Datum der Kundmachung

30.12.1948

Fundstelle

Landesgesetzblatt Nr. 16 aus 1948, 7. Stück

Bundesland

Vorarlberg

Kurztitel

Sammlungsgesetz.

Text

Der Vorarlberger Landtag hat beschlossen:

Paragraph eins,

  1. Absatz einsÖffentliche Sammlungen sind nur mit behördlicher Bewilligung gestattet.
  2. Absatz 2Dieser Bewilligung bedarf auch, wer eine öffentliche Sammlung außerhalb des Geltungsbereiches dieses Gesetzes durchführen will, wenn er sie vom Geltungsbereich dieses Gesetzes aus veranlaßt und leitet.

Paragraph 2,

Als öffentliche Sammlung im Sinne dieses Gesetzes gilt:

  1. Litera a
    die an eine Mehrheit von Personen gerichtete Aufforderung zu            Geld oder Sachleistungen, für welche keine gesetzliche,  satzungsmäßige oder vertragliche Verpflichtung gegeben ist. Hiebei  ist es belandlos, ob die Aufforderung durch unmittelbare Einwirkung  von Person zu Person in der Öffentlichkeit (Straßensammlung) oder  in Geschäfts- und Wohnräumen (Haussammlung) oder durch die  Aufstellung von Sammelbüchsen an allgemein zugänglichen Orten oder  durch Verbreitung von Sammelaufrufen im Wege der Post, der Presse,  des Rundfunks oder dgl. erfolgt. Es ist weiter gleichtgültig, ob  die Leistung selber oder nur eine zur Leistung verpflichtende  Erklärung erbeten wird, ob der Name des Spenders und die Spende in  einer Sammelliste verzeichnet wird oder nicht und ob eine  geringfügige Gegenleistung erfolgt oder nicht.
  2. Litera b
    Der Vertrieb von Waren mit dem Hinweis, daß der Ertrag ganz oder            teilweise zu gemeinnützigen oder mildtätigen Zwecken verwendet werde.

Paragraph 3,

Als öffentliche Sammlung im Sinne dieses Gesetzes gelten nicht:

  1. Litera a
    die von den Teilnehmern einer geschlossenen Veranstaltung oder            von Personen, die sich zur Verfolgung gemeinsamer Interessen lose  oder vereinsmäßig zusammen gefunden haben, unter sich  durchgeführten Sammlungen: darunter fallen z. B. auch ortsübliche  Sammlungen für Glückstöpfe.
  2. Litera b
    die im Wege der Presse und des Rundfunks verbreiteten            Auforderung zu Spenden, solange sie ganz allgemein gehalten sind,  also insbesonders keine näheren Angaben über die zur Entgegennahme  der Spenden bestimmte Stelle enthalten oder wenn sie lediglich der  Unterstützung einer bereits nach diesem Gesetz bewilligte Sammlung  dienen,
  3. Litera c
    die übliche Anwerbung unterstützender Mitglieder durch Vereine.

Paragraph 4,

  1. Absatz einsDie Bewilligung gemäß Paragraph eins, kann erteilt werden, wenn für die Sammlung ein hinreichendes öffentliches Bedürfnis vorliegt, ihre ordnungsmäßige Durchführung und die bestimmungsmäßige Verwendung ihres Ertrages gewährleistet ist und Rücksichten auf das Ansehen des Landes, den Fremdