Gericht

Landesverwaltungsgericht Niederösterreich

Entscheidungsdatum

31.05.2016

Geschäftszahl

LVwG-AV-1/001-2013

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat durch Mag. Binder als Einzelrichterin über die als Beschwerde zu behandelnde Berufung der EN GmbH, vormals GL Gesellschaft m.b.H., ***, ***, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 24. Mai 2013, RU4-K-296/022-2013, betreffend Sanierungsauftrag nach dem Abfallwirtschafts-gesetz 2002 gemäß Paragraph 73, Absatz 4, AWG 2002, zu Recht erkannt:

1.    Der Beschwerde wird gemäß § 28 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) insofern Folge gegeben, als der Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 24. Mai 2013, Zl. RU4-K-296/022-2013, aufgehoben wird.

2.    Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG) eine ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes- Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe:

1.    Zum verwaltungsbehördlichen Verfahren:

Mit dem angefochtenen Bescheid verpflichtete der Landeshauptmann von Niederösterreich die Beschwerdeführerin unter Anwendung von Paragraph 73, Absatz 4, AWG

2002 als Rechtsnachfolgerin der Wasserberechtigten an den aufgelassenen Abwasserbehandlungsanlagen auf den Grundstücken ***, *** und ***, alle KG ***, bis zum 30. November 2013 ein Sanierungskonzept zur Beseitigung der Kontaminationsbereiche auf den angeführten Grundstücken erstellen zu lassen, welches näher im Bescheid bezeichneten Kriterien entsprechen müsse.

In ihrer Begründung führte die belangte Behörde aus, dass mit Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich als Wasserrechtsbehörde vom
14. Februar 2001, WA1-ALV-2827/128-01, unter anderem festgestellt worden sei, dass das Wasserbenutzungsrecht zur Ableitung der in der Färberei der PT GmbH anfallenden Abwässer in die öffentliche Kanalisation der Marktgemeinde *** und in weiterer Folge in die Kläranlage des *** Abwasserverbandes durch Wegfall der Anlagen sowie des Zweckes der Anlagen erloschen wäre. Als letztmalige Vorkehrungen wäre vorgeschrieben worden, den Zulauf vom Betrieb in die Absetzbecken und den Ablauf vom Absetzbecken in die Kanalisation dauerhaft und flüssigkeitsdicht zu verschließen.

Weiters wäre das bestehende Wasserrecht zur Errichtung von innerbetrieblichen Vorreinigungsmaßnahmen und Ableitung dieser Abwässer in die Anlagen des *** Abwasserverbandes wegen nicht fristgerechter Errichtung für erloschen erklärt worden. Bestandteil dieser wasserrechtlich genehmigten Anlagen seien ua.

zwei parallel geschaltete Absetzbecken zur Vorreinigung der Industrieabwässer auf dem Grundstück ***, hart an der Grenze zum Grundstück ***, beide KG ***, gewesen.

Aufgrund der kriegsbedingten Zerstörungen von großen Teilen der gegenständlichen Betriebsanlage und durch den regelmäßigen Umgang mit Chemikalien sei es in weiten Teilen des Betriebsareals zu einer Verunreinigung des Untergrunds und des Grundwassers gekommen, weshalb der Altstandort (darunter auch die gegenständlichen Grundstücke) in den Verdachtsflächenkataster aufgenommen worden sei und ergänzende Untersuchungen gemäß Paragraph 13, AlSAG sowie eine abschließende Gefährdungsabschätzung durchgeführt worden wären. Auf dieser Grundlage wären die betroffenen Grundstücke aus dem Verdachtsflächenkataster gestrichen und sei keine Altlastenausweisung durchgeführt worden.

Anlässlich der am 13. Dezember 2012 von der Wasserrechtsbehörde durchgeführten Verhandlung habe der Amtssachverständige für Altlasten und Verdachtsflächen ausgeführt, dass die durchgeführten Feststoffuntersuchungen im Bereich der ehemaligen Absetzbecken im Norden des Areals hohe Konzentrationen an Kohlenwasserstoffen im Gesamtgehalt und an Naphtalin ergeben hätten. Klare Hinweise auf eine aktuelle Verunreinigung des Grundwassers durch den Altstandort hätten jedoch nicht festgestellt werden können. Der Bereich in- und außerhalb der alten Sickerbecken sei jedoch auszuheben und ordnungsgemäß zu entsorgen, bis die Randbereiche der Qualität Baurestmassen gemäß Deponieverordnung entsprechen würden. Ein eventuell noch vorhandener Beckeninhalt sei zu entsorgen, die Becken seien zu entfernen und das angrenzende kontaminierte Bodenmaterial wäre zu entsorgen.

Zur verbindlichen Vorschreibung und Umsetzung dieser Maßnahmen habe die Altlastengruppe der Abteilung Wasserrecht und Schifffahrt beim Amt der NÖ Landesregierung den Akt an die Bezirkshauptmannschaft Wiener Neustadt abgetreten, die ihn zuständigkeitshalber an die Abfallrechtsbehörde abgetreten hätte.

Bei der von der Abfallrechtsbehörde am 06. Mai 2013 durchgeführten Verhandlung habe der Amtssachverständige für Deponietechnik und Gewässerschutz die Forderungen des Amtssachverständige für Altlasten und Verdachtsflächen vom
13. Dezember 2012 bestätigt. Die Becken würden offenbar mit dem umliegenden Grundwasser bzw. Gerinnebegleitstrom kommunizieren, weshalb Arbeiten im Grundwasserschwankungsbereich zu erwarten seien. Es wurde darauf hingewiesen, dass sich das gesamte Areal innerhalb des Schongebietes der „***-Platte“ befinde.

