Landesverwaltungsgericht Niederösterreich
03.09.2020
LVwG-AV-937/001-2019
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erkennt durch Mag. Sonja Dusatko als Einzelrichterin über die Beschwerde der A Ges.m.b.H., ***, ***, vertreten durch B, Rechtsanwalt in ***, ***, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Neunkirchen vom 04.06.2019, ***, mit dem diese das Ansuchen der A Ges.m.b.H. vom 06.02.2019 auf Erteilung der gewerbebehördlichen Genehmigung für die Änderung der Betriebsanlage durch Aufstellung und Betrieb eines Sauna-Tauchbeckens im Standort ***, *** (Grst. Nr. ***, EZ ***, KG ***) abgewiesen hat , zu Recht:
1. Die Beschwerde wird abgewiesen.
2. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision nicht zulässig.
Rechtsgrundlagen:
Paragraph 28, VwGVG (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, Bundesgesetzblatt Nr. 33 aus 2013, i.d.g.F.)
Paragraph 25 a, Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 – VwGG
Entscheidungsgründe:
1. Zum verwaltungsbehördlichen Verfahren:
Mit Bescheid vom 13.12.1993,*** wurde Herrn C (dem Rechtsvorgänger der Beschwerdeführerin) die Errichtung und der Betrieb einer Freizeitanlage (Gastgewerbebetriebsstätte in der Betriebsart Buffet, 5 Squashboxen, Badmintonhalle, Saunabereich, Dampfkammer Solarium, Fitnessraum, Gymnastikraum, Massageraum, Gasheizung, Lüftung und Tennishalle) im Standort ***, ***, unter Verweis auf Projektunterlagen und eine im Bescheid näher angeführte Projektbeschreibung genehmigt. Mit Bescheid vom 21.09.1998 wurde die Änderung der Betriebsanlage durch den Umbau des Dachgeschossbereiches und durch Aufstellung von 3 Solarien genehmigt.
Mit Bescheid vom 13.07.2005, ***, hat die Bezirkshauptmannschaft Neunkirchen im vereinfachten Genehmigungsverfahren festgestellt, dass durch näher angeführte bauliche Änderungen im Saunabereich keine Beeinträchtigung der im Paragraph 74, Absatz 2, GewO genannten Interessen zu erwarten sind.
Mit Bescheid vom 17.07.2009, ***, hat die Bezirkshauptmannschaft Neunkirchen festgestellt, dass durch das Projekt „Aufstellung und Betrieb der Infrarot-Wärmekabine ***, Type ***“ keine Beeinträchtigung der im Paragraph 74, Absatz 2, GewO genannten Interessen zu erwarten sind.
Mit Bescheid vom 29.10.2010, ***, hat die Bezirkshauptmannschaft Neunkirchen festgestellt, dass durch die Errichtung und den Betrieb von 3 Behandlungsräumen (Nutzungsänderung des Badmintonsaales) für gewerbliche Vermietung keine Beeinträchtigung der im Paragraph 74, Absatz 2, GewO genannten Interessen zu erwarten sind.
Mit Bescheid vom 13.11.2012, ***, hat die Bezirkshauptmannschaft Neunkirchen festgestellt, dass bei der Änderung der Betriebsanlage durch „Umbau der bewilligten Courts in Trainingsbereiche sowie die Aufstellung von Trainingsgeräten“ für gewerbliche Vermietung keine Beeinträchtigung der im Paragraph 74, Absatz 2, GewO genannten Interessen zu erwarten sind.
Mit Bescheid vom 17.07.2013, ***, hat die Bezirkshauptmannschaft Neunkirchen festgestellt, dass bei der Änderung der Betriebsanlage durch „Aufstellung eines Werbepylons“ keine Beeinträchtigung der im Paragraph 74, Absatz 2, GewO genannten Interessen zu erwarten sind.
Mit Bescheid vom 17.11.2014, ***, hat die Bezirkshauptmannschaft Neunkirchen die Änderung der gewerbebehördlich genehmigten Betriebsanlage durch Errichtung eines Tepidariums im Wellnessbereich zur Kenntnis genommen.
Mit Bescheid vom 09.01.2018, ***, hat die Bezirkshauptmannschaft Neunkirchen die Änderung der Betriebsanlage durch „Aufstellung von 2 Gasthermen *** Typ *** nach Austausch Wärmeerzeuger“ im vereinfachten Genehmigungsverfahren genehmigt.
Mit Bescheid vom 13.03.2018, ***, hat die Bezirkshauptmannschaft Neunkirchen die Änderung der Betriebsanlage durch „Aufstellung einer Sauna *** mit Saunaofen“ im vereinfachten Genehmigungsverfahren genehmigt.
Mit Schreiben vom 29.01.2019, eingelangt bei der Bezirkshauptmannschaft Neunkirchen am 04.06.2019 hat die Beschwerdeführerin die hier verfahrensgegenständliche Änderung der Anlage beantragt.
In der Projektbeschreibung ist folgendes vorgesehen:
"für den gewerblichen Gebrauch, L x B x: 112 x 79 x 101 cm aus Lärchenholz, Außen transparente Hygieneversiegelung Inklusive Kunststoffeinsatz ausblauem Sanitär PE mit angeformter Überlaufrinne mit Blockauftritt als Einsteigehilfe und Innentrittstufe mit gerippter Auflage. Vollautomatische Nachfüllregelung mit Wassereinlaufdüsen, Magnetventil, Nachfüllsteuerung mit einstellbarer Nachlaufzeit, Wasserstandsensor.
Betriebsweise:
- Sauna - Tauchbecken nur für eine Person
- Nur für Einmalnutzung (ist auch vor Ort am Becken ausgehängt)
- Nach jeder Nutzung Nachfüllung"
"Für öffentliche / gewerbliche Saunabäder ist die Ausstattung mit Nachfüllautomatik die perfekte Komplettlösung:
Nach erfolgter Reinigung wird das Becken durch Einschalten der Nachfüllregelung automatisch bis zur Überlaufrinne gefüllt. Bei jedem Tauchbad eines Saunagastes werden je nach Verweildauer zunächst ca. 10 Liter Wasser verdrängt und über die Überlaufrinne zum Ablauf geführt. Der Wasserspiegel sinkt entsprechend, was von einem kapazitiven Sensor erfasst wird. Die Nachfüllautomatik füllt das Becken anschließend wieder auf und lässt nach Erreichen des Sollstands noch für eine einstellbare Zeit weiteres Wasser nachlaufen. um die hygienischen Forderungen (z.B. 60 Liter Frischwasser pro Badegast) zu erfüllen. Abhängig vom Wasserdruck in der Zuleitung kann die gewünschte Nachfüllmenge so individuell festgelegt werden. Das Frischwasser wird im unteren Bereich des Beckens über eine Einlaufdüse eingeleitet, das Oberflächenwasser wird über die Überlaufrinne abgeführt. Die ovale Beckenform gewährleistet dabei eine optimale Umwälzung."
Am 19.03.2019 hat der bäderhygienische Amtssachverständige D dazu folgendes Gutachten abgegeben:
„Allgemeines:
Im Zuge einer Begehung am 23.10.2017 wurde festgestellt, dass ein neues Tauchbecken aufgestellt wurde. Nach diversen Nachreichungen wurde mit 6.2.2018 in einem Gutachten des ASV für Bädertechnik festgestellt, dass das Tauchbecken als Badewanne zu beurteilen wäre.
Nun wurden mit 6.2.2019 neuerliche Unterlagen vorgelegt. Diese wurden für die untenstehende Beurteilung herangezogen.
Tauchwanne:
Es soll ein Sauna-Tauchbecken aus Lärchenholz mit den Maßen 100 x 72 cm aufgestellt und betrieben werden. Das vorgefundene Becken ist augenscheinlich nur durch 1 Person benutzbar und wird daher nicht als Becken, sondern als Sitzbadewanne beurteilt.
Außen transparente Hygieneversiegelung inkl. Kunststoffeinsatz mit angeformter Überlaufrinne, mit Blockauftritt als Außentreppe und Innentrittstufe.
Laut Projektbeschreibung: Vollautomatische Nachfüllregelung mit Wassereinlaufdüsen, Magnetventil, Nachfüllsteuerung mit einstellbarer Nachlaufzeit, Wasserstands-Sensor.
