Landesverwaltungsgericht Niederösterreich
11.01.2016
LVwG-AV-753/001-2014 ua
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat durch die Richterin MMag. Dr. Cervenka-Ehrenstrasser über die als Beschwerde zu behandelnde Berufung der ***, vertreten durch ***, ***, ***, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft römisch zehn vom ***, ***, betreffend Feststellung nach der Gewerbeordnung 1994 (GewO 1994) zu Recht erkannt:
1. Der angefochtene Bescheid wird gemäß § 28 Abs. 1 und 2 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwGVG) ersatzlos behoben.
2. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG) eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Mit Schreiben vom *** hat Herr ***, vertreten durch die ***, ***, ***, beantragt festzustellen, dass die Tätigkeit des *** in der auf Grundstück *** (EZ *** KG ***) errichteten Maschinen- und Mehrzweckhalle samt Elevatorturm, einer Getreidetrocknung, einem Technikraum, einem Zubau Richtung Westen, einem Waaghaus, eines Lagers für Getreideabfälle, eines Lagers für brennbare Flüssigkeiten, einer Unterflurbrückenwaage, eines Lichtmastes und eines Torportals
mit Einfriedung beinhaltend die Reinigung, Trocknung, Einlagerung und Gesunderhaltung des Getreides in den vorbeschriebenen Räumlichkeiten und Einrichtungen ein Nebengewerbe der Land- und Forstwirtschaft darstellt und daher auf diese Tätigkeit die Bestimmungen der Gewerbeordnung nicht anzuwenden sind, solange *** in *** Nr. ***, *** einen land- und forstwirtschaftlichen Hauptbetrieb mit einer Flächenausstattung von ca. 141 ha führt und die für Landwirte aus den politischen Bezirken ***, ***, *** und *** erbrachten Dienstleistungen keine Gewichtsmenge von mehr als 2.450 Tonnen pro Jahr umfassen.
Weiters wurde beantragt festzustellen, dass für die auf Grundstück *** (EZ *** KG ***) bestehende Anlage keine Genehmigungspflicht im Sinne des Paragraph 74, GewO gegeben ist.
Dazu wurde ausgeführt, dass Herr *** in ***, *** einen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb im Vollerwerb mit einem Ausmaß von ca. 141 ha führe. Im Jahr *** sei eine Mehrzweckhalle baubewilligt worden, die ein Ausmaß von 1716,62 m2 habe. Zur Absicherung seines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes habe sich Herr *** entschlossen, ein Nebengewerbe der Land- und Forstwirtschaft zu etablieren, wofür die Nutzung dieser Mehrzweckhalle vorgesehen sei. Die Firma *** mit dem Sitz in *** beliefere (auch) Unternehmen, die Bedarf an Getreide aus biologischem Anbau hätten. Damit die *** die eigenen Lieferverpflichtungen gegenüber den eigenen Kunden erfüllen könne, schließe sie mit Landwirten Verträge, die beinhalten würden, dass festgelegte Quantitäten und Qualitäten an Getreide aus biologischer Produktion von Landwirten an *** geliefert würden. Da die Erntezeit dieses Getreides zeitlich nicht ident sei mit dem Bedarf an Getreide in den Betrieben, die *** beliefere und diese Betriebe nicht mehr bereit seien, eigene Getreidelager vorzuhalten, hätten insbesondere die Landwirte als Produzenten das Problem der Zwischenlagerung und Gesunderhaltung des produzierten Getreides zu lösen. Hiefür würde sich der Landwirt des Nebengewerbes der Land- und Forstwirtschaft von Herrn *** bedienen, der für den jeweiligen Landwirt die Verwiegung der angelieferten Produkte, die Reinigung und deren Trocknung in der Mehrzweckhalle und in weiterer Folge die Gesunderhaltung der Lagerware bis zur Abholung übernehme. Herr *** erbringe also für die jeweiligen landwirtschaftlichen Vertriebspartner der *** jene Dienstleistungen, die von den Landwirten selbst nicht erbracht werden könnten. Herr *** kaufe nicht die Feldfrüchte der Landwirte an. Diese Dienstleistungen erbringe er für Landwirte aus dem politischen Bezirk *** sowie aus den angrenzenden Bezirken ***, *** und ***.