Die belangte Behörde erwog unter Hinweis auf die Paragraphen 2, Absatz eins,, 1 Absatz 3,, 15 Absatz 3,, 73 Absatz 4 und 7 AWG 2002, dass es sich auf Grund der Ausführungen des Amtssachverständigen rechtlich um Abfälle handeln würde, welche dauerhaft auf den gegenständlichen Liegenschaften abgelagert worden wären. Die Kriterien einer Anlage würden erfüllt erscheinen, wenngleich der ursprüngliche Zweck der hier eingerichteten ortsfesten technischen Einrichtungen gerade nicht die dauernde Ablagerung von Schadstoffen gewesen wäre.

Eine gesetzliche Ausnahme vom Geltungsbereich des AWG 2002 gemäß Paragraph 3, Absatz eins, Ziffer eins, für Abwasser erscheine ebenfalls nicht anwendbar, weil die seinerzeitigen Abwasserinhaltsstoffe bereits aus dem Abwasser separiert und im Boden abgelagert seien.

Die Verpflichtung der Beschwerdeführerin zur Durchführung der Sanierung und zur Vorlage des Sanierungskonzeptes ergebe sich primär durch die Stellung als Rechtsnachfolgerin der ursprünglichen Betreiberin der Anlage bzw. durch die Tatsache, dass die Belassung der dauerhaften Abfallablagerungen als faktische Stilllegung einer Deponie im Rechtssinne angesehen werden könne. Es werde ausdrücklich nicht die subsidiäre Haftung als Liegenschaftseigentümerin zugrunde gelegt. Daraus ergebe sich auch die Zuständigkeit des Landeshauptmannes von Niederösterreich als Abfallrechtsbehörde gemäß Paragraph 73, Absatz 7, AWG 2002.

2.    Zum Beschwerdevorbringen:

Gegen den Bescheid wurde fristgerecht das Rechtsmittel der Berufung erhoben, welche nunmehr als Beschwerde zu behandeln ist, und die ersatzlose Behebung, in eventu die Zurückverweisung der Angelegenheit zur ergänzenden Beweisaufnahme beantragt.

Die gegenständliche Liegenschaft sei im Zuge einer Versteigerung 1997 oder 1998 (zu 11 E 2639/94b des BG Wr. Neustadt) erworben worden. Vor der Versteigerung seien alle möglichen und zumutbaren Erkundungen um die Betriebsanlagen der Weberei angestellt worden. Die Erkundungen, darunter auch Auskünfte des Masseverwalters in der Insolvenzsache der PT GmbH, hätten nicht den geringsten Hinweis auf Kontaminationen des Erdreiches ergeben. Die Begehungen vor der Versteigerung hätten gereinigte und von Restchemikalien befreite, angetrocknete Betriebsanlagen und gereinigte Absetzbecken gezeigt. Erst im Jahr 2001 sei zu den Absetzbecken als letztmalige Vorkehrung ein Auftrag zur Versiegelung der Zu- und Abläufe ergangen, welcher auch erfüllt worden wäre.

Behördliche Boden- und Grundwasseruntersuchungen hätten erst in den Folgejahren stattgefunden und die Ergebnisse würden aus dem aktuellen Jahrzehnt datieren. Die Kontamination des Erdreiches sei daher schon lange vor dem Zuschlag an die Berufungswerberin erfolgt. Zum Zeitpunkt des Eigentumserwerbs habe niemand die festgestellte Kontamination des Erdreiches erahnen können.

Ausdrücklich bekämpft werde die Feststellung, dass ua. durch jahrelange Unterlassung von Wartungsmaßnahmen nach Einstellung des Produktionsbetriebes Schadstoffe in den Boden gelangt wären, insoweit damit die der Berufungswerberin obliegenden Wartungsmaßnahmen gemeint seien. Es sei nicht nachvollziehbar, wie von gesäuberten und abgetrockneten Webereimaschinen und sonstigen Betriebsanlagen Giftstoffe in die Wasserbehandlungsanlage samt Absetzbecken und wie von entleerten und gereinigten Absetzbecken solche Stoffe ins Erdreich gelangen könnten und welche „Wartungsmaßnahmen“ der Berufungswerberin obliegen würden. Eine Kausalität zwischen dem Handeln der Berufungswerberin und der Kontamination des Erdreiches um die Absetzbecken sei nicht erkennbar.

Außerdem handle es sich bei den Absetzbecken nicht um eine Deponie im Sinne des Paragraph 2, Absatz 11, AWG 1990. Zweck der Absetzbecken sei gerade nicht die dauerhafte Ablagerung von Schadstoffen gewesen. Schon der Hausverstand sage, dass bei einer industriellen Betriebsanlage die im Absetzbecken abgelagerten Schadstoffe natürlich nur vorübergehend verweilen würden, weil sie ab Erreichen eines bestimmten Umfanges oder nach einer gewissen Zeit fachkundig entsorgt werden müssten. So sei es auch bei der PT GmbH geschehen.