Eine automatische Nachspeisung mit Wasserstands-Sensor und Nachfüllregelung
ist nicht zulässig. Für den Betrieb einer Badewanne ist eine rein manuelle Zugabe
erforderlich
- Es ist ein Auslass so einzurichten, dass der Benützer direkt die Wanne entleeren
kann, dieser ist zu kennzeichnen.
Ein- und Ausstieg der Wanne:
Die vorgelegte Variante kann nicht positiv beurteilt werden. Es ist eine Aufstiegsleiter gemäß ÖNORM EN 13451-2 mit beidseitigem Handlauf zu errichten. Eine Bestätigung über die Norm ist vorzulegen. Die Einstiegsstufe in die Badewanne im Inneren ist Rutschhemmend (Rutschhemmungsklasse C nach DIN 51097 oder mit einem Grenzwinkel über 24° nach EN 13451-1 auszuführen. auszuführen. Eine Bestätigung dazu ist vorzulegen.
Die Wannenentleerung ist gut zugänglich und gekennzeichnet im ein- und Ausstiegsbereich anzubringen. Die eingezeichnete Variante wird als nicht entsprechend beurteilt. Weiters ist eine Bestätigung vorzulegen, dass die automatische Wannennachspeisung stillgelegt wurde.
Gutachten:
Das eingereichte Tauchbecken kann in der bisher beschriebenen Ausführung weder
als Tauchbecken noch als Badewanne positiv beurteilt werden. Als wesentliche
Punkt für eine derzeitige negative Beurteilung werden angeführt: (siehe auch Gutachten vom 6.2.2018):
1. Ungeeigneter Einstieg und Ausstieg in die Wanne
2. Die Entleerung ist so positioniert, dass eine Entleerung durch die Benützer
augenscheinlich nicht angenommen werden kann. Damit ist kein Wannenbetrieb möglich.
3. Eine automatsche Nachspeisung ist für einen Badewannenbetrieb nicht zulässig
5. Eine positive Beurteilung als Tauchbecken ist nicht möglich, da keine allseitige Überlaufrinne vorhanden ist und eine Belegung nur mit 1 Person augenscheinlich ist
6. Eine schwimmergesteuerte Nachspeisung wäre für Tauchbecken nicht zulässig.“
Mit Schreiben vom 15.04.2019 hat die Beschwerdeführerin dazu folgende Stellungnahme abgegeben:
„Allgemein wir festgehalten, dass es sich um eine Neueinreichung handelt, welche, auf Grund von Änderungen in der Einreichung, nicht mit einer in der Vergangenheit liegenden Einreichung gekoppelt werden kann!
Zum Befund:
Unsere Einreichung betrifft ein TAUCHBECKEN für eine Person. Wenn der
Sachverständige dieses als "Badewanne" beurteilt, so möge er die Önormen bekannt geben, auf Grund welcher diese Abänderung zulässig ist. Die Önorm, auf Grund derer eine automatische Nachspeisung/Nachfüllung untersagt ist, bitten wir ebenfalls um Bekanntgabe.
Ebenfalls nicht erklärlich ist für uns die Forderung, eine Leiter mit beidseitigem Handlauf anzubringen. Auch hier ersuchen wir um Bekanntgabe der Önormen deren diese Beurteilung zu Grunde liegt. Die Abänderung unserer Einreichung der "Einstiegshilfe" auf eine "Leiter" umzufunktionieren möge bitte auch hier mittels zuständiger Önorm begründet werden.
Die Beurteilung des vorhandenen Überlaufes, dessen Ablehnung, ist gänzlich nicht
gegeben und fehlt in diesem Befund. Die Forderung nach einer Überlaufrinne ist für
Tauchbecken dieser Größe nicht erforderlich. Für eine negative Beurteilung ersuchen wir auch hier die zutreffende Önorm bekannt zu geben.
Eine Beurteilung als Badewanne ist weder eingereicht noch gefordert.
Das eingereichte Tauchbecken ist in der EU in gewerblicher Anwendung und ersuchen wir höflichst um Mitteilung, auf Grund welcher ÖNormen, hier EU Recht nicht angewendet werden kann bzw. in Österreich einer anderen Bewertung unterliegt“.
Der bäderhygienische Amtssachverständige D hat zu dieser Stellungnahme der Beschwerdeführerin am 23.04.2019 folgende Stellungnahme abgegeben:
"Beurteilung als Becken:
Gemäß Bäderhygieneverordnung sind Becken wie folgt definiert:
Paragraph 2 :, Alle Beckenarten und Beckenformen unabhängig von geometrischen Definitionen wie Schwimm und Badebecken, Tauchbecken, Warmsprudelbecken etc. die für die Benützung durch mehrere Personen bestimmt sind.
Paragraph 3 :, Die Böden müssen rutschhemmende Böden aufweisen.
Paragraph 4 :, In Becken sind 100 % des Förderstroms über eine allseitige Überlaufrinne abzuführen.
Diese Forderung gilt auch für Tauchbecken die eine Fläche unter 4 m² aufweisen und bei denen es grundsätzlich zulässig wäre, auf eine Badewasseraufbereitung gemäß Bäderhygieneverordnung zu verzichten. Eine Mindestgröße für ein Becken ist nicht definiert.
Ausnahmen von der Regelung betreffen unter Anderem Rutschen-Landebecken, Tretbecken und künstliche Bachläufe. Die eingereichte Beckenform ist aus Sachverständigensicht jedoch nicht darunter. Ein Durchflussmengenmessgerät (z.B. Schwebkörper oder induktive Förderstrommessgerät) muss in der Nachspeiseleitung (Reinwasserleitung) eingebaut sein.
Paragraph 7 :, Das Beckenwasser muss einen Chlorgehalt an freiem Chlor von 0,3 bis 1,2 mg/l ausweisen.
Paragraph 32 :, Dem Becken ist Füllwasser in einer Menge zuzusetzen, dass die Vorgaben von Paragraph 7, eingehalten werden können.
Gemäß ÖNORM 6216 ist ein permanenter Durchfluss eines Tauchbeckens ohne Wasseraufbereitung wie ein Nichtschwimmerbecken auszuführen.
Sollte eine Beurteilung als Becken gewünscht sein, wird auf die Euronorm EN 15288-1 verwiesen.
Wenn seitens des Konsenswerbers eine Beurteilung als Becken erfolgen soll, kann dies erfolgen. Das eingereichte Produkt entspricht aber aus den oben angeführten Gründen den Basisforderungen des Gesetzes nicht und wäre in der eingereichten Form daher als Becken negativ zu beurteilen.
Beurteilung als Badewanne:
Da dies bei dem Lokalaugenschein ersichtlich war, wurde im Interesse des Betreibers der Begriff einer Badewanne gewählt, da nur dann eine positive Beurteilung möglich wäre und im Hinblick auf die hygienische Funktion der eingereichte Gegenstand als Badewanne anzusehen wäre, wenn keine Beurteilung als Becken erfolgen soll. Badewannen mit einer automatischen Nachspeisung auszustatten ist nicht vorgesehen. Als Badewanne ist sicherzustellen, dass eine Entleerung der Wanne nach jeder Benützung sichergestellt ist.
Es ist in gewerblichen Anlagen sicherzustellen, dass es dem Benützer möglich sein muss gefahrlos die Einrichtung zu nutzen. Aus Sicht des Sachverständigen ist als jene Norm, die den Sachverhalt im vorliegenden Fall am sinnvollsten abbildet, die EN 13451-2 anzuwenden. Diese europäische Norm regelt den Zustieg in Becken.
An einer EN Norm für öffentliche Wannen wird gearbeitet. Diese Norm soll in den nächsten Jahren kommen.
Sollte eine Abnahme auf die Nutzungssicherheit mit der Beurteilungsgrundlage EN 13451-2 zu dem schlüssig zu dem Urteil kommen, das z.B. auf den 2. Handlauf verzichtet werden kann, ist das möglich, aber entsprechend zu begründen. Es können auch geometrische Abweichungen zur EN 13451-2 (z.B. Stufenhöhen) akzeptiert werden sofern eine positive Abnahme auf die Nutzungssicherheit vor Ort unter Berücksichtigung der Art der Benützung (verschwitzte Badegäste nach einem
Saunagang mit nassen Füssen) mit der Basis-Beurteilungs-Grundlage EN 13451-2 vorliegt.