Alle Dienstleistungen, die er dabei erbringe, seien eng mit seinem eigenen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb verbunden. Hinsichtlich der Frage der Unterordnung des Nebengewerbes der Land- und Forstwirtschaft gegenüber dem land- und forstwirtschaftlichen Hauptbetrieb wurde auf die LuF-PauschVO 2011 verwiesen, wonach das Verhältnis der Umsätze ein taugliches Beurteilungskriterium sei, wobei nicht jeweils die einzelne Sparte (Nebengewerbe und Hauptbetrieb) gesondert zu betrachten seien, sondern die Gesamtumsätze. Eine wirtschaftliche Unterordnung sei jedenfalls dann anzunehmen, wenn der Umsatz aus den Nebentätigkeiten unter 25% der Gesamtumsätze liege, wenn die Einnahmen aus dem Nebengewerbe mehr als € 33.000,- ausmachen würden. Diese Berechnungsmethode sei auch in der Gewerbeordnung heranzuziehen, da eine andere Betrachtungsweise zu einer unsachlichen Differenzierung führe. Aus dem dem Antrag beigelegten Gutachten von *** vom *** sei zu sehen, dass bei einer Jahresmenge an Fremdgetreide von 2.450 Tonnen dem Kriterium der Unterordnung entsprochen werde. Weiters war dem Antrag ein Betriebskonzept von *** vom *** angeschlossen.
Mit Schreiben vom *** wurde der Antrag dahingehend modifiziert, dass die für Landwirte aus den politischen Bezirken ***, ***, *** und *** erbrachten Dienstleistungen keine Gewichtsmenge von mehr als 2040 Tonnen umfassen.
Mit dem gegenständlich angefochtenen Bescheid der Bezirkshauptmannschaft römisch zehn vom ***, ***, wurde gemäß Paragraph 348 und Paragraph 2, GewO 1994 unter Spruchpunkt 1 festgestellt, dass die Tätigkeit des *** in der auf Grundstück *** (EZ *** KG ***) errichteten Maschinen- und Mehrzweckhalle samt Elevatorturm, einer Getreidetrocknung, einem Technikraum, einem Zubau Richtung Westen, einem Wagenhaus, eines Lagers für Getreideabfälle, eines Lagers für brennbare Flüssigkeiten, einer Unterflurbrückenwaage, eines Lichtmastes und eines Torportals mit Einfriedung beinhaltend die Reinigung, Trocknung, Einlagerung und Gesunderhaltung des Getreides in den vorbeschriebenen Räumlichkeiten und Einrichtungen ein Nebengewerbe der Land- und Forstwirtschaft darstellt und daher auf diese Tätigkeit die Bestimmungen der Gewerbeordnung nicht anzuwenden sind, solange *** in *** Nr. ***, *** einen landwirtschaftlichen Hauptbetrieb mit einer Flächenausstattung von ca. 141 ha führt und die für Landwirte aus den politischen Bezirken ***, ***, *** und *** erbrachten Dienstleistungen keine Gewichtsmenge von mehr als 2.040 Tonnen pro Jahr (exklusive der Lagerung von Eigengetreide) umfassen.
Unter Spruchpunkt 2 wurde festgestellt, dass für die auf Grundstück Nr. *** (EZ ***, KG ***) bestehende Anlage – solange dort ein Nebengewerbe der Land- und Forstwirtschaft betrieben wird – keine Genehmigungspflicht im Sinne des Paragraph 74, GewO 1994 gegeben ist.
In der Begründung wurde nach Wiedergabe des Verfahrensganges ausgeführt, dass *** als Landwirt einen Betrieb mit ca. 141 ha Nutzfläche betreibe. Die Lagerung und Gesunderhaltung von Getreide führe er sowohl für eigenes als auch für Fremdgetreide durch, wobei die organisatorische Verflechtung der Nebentätigkeit gegeben sei, da die Halle samt Infrastruktur für das eigene Getreide Verwendung finde und jene Betriebsabläufe, die für das eigene Getreide nötig seien, auch für das Fremdgetreide erforderlich seien. Die Lagerung inklusive Gesunderhaltung und Abwägen von Getreide für Dritte stelle eine Dienstleistung dar, die ausschließlich für Landwirte aus den Bezirken *** , ***, *** und *** erfolgen solle, wobei sich aus dem Antrag ergebe, dass diese Dienstleistungen für Landwirte und nicht für die *** erbracht werden sollten. Zusammenfassend sei somit festzuhalten, dass entsprechend dem Antrag Dienstleistungen für andere land- und forstwirtschaftliche Betriebe in demselben oder in einem angrenzenden Verwaltungsbezirk erbracht würden. Schließlich würden auch Betriebsmittel wie Trockner, Traktoren, Schaufeln, Waage, Elevatoren etc. eingesetzt, die auch im Rahmen der Lagerung und Gesunderhaltung des eigenen Getreides verwendet würden.
Zur Frage der Unterordnung wurde ausgeführt, dass aufgrund der Änderung des Antrags von 2.040 Tonnen Fremdgetreide auszugehen sei, wobei die Bezirkshauptmannschaft *** hinsichtlich der Berechnung dem Gutachten des beigezogenen Amtssachverständigen für Agrartechnik vom *** unter Verweis auf die Judikatur des VwGH vom 21.7.1998, 93/12/0134 folgt. Demnach seien für die Berechnung der Unterordnung die Gesamtumsätze aus der Urproduktion inklusive den Dienstleistungen heranzuziehen und der Umsatz aus den Dienstleistungen in Relation zu dieser Gesamtsumme zu setzen. Jede andere Berechnung würde – auch unter Berücksichtigung der Einheitlichkeit der Rechtsordnung – zu einem verzerrten Ergebnis führen. Als Gesamtumsatz sei daher jedenfalls die Summe von Hauptbetrieb und Nebengewerbe anzusehen und sei das Nebengewerbe mit dieser Summe in Relation zu setzen.
Daraus ergebe sich, dass der Anteil der Dienstleistungen für Dritte bei Zugrundelegung des Rohertrages (Gesamtsumme € 307.343,80; Dienstleistung € 76.948,80) rund 25% betrage, bei Zugrundelegung des Deckungsbeitrags (Gesamtsumme € 202.374,80, Dienstleistung € 42.848,80) mache der Anteil an Dienstleistungen 21,17% aus. Die Verwaltungsbehörde folgt hinsichtlich der Frage, welcher Prozentsatz als Grenze für die Unterordnung heranzuziehen sei, der Argumentation des Antragstellers, wobei auch auf die gesetzliche Bestimmung des Paragraph 2, Absatz 3, GewO (25% des Verkaufswertes alles Erzeugnisse) bzw. Paragraph 2, Absatz 4, Ziffer eins, GewO sowie auf die Grenze von 51% im NÖ Grundverkehrsgesetz verwiesen wurde. Der VwGH habe bei einem Verhältnis des Deckungsbeitrags von 51% keine Unterordnung erkannt (VwGH 25.9.2008, 2007/07/0117). Es sei daher ein Anteil des Umsatzes aus den Dienstleistungen von bis zu etwa 25% am Gesamtumsatz (Land- und Forstwirtschaft samt Dienstleistungen) noch als geringfügig anzusehen, wobei allerdings dies für sich alleine noch nicht für eine abschließende Beurteilung der Geringfügigkeit ausreiche. Vielmehr sei die Prozentgrenze entsprechend der im Verfahren abgegebenen Stellungnahme der *** lediglich einer von mehreren zu berücksichtigenden Aspekten einer Gesamtschau. Diesbezüglich sei den Feststellung des ASV für Agrartechnik zu folgen, denen nicht auf gleicher fachlicher Ebene begegnet worden sei. Demnach weise die gegenständliche Halle eine baubehördliche Bewilligung aus dem Jahre *** auf, wobei über ein landwirtschaftliches Gutachten eindeutige Nutzungen für den landwirtschaftlichen Betrieb in Form von Einlagerungen von Kartoffeln, Stroh und eigenem Getreide zugewiesen seien. Derartige Hallen mit dieser Größe und auch mit derartigen Einrichtungen seien bei landwirtschaftlichen Betrieben mit der Größenordnung des vorliegenden Betriebes (100 bis 150 ha landwirtschaftliche Fläche) durchaus vorzufinden. Die Kapazitäten der nachträglich eingebauten Getreidebehandlungsanlagen würden in einer Größenordnung liegen, die moderne Betriebe durchaus installieren würden mit dem Gedanken, das eigene Getreide bis zum Verkauf im Folgejahr zwischenlagern zu können. Die Dimensionierung der Halle erscheine gegenüber den bereits vorhandenen und bestehenden Wirtschaftstrakten angepasst, weiters bestehe eine Verzahnung der Nutzungen der bestehenden Gebäude mit der gegenständlichen