Die sich absetzenden oder abgesetzten Schadstoffe seien niemals für eine langfristige Ablagerung bestimmt gewesen, sondern hätten fachgerecht entsorgt werden müssen. Selbst unter der Annahme einer Deponie seien die Ausnahmebestimmungen anwendbar, weil eine etwaige Zwischenlagerung kein Jahr überschritten hätte.

Schließlich habe die Beschwerdeführerin das Eigentum an der Liegenschaft durch Zuschlag im kridamäßigen Versteigerungsverfahren erhalten. Wasser- und Gewerberechte seien nicht Gegenstand der Versteigerung gewesen. Die Beschwerdeführerin habe die Anlagen faktisch nie betrieben, sie sei auch niemals Wasserberechtigte an den Wasserbenützungsanlagen gewesen und habe keine Deponie betrieben. In diesem Zusammenhang habe sie auch nichts unterlassen können, weil sie keine erkennbaren Verpflichtungen, etwas zu tun, gehabt hätte.

3.    Feststellungen:

Der Altstandort „PT“ weist eine Fläche von rund 10 ha auf und wurde seit ca. 1869 als Industriestandort genutzt. Schon im Jahre 1869 wurde eine Weberei samt Vor- und Nacharbeiten errichtet. Durch verschiedene Zu- und Umbauten wurden die Produktions- und Lagerbereiche immer wieder verändert. Außerdem fand ein Wiederaufbau des Werkes nach Beschädigungen durch den Zweiten Weltkrieg statt. Am Altstandort wurden auch eine Putzerei, eine Färberei, eine Tischlerei, ein Säuremagazin, ein Heizöllager und eine Schlosserei betrieben.

Bis auf Seide und spezielle Kunststofffasern wurden alle seinerzeit gängigen Textilfasern in der Anlage behandelt. Das gesamte Spektrum der damals bekannten Farbstoffgruppen wurde bei der Verarbeitung verwendet und gelangte somit auch ins Abwasser. Neben den Färbechemikalien wurden auch grenzflächenaktive Substanzen, Bleichsubstanzen, Salze, Säuren und Laugen in unterschiedlicher Zusammensetzung und Konzentration eingesetzt.

Während zu Beginn der Produktion die Abwässer noch ungeklärt in den Vorfluter geleitet wurden, erfolgte relativ bald die Installation eines Absetzbeckens, das im Laufe der Jahre immer wieder aus- und umgebaut wurde bzw. auf zwei Becken erweitert wurde. Diese noch bestehenden beiden, zur Abwasserreinigung errichteten und verwendeten, verfahrensgegenständlichen Absetzbecken befinden sich auf dem Grundstück Nr. ***, an der Grenze zum Grundstück Nr. ***, KG ***, im nördlichen Bereich des Areals der ehemaligen PT GmbH. Die durchgeführte Abwasserbehandlung bewirkte keine Entfernung von wasserlöslichen Produkten. Der in den Becken angefallene Schlamm wurde über einen großen Zeitraum nicht entsorgt, sondern lediglich auf die benachbarten Grundstücke gepumpt.

Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 10. Mai 1951, Zl. III/1-1/18-1951, wurde der PT GmbH bzw. deren Rechtsvorgängern die wasserrechtliche Bewilligung zur Herstellung einer neuen Kanalisation für die Abfuhr der Industrieabwässer, Regenabwässer, Fäkalien vom Werke, Werksgelände und von der Werksiedlung in die ***, nach Vorreinigung durch eine zweiteilige Absetzanlage bzw. mittels einer zweistöckigen Kläranlage erteilt. Mit Bescheid vom 04. Juni 1957, III/1-2827/28, wurde nachträglich bewilligt, dass von zwei bewilligten zweiteiligen Absetzbecken für die Industrieabwässer ein Anlagenteil bestehend aus zwei parallel geschalteten Becken errichtet wurde.

In weiterer Folge wurde die Wasserberechtigte verpflichtet, in ihrem Betrieb zusätzliche Reinigungsvorkehrungen in der Art zu setzen, dass eine biologische Reinigung sowohl der Betriebsabwässer als auch der sanitären Abwässer in der Art sichergestellt ist, dass bei der Einleitung in den Vorfluter vorgegebene Grenzwerte eingehalten werden.

Mit Bescheid vom 11. November 1987, III/1-2827/78-87, wurde eine wasserrechtliche Bewilligung zur Einleitung von betrieblichen Abwässern aus dem Färbereibetrieb erteilt. Es wurde festgestellt, dass das bestehende mechanische Absetzbecken als Sammel- und Ausgleichsbecken für die Industrieabwässer weiterverwendet wurde.

Eine chemisch-physikalische Aufbereitungsanlage für eine innerbetriebliche Vorreinigung der Industrieabwässer wurde nicht errichtet.

Die PT GmbH hat ihren Betrieb mit 01. Dezember 1993 stillgelegt.

Die Beschwerdeführerin erwarb das Grundeigentum an den verfahrensgegen-ständlichen Liegenschaften Nr. ***, *** und ***, KG ***, im Jahr 1998 im Zuge einer Versteigerung der Liegenschaften.

