Bundesland

Niederösterreich

Gliederungszahl

5507–0

Titel

Vereinbarung gemäß Artikel 15 a, B-VG zwischen dem Bund und dem Land Niederösterreich zur Errichtung und Erhaltung eines Nationalparks Thayatal

Ausgabedatum

30.04.1998

Text

 

Vereinbarung gemäß Artikel 15 a, B-VG zwischen dem Bund und dem Land Niederösterreich zur Errichtung und Erhaltung eines Nationalparks Thayatal

 

5507–0

Vereinbarung

63/98

1998-04-30

 

Blatt 1-5, Anlage

Ausgegeben am
30.04.1998

Jahrgang 1998
63. Stück

Der Landeshauptmann von Niederösterreich verlautbart gemäß Artikel 44, Absatz eins, der NÖ Landesverfassung 1979, Landesgesetzblatt 0001–8

Vereinbarung gemäß Artikel 15 a, B-VG zwischen dem Bund und dem Land Niederösterreich zur Errichtung und Erhaltung eines Nationalparks Thayatal

Der Landtag von Niederösterreich hat am 18. Dezember 1997 den Abschluß dieser Vereinbarung genehmigt. Sie ist gemäß ihrem Artikel römisch IX Absatz 2, am 12. April 1998 in Kraft getreten.

 

Landeshauptmann
Pröll

Der Bund, vertreten durch die Bundesregierung, und das Land Niederösterreich, vertreten durch den Landeshauptmann, – im folgenden Vertragsparteien genannt –, geleitet von dem Wunsch, jene ökologisch besonders wertvollen Gebiete von nationaler und internationaler Bedeutung im Thayatal bei Hardegg zu erhalten, sind übereingekommen, gemäß Artikel 15 a, B-VG nachstehende Vereinbarung abzuschließen:

Artikel römisch eins

GEGENSTAND DER VEREINBARUNG

Gegenstand der Vereinbarung ist die Errichtung und Erhaltung eines Nationalparks im Bereich des Thayatals bei Hardegg.

Artikel II

BEREICH DES NATIONALPARKS

(1) Der Nationalpark Thayatal im Sinne dieser Vereinbarung soll, ausgehend von der im Absatz 2 dargestellten Anfangsphase, Flächen im Ausmaß von bis zu 1700 ha in folgenden Gebieten umfassen:

Naturschutzgebiet Thayatal, daran angrenzende Flächen in den Katastralgemeinden Hardegg, Merkersdorf, Umlauf, Niederfladnitz und Mallersbach (alle Stadtgemeinde Hardegg) sowie die Thaya samt Ufer.

(2) In seiner Anfangsphase umfaßt der Nationalpark Thayatal Flächen im Ausmaß von 1330 ha, die in der dieser Vereinbarung als integrierter Bestandteil angeschlossenen Anlage kartographisch dargestellt sind, wobei die umfaßten Flächen zusätzlich als Katastralgemeinden verbal erfaßt werden.

(3) Die Erweiterung der im Absatz 2, genannten Anfangsphase des Nationalparks durch Einbeziehung von im Absatz eins, angeführten Flächen bedarf eines einstimmigen Beschlusses der Vertragsparteien in der Generalversammlung der Nationalparkgesellschaft vorbehaltlich der verfassungsgemäßen Umsetzung durch das Land. Bei der Bewertung dieser Flächen für allfällige Entschädigungszahlungen sind die bei den übrigen Nationalparkflächen angelegten Maßstäbe anzuwenden.

(4) Die genaue Festlegung von Grundflächen des im Absatz eins, beschriebenen Gebietes in den Nationalpark Thayatal, die Grenzziehung und Zoneneinteilung erfolgt nach Maßgabe landesrechtlicher Vorschriften.

Artikel III

ZIELSETZUNG

(1) Der Errichtung und dem Betrieb des Nationalparkes Thayatal liegen folgende Ziele zugrunde:

  1. Ziffer eins
    unter Bedachtnahme auf die Akzeptanz der Bevölkerung die internationale Anerkennung nach den Kriterien für die Kategorie römisch II – Nationalpark der Weltnaturschutzunion (IUCN – The World Conservation Union) anzustreben;

  1. Ziffer 2
    Teile des Thayatals als naturnahes und landschaftlich wertvolles Gebiet von nationaler und internationaler Bedeutung zu fördern und zu erhalten;

  1. Ziffer 3
    die für dieses Gebiet repräsentativen Landschaftstypen sowie die Tier- und Pflanzenwelt einschließlich ihrer Lebensräume zu bewahren;

  1. Ziffer 4
    die Möglichkeiten von Nutzungen des Gebietes zu Zwecken der Bildung und Erholung, Wissenschaft und Forschung wahrzunehmen;

  1. Ziffer 5
    die Kooperation mit dem auf dem Staatsgebiet der Tschechischen Republik angrenzenden Nationalpark “Narodni Park Podyji” zu fördern.