Halle insofern, als nach wie vor Teile der gegenständliche Halle zum Unterstellen der eigenen land- und forstwirtschaftlichen Maschinen und Geräte und zur Lagerung der landwirtschaftlichen Betriebsmitteln verwendet würden. Der bestehende Hof sei ein typischer landwirtschaftlicher Hof, Merkmale für einen Landesproduktenhandel oder einen gewerblichen Betrieb in Form von speziellen Einrichtungen seien nicht vorzufinden. Im Vergleich zum gewerblichen Getreidehändler stehe beim Betrieb *** nachvollziehbar nicht das Einkaufen und Verkaufen von Getreide im Vordergrund, sondern nur das Anbieten einer Dienstleistung und einer Nutzung der Halle für den eigenen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb. Hinsichtlich des Einsatzes von Fremdarbeitnehmern (50 Stunden pro Jahr) und des Einsatzes des Antragstellers für Dienstleistungen (8,1% für das Nebengewerbe, Rest für den Hauptbetrieb), sei festzuhalten, dass von einer Geringfügigkeit und einer Unterordnung auszugehen sei.
Weiters habe der Antragsteller nachvollziehbar dargelegt, dass ein isoliert betrachteter Betrieb allein mit Fremdgetreideeinlagerung und Gesunderhaltung von Getreide nicht überlebensfähig wäre. Mit einem Landesproduktenhandel könne der Betrieb von *** aufgrund der fehlenden Infrastruktur, aber auch aufgrund der nicht vorhandenen typischen weiteren Angebote und Dienstleistungen ebenso nicht gleichgesetzt werden wie mit einem Handelsgewerbe, da Eigentum an Getreide nicht erworben werde. Allein die Menge des gelagerten Fremdgetreides könne nicht als relevantes Kriterium herangezogen werden, da ein großer Betrieb wie der des Antragstellers im Ergebnis mehr Fremdgetreideeinlagerungen durchführen könne als dies bei einem kleineren Betrieb der Fall wäre.
Somit liege weder das Erscheinungsbild eines Landesproduktenhandels, des Gewerbes der Lagerei oder eines Handelsgewerbes vor.
Das sog. Reitstall-Erkenntnis des VwGH könne zwar nicht grundsätzlich von der Hand gewiesen werden, jedoch bleibe es letztlich immer eine Einzelfallbeurteilung und könne nicht von einem exakt vergleichbaren Fall ausgegangen werden. Auch sei entgegen der Auffassung der *** nicht von der Kapazität von 2.480 Tonnen pro Jahr auszugehen, sondern entsprechend der Modifikation des Antrags von 2.040 Tonnen, und könne dem Antragsteller nicht von vornherein unterstellt werden, dass er sich an diesen Antrag nicht halten werde.
Im Ergebnis sei somit nicht von einem Erscheinungsbild eines einschlägigen Gewerbebetriebes auszugehen.
Zusammenfassend kam die belangte Behörde damit zum Ergebnis, dass keine gewerbliche Tätigkeit durch Herrn *** ausgeübt werde und diese Tätigkeit noch unter das landwirtschaftliche Nebengewerbe iSd Paragraph 2, Absatz 4, Ziffer 4, GewO zu subsumieren sei.
Nachdem alle Anlagen, welche Herr *** für das Nebengewerbe einsetze, auch für den Betrieb der Land- und Forstwirtschaft Verwendung finden würden, würden die Voraussetzungen des Paragraph 2, Absatz 5, GewO nicht vorliegen. Es sei daher festzustellen, dass keine Genehmigungspflicht einer gewerblichen Betriebsanlage iSd Paragraph 74, GewO gegeben sei.
Dagegen hat die *** fristgerecht Berufung erhoben und beantragt, den angefochtenen Bescheid aufzuheben und den Antrag von *** auf Feststellung gemäß Paragraph 348, GewO abzuweisen.