Mit Bescheid vom 14. Februar 2001, WA1-W-2.827/128-01, stellte der Landeshauptmann von Niederösterreich fest, dass das mit Bescheid vom
10. Mai 1951 erteilte Wasserbenutzungsrecht zur Herstellung einer Kanalisation und Ableitung der anfallenden Industrie-, Regen- und Fäkalabwässer vom Werk, Werksgelände und Werksiedlung in die ***, durch Wegfall der Anlagen sowie Wegfall des Zweckes der Anlagen erloschen ist. Ebenso wurde festgestellt, dass das mit Bescheid vom 11. November 1987 erteilte Wasserbenutzungsrecht zur Ableitung der in der Färberei in *** anfallenden Abwässer in die öffentliche Kanalisation und in der Folge in die Kläranlage des *** Abwasserverbandes durch Wegfall der Anlagen sowie des Zweckes der Anlagen erloschen ist.

Als letztmalige Vorkehrungen wurde vorgeschrieben, dass der Zulauf vom Betrieb in die Absetzbecken und der Ablauf vom Absetzbecken in die öffentliche Kanalisation dauerhaft und flüssigkeitsdicht zu verschließen sind. Zur Umsetzung der wasserrechtlich vorgeschriebenen Maßnahmen wurden die beiden Absetzbecken leer gepumpt. Im Zuge der Beckenentleerung zeigte sich, dass die Seitenwände und die Trennwand der Becken nur im oberen Bereich betoniert sind und der untere Bereich nur aus Holzverschalungen besteht, durch welche das seitlich anstehende Grundwasser drückt. Die Becken kommunizieren so mit dem umliegenden Grundwasser. Wegen der nicht vorhandenen Abdichtung gegen den Untergrund war deshalb mit Versickerungen der in den Absetzbecken über Jahrzehnte gesammelten betrieblichen Abwässern der Färberei zu rechnen.

Zur Feststellung der aus boden- und gewässerschutztechnischer Sicht erforderlichen Maßnahmen waren Untergrunderkundungen erforderlich.

Die Erstabschätzung der Umweltbundesamt GmbH hat ergeben, dass der Verdacht einer erheblichen Umweltgefährdung zu diesem Zeitpunkt ausreichend begründet war, weshalb der Altstandort als Verdachtsfläche im Sinne des AlSAG bewertet wurde. Der gegenständliche Standort wurde mit der Bezeichnung „PT“ in den Verdachtsflächenkataster aufgenommen.

Der Altstandort wurde in den Jahren 2007 bis 2010 in Form von ergänzenden Untersuchungen nach dem Altlastensanierungsgesetz flächendeckend untersucht. Es wurden dabei nach einer genauen Aufarbeitung der Geschichte des Standortes 66 Rammkernsondierungen, 15 Kernbohrungen, 25 Schürfe sowie Oberbodenproben und Sedimentuntersuchungen durchgeführt. Die durchgeführten Gesamtgehaltsuntersuchungen im Bereich der Absetzbecken zeigten vor allem stark erhöhte Gehalte an Kohlenwasserstoffen, Metallen und PAK. Soweit dies aufgrund der Bebauungsdichte festgestellt werden kann, sind die übrigen Bereiche nur gering belastet. Die Grundwasserbeweissicherung zeigte keine klaren Hinweise auf aktuelle Verunreinigungen des Grundwassers durch den Altstandort, weshalb der Standort aus dem Verdachtsflächenkataster gestrichen wurde.

Zur Sanierung der durch den Betrieb der Absetzbecken eingetretenen Boden- und möglichen Gewässerverunreinigungen ist der Bereich in- und außerhalb der alten Sickerbecken auszuheben und ordnungsgemäß zu entsorgen bis die Randbereiche der Qualität Baurestmassen gemäß DVO 2008 entsprechen. Dabei ist jeweils ein eventuell noch vorhandener Beckeninhalt zu entsorgen, anschließend sind die Becken zu entfernen und das angrenzende kontaminierte Bodenmaterial zu entsorgen.

Die Beschwerdeführerin hat die Anlage zur Vorreinigung von Industrieabwässern samt Absetzbecken nicht wieder in Betrieb genommen. Es erfolgten auch keine baulichen Veränderungen an den Absetzbecken oder Ablagerungen von Abfall durch die Rechtsmittelwerberin in diesem Bereich.

Die GL Gesellschaft m.b.H. wurde mit Firmenbucheintragung vom 19. Juli 2014 in EN GmbH umfirmiert. Der Geschäftsgegenstand wurde von „Baumeister, Land- und Forstwirtschaft“ auf „Vermietung und Verpachtung, Land- und Forstwirtschaft, Hotel und Gastronomie“ geändert.

4.    Beweiswürdigung:

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich durch Einsichtnahme in den Akt der Verwaltungsbehörde, RU4-K-296, insbesondere in die darin inneliegenden wasserrechtlichen Bewilligungen und Untersuchungsberichte, sowie in das Grundbuch und das Firmenbuch.

Die Lage der Absetzbecken, die Betriebsweise der Absetzbecken im Laufe der Unternehmensgeschichte, sowie das Vorliegen der Kontaminationen im Bereich der Absetzbecken ergibt sich aus der Gefährdungsabschätzung des Umweltbundesamtes vom 29. November 2010, sowie aus dem Gutachten des Amtssachverständigen für Altlasten und Verdachtsflächen.

Dass von der Beschwerdeführerin keine Handlungen zur Einbringung von Abfall in die Absetzbecken gesetzt wurden, ergibt sich aus dem behördlichen Akt und wurde auch nicht behauptet.

5.    Rechtslage:

Gemäß Artikel 151 Absatz 51, Ziffer 8, B-VG geht die Zuständigkeit zur Weiterführung dieses mit Ablauf des 31. Dezember 2013 beim Unabhängigen Verwaltungssenat im Land Niederösterreich anhängigen Verfahrens auf das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich über, und hat dieses nunmehr über die als Beschwerde zu behandelnde Berufung abzusprechen.