(2) Die Verfolgung der in Absatz eins, genannten Ziele erfolgt unter Beachtung der Grundsätze der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit.

(3) Die Vertragsparteien werden im Rahmen ihres jeweiligen Wirkungsbereiches Bedacht nehmen, keine den Zielsetzungen des Nationalparks zuwiderlaufenden Maßnahmen zu setzen.

(4) Bilaterale Verpflichtungen, die sich aus dem bestehenden Vertrag zwischen der Republik Österreich und der Tschechoslowakischen Sozialistischen Republik über die Regelung von wasserwirtschaftlichen Fragen an den Grenzgewässern, Bundesgesetzblatt Nr. 106 aus 1970,, sowie aus dem Vertrag zwischen der Republik Österreich und der Tschechoslowakischen Sozialistischen Republik über die gemeinsame Staatsgrenze, Bundesgesetzblatt Nr. 344 aus 1975,, beide Verträge i.d.F.d. Bundesgesetzblatt Teil 3, Nr. 123 aus 1997,, ergeben, bleiben von der gegenständlichen Vereinbarung unberührt.

Artikel römisch IV

NATIONALPARKVERWALTUNG

(1) Die Verwaltung des Nationalparks Thayatal erfolgt durch die Nationalparkgesellschaft (Absatz 2,) nach Maßgabe dieser Vereinbarung.

(2) Die Vertragsparteien gründen eine gemeinnützige Gesellschaft mit beschränkter Haftung mit dem Firmenwortlaut “Nationalpark Thayatal GmbH”, im folgenden “Nationalparkgesellschaft” genannt. Die Anteile der Nationalparkgesellschaft sind zu je 50 % dem Bund und dem Land Niederösterreich vorbehalten. Sitz der Nationalparkgesellschaft ist in einer Nationalparkgemeinde.

(3) Als Organe der Nationalparkgesellschaft werden die Generalversammlung und der Geschäftsführer eingerichtet. Die Generalversammlung besteht aus 4 Mitgliedern, die paritätisch vom Bund sowie vom Land Niederösterreich bestellt werden.

(4) Die Nationalparkgesellschaft soll ihre Tätigkeit am 1.1.1999 aufnehmen. Die Funktion des Geschäftsführers ist von den Vertragsparteien im Einvernehmen rechtzeitig auszuschreiben. Die Entlohnung des Geschäftsführers orientiert sich am Besoldungsschema des Bundes.

Artikel V

AUFGABEN DER

NATIONALPARKVERWALTUNG

(1) Der Nationalparkverwaltung obliegt die Erfüllung der Aufgaben und Verpflichtungen, die sich aus dieser Vereinbarung, aus dem Niederösterreichischen Nationalparkgesetz, aus dem Gesellschaftsvertrag und aus den Beschlüssen der Organe der Nationalparkgesellschaft unter Wahrung der Grundsätze der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit ergeben. Aufgaben der Nationalparkgesellschaft sind insbesondere:

  1. Ziffer eins
    die Errichtung, der Betrieb und die Weiterentwicklung des Nationalparks im Sinne der Zielsetzungen gemäß Artikel III;

  1. Ziffer 2
    die Durchführung jener Maßnahmen, die dem Schutz des Lebensraumes, der Tiere und der Pflanzen dienen;

  1. Ziffer 3
    die Erstellung eines Gesamtkonzeptes (z.B. für das Naturraummanagement, die Besucherlenkung) sowie die laufende Kontrolle seiner Umsetzung und Einhaltung;

  1. Ziffer 4
    die Koordinierung der wissenschaftlichen Forschung und der laufenden Beobachtung (Monitoring), zur fachlichen Beratung kann die Gesellschaft bei Bedarf einen Wissenschaftlichen Beirat einrichten;

  1. Ziffer 5
    die Mitwirkung bei der Planung, Durchführung und Unterstützung von sonstigen, sich auf den Nationalpark Thayatal auswirkenden Maßnahmen;

  1. Ziffer 6
    die Durchführung und Koordinierung der Informations- und Öffentlichkeitsarbeit, insbesondere der Bildungs- und naturkundlichen Führungstätigkeit.