Zur Begründung wurden mangelhafte/fehlerhafte Begründung und Verfahrensmängel sowie unrichtige rechtliche Beurteilung geltend gemacht. Zunächst liege Aktenwidrigkeit dahingehen vor, dass der Betrieb von *** nicht 141 ha ausmache, sondern ca. 109 ha Ackerland. Da die Frage der Nebenerwerbseigenschaft für „Reinigung, Trocknung, Einlagerung und Gesunderhaltung des Getreides“ ausschließlich mit dem landwirtschaftlichen Betrieb verzahnt sein könne, sei die Forstfläche mit rund 32 ha nicht Gegenstand Verfahrens, zumal Getreide nicht im Wald wachse.
Die Bezirkshauptmannschaft römisch zehn habe sich unzureichend mit dem Gutachten des ASV ***/*** vom *** auseinandergesetzt, die zum Schluss kämen, dass weder aus dem Blickwinkel der Relation zum Eigenbedarf, noch aus jenem der absoluten Menge von einer Geringfügigkeit gesprochen werden könne. Die beiden Gutachter kämen aus dem Blickwinkel der Relation zwischen den verarbeiteten Mengen Fremdgetreide und dem Eigengetreide zum Schluss, dass im vorliegenden Fall nicht von einer Geringfügigkeit gesprochen werden könne, zumal bei einer verarbeiteten Fremdmenge von 2725t und der vom Antragsteller behaupteten Eigenproduktion von 400t die Fremdproduktion die siebenfache Menge der Eigenproduktion betrage.
Tatsächlich sei unter Berücksichtigung eines durchschnittlichen Ertrages der Bezirke ***, *** und *** von 3406t/ha und der Feststellung auf Sitzung 6 des angefochtenen Bescheides, wonach der Betrieb *** ca. 109 ha Ackerland bewirtschafte nicht von einer Eigenproduktion von 400t, die im weiteren Verfahren ohne jeden Nachweis aktenwidrig auf 450t ausgeweitet worden sei, auszugehen, sondern von ca. 370t.
Auch unter Berücksichtigung der Mengeneinschränkung im Antrag auf 2040t/Jahr umfasse der Fremdanteil in Relation zur Eigenproduktion die 5,5-fache Menge.
Auch aus der Relation der Hallenfläche für die Dienstleistung (ca. 1500 m2) zur für die eigene Produktion benötigten Fläche (ca. 530 m2) ergebe sich nicht einmal ansatzweise eine Unterordnung oder eine Geringfügigkeit des Fremdanteils.
Darüber hinaus sei der Bescheid auch deshalb mangelhaft begründet, da nicht die konkreten Berechnungen des Gutachtens vom *** zugrundegelegt worden seien, sondern eine mündliche Stellungnahme von *** in der mündlichen Erörterung vom ***, die völlig unbestimmt sei. Im Vergleich zu den konkreten Berechnungen der Gutachter ***/*** komme diesen Ausführungen keine Gutachtensqualität zu.
Weiters hätte der Behörde das auffallende Missverhältnis zwischen der (tatsächlichen) Eigenproduktion von 370t/Jahr und der Kapazität der Getreidereinigung von rund 80t pro Stunde auffallen müssen. Daraus sei völlig klar, dass keine Unterordnung gegeben sei, wenn die gesamte Jahreseigenproduktion mit der Getreidereinigungsanlage in weniger als 5 Stunden gereinigt werden könne. Auch mit der Elevatorleistung könne die gesamte Jahreseigenproduktion Getreide in weniger als 10 Stunden erledigt werden.
Schließlich habe die Behörde den Vertrag mit *** und mit *** nicht ausreichend berücksichtigt. Da *** aber den Vertrag mit *** erwähne und keinerlei Verträge mit Landwirten vorgelegt worden seien, sei die Tätigkeit von *** eine (Sub)Tätigkeit für die Firma *** mit Sitz in ***., sodass es sich nicht um eine Tätigkeit für Landwirte aus den politischen Bezirken ***, ***, *** und *** handle. Die Ausführungen im Bescheid, wonach sich aus dem Antrag eindeutig ergebe, dass die Dienstleistungen für Landwirte und nicht für die *** erbracht würden, seien daher krass aktenwidrig und unrichtig.