Paragraph 28, VwGVG lautet wie folgt:

(1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

(2) Über Beschwerden gemäß Artikel 130, Absatz eins, Ziffer eins, B-VG hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn

              1.           der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder

              2.           die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Gemäß Paragraph 17, VwGVG sind auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 
130 Absatz eins, B-VG – soweit das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz selbst nichts anderes normiert - die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der Paragraphen eins bis 5 sowie des römisch IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, Bundesgesetzblatt Nr. 194 aus 1961,, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, Bundesgesetzblatt Nr. 173 aus 1950,, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, Bundesgesetzblatt Nr. 29 aus 1984,, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Der angefochtene Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich stützt sich auf Paragraph 73, Absatz 4, AWG 2002, welcher wie folgt lautet:

„Sind nach rechtlicher oder faktischer Stilllegung oder Schließung bei einer Deponie gemäß Paragraph 2, Absatz 7, Ziffer 4, Maßnahmen, wie Untersuchungen, regelmäßige Beprobungen, die Vorlage eines Sicherungs- oder Sanierungskonzeptes, Sicherungs- oder Sanierungsmaßnahmen, im öffentlichen Interesse (Paragraph eins, Absatz 3,) erforderlich, so hat die Behörde die erforderlichen Maßnahmen demjenigen, der die Deponie betrieben hat, innerhalb einer angemessenen Frist mit Bescheid aufzutragen.“

Tatbestandsvoraussetzung für die Anwendung des Paragraph 73, Absatz 4, AWG 2002 ist die rechtliche oder faktische Stilllegung oder Schließung einer Deponie. Im entscheidenden Fall ist somit wesentlich, ob die Ablagerungen im Bereich der verfahrensgegenständlichen Absetzbecken, auf welche sich der angefochtene Maßnahmenauftrag bezieht, als „Deponie“ im Rechtssinn anzusehen ist.

Die Legaldefinition des Paragraph 2, Absatz 7, Ziffer 4, AWG 2002 bestimmt, was unter „Deponien“ im Rechtssinn zu verstehen ist:

Anlagen, die zur langfristigen Ablagerung von Abfällen oberhalb oder unterhalb (dh. unter Tage) der Erdoberfläche errichtet oder verwendet werden, einschließlich betriebseigener Anlagen für die Ablagerung von Abfällen, oder auf Dauer (dh. für länger als ein Jahr) eingerichtete Anlagen, die für die vorübergehende Lagerung von Abfällen genutzt werden. Nicht als Deponien gelten

   a)      Anlagen, in denen Abfälle abgeladen werden, damit sie für den Weitertransport zur Behandlung an einem anderen Ort vorbereitet werden können,

   b)      Anlagen zur Zwischenlagerung von Abfällen vor der Verwertung, sofern die Dauer der Zwischenlagerung drei Jahre nicht überschreitet, und

   c)      Anlagen zur Zwischenlagerung von Abfällen vor der Beseitigung, sofern die Dauer der Zwischenlagerung ein Jahr nicht überschreitet.

Das bloße Ablagern von Abfällen ist noch nicht als Deponie zu beurteilen. Unterscheidungskriterium zwischen dem bloßen Ablagern und einer Deponie ist die Verwendung einer bereits vor der Ablagerung vorhandenen Anlage zur Ablagerung von Abfällen oder die Errichtung einer solchen Anlage (VwGH 22.03.2012, 2008/07/0125).

Maßgeblich für das Vorliegen einer Deponie nach Paragraph 2, Absatz 7, Ziffer 4, AWG 2002 ist die Zweckwidmung oder die tatsächliche Verwendung einer Anlage zur Ablagerung von Abfällen vergleiche VwGH 21.10.2010, 2008/07/0202). Aus der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vom 26. Juli 2012, 2008/07/0101, kann außerdem abgeleitet werden, dass über die bloße Ablagerung der Abfälle hinausgehende Maßnahmen notwendig sind, um von einer Deponie im Rechtssinn sprechen zu können.

Der vom Gesetzgeber normierte Deponiebegriff ist durch systematische Interpretation, insbesondere durch Berücksichtigung der DVO 2008, dahingehend auszulegen, dass eine Deponie dann vorliegt, wenn eine Anlage zur dauerhaften Ablagerung von Abfällen errichtet und betrieben wird. Nicht die Dauer der Abfalllagerungen ist deshalb für die Anlagenqualifikation wesentlich, sondern die Tatbestände des Errichtens und des Betreibens einer Anlage zur Ablagerung von Abfällen und die damit verbundenen technisch notwendigen Maßnahmen. So ist beispielsweise die Errichtung eines Deponiekörpers als Anlagenteil einer Deponie notwendig vergleiche Paragraph 3, Ziffer 12, DVO 2008). In Zusammenschau mit der DVO 2008 ist aber ein Unterlassen von notwendigen Handlungen für die Erfüllung des Deponiebegriffes nicht ausreichend, da die Begriffe des „Errichtens“ und „Verwendens“ iSd Paragraph 2, Absatz 7, Ziffer 4, erster Satz AWG 2002 ein aktives Tun verlangen.