Die im Gutachten vom 19.3.2019 (sowie Gutachten vom 6.2.2018) angeführten Punkte sind daher weiterhin aufrecht. Eine abweichende Beurteilung ist fachlich nicht möglich."
Mit Schreiben vom 30.04.2019 ersuchte die Bezirkshauptmannschaft Neunkirchen den Amtssachverständigen für Bädertechnik näher auszuführen,
„weshalb
1. eine automatische Nachspeisung mit Wasserstands-Sensor und Nachfüllregelung nicht zulässig ist;
2. eine Aufstiegsleiter mit beidseitigem Handlauf gemäß ÖNORM EN 13451-2 zu errichten ist (insbesondere unter Darlegung, weshalb die ÖNORM EN 13451-2, welche nach den Angaben des Amtssachverständigen für Bädertechnik den Zustieg in "Becken" regle, auf das antragsgegenständliche Sauna-Tauchbecken anzuwenden sei, obwohl dieses nach den Ausführungen in der Stellungnahme vom 23.04.2019 als "Badewanne" und nicht als "Becken" zu qualifizieren sei);
3. eine allseitige Überlaufrinne vorhanden sein muss, um als Tauchbecken positiv beurteilt werden zu können;
4. eine schwimmergesteuerte Nachspeisung für Tauchbecken nicht zulässig ist;
5. das Sauna-Tauchbecken der Bäderhygieneverordnung unterfällt, insbesondere, welchen Tatbestand des § 1 Abs. 1 der Bäderhygieneverordnung das Sauna-Tauchbecken erfüllt (insbesondere, da eine Beurteilung des Sauna-Tauchbeckens als "Becken" nach den Angaben des Amtssachverständigen für Bädertechnik in seiner Stellungnahme vom 23.04.2019 möglich sei; das Tauch-Becken nach den Angaben des Amtssachverständigen für Bädertechnik im Gutachten vom 19.03.2019 allerdings nicht als "Becken", sondern als "Badewanne" zu beurteilen sei).“
Der Amtssachverständige für Bädertechnik hat hierüber am 21.05.2019 folgende Stellungnahme abgegeben:
"Der Begriff Badewanne ist kein Begriff aus der BHygV sondern dient
der Charakterisierung des Verfahrensgegenstandes im Hinblick auf die Größe und stellt den Versuch dar, die äußerst unübliche Wannengröße zu beschreiben. Diese Badewanne ist im Grunde nicht bäderhygienisch zu beurteilen, da sie technisch keine Haupteinrichtung nach dem Bäderhygienegesetz darstellt, auch wenn sie vom Konsenswerber so eingereicht und bezeichnet wird (augenscheinlich nur für 1 Person sinnvoll nutzbar).
1) Diese Badewanne ist im Grunde nicht bäderhygienisch zu beurteilen, da sie technisch keine Haupteinrichtung nach dem Bäderhygienegesetz darstellt, auch wenn sie vom Konsenswerber so eingereicht und bezeichnet wird.
Wenn es sich technisch um eine Badewanne handelt, ist von einer nötigen vollständigen Entleerung auszugehen, da verbleibendes Wasser ohne eine chemische Badewasseraufbereitung im Sinne einer hygienischen Vorsorge aus bädertechnischer Sicht nicht positiv beurteilt werden kann. Bei ständigem Durchlauf ist es im Hinblick auf die hygienische Gefährdung der Nachnutzer als Becken zu beurteilen, auch wenn es technische gemäß Definition der BHygV kein Becken darstellt (augenscheinlich nur für 1 Person sinnvoll nutzbar). Daher ist nach jeder Benützung eine vollständige Entleerung sicherzustellen.
2) Diese Badewanne ist im Grunde nicht bäderhygienisch zu beurteilen, da sie technisch keine Haupteinrichtung nach dem Bäderhygienegesetz darstellt, auch wenn sie vom Konsenswerber so eingereicht und bezeichnet wird.
Es erfolgt daher eine hygienische Beurteilung und sicherheitstechnische Beurteilung in Anlehnung an einen Stand der Technik der begründet zur Anwendung gelangen kann. Dazu ist der Einstieg in Anlehnung an die EN 13451-2 zu beurteilen, da diese im Gegensatz zu Baunormen auf die Betriebsverhältnisse besser anwendbar ist (Benutzung ohne Straßenschuhe, Nasse Füße).
3) Ein Becken gemäß BHygV ist per se seit 1991 einer allseitigen Überlaufrinne auszuführen, da nur so ein entsprechender Schmutzaustrag über die Oberfläche gewährleistet ist.
4) Tauchbecken können mit Badewasseraufbereitung und im Durchlauf betrieben werden. Im Durchlaufbetrieb ist ein ständiger Durchfluss sicherzustellen. (ÖNORM M 6216 (2015)). Unterbrochene Wasserzuführung ist nicht zulässig. Becken müssen die in der Bäderhygieneverordnung vorgegebenen Wasserparameter einhalten (Chlorgehalt, pH-Wert etc..). Dies ist mit reinem Füllwasser nicht möglich.
5) Die Wanne ist gemäß BHygV kein Tauchbecken, da es nicht für die Benützung durch mehrere Personen vorgesehen ist. Es wurde aber durch den Betreiber so eingereicht und auch in seiner Stellungnahme der Ansicht des ASV für Bädertechnik widersprochen. Wenn es dann als Becken zu beurteilen ist, weil es so eingereicht ist und auch so bezeichnet sein soll, ist die negative fachliche Beurteilung wie im Schreiben vom 23.4.2019 auszuführen."
Daraufhin hat die Bezirkshauptmannschaft Neunkirchen den angefochtenen Bescheid erlassen. Mit dem hier angefochtenen, *** hat die Bezirkshauptmannschaft Neunkirchen den Antrag der A Ges.m.b.H. vom 06.02.2019 auf Erteilung der gewerbebehördlichen Genehmigung für die Änderung der Betriebsanlage im Standort ***, *** (Grundstück Nr. ***, EZ ***, KG ***) durch Aufstellung und Betrieb eines Sauna-Tauchbeckens abgewiesen.
Im Wesentlichen hat sie sich dabei auf die oben zitierten Gutachten (die auch im angefochtenen Bescheid angeführt sind) gestützt.
In ihrer Begründung hat sie unter anderem Folgendes ausgeführt:
„Gemäß Paragraph eins, Absatz eins, der Bäderhygieneverordnung 2012 (BHygV 2012) ist die BHygV 2012, soweit die Absatz 2 bis 4 nichts Anderes bestimmen, auf Bäder, Warmsprudelwannen (Whirlwannen), Saunaanlagen, Warmluft- und Dampfbäder, Bäder an Oberflächengewässern und Kleinbadeteiche anzuwenden.
Gemäß Paragraph 2, Ziffer 4, BHygV 2012 sind Becken alle Beckenarten und –formen, unabhängig von geometrischen Definitionen, wie Schwimm- und Badebecken, Mehrzweckbecken, Sprungbecken, Tauchbecken, Warmsprudelbecken (Whirl Pools), Durchschreitebecken, Wat- und Tretbecken, Therapiebecken, Kinderplanschbecken und Landebecken für Wasserrutschen, die für die Benutzung durch mehrere Personen bestimmt sind; diese umfassen auch die erforderlichen Anlagen zur Aufbereitung und Desinfektion des Beckenwassers.
Auf das verfahrensgegenständliche Sauna-Tauchbecken ist das Bäderhygienegesetz bzw. die Bäderhygieneverordnung 2012 nicht anzuwenden, da das Sauna-Tauchbecken in keiner der in Paragraph eins, Absatz eins, Ziffer eins bis 8 des BHygG und der in Paragraph eins, Absatz eins, BHygV 2012 aufgezählten Kategorien fällt und das Sauna-Tauchbecken entgegen der Definition des Begriffs "Becken" in Paragraph 2, Ziffer 4, BHygV 2012 auch nicht für die Benutzung durch mehrere Personen bestimmt ist.