(2) Zur Umsetzung der in Absatz eins, genannten Aufgaben hat die Nationalparkgesellschaft

  1. Ziffer eins
    ein Jahresprogramm und einen entsprechenden Wirtschafts- und Finanzplan jährlich bis spätestens 30. September für das darauffolgende Jahr zu erstellen, welche von der Generalversammlung einstimmig zu beschließen sind,

  1. Ziffer 2
    jährlich innerhalb der gesetzlichen Frist einen Jahresabschluß und Geschäftsbericht über das abgelaufene Jahr der Generalversammlung zur Beschlußfassung vorzulegen,

  1. Ziffer 3
    den Vertragsparteien auf Verlangen, mindestens jedoch alle fünf Jahre, einen Tätigkeitsbericht vorzulegen,

  1. Ziffer 4
    die Kanzleigeschäfte der landesgesetzlich eingerichteten Nationalparkbeiräte zu führen.

Artikel VI

WAHRUNG REGIONALER INTERESSEN

(1) Die Regelung der Vertretung der regionalen und örtlichen Interessen der Bevölkerung sowie der maßgeblichen Interessenträger bleibt dem Landesgesetzgeber überlassen. Allfällige daraus entstehende Kosten, insbesondere die gemäß Art. römisch fünf Absatz 2, Ziffer 4, anfallenden Kosten, werden vom Land Niederösterreich getragen.

(2) Das Land Niederösterreich stellt sicher, daß unabdingbare Instandhaltungsmaßnahmen im Interesse des Wasserbaues, der Wasserwirtschaft und der Staatsgrenze, die sich aus der Erfüllung des bestehenden Vertrags zwischen der Republik Österreich und der Tschechoslowakischen Sozialistischen Republik über die Regelung von wasserwirtschaftlichen Fragen an den Grenzgewässern, Bundesgesetzblatt Nr. 106 aus 1970,, sowie des Vertrags zwischen der Republik Österreich und der Tschechoslowakischen Sozialistischen Republik über die gemeinsame Staatsgrenze, Bundesgesetzblatt Nr. 344 aus 1975,, beide Verträge i.d.F.d. Bundesgesetzblatt Teil 3, Nr. 123 aus 1997,, ergeben, weiterhin möglich sind.

Artikel VII

FINANZIERUNG

(1) Die Vertragsparteien erklären sich bereit, folgende Kosten des Nationalparks im Ausmaß von jeweils 50 % aufzubringen:

  1. Ziffer eins
    Die Gründungskosten der Nationalparkgesellschaft bis zu einem Betrag von höchstens öS 200.000,— und das Stammkapital in der Höhe von öS 500.000,-.

  1. Ziffer 2
    Die Errichtungskosten für die Nationalparkinfrastruktur bis zu einem Betrag von höchstens 12 Millionen Schilling inklusive Umsatzsteuer nach Maßgabe von einstimmigen Beschlüssen der Generalversammlung der Nationalparkgesellschaft.

  1. Ziffer 3
    Die laut Wirtschafts- und Finanzplan gemäß Art. römisch fünf Absatz 2, Ziffer eins, genehmigten Kosten für den laufenden Betrieb der Nationalparkgesellschaft bis zu einem Betrag von höchstens 8 Millionen Schilling einschließlich Umsatzsteuer. Diese Kosten sind quartalsmäßig aufzubringen und nach Maßgabe des Rechnungsabschlusses abzurechnen. Mit Gründung der Gesellschaft wird von den Vertragsparteien als erste Teilzahlung für den laufenden Betrieb bis zur Vorlage eines entsprechenden Wirtschafts- und Finanzplans für das Jahr 1999 der Nationalparkgesellschaft ein Betrag von jeweils S 1,0 (einer) Million Schilling zur Verfügung gestellt.

(2) Kosten für Entschädigungsleistungen an die Grundeigentümer und an sonstige Nutzungsberechtigte sowie Einlösungszahlungen, die aus dem Titel der Nationalparkerklärung zu erbringen sind, werden von den Vertragsparteien grundsätzlich gemeinsam getragen, wobei die Ermittlung und Festlegung der von den Vertragsparteien innerhalb eines Höchstbetrages jeweils zu 50 % aufzubringenden Entschädigungsleistungen an die Grundeigentümer und an sonstige Nutzungsberechtigte sowie Einlösungszahlungen durch eine von den Vertragsparteien einzurichtende Nationalpark-Thayatal-Kommission erfolgt. Diese Kommission setzt sich aus je zwei Vertretern des Bundes und des Landes Niederösterreich zusammen.