Wie festgestellt erfolgte die Errichtung der verfahrensgegenständlichen Absetzbecken mit dem Zweck, die im Betrieb anfallenden Abwässer zu sammeln. In diesem Zusammenhang versickerten Abwasserinhaltsstoffe aufgrund von Undichtigkeiten der Becken in den Untergrund. Handlungen zur Ablagerung dieser Abwasserinhaltsstoffe wurden keine gesetzt. Auch seit der Einstellung des Industriebetriebes am gegenständlichen Altstandort wurden weder von den Voreigentümern noch von deren Rechtsnachfolgern Maßnahmen gesetzt, um Abfälle im Bereich dieser Absetzbecken ablagern zu können.

Der Rechtsansicht der belangten Behörde, dass durch die dauernde Ablagerung von Schadstoffen eine Deponie im gegenständlichen Fall vorliege, kann deshalb vom Landesverwaltungsgericht Niederösterreich nicht gefolgt werden.

Nach den Paragraphen 62, Absatz 7, bzw 9 in Verbindung mit 38 Absatz 6, AWG 2002 könnte eine Zuständigkeit des Landeshauptmannes als Abfallrechtsbehörde gegeben sein, wenn die gegenständlichen Absetzbecken als Abfallbehandlungsanlage anzusprechen sind. Die Abfallrechtsbehörde hat nämlich dem Anlageninhaber die zur Vermeidung der Beeinträchtigung der öffentlichen Interessen erforderlichen Maßnahmen aufzutragen, wenn diese bei einer Unterbrechung oder bei der Einstellung des Betriebes nicht gesetzt werden. Voraussetzung für die Anwendung dieser Bestimmung ist, dass eine Behandlungsanlage iSd Paragraph 2, Absatz 7, Ziffer eins, AWG 2002 vorliegt.

Die Legaldefinition für „Behandlungsanlage“ wurde vom Gesetzgeber wie folgt getroffen:

Im Sinne dieses Bundesgesetzes sind

 1.   „Behandlungsanlagen“ ortsfeste oder mobile Einrichtungen, in denen Abfälle behandelt werden, einschließlich der damit unmittelbar verbundenen, in einem technischen Zusammenhang stehenden Anlagenteile;

Unter einer Behandlungsanlage ist einerseits die Behandlungsanlage in ihrer Gesamtheit (zB eine Deponie mit den entsprechenden Einrichtungen, wie Zwischenlager, Labor, Gebäude des Personals), und andererseits ein bestimmter Anlagenteil einer Produktionsanlage (zB eine betriebseigene Deponie) zu subsumieren Regierungsvorlage 984 dB römisch 21 . GP).

Der technische Anlagenbegriff des AWG 2002 ist zwar enger als jener der Gewerbeordnung 1994, weshalb der zur gewerblichen Betriebsanlage entwickelte Grundsatz der „Einheit der Betriebsanlage“ auf das AWG 2002 nicht übertragbar ist (Scheichl/Zauner/Berl, AWG 2002, Paragraph 2,, Rz 178).

Eine abfallrechtliche Behandlung im Sinne des AWG 2002 ist jedes Verwertungs- oder Beseitigungsverfahren, einschließlich der Vorbereitung vor der Verwertung oder Beseitigung (Paragraph 2, Absatz 5, Ziffer eins, AWG 2002). Jedenfalls sind als abfallrechtliche Behandlung die im Anhang 2 zum AWG 2002 angeführten Verwertungs- und Behandlungsverfahren zu verstehen.

Demnach ist Anlagenzweck einer Abfallbehandlungsanlage die Verwertung oder Beseitigung von Abfällen.

Weil die wasserrechtlich genehmigten Absetzbecken zur Sammlung der Abwässer und nicht zu deren Behandlung im Sinne des Paragraph 2, Absatz 5, Ziffer eins, AWG 2002 errichtet wurden, sind die verfahrensgegenständlichen Absetzbecken keinesfalls als Behandlungsanlage oder als ein Teil einer solchen zu qualifizieren. Vielmehr dienten diese Anlagenteile lediglich der Lagerung von Abwässern (samt deren Abwasserinhaltsstoffen) auf dem Gelände der Entstehung vergleiche R13 des Anhanges 2 zum AWG 2002). Diese rechtliche Klassifizierung der Absetzbecken ändert weder die Tatsache, dass der Betrieb zwischenzeitlich eingestellt wurde, noch der Umstand, dass durch Undichtheiten der Becken Abwasserinhaltsstoffe in den Untergrund gelangten. Es wurde deshalb zu keinem Zeitpunkt eine Abfallbehandlungsanlage am gegenständlichen Altstandort errichtet und betrieben.

Im gegenständlichen Beschwerdeverfahren ist auch relevant, ob der zu beurteilende Sachverhalt nach dem WRG 1959 oder dem AWG 2002 abzuhandeln ist, weil fraglich ist, ob hinsichtlich der abgelagerten Abwasserinhaltsstoffe der Abfallbegriff erfüllt ist.

Gemäß Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer eins und 2 AWG 2002 sind Abfälle bewegliche Sachen, derer sich der Besitzer entledigen will oder entledigt hat oder deren Sammlung, Lagerung, Beförderung und Behandlung als Abfall erforderlich ist um die öffentlichen Interessen (Paragraph eins, Absatz 3,) nicht zu beeinträchtigen.