Die verfahrensgegenständliche Betriebsanlagenänderung (Aufstellung und Betrieb eines Sauna-Tauchbeckens) bedarf nach Paragraph 81, Absatz eins, GewO 1994 einer gewerbebehördlichen Bewilligung, da diese Betriebsanlagenänderung geeignet ist das Leben oder die Gesundheit der Kunden gemäß Paragraph 74, Absatz 2, Ziffer eins, GewO 1994 zu gefährden. Gefährdungen können insbesondere von mangelhafter Hygiene und einem unsicheren (rutschigen) Ein- und Ausstieg in das Sauna-Tauchbecken ausgehen.
Das Sauna-Tauchbecken entspricht nicht dem Stand der Technik i.S.d. Paragraph 71 a, GewO 1994, da
1. Einstieg und Ausstieg in das Sauna-Tauchbecken ungeeignet sind:
Für eine gefahrlose Beckenbenützung wäre nach dem Gutachten des bädertechnischen Amtssachverständigen eine Aufstiegsleiter gemäß ÖNORM EN 13451-2 mit beidseitigem Handlauf zu errichten und die Einstiegsstufe in die Badewanne im Inneren rutschhemmend (Rutschhemmungsklasse C nach DIN 51097 oder mit einem Grenzwinkel über 24° nach EN 13451-1) auszuführen.
2. eine Beckenentleerung durch die Becken-Benützer nicht sichergestellt ist:
Im Sauna-Tauchbecken verbleibendes Wasser ist im Sinne einer hygienischen Vorsorge ohne eine chemische Badewasseraufbereitung nach dem Gutachten des bädertechnischen Amtssachverständigen unzulässig. Zur Sicherstellung der hygienischen Anforderungen an das Sauna-Tauchbecken wäre die automatische Wannennachspeisung stillzulegen und eine vollständige Beckenentleerung direkt durch den Benützer nach jeder Benützung sicherzustellen.
Die "Sache", über die die Bezirkshauptmannschaft Neunkirchen im Genehmigungsverfahren zu entscheiden hat, wird durch das Genehmigungsansuchen bestimmt vergleiche VwGH 10.12.1991, 91/04/0185, 0186). Im gewerberechtlichen Genehmigungsverfahren sind die Einreichunterlagen zugrunde zu legen und diese auf ihre Genehmigungsfähigkeit zu prüfen. Dementsprechend umfasst die behördliche Genehmigung auch nur das in diesen Unterlagen beschriebene Projekt vergleiche VwGH 06.03 2013, 2012/04/0017; VwGH 22.04.2015, 2012/04/0130).
Aus dem Grundsatz der Antragsbedürftigkeit der Betriebsanlagengenehmigung ist zu erschließen, dass das Vorhaben (das Genehmigungsansuchen) durch Auflagen nur soweit modifiziert werden darf, dass dieses in seinem Wesen unberührt bleibt (VwGH 17.09.1982, 81/04/0036; VwGH 08.10.1996, 94/04/0205).
Kann das Vorhaben ohne eine wesensverändernde Auflage Kann das Vorhaben ohne eine wesensverändernde Auflage nicht bewilligt werden, so ist der Antrag abzuweisen vergleiche Hengstschläger/Leeb, AVG Paragraph 59, (Stand 1.7.2005, rdb.at) Rz. 32).
Die von der verfahrensgegenständlichen Betriebsanlagenänderung ausgehenden Gefährdungen (insbesondere die mangelhafte Hygiene) können durch die Erteilung von Auflagen nicht vermieden werden vergleiche Paragraph 71 a, Absatz eins, GewO 1994), da die für eine Vermeidung der Gefährdungen erforderlichen Auflagen (Stilllegung der automatischen Wannennachspeisung und Sicherstellung einer vollständigen Beckenentleerung direkt durch den Benützer nach jeder Benützung) das Wesen des Genehmigungsansuchens (Sauna-Tauchbecken) berühren würden und die Vorschreibung solcher wesensverändernder Auflagen unzulässig ist.
Da die von der verfahrensgegenständlichen Betriebsanlagenänderung ausgehenden Gefährdungen durch die Aufstellung eines Sauna-Tauchbeckens nur durch die Erteilung von wesensverändernden Auflagen vermieden werden können, war der Antrag auf Genehmigung einer Betriebsanlagenänderung durch Aufstellung und Betrieb eines Sauna-Tauchbeckens abzuweisen.
Selbst wenn auf das Sauna-Tauchbecken – entgegen der rechtlichen Beurteilung der Bezirkshauptmannschaft Neunkirchen – das BHyG bzw. die BHygV 2012 anwendbar wäre, wäre das Sauna-Tauchbecken in der eingereichten Variante nicht bewilligungsfähig, da
1. das Sauna-Tauchbecken die in der BHygV 2012 vorgegebenen Wasserparameter (vgl. insbesondere § 7 BHygV 2012) einhalten müsste, was mit reinem Füllwasser nicht möglich ist und durch eine schwimmergesteuerte Nachspeisung des Sauna-Tauchbeckens auch nicht sichergestellt werden kann,
2. nach § 4 Abs. 2 BHygV 2012 100 % des Förderstroms über eine allseitige Überlaufrinne (vgl. auch § 24 Abs. 3 BHygV 2012) abzuführen wäre, da nur so ein entsprechender Schmutzaustrag über die Oberfläche gewährleistet ist, eine solche allseitige Überlaufrinne im eingereichten Projekt jedoch nicht vorgesehen ist.
Die Erteilung von Auflagen dahingehend, dass die in Paragraph 7, BHygV 2012 normierten Wasserparameter eingehalten werden müssen, eine allseitige Überlaufrinne zu errichten ist und die automatische Wannennachspeisung stillzulegen ist und eine vollständige Beckenentleerung direkt durch den Benützer nach jeder Benützung sicherzustellen ist, würde wiederrum das Wesen des Genehmigungsansuchens (Sauna-Tauchbecken) berühren. Solche wesensverändernden Auflagen sind allerdings – wie bereits weiter oben näher ausgeführt – unzulässig, weshalb der Antrag auf Genehmigung einer Betriebsanlagenänderung durch Aufstellung und Betrieb eines Sauna-Tauchbeckens auch abzuweisen wäre, wenn auf das Sauna-Tauchbecken das BHyG bzw. die BHygV 2012 anzuwenden wäre.“
2. Zum Beschwerdevorbringen:
Dagegen hat die Beschwerdeführerin innerhalb offener Frist Beschwerde erhoben und die Aufhebung des angefochtenen Bescheides und die Erteilung der beantragten Genehmigung beantragt.
Begründend führte die Beschwerdeführerin aus, dass das von der Beschwerdeführerin beantragte Tauchbecken weder eine Badewanne, noch ein Becken darstelle und somit ein nicht gesetzlich geregelter Sachverhalt vorliege.
Die rechtliche Beurteilung habe durch die belangte Behörde zu erfolgen.
Ein Becken wäre die Anlage gemäß Paragraph 2, der Bäderhygieneverordnung dann, wenn sie zur Benützung durch mehrere Personen konzipiert wurde. Da dies nicht der Fall sei, sei die Anlage kein Becken.
Damit entfallen schon vorab die Anwürfe, dass bei der Anlage die gemäß Paragraph 7, Bäderhygienegesetz genannten Wasserparameter einzuhalten seien sowie
eine allseitige Überlaufrinne notwendig wäre.
Eine Badewanne sei ebenfalls nicht gegeben: die Anlage diene nicht nur einem anderen Zweck als der Körperreinigung von Personen, sondern sei als solche nach den Angaben des bäderhygienischen Amtssachverständigen gar nicht zu beurteilen, da sie keine Haupteinrichtung nach dem Bäderhygienegesetz darstelle. Die Anlage werde im Gegensatz zu einer Badewanne mit Kaltwasser gefüllt, sei nicht zum dauerhaften Verweilen der Gäste konzipiert worden und es würden in der Anlage auch keine „Waschtätigkeiten“ von Benutzern wie in einer Badewanne erfolgen.
