes des Folientunnels zur südlichen Grundgrenze (zu GSt.Nr:***)

 

3,06m

3,00m

0,06m

Abstand des südwestlichen Eckpunktes des Folientunnels zur westlichen Grundgrenze (zu GSt.Nr:***)

 

3,09m

3,00m

0,09m

Die Differenz beträgt in der Länge 4 cm, der Höhe 1 cm und in den Abständen zu den Grundstücksgrenzen 6 cm und 9 cm, wobei das Bauwerk von den Grundstücksgrenzen weggerückt ist und die Abstandsvorschriften somit eingehalten werden. Aufgrund dieser festgestellten Differenzen handelt es sich jedenfalls um geringfügige Verschiebungen des Bauwerks, sodass nicht von einem rechtlichen „aliud“ auszugehen ist.

Die Änderung der Konstruktion im Inneren des Tunnels (Binderabstände, Lüftungsöffnung) ist auch nicht derart wesentlich, als diese zu einem rechtlichen „aliud“ führen würde, zumal die Kubatur und Lage des Bauwerks entsprechend der Anzeige ausgeführt wurde und es sich dabei allenfalls um ein Baugebrechen handeln könnte (Paragraph 34, NÖ BO 2014). Nicht ersichtlich ist dabei die Argumentation der belangten Behörde, wonach jede Änderung im Anzeigeverfahren zu einem „aliud“ führen müsste. Sofern auch im Bewilligungsverfahren nach Paragraph 14, Ziffer 3, NÖ BO 2014 Abänderungen möglich sind, muss dies umso mehr auch für Vorhaben mit geringfügigen baulichen Maßnahmen gelten (Paragraph 15, Absatz eins, Ziffer 2, NÖ BO 2014). Schließlich kann es sich bei einem Baugebrechen auch um eine anzeigepflichtige aber nicht angezeigte Änderung eines Bauwerks handeln (siehe Motivenbericht zur Einführung der NÖ BO 2014, Paragraph 34,).

Insgesamt liegt daher für das Bauwerk eine Anzeige vor, sodass im Ergebnis der erteilte Abbruchauftrag ersatzlos zu beheben war und spruchgemäß zu entscheiden war.

6.    Zur Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die Revision ist nicht zulässig, da im gegenständlichen Fall keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Artikel 133, Absatz 4, B-VG zu lösen war, weil die Entscheidung einerseits nicht von der zitierten und einheitlichen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht und sich andererseits auf den eindeutigen und klaren Gesetzeswortlaut stützen kann vergleiche aus der stRsp zur Unzulässigkeit der Revision in derartigen Fällen zB VwGH vom 15. Dezember 2016, Ra 2016/18/0343).

European Case Law Identifier

ECLI:AT:LVWGNI:2021:LVwG.AV.882.009.2018