Nach Paragraph eins, Absatz 3, AWG 2002 ist im öffentlichen Interesse die Sammlung, Lagerung, Beförderung und Behandlung als Abfall dann erforderlich, wenn andernfalls

1.    die Gesundheit der Menschen gefährdet oder unzumutbare Belästigungen bewirken können,

2.    Gefahren für Wasser, Luft, Boden, Tiere oder Pflanzen und deren natürlichen Lebensbedingungen verursacht werden können,

3.    die nachhaltige Nutzung von Wasser oder Boden beeinträchtigt werden kann,

4.    die Umwelt über das unvermeidliche Ausmaß hinaus verunreinigt werden kann,

5.    Brand- oder Explosionsgefahren herbeigeführt werden können,

6.    Geräusche oder Lärm im übermäßigen Ausmaß verursacht werden können,

7.    das Auftreten oder die Vermehrung von Krankheitserregern begünstigt werden können,

8.    die öffentliche Ordnung und Sicherheit gestört werden kann oder

9.    Orts- und Landschaftsbild sowie Kulturgüter erheblich beeinträchtigt werden können.

Wie festgestellt ergaben sich durch die Aussickerungen der Färbereiabwässer aus den Absetzbecken ins Grundwasser Kontaminationen des umliegenden Erdreiches. Die Abwasserinhaltsstoffe sind eine Verbindung mit dem Boden iSd Paragraph 2, Absatz 2, AWG 2002 eingegangen. Die Beeinträchtigung der Umwelt im Sinne des Paragraph eins, Absatz 3, Ziffer 2, AWG 2002 ist dadurch gegeben, zumal selbst kleinere Mengen von Flüssigkeiten, die in den unbefestigten Boden und ins Grundwasser sickern können, geeignet sind, eine Gefährdung des Grundwassers und der Umwelt herbeizuführen vergleiche VwGH 18.11.2010, 2007/07/0035). Auch genügt für die Verwirklichung des objektiven Abfallbegriffes bereits die Möglichkeit einer Beeinträchtigung der Schutzgüter des Paragraph eins, Absatz 3, AWG 2002 vergleiche VwGH 18.02.2010, 2009/17/0131).

In entscheidungsgegenständlicher Sache ist die in Paragraph 3, Absatz eins, AWG 2002 vom Gesetzgeber in Umsetzung der ARRL 2008/98/EG getroffene Kompetenzabgrenzung wesentlich, die wie folgt lautet:

Keine Abfälle im Sinne dieses Bundesgesetzes sind

 

1.    Abwasser einschließlich sonstiger Wässer, die in § 1 Abs. 1 Z 1 bis 4 und Z 6 und Abs. 2 der Verordnung über die allgemeine Begrenzung von Abwasseremissionen in Fließgewässer und öffentliche Kanalisationen (AAEV), BGBl. Nr. 186/1996, genannt sind,

2.    […]

Die Ausnahme von Abwasser vom Geltungsbereich des AWG 2002 hat zur Folge, dass für Abwasser nicht die Abfallwirtschaftsbehörde, sondern die Wasserrechtsbehörde zuständig ist. Nur in Abfallbehandlungsanlagen anfallendes Abwasser, das in der Behandlungsanlage abgeleitet oder gesammelt wird, ist Teil der Abfallbehandlungsanlage im Zuständigkeitsbereich der Abfallwirtschaftsbehörde vergleiche Bumberger/Hochholdinger/Niederhuber/ Wolfslehner, AWG 2002, Paragraph 3, K4 mwN).

Der Regierungsvorlage 1005 dB römisch 24 . Gesetzgebungsperiode ist dazu zu entnehmen:

Die Ausnahme „Abwasser“ in der neuen Abfallrahmenrichtlinie ist weiter zu verstehen als der Begriff „Abwasser“ in der Allgemeinen Abwasseremissionsverordnung (Verordnung des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft über die allgemeine Begrenzung von Abwasseremissionen in Fließgewässer und öffentliche Kanalisationen (AAEV), Bundesgesetzblatt Nr. 186 aus 1996,). Von dieser Ausnahme werden daher dem Geltungsbereich der AAEV unterliegenden Wässer und auch solche, die vom Geltungsbereich der AAEV ausgenommen sind, umfasst sein.

Die neue Formulierung wird keine Änderung der derzeitigen Rechtslage herbeiführen, sondern klarstellen, dass die Ausnahme im AWG 2002 entsprechend der Ausnahme in der neuen Abfallrahmenrichtlinie jede Art von verunreinigtem Wasser, das heißt in der Produktion eingesetztes Wasser als auch zB Niederschlagswasser, wie Regen oder Schnee, umfasst.

Nicht unter die Ausnahmebestimmung fallen Stoffe, die aus dem Abwasser herausgefiltert wurden, wie zB Klärschlamm. Zu unterscheiden ist Abwasser weiters von Flüssigkeiten, die Abfall sind (flüssiger Abfall) zB flüssige Produktionsabfälle; halogenorganische Lösemittel, Waschflüssigkeiten und Mutterlaugen; chromhaltige Gerbereibrühe; Lösungen und Schlämme aus der Regeneration von

Ionenaustauschern. In Abfallbehandlungsanlagen anfallendes Abwasser, das in der Behandlungsanlage abgeleitet oder gesammelt wird, ist jedoch Teil der Abfallbehandlungsanlage zB Anlage zur Ableitung von Niederschlagswässern im Rahmen einer Abfallbehandlungsanlage. Ebenfalls ist die Behandlung von Sickerwasser aus Deponien Teil der Abfallbehandlung bis das Sickerwasser den wasserrechtlichen Einleitbestimmungen entspricht.