Völlig unverständlich sei die Auflage zur Montage einer „Aufstiegsleiter mit
beiderseitigem Handlauf“. Gerade diese Abänderung würde eine wesentlich größere Gefahr für Leib- und Leben von Saunagästen mit nassen Füßen bedeuten, als die bei der Anlage angebrachte Einstiegshilfe, die keine Stiege und auch keine Stufen darstelle. Kurze Aufstiegshilfen seien vergleichsweise auch in Büros (um zB. obere Regale zu erreichen) genehmigungsfrei zulässig, da von diesen auch keine erhöhte Gefährdung ausgehe.
Die gesamte Anlage sei lediglich 112 cm hoch. Ohne bis über den Beckenrand reichenden Handlauf sei ein Einstieg wesentlich leichter möglich, da sich der Saunagast dann am Beckenrand anhalten könne. Die Montage einer Aufstiegsleiter samt Handlauf, welche gesamt ca. 100 cm über Höhe des Beckenrandes messen müsste, wäre als solches jedenfalls gefahrerhöhend, da
- der Saunagast sicherlich mit nassen Füßen leichter von einer Leiter, als von der
angebrachten Einstiegshilfe rutschte,
- der Saunagast die gesamte Leiter übersteigen müsste sowie
- durch die – hier hinderlichen - Handläufe dem Saunagast vollständig die Möglichkeit
genommen werde, sich beim Einstieg/Überstieg des Randes am Rand festzuhalten.
Ferner sei die Forderung der Behörde auch schon rein statisch nicht umsetzbar: Die Anlage habe ohne Aufstiegsleiter eine Höhe von 112 cm. Mit der Aufstiegsleiter, die man wohl seitlich montieren müsste, würde diese in eine Höhe von ca. 190 cm reichen und wäre damit noch zusätzlich eine massive Kippgefahr der Anlage verbunden. Dies könne wohl nicht die Lösung im Sinne der GewO zur Verminderung von Gefahren sein.
Zu „Füllmenge/Wasseraustauch/Nachspeisung/Entleerung“ führte die Beschwerdeführerin aus:
„Da sich aus den zugrundeliegenden Erhebungen diesbezüglich gar kein Hinweis entnehmen lässt, versucht die BF eine eigene Berechnung:
Die Anlage misst außenseitig eine Höhe von 112 cm, eine (Außen)breite von 100 cm und eine (Außen)tiefe von 72 cm. Die Überlaufrinne liegt etwa 20 cm unterhalb der Oberkante des Wannenrandes; die Wandstärke wird mit etwa 5 cm angenommen. Ferner hat die Anlage eine ovale Form, weshalb der Rauminhalt um 20% gekürzt wird.
Daraus folgert: 0,92 (m) x 0,9 (m) x 0,62 (m) x 0,8 (% - Kürzung wegen ovaler
Form) ergeben 0,41 qm Wasser (rund 410 Liter).
Gemäß Beschreibung der Anlage kann der Zulauf so eingestellt werden, dass pro Gast 100 Liter Wasser erneuert werden; hinzu kommen rund 10 Liter des durch den Saunagast verdrängten Wassers.
Dies bedeutet, dass pro Gast ohnedies rund 25% des Wassers vollständig ausgetauscht werden, weshalb die Forderung nach einer vollständigen Entleerung
der Anlage nach jedem Gast völlig überzogen ist.
In Anbetracht der Konzeption der Anlage für einen einzelnen Gast ist ein solcher
Wasservolltausch auch gar nicht notwendig; dies hätte die Behörde leicht durch Einholung eines wasserhygienischen Gutachtens klären können.“
Dass deswegen, weil „eine automatische Nachspeisung bei Wannen nicht vorgesehen sei“ gleichzeitig eine wasserhygienische Unzulässigkeit der Anlage vorliege, sei dem Gesetz nicht zu entnehmen; ferner stellt die Anlage in Deutschland offenbar kein Problem dar, da diese dort im gewerblichen Bereich problemlos aufgestellt werden könne.
Eine automatische Nachspeisung werde vom österreichischen Gesetzgeber für größere anlagen als ausreichend empfunden, andernfalls es diese automatische Nachspeisung in großen Becken nicht gäbe. Große Becken seien aus hygienischer Sicht wesentlich sensibler als Badewannen.
Die belangte Behörde hätte die Frage prüfen müssen, ob der vorhandene Überlauf aufgrund der minimalistischen Große der Anlage ausreichend ist. Dies werde dem Amtssachverständigen ohne konkrete Wasseranalysen kaum möglich sein.
Da aber die Anlage kein Becken darstellt, unterliege sie nicht der Bäderhygieneverordnung, weshalb auch kein Auslauf rund um das Becken vorhanden sein müsse.
Aber selbst für den Fall, dass die Behörde diesen Auslauf fordern müsste, werde darauf hingewiesen, dass es nur auf die relevante Gesamtwasseroberfläche ankommen kann, welche es - als Schmutzwasser - abzutragen gelte. Der Nachspeisemechanismus entspreche dem Stand der Technik, da es sich hierbei um ein völlig neuartiges Produkt handle.
Die Oberfläche des Wassers in der Anlage betrage (0,9 m römisch zehn 0,62 m) rund 0,55
Quadratmeter. Es werde bezweifelt, dass eine Reinigung durch Abtragung
des Oberflächenwassers nur durch eine vollständig umlaufende Rinne bewerkstelligt werden könne.
Der geforderte Selbstauslass durch den Saunagast (=Entleerung und Neubefüllung) stelle eine von der belangten Behörde verlangte massive Wasserverschwendung von 450 Litern dar und sei vielleicht für Badewannenbetriebe sinnvoll und notwendig, aber sicherlich nicht für eine Anlage, in deren eiskaltes Wasser ein Saunagast 70 bis 20 Sekunden eintauche, um sich abzukühlen.
Die Anlage wäre daher betriebsanlagenrechtlich ohne irgendeine Wesensänderung in ihrer konzipierten Form zu genehmigen gewesen.
3. Zum durchgeführten Ermittlungsverfahren:
Das NÖ LVwG hat in den vorgelegten Verwaltungsakt sowie in die Vorakten *** und *** Einsicht genommen.
Auf Anfrage des NÖ LVwG hat der bäderhygienische Amtssachverständige D am 19.11.2019 mitgeteilt, dass selbst bei einem 100% -igen Wasseraustausch pro Stunde ohne vollständige Entleerung der Wanne kein vollständiger Austausch des abgebadeten Wassers erfolge. Daher sei ohne Desinfektionsmaßnahmen (Z.B. Chlorzugabe) auch in diesem Fall kein vollständiger Bakterienaustrag möglich. Dies gelte umso mehr, wenn - wie laut vorgelegter Berechnung - nur ein 25%-iger Austausch erfolgen solle.
Mit Schreiben vom 19.02.2020 hat das NÖ LVwG die Beschwerdeführerin um Übermittlung allfälliger Genehmigungsbescheide für derartige Sauna-Tauchbecken österreichischer Behörden ersucht - mit dem Hinweis, dass eine dazu allfällig erfolgte medizinische Beurteilung relevant wäre. Falls von deutschen Behörden (oder sonstigen Behörden im EU-Raum) allenfalls medizinische Beurteilungen vorlägen, werde ebenfalls um Übermittlung ersucht.
Mit Schreiben vom 19.02.2020 hat das NÖ LVWG den medizinischen Amtssachverständigen um Erstattung eines Gutachtens zu folgenden Fragen ersucht:
„Ist bei projektgemäßem Betrieb mit Gefahren für Leben und/oder Gesundheit und/oder einer Beeinträchtigung der Gesundheit von Kunden zu rechnen? Der bäderhygienische Amtssachverständige hat insbesondere darauf hingewiesen, dass es bei der vorgesehenen automatischen Wassernachspeisung zu einer hygienischen Gefährdung der Nachnutzer kommt. Welche konkreten Gefahren liegen vor?
Ist bei projektgemäßem Betrieb eine Gefährdung der Gesundheit beim Ein- und Ausstieg in das Sauna-Tauchbecken für einen durchschnittlichen Kunden des Betriebes zu erwarten?
Können allfällige Gefährdungen des Lebens oder der Gesundheit oder Beeinträchtigungen der Gesundheit durch die Vorschreibung von Auflagen vermieden werden? Wenn ja, welche?