Im Übrigen stütze sich der Bescheid in einem unzulässigen Ausmaß auf Schätzungen des Privatgutachters *** vom ***, der nicht ausreichend auf die tatsächlichen Kennzahlen des Betriebes *** eingehe und diese seinen Berechnungen zugrundelege.
Weiters stehe bereits aufgrund des Vorbringens im Antrag vom *** fest, dass mindestens 50% der Fläche der Fremdproduktion dienen würden, sodass nicht mehr von einer Geringfügigkeit gesprochen werden könne.
Der Bescheid sei auch dahingehend aktenwidrig, da auf Sitzung 32 von einer eingelagerten Menge von 400 bis 500t Eigengetreide die Rede sei, der Antragsteller selbst aber nicht 500t behauptet habe. Tatsächlich belaufe sich der Eigengetreideanteil laut den Berechnungen im Gutachten ***/*** auf 370t/Jahr.
Schließlich habe die Behörde nicht begründet, warum ihrer Ansicht nach Waage und Elevator zu landwirtschaftlichen Betriebsmitteln zählen würden.
Ein grober Verfahrensfehler sei auch darin zu erkennen, dass die Behörde nicht von amtswegen den Sachverhalt ermittelt habe, sondern Privatgutachten, die großteils vor Antragsstellung gelegen seien, sowie das im Auftrag des Antragstellers erstellte Betriebskonzept von *** berücksichtigt habe.
Schließlich sei der Behörde unrichtige rechtliche Beurteilung dahingehend vorzuwerfen, da die Dienstleistungen nicht für andere land- und forstwirtschaftliche Betriebe in demselben oder in einem angrenzenden Verwaltungsbezirk erbracht würden, sondern für die *** mit Sitz in ***.
Außerdem stehe die Berechnungsmethode, wie sie auf den Seiten 36ff des Bescheides vorgenommen worden sei, im Widerspruch zu Paragraph 2, Absatz 4, Ziffer eins, GewO, woraus klar abzuleiten sei, dass der Wert der allenfalls mitverarbeiteten Erzeugnisse gegenüber dem Wert des bearbeiteten oder verarbeiteten Naturproduktes untergeordnet sein müsse. Gegenüberzustellen sei daher der Wert des Fremdproduktes in Höhe von € 76.948,80 dem Wert der Eigenproduktion in Höhe von € 230.395,00, sodass sich das Verhältnis der Umsätze für die Eigenproduktion zum Verhältnis der Umsätze für die Fremdproduktion verhalte wie 2/3 zu 1/3, was keineswegs mehr als geringfügig zu bezeichnen sei.
Unter Anwendung der Judikatur des VwGH (insbesondere des sog. Reitstall-Erkenntnisses vom 3.7.2007, 2005/05/0253) liege im gegenständlichen Fall ein Nebengewerbe der Land- und Forstwirtschaft nicht vor, sodass auch für die auf dem Grundstück Nr. *** (EZ ***, KG ***) bestehende Anlage eine Genehmigungspflicht im Sinne des Paragraph 74, GewO 1994 gegeben sei.
Mit Schreiben vom *** hat die Bezirkshauptmannschaft römisch zehn die mit Inkrafttreten des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes (VwGVG) mit 1. Jänner 2014 als Beschwerde zu behandelnde Berufung und den Verfahrensakt dem Landesverwaltungsgericht Niederösterreich mit dem Ersuchen um Entscheidung vorgelegt.
Mit Schreiben des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich vom *** wurde Herr ***, vertreten durch die ***, ***, *** ersucht, folgende Unterlagen dem Landesverwaltungsgericht vorzulegen:
Liste der Getreidelieferanten, Lagerstellenvertrag mit der Firma ***, Lagerstandslisten der Firma *** betreffend die neue Halle in *** vom *** und vom ***, Vertrag über den Strohverkauf (als Dämmmaterial) an den Fertighaushersteller ***, Umsatzrechnung Land- und Forstwirtschaft *** und ***.
Mit Schriftsatz vom *** wurde zunächst um Fristverlängerung bis *** ersucht, telefonisch wurde am *** wurde um eine weitere Fristerstreckung bis *** ersucht.
Mit Schriftsatz vom *** wurde der Antrag auf Feststellung gemäß Paragraph 348, GewO vom *** zurückgezogen.