Paragraph eins, Absatz eins, AAEV sieht wie folgt vor:

Diese Verordnung gilt für die Einleitung von

  1. Ziffer eins
    Abwasser;
  2. Ziffer 2
    Mischwasser;
  3. Ziffer 3
    Niederschlagswasser, mit welchem Schadstoffe von der Landoberfläche eines Einzugsgebietes in ein Gewässer abgeschwemmt werden, die überwiegend durch menschliche Tätigkeiten in diesem Einzugsgebiet entstanden sind;
  4. Ziffer 4
    Grundwasser oder Tiefengrundwasser gemäß Absatz 2, Ziffer 3 und 4, wenn dessen Eigenschaften in Prozessen gemäß Absatz 3, Ziffer eins, derart verändert wird, daß es Fließgewässer in ihrer Beschaffenheit zu beeinträchtigen oder zu schädigen vermag;
  5. Ziffer 5
    Sickerwasser aus Abfalldeponien;
  6. Ziffer 6
    wäßrigen Kondensaten ausgenommen Niederschlagswasser

in Fließgewässer oder öffentliche Kanalisationen. Die Bestimmungen dieser Verordnung betreffend Abwasser sind sinngemäß auf die in Ziffer 2 bis 6 genannten Wässer anzuwenden.

Paragraph eins, Absatz 3, AAEV bestimmt:

Im Sinne dieser Verordnung ist:

  1. Ziffer eins
    Abwasser:
    Wasser, das infolge der Verwendung in Aufbereitungs-, Veredelungs-, Weiterverarbeitungs-, Produktions-, Verwertungs-, Konsumations- oder Dienstleistungs- sowie in Kühl-, Lösch-, Reinigungs-, Desinfektions- oder sonstigen nicht natürlichen Prozessen in seinen Eigenschaften derart verändert wird, daß es Gewässer in ihrer Beschaffenheit (Paragraph 30, WRG 1959) zu beeinträchtigen oder zu schädigen vermag. Wasser gemäß Absatz 2, Ziffer 5, oder 6, welches derartigen Prozessen unterworfen wird, gilt nicht als Abwasser. […]
  2. Ziffer 5
    Abwasserreinigung:
    Behandlung eines Abwassers oder einer Abwassermischung mit dem Ziel
    1. Litera a
      Inhaltsstoffe oder Eigenschaften in einen für die Gewässer unschädlichen Zustand zu bringen und/oder
    2. Litera b
      Inhaltsstoffe zu entfernen.

Wenn Inhaltsstoffe aus dem Abwasser herausgefiltert werden und sich nicht mehr im Abwasser befinden, kann ab dem Zeitpunkt nicht mehr von Abwasserinhaltsstoffen iSd Paragraph 3, Absatz eins, Ziffer eins, AWG 2002 gesprochen werden vergleiche Oberleitner/Berger, WRG³,
§ 32 Rz 12 mwN).

Daraus ergibt sich, dass die Ausnahme des Paragraph 3, Absatz eins, Ziffer eins, AWG 2002 so auszulegen ist, dass sie nur solange Platz greift, solange bestimmte Stoffe im Abwasser enthalten sind. Nach ihrer Entfernung aus dem Abwasser fallen sie wieder unter das AWG 2002, soweit dessen Abfallbegriff erfüllt ist (VwGH 26.03.2009, 2006/07/0165).

Dieser vom Gesetzgeber getroffenen Kompetenzabgrenzung zufolge sind Abwasserinhaltsstoffe in Abwässer gemäß Paragraphen eins, Absatz eins, Ziffer eins bis 4 und Ziffer 6 und Absatz 2, AAEV solange als Abwasser zu qualifizieren, solange diese nicht durch Behandlung vom Abwasser getrennt werden. Solange eine entsprechende Behandlung des Abwassers nicht stattgefunden hat, sind auch die – allenfalls versickerten - Abwasserinhaltsstoffe dem Begriff „Abwasser“ zuzuordnen.

Demnach sind die verfahrensgegenständlich zu behandelnden, aus Abwässer resultierenden Stoffe, nicht als Abfall einzustufen, weil die Ausnahmebestimmung des Paragraph 3, Absatz eins, Ziffer eins, AWG 2002 im gegenständlichen Fall zur Anwendung gelangt.

Dass der belangte Landeshauptmann als Abfallrechtsbehörde außerhalb der in seinem Zuständigkeitsbereich stehenden Anlagen, und demnach als unzuständige Behörde, eingeschritten ist und den angefochtenen Bescheid erlassen hat, belastet seine behördliche Erledigung mit einem durch das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich nicht sanierbaren Rechtsmangel.

Der angefochtene Bescheid war daher aufzuheben, ohne dass auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen war.

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

6.    Zur Nichtdurchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung:

Gemäß Paragraph 24, Absatz 2, Ziffer eins, VwGVG konnte eine Verhandlung entfallen, weil bereits auf Grund der Aktenlage feststand, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben war.

7.    Zur Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, da im gegenständlichen Verfahren keine Rechtsfrage zu lösen war, der im Sinne des Artikel 133, Absatz 4, B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil der Entscheidung die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zugrunde gelegt wurde, die auch nicht als uneinheitlich zu werten ist.

European Case Law Identifier

ECLI:AT:LVWGNI:2016:LVwG.AV.1.001.2013