Die Beschwerdeführerin hat vorgebracht, dass derartige Anlagen vom deutschen Hersteller verkauft würden und deren Betrieb in der EU, insbesondere in Deutschland so genehmigt würden. Ob und wo eine derartige Anlage für einen gewerblichen Betrieb (z.B. Fitnessstudio) in Österreich bereits genehmigt wurde, ist nicht bekannt.“
Mit Schreiben vom 13.03.2020 hat die Beschwerdeführerin mitgeteilt, dass es in Österreich keine weiteren gewerblichen Betriebe gäbe, die ein ähnliches Becken aufgestellt hätten. Daher gäbe es auch keine analoge Genehmigung einer anderen Bezirkshauptmannschaft.
Der medizinische Amtssachverständige E hat mit Schreiben vom 15.06.2020 folgendes Gutachten erstattet:
„Gutachten
Trinkwasser (Wasser, das den Anforderungen der Trinkwasserverordnung entspricht) ist per Definition keimarmes Wasser und es ist davon auszugehen, dass Trinkwasser im konkreten Fall als Füllwasser für das Tauchbecken verwendet wird.
Wird das Tauchbecken von einem Gast benutzt, hat das Wasser im Tauchbecken keine Trinkwasserqualität mehr.
Der menschliche Körper besteht aus 1011 bis 1² Zellen und ist von 1013 bis 14 Bakterien besiedelt (die Bakterien haben eine Masse von ca. 1 kg). Der menschliche Körper kann zusätzlich auch von Viren und Pilzen besiedelt sein. Möglich ist auch eine Besiedlung mit Parasiten, wobei eine parasitäre Normalflora nicht existiert.
Besiedlungen dieser Art weisen alle Menschen auf, egal ob sie nun gesund oder krank sind.
Das Zusammenleben (zwischen Mensch und Mikrobe) passiert dabei auf unterschiedlicher Art:
Mutualismus = beide profitieren
Kommensalismus = weder Schaden noch Nutzen
Parasitismus = Nutzen des einen zulasten des anderen (Infektion)
Jeden Menschen kennzeichnet seine eigene residente Flora (die Keime, die sich auf und in dieser Person dauerhaft aufhalten = Normalflora, wobei nicht jeder Mensch andere Keime, andere Bakterienstämme am oder im Körper trägt, was sich unterscheidet sind die individuellen Mengenverhältnisse am oder im Körper) und eine transiente Flora (Keime die diese Person nur vorübergehend besiedeln).
Eine Besiedelung dieser Art ist normal und ohne einer solchen käme es zu keiner Ausbildung eines kompetenten Immunsystems, so weisen keimfrei aufgezogene (gnotobiotische) Versuchstiere mehr oder weniger deutliche Immunschwächezustände auf.
Nach dem Eintauchen des menschlichen Körpers ins Wasser (und sei dies auch nur für ein paar Sekunden) treten Keime von der Haut, den Augen, den Ohren, der Mundhöhle und des Gastrointestinaltrakts in das Wasser über. Derartiges ist unvermeidbar.
Aufgrund dieser Tatsache ist das Badewasser in Hallen- und künstlichen Freibäder aufzubereiten und zu desinfizieren und zusätzlich ist es sinnvoll, dass sich Badegäste vor dem Baden duschen, um so den Keimeintrag ins Badewasser zu reduzieren.
Die Vorlage bzw. die Einholung oder die Vorschreibung eines wasserhygienischen Gutachtens, wie im konkreten Fall vom Beschwerdeführer verlangt, ist aus fachlicher Sicht entbehrlich, da jedenfalls von einer erhöhten bzw. einer höheren Keimzahl im (mehrfach) benutzten Wasser des Tauchbeckens auszugehen ist.
Stellt nun ein Keimeintrag eine Gefahr für die Gesundheit dar? Nicht zwangsläufig.
Viele Keime, die im Rahmen der Nutzung des Tauchbeckens eingebracht werden, sind für den Nachnutzer harmlos, da sie nicht als pathogen (krankmachend) zu bezeichnen sind. Es gibt aber fakultativ (möglicherweise) pathogene und obligat (jedenfalls) pathogene Keime, die durch das Wasser übertragen werden können.
In Anbetracht der gegenwärtigen Situation folgt eine Abhandlung über Viren.
Diese Informationen sind dem Buch „Umweltvirologie, Viren in Wasser und Boden“ von Prof. Renate Walter (Hrsg.), Springer Verlag, 2000 und der Homepage des Sozialministeriums entnommen.
Viren sind häufiger Ursache von Badeinfektionen als alle anderen im Badewasser auftretenden Krankheitserreger.
Der Aufenthalt in einem Beckenbad kann zur Virusübertragung direkt über das Badewasser, aber auch über Nebenpfade, wie z.B. enger persönlicher Kontakt und gemeinsame Benutzung von Handtüchern und anderen feuchten Gegenständen des Badebedarfes, führen.
Relevant sind Viren die unmittelbar vom Körper des Badenden abgespült werden. Die beiden wichtigsten Virengruppen sind Adeno- und Warzenviren.
Warzenviren sind wahrscheinlich die häufigsten Infektionserreger in Beckenbädern. Die während eines längeren Aufenthalts im Wasser eintretende Aufweichung der Haut begünstigt den Austritt der Viren ins Wasser. Im konkreten Fall ist dies aber aufgrund des nur kurzen Aufenthalt im Tauchbecken nicht zu erwarten, daher werden Infektionen durch Warzenviren nicht weiter betrachtet.
Adenoviren können aus der Rachenschleimhaut und von den Augenbindehäuten infizierter Saunabesucher in das Wasser des Tauchbeckens abgegeben werden. Adäquate Chlorung verhindert diese Erkrankung konsequent, da Adenoviren bei einer Chlorkonzentration von 0,2 mg/l freies Chlor inaktiviert werden.
Seit es Beckenbäder gibt, ist diese Badekrankheit bekannt. Die fieberhafte Allgemeinerkrankung, welche mit Rachenentzündung, Schnupfen und doppelseitiger Augenbindehautentzündung einhergeht, wird auch als „Swimming pool eyes“ bezeichnet. Sie wird von Adenoviren Typ 3 und 4 und einigen anderen Viren ausgelöst.
Der Empfehlung zur Wiedereröffnung von Einrichtungen nach dem Bäderhygienegesetz (BHygG) und der Bäderhygieneverordnung 2012 (BHygV 2012) unter dem Gesichtspunkt vorläufiger Maßnahmen zur Verminderung der Verbreitung von COVID-19 des Bundesministeriums für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz vom 19. Mai 2020 ist zu entnehmen, dass aufgrund der fehlenden Datenlage zwar nicht klar ist ob eine Infektion mit dem neuen Virus SARS-CoV-2 beim Baden (über Wasser/Luft/Kontakt von Person zu Person) in Beckenbädern, Kleinbadeteichen und Oberflächengewässer möglich ist, dass aber davon auszugehen ist, dass das Infektionsrisiko im Badewasser gering ist, wenn die Bestimmungen des Bäderhygienegesetzes, der Bäderhygieneverordnung und der Badegewässerverordnung eingehalten werden.
Dabei wird darauf hingewiesen, dass zusätzliche Maßnahmen im Zusammenhang mit COVID-19, wie die Beschränkung der Anzahl der Personen in Einrichtungen nach dem BHygG sinnvoll sind, wobei die Beschränkung der Anzahl der Badenden in Badewasser ohne Desinfektion weitergehend erfolgen sollte, als im aufbereiteten und desinfizierten Badewasser.
Beim Baden in Naturbadeseen sollten daher die Badenden im nicht aufbereitet und nicht desinfizierten Wasser auf einen Abstand von 3-4 m achten.
Diese Empfehlungen dienen der Reduzierung eines Ansteckungsrisikos, Ziel ist es Einrichtungen gemäß Bäderhygienegesetz, Bäderhygieneverordnung und Badegewässerverordnung wieder zugänglich zu machen, der gänzliche Ausschuss eines Ansteckungsrisikos ist nicht möglich und daher auch nicht das Ziel dieser Empfehlung.