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat hiezu wie folgt erwogen:
Gemäß Paragraph 17, VwGVG sind auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Artikel 130, Absatz eins, B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der Paragraphen eins bis 5 sowie des römisch IV. Teiles ... und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Folgende rechtliche Bestimmung kommt zur Anwendung:
Paragraph 348, Absatz eins, Gewerbeordnung 1994 (GewO 1994) lautet:
Wird eine Gewerbeanmeldung erstattet oder um die Genehmigung einer gewerblichen Betriebsanlage angesucht oder bei der Behörde die Feststellung beantragt, ob die Genehmigungspflicht einer Anlage im Sinne des Paragraph 74, gegeben ist, bestehen aber Zweifel, ob auf die betreffende Tätigkeit die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes anzuwenden sind, so hat die Behörde über diese Frage zu entscheiden. Dies gilt auch für den Fall, wenn in einem Verwaltungsstrafverfahren gemäß Paragraph 366, Zweifel bestehen, ob auf die betreffende Tätigkeit die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes anwendbar sind.
Im Zusammenhang mit der Berufung nach Paragraph 63, Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) hat der Verwaltungsgerichtshof festgehalten, dass die Zurückziehung des verfahrenseinleitenden Antrags, wenn sich das Verfahren infolge einer Berufung gegen den den Antrag erledigenden Erstbescheid bereits auf der Ebene der Berufungsbehörde befindet, den Wegfall der Zuständigkeit der Behörde zur Erlassung des Erstbescheides und damit (nachträglich) dessen Rechtswidrigkeit bewirkt. Ein solcher rechtswidrig gewordener Bescheid wird aber nicht durch die Zurückziehung des verfahrenseinleitenden Antrages quasi unter einem beseitigt, er muss vielmehr durch die Berufungsbehörde aufgehoben werden. Um allerdings den rechtswidrig gewordenen Erstbescheid als Berufungsbehörde aufheben zu können, bedarf es einer unverändert offenen Berufung, die der Berufungsbehörde die Zuständigkeit zu einem solchen Vorgehen verschafft. vergleiche VwGH 23.1.2014, 2013/07/0235).
An dieser Judikatur hat sich mit Inkrafttreten des Verwaltungsgerichtsverfahrens-
gesetzes (VwGVG) nichts geändert: Demnach bewirkt die Zurückziehung des verfahrenseinleitenden Antrags den Wegfall der Zuständigkeit der Behörde zur Erlassung des Bescheides und damit (nachträglich) dessen Rechtswidrigkeit. Das Verwaltungsgericht ist somit gehalten, den bekämpften Bescheid (ersatzlos) zu beheben vergleiche VwGH 5.3.2015, Ra 2014/02/0159 mit Hinweis auf E 19. November 2014, Ra 2014/22/0016, und E 23. Jänner 2014, 2013/07/0235)
Aufgrund der Zurückziehung des verfahrenseinleitenden Antrags vom *** war der gegenständliche Bescheid daher ersatzlos aufzuheben.
Es kann daher dahingestellt bleiben, ob ein Antrag auf Feststellung gemäß Paragraph 348, GewO 1994, dass die Tätigkeit des *** in der auf Grundstück *** (EZ *** KG ***) errichteten Maschinen- und Mehrzweckhalle ein Nebengewerbe der Land- und Forstwirtschaft darstellt und daher auf diese Tätigkeit die Bestimmungen der Gewerbeordnung nicht anzuwenden sind, solange *** in *** Nr. ***, *** einen land- und forstwirtschaftlichen Hauptbetrieb mit einer Flächenausstattung von ca. 141 ha führt und die für Landwirte aus den politischen Bezirken ***, ***, *** und *** erbrachten Dienstleistungen keine Gewichtsmenge von mehr als 2.040 Tonnen pro Jahr umfassen, rechtlich zulässig ist.
Die öffentliche mündliche Verhandlung konnte gemäß Paragraph 24, Absatz 2, Ziffer eins, VwGVG entfallen, da bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der angefochtene Bescheid aufzuheben ist.
Zur Zulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, da im gegenständlichen Verfahren keine Rechtsfrage zu lösen war, der im Sinne des Artikel 133, Absatz 4, B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht das gegenständliche Erkenntnis von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen. Weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.
ECLI:AT:LVWGNI:2016:LVwG.AV.753.001.2014.ua