(3) Die Zahlungen an die Grundeigentümer und an sonstige Nutzungsberechtigte für Entschädigungsleistungen oder Einlösungen erfolgen durch das Land Niederösterreich. Der für den Bund von der in Absatz 2 genannten Nationalpark-Thayatal-Kommission festgelegte Kostenanteil wird nach Maßgabe der im jeweiligen Bundesfinanzgesetz veranschlagten Ausgabenbeträge auf ein vom Land Niederösterreich eingerichtetes gesondertes Bankkonto eingezahlt. Maßgebend für die Höhe sowie den Zeitpunkt der jeweiligen Zahlung des Bundes sind die mit den Grundeigentümern und sonstigen Nutzungsberechtigten abgeschlossenen Verträge, bescheidmäßige Entscheidungen des Landes oder sonstige rechtsverbindliche Titel sowie die Bekanntgabe an den Bund durch das Land Niederösterreich. Die Zahlungen des Bundes für Entschädigungsleistungen erfolgen ab dem Zeitpunkt des Inkrafttretens der Nationalparkverordnung, frühestens jedoch ab 1. Jänner 2000.

(4) Allfällige weitere Kosten werden vom Land Niederösterreich getragen.

(5) Zur Erleichterung der Finanzierung streben die Vertragsparteien eine Mitfinanzierung des Projektes Nationalpark Thayatal durch die Europäische Gemeinschaft an.

Artikel VIII

SCHLICHTUNGSVERFAHREN

Bei Meinungsverschiedenheiten über die Auslegung von oder den Verstoß gegen Vertragsbestimmungen ist jede Vertragspartei bereit, eine gütliche Einigung herbeizuführen.

Artikel IX

INKRAFTTRETEN

(1) Diese Vereinbarung tritt 30 Tage nach Ablauf des Tages in Kraft, an dem

  1. Ziffer eins
    beim Bundeskanzleramt die Mitteilung einlangt, daß die nach der Landesverfassung erforderlichen Voraussetzungen für das Inkrafttreten erfüllt sind und

  1. Ziffer 2
    die nach der Bundesverfassung erforderlichen Voraussetzungen für das Inkrafttreten erfüllt sind.

(2) Das Bundeskanzleramt wird dem Land das Vorliegen der Voraussetzungen nach Absatz eins, Ziffer 2, sowie den Tag des Inkrafttretens dieser Vereinbarung mitteilen.

Artikel X

ÜBERPRÜFUNG DER LEISTUNGEN

Die Vertragsparteien kommen überein, 5 Jahre nach Gründung der Nationalparkgesellschaft die Regelungen betreffend die Organisationsform und die Umsetzung der Maßnahmen gem. Art. römisch fünf und Art. römisch VII Absatz eins, Ziffer 3, einer Überprüfung zu unterziehen und eine allfällige Neuregelung einvernehmlich festzulegen.

Artikel XI

GELTUNGSDAUER, KÜNDIGUNG

(1) Diese Vereinbarung wird auf unbestimmte Zeit geschlossen. Sie kann von den Vertragsparteien frühestens 10 Jahre nach ihrem Inkrafttreten schriftlich gekündigt werden.

(2) Eine Kündigung wird sechs Monate nach ihrem Einlangen bei den anderen Vertragsparteien wirksam. Auf zivilrechtliche Verpflichtungen der Nationalparkgesellschaft, die vor einer Kündigung im Sinne der vorliegenden Vereinbarung eingegangen wurden, werden ungeachtet der Kündigung die Bestimmungen der vorliegenden Vereinbarung von den Vertragsparteien bis zur Endigung der zivilrechtlichen Verpflichtung, längstens aber zehn Jahre, weiter angewandt. Im Falle einer Kündigung werden die Vertragsparteien die ihnen offenstehenden Möglichkeiten zur Lösung von zivilrechtlichen Verpflichtungen wahrnehmen.

(3) Kommt es im Zuge der Errichtung des Nationalparks zur Übertragung von Eigentum an Grundflächen des Nationalparks an eine Vertragspartei und erfolgt die Finanzierung der Eigentumsübertragung im Rahmen der Kostentragung gemäß Art. römisch VII Absatz 2,, so hat die das Grundeigentum erwerbende Vertragspartei hinsichtlich aller Rechtsgeschäfte, die sich auf die betreffenden Flächen auswirken, das Einvernehmen mit der anderen Vertragspartei herzustellen sowie bei Auflösung des Nationalparks der anderen Vertragspartei die anteiligen Kosten unter Berücksichtigung des Verkehrswertes zum Zeitpunkt der Nationalparkauflösung oder des tatsächlich erzielten Erlöses aus einer allenfalls der folgenden Veräußerung zu ersetzen.

Artikel XII

HINTERLEGUNG, MITTEILUNGEN

Diese Vereinbarung wird in 2 Urschriften ausgefertigt. Eine Urschrift wird beim Bundeskanzleramt und eine beim Amt der Niederösterreichischen Landesregierung hinterlegt. An diese Stellen sind auch alle die Vereinbarung betreffenden Erklärungen und Mitteilungen schriftlich zu richten.

 


Anlage:


Nationalpark Thayatal

Übersichtskarte der Anfangsphase