Gemäß Gewerbeordnung gilt:
Die Betriebsanlage ist zu genehmigen, wenn nach dem Stand der Technik (Paragraph 71 a,) und dem Stand der medizinischen und der sonst in Betracht kommenden Wissenschaften zu erwarten ist, dass überhaupt oder bei Einhaltung der erforderlichenfalls vorzuschreibenden bestimmten geeigneten Auflagen die nach den Umständen des Einzelfalles voraussehbaren Gefährdungen im Sinne des Paragraph 74, Absatz 2, Ziffer eins, vermieden und Belästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteilige Einwirkungen im Sinne des Paragraph 74, Absatz 2, Ziffer 2 bis 5 auf ein zumutbares Maß beschränkt werden.
Unter einer gewerblichen Betriebsanlage ist jede örtlich gebundene Einrichtung zu verstehen, die der Entfaltung einer gewerblichen Tätigkeit nicht bloß vorübergehend zu dienen bestimmt ist.
(2) Gewerbliche Betriebsanlagen dürfen nur mit Genehmigung der Behörde errichtet oder betrieben werden, wenn sie wegen der Verwendung von Maschinen und Geräten, wegen ihrer Betriebsweise, wegen ihrer Ausstattung oder sonst geeignet sind,
1. das Leben oder die Gesundheit des Gewerbetreibenden, der nicht den Bestimmungen des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes, Bundesgesetzblatt Nr. 450 aus 1994,, in der jeweils geltenden Fassung, unterliegenden mittätigen Familienangehörigen oder des nicht den Bestimmungen des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes, Bundesgesetzblatt Nr. 450 aus 1994,, in der jeweils geltenden Fassung, unterliegenden mittätigen eingetragenen Partners, der Nachbarn oder der Kunden, die die Betriebsanlage der Art des Betriebes gemäß aufsuchen, oder das Eigentum oder sonstige dingliche Rechte der Nachbarn zu gefährden; als dingliche Rechte im Sinne dieses Bundesgesetzes gelten auch die im Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 4, Litera g, angeführten Nutzungsrechte
Im konkreten Fall muss davon ausgegangen werden, dass das gegenständliche Tauchbecken, in der Art und Weise wie es betrieben werden soll, geeignet ist, das Leben oder die Gesundheit der Kunden zu gefährden bzw. können voraussehbaren Gefährdungen nicht in dem Ausmaß vermieden werden wie das nach Gewerbeordnung erforderlich ist.
Die Gefährdung erfolgt über einen allfälligen Eintrag von fakultativ oder obligat krankmachenden Keimen ins Wasser des Tauchbeckens durch den Nutzer, wobei diese nicht offensichtlich krank sein müssen (so geht man davon aus, dass bis zu 40 % der an COVID Erkrankten symptomlos sind), aber auch eine (leichte) Erkrankung hindert manche Menschen nicht davor ins Bad oder ins Fitnesscenter zu gehen und es ist daher nicht auszuschließen, dass jemand der an einer Adenovirus-Keratokonjunktivitis leidet das Sauna-Tauchbecken benützt.
Aufgrund der fehlenden Chlorung werden die ins Wasser eingebrachten Adenoviren nicht abgetötet und die unvollständige Wasserentleerung mit Frischwasserzugabe führt maximal zu einem Austrag einer gewissen Anzahl an Viren, wobei aber davon auszugehen ist, dass ein großer Rest der eingebrachten Viren im Becken verbleibt.
Die minimal infektiöse Virusdosis von Adenovieren wird mit < 150 TCD50 (TCD = Tissue Culture Dosis) angegeben.
Aus der Epidemiologie bakterieller Wasserepidemien ist bekannt, dass unter natürlichen Bedingungen die minimal infektiöse Dosis wahrscheinlich noch geringer ist als die die in experimentellen Studien ermitteln wurde.
In Österreich besteht gemäß den Vorgaben der Gewerbeordnung ein sehr hohes Schutzniveau, was die Gesundheit der Kunden betrifft.
Ein Umstand der den Kunden auch bewusst ist und daher gehen diese auch (zu Recht) von einem sehr hohen Sicherheitsniveau in gewerblichen Einrichtungen aus.
Das Eintauchen in ein Tauchbecken, das kein desinfiziertes Wasser enthält, das nach Benützung nur teilweise entleert wird, stellt ein potentielles Risiko für die Gesundheit dar, wobei der Kunde ein solches Risiko keinesfalls antizipiert.
Die Benützung einer derartigen Einrichtung erfolgt vom durchschnittlichen Kunden daher im guten Glauben, dass alles unternommen wird um sie oder ihn vor einer etwaigen Infektion zu schützen.
Die Fragen des Gerichts sind daher wie folgt zu beantworten:
Ist bei projektgemäßem Betrieb mit Gefahren für Leben und/oder Gesundheit
und/oder einer Beeinträchtigung der Gesundheit von Kunden zu rechnen? Der
bäderhygienische Amtssachverständige hat insbesondere darauf hingewiesen, dass es bei der vorgesehenen automatischen Wassernachspeisung zu einer hygienischen Gefährdung der Nachnutzer kommt. Welche konkreten Gefahren liegen vor?
Bei projektgemäßem Betrieb sind Gefahren für Leben und/oder Gesundheit und/oder eine Beeinträchtigung der Gesundheit von Kunden zu erwarten. Die konkrete Gefahr liegt darin, dass es zu einem Keimeintrag ins Wasser kommt, die eingetragenen Keime können fakulativ pathogen oder obligat pathogen sein und können Krankheiten bei einem späteren Benützer des Tauchbeckens verursachen.
Die Gefahr resultiert aus der Tatsache, dass das Badewasser im Tauschbecken weder desinfiziert noch nach jedem Badegast zur Gänze ausgetauscht wird.
Exemplarisch wurde das im vorliegenden Gutachten an Viruserkrankungen dargestellt, es sind aber auch Erkrankungen durch Bakterien und Parasiten möglich.
Ist bei projektgemäßem Betrieb eine Gefährdung der Gesundheit beim Ein- und
Ausstieg in das Sauna-Tauchbecken für einen durchschnittlichen Kunden des
Betriebes zu erwarten?
Der Ein- und Ausstieg in das Sauna-Tauchbecken stellt eine sicherheitstechnische Einrichtung dar. Es wird in diesem Zusammenhang auf die Ausführungen des Amtssachverständigen für Bädertechnik verwiesen.
(Erläuterung: im Rahmen von Begutachtungen bei bäderhygienischen Belangen sieht das Gesetze vor, dass in der behördlichen Kontrolle Amtsärzte in Zusammenarbeit mit geeigneten technischen Amtssachverständigen tätig werden.
Im ArbeitnehmerInnenschutzgesetz, wo Arbeitsmediziner gemeinsam mit Sicherheitsfachkräften im Präventivdienst tätig sind, wird zur Arbeitsteilung unter anderem folgendes ausgeführt:
● Sicherheitsfachkräfte sind z.B. bei Fragen der Unfallverhütung beizuziehen und bei der Ermittlung und Beurteilung der Gefahren;
● Arbeitsmediziner sind in allen Fragen der Erhaltung und Förderung der Gesundheit am Arbeitsplatz hinzuzuziehen und bei der Verhinderung arbeitsbedingter Erkrankungen;
Natürlich sind diese Grenzen fließend und überlappen sich mehr oder weniger deutlich, im konkreten Fall wird aus fachlicher Sicht aber die Zuständigkeit für die Beurteilung der Sicherheit des Ein- und Ausstieg in das Sauna-Tauchbecken beim bädertechnischen Amtssachverständigen gesehen.)
Können allfällige Gefährdungen des Lebens oder der Gesundheit oder
Beeinträchtigungen der Gesundheit durch die Vorschreibung von Auflagen
vermieden werden? Wenn ja, welche?
Es bedarf entweder einer Dauerchlorung des Badewassers oder des vollständigen Wechsels des Wassers nach jedem Tauchgang bzw. nach jeder Benützung. Hierzu erforderlich ist eine Änderung des Projekts mit einer neuerlichen Begutachtung. Ob das augenscheinlich vorhandene Tauchbecken überhaupt dahingehend modifiziert werden kann ist fraglich und wäre zu klären. Über Auflagen können die offensichtlichen Mängel nicht behoben werden.
Die Beschwerdeführerin hat vorgebracht, dass derartige Anlagen vom deutschen
Hersteller verkauft würden und deren Betrieb in der EU, insbesondere in Deutschland so genehmigt würden. Ob und wo eine derartige Anlage für einen gewerblichen Betrieb (z.B. Fitnessstudio) in Österreich bereits genehmigt wurde, ist nicht bekannt.
Der Betrieb einer derartigen Anlage in Österreich ist mir nicht bekannt.
Auch ist mir nicht bekannt, ob derartige Anlage in Deutschland tatsächlich von Behörden (in gewerblichen Verfahren) bewilligt werden. Die diesbezügliche Aussage findet sich auf dem beiliegenden Werbeprospekt.
Der Rechtsanwalt des Beschwerdeführers schreibt in seiner Beschwerde vom 26. Juni 2019:
„… Dass deswegen, weil „eine automatische Nachspeisung bei Wannen nicht vorgesehen sei“ gleichzeitig eine wasserhygienische Unzulässigkeit der Anlage vorliege, ist dem Gesetz – dessen Regelungen auf die Anlage schon per se nicht zutreffen (siehe oben) – ebenfalls nicht zu entnehmen; ferner stellt die Anlage in Deutschland offenbar kein Problem dar, da diese dort im gewerblichen Bereich problemlos aufgestellt werden kann.“
Beispiele bzw. Beweise für diese Aussage liegen dem Schreiben bzw. dem Akt nicht bei. Aufgrund der fehlenden Kenntnis der gesetzlichen Lage und der behördlichen Vorgehensweise in Deutschland wird aber nicht ausgeschlossen, dass Deutschland bei gewerblichen Anlagen andere Maßstäbe ansetzt als Österreich und somit Tauchbecken dieser Art daher tatsächlich genehmigungsfähig sind.
Das ändert aber nichts daran, dass die Gewerbeordnung in Österreich einen weitest gehenden Ausschluss einer Gesundheitsgefährdung einfordert und sich nicht mit einer bloßen Risikominimierung (welcher Art auch immer) begnügt.“
Mit Schreiben vom 16.06.2020 hat das NÖ LVwG den Verfahrensparteien
- den Aktenvermerk vom 19.11.2019 (betreffend die Stellungnahme des bäderhygienischen Amtssachverständigen)
- das Gutachtensersuchen an den medizinischen Amtssachverständigen E vom 19.02.2020
- das Schreiben des LVwG NÖ an die A Ges.m.b.H. vom 19.02.2020
- das Schreiben der A Ges.m.b.H. vom 13.03.2020
- das Gutachten des medizinischen Amtssachverständigen vom 15.06.2020
zur Kenntnis und allfälligen Stellungnahme innerhalb von 3 Wochen ab Zustellung dieses Schreiben übermittelt mit dem Hinweis, dass aufgrund der Stellungnahme des medizinischen Amtssachverständigen E beabsichtigt sei, die Beschwerde abzuweisen.
Mit Schreiben vom 19.06.2020 hat die Beschwerdeführerin auf die Durchführung einer Beschwerdeverhandlung verzichtet und sonst keine weitere Stellungnahme mehr abgegeben.
4. Feststellungen:
Betreffend den Verfahrensablauf wird auf die Ausführungen zu Punkt 1 und 3. verwiesen.
Bei projektgemäßem Betrieb sind Gefahren für Leben und/oder Gesundheit und/oder eine Beeinträchtigung der Gesundheit von Kunden zu erwarten. Diese können durch die Vorschreibung von Auflagen nicht vermieden werden.
5. Beweiswürdigung:
Der Verfahrensablauf ergibt sich aus dem vorgelegten Verfahrensakt. Die zu erwartende Gesundheits- bzw. Lebensgefahr gründet sich auf die Ausführungen des medizinischen Amtssachverständigen in seinem Gutachten vom 15.06.2020. Diesen Ausführungen ist die Beschwerdeführerin nicht mehr entgegengetreten. Insbesondere hat sie auch die zunächst behaupteten Genehmigungen diverser anderer Behörden revidiert.
6. Erwägungen:
Gemäß Paragraph 28, Absatz eins, VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.
Gewerbliche Betriebsanlagen dürfen gemäß Paragraph 74, Absatz 2, Ziffer eins, GewO nur mit Genehmigung der Behörde errichtet oder betrieben werden, wenn sie wegen der Verwendung von Maschinen und Geräten, wegen ihrer Betriebsweise, wegen ihrer Ausstattung oder sonst geeignet sind, das Leben oder die Gesundheit der Kunden, die die Betriebsanlage der Art des Betriebes gemäß aufsuchen.
Gemäß Paragraph 77, Absatz eins, GewO ist die Betriebsanlage ist zu genehmigen, wenn nach dem Stand der Technik (Paragraph 71 a,) und dem Stand der medizinischen und der sonst in Betracht kommenden Wissenschaften zu erwarten ist, dass überhaupt oder bei Einhaltung der erforderlichenfalls vorzuschreibenden bestimmten geeigneten Auflagen die nach den Umständen des Einzelfalles voraussehbaren Gefährdungen im Sinne des Paragraph 74, Absatz 2, Ziffer eins, vermieden und Belästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteilige Einwirkungen im Sinne des Paragraph 74, Absatz 2, Ziffer 2 bis 5 auf ein zumutbares Maß beschränkt werden.
Paragraph 81, GewO bestimmt Folgendes:
Wenn es zur Wahrung der im Paragraph 74, Absatz 2, umschriebenen Interessen erforderlich ist, bedarf auch die Änderung einer genehmigten Betriebsanlage einer Genehmigung im Sinne der vorstehenden Bestimmungen. Diese Genehmigung hat auch die bereits genehmigte Anlage so weit zu umfassen, als es wegen der Änderung zur Wahrung der im Paragraph 74, Absatz 2, umschriebenen Interessen gegenüber der bereits genehmigten Anlage erforderlich.
Die Bezirkshauptmannschaft Neunkirchen hat die relevanten Bestimmungen der Bäderhygieneverordnung angeführt und dargestellt, dass und warum ihrer Rechtsansicht nach die Bäderhygieneverordnung auf die beantragte Anlagenänderung nicht anzuwenden ist (siehe oben, S9). Der bäderhygienische Amtssachverständige hat in seinen Gutachten ausgeführt, dass und warum er welche Gefährdungen beim Ein- und Ausstieg in das beantragte Sauna-Tauchbecken sieht.
Unabhängig davon hat das NÖ LVwG den medizinischen Amtssachverständigen um ein Gutachten betreffend den projektierten Betrieb, insbesondere, ob es für Kunden zu Gesundheitsgefährdungen oder gesundheitlichen Beeinträchtigungen kommt, ersucht. Der medizinische Amtssachverständige hat nachvollziehbar die Veränderung des Wassers des Tauchbeckens durch die Benutzung des Kunden und die Möglichkeit einer Ansteckung durch Viren dargestellt. Er hat auch detailliert ausgeführt, dass und warum das Eintauchen in ein Tauchbecken, das kein desinfiziertes Wasser enthält, das nach Benützung nur teilweise entleert wird, ein potentielles Risiko für die Gesundheit darstellt.
Die Beschwerdeführerin ist den Ausführungen des medizinischen Amtssachverständigen nicht mehr entgegengetreten.
Die Erteilung einer Genehmigung unter Vorschreibung von Auflagen kam nicht in Betracht. Auf die diesbezüglichen rechtlichen Ausführungen der Bezirkshauptmannschaft Neunkirchen in Bezug auf wesensverändernde Auflagen wird verwiesen. Die Beschwerde war daher abzuweisen.
7. Zur Nichtdurchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung:
Gemäß Paragraph 24, Absatz eins, VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
Gemäß Paragraph 24, Absatz 3, VwGVG hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.
Gemäß Paragraph 24, Absatz 4, VwGVG kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Artikel 6, Absatz eins, der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten noch Artikel 47, der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegenstehen.
Im vorliegenden Fall hatte die Beschwerdeführerin in der Beschwerde keine mündliche Verhandlung beantragt und nach Gewährung von Parteiengehör zum Ergebnis des Verfahrens auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.
Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung war daher nicht erforderlich.
8. Zur Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, da im gegenständlichen Verfahren keine Rechtsfrage zu lösen war, der im Sinne des Artikel 133, Absatz 4, B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil die Entscheidung nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
ECLI:AT:LVWGNI:2020:LVwG.AV.937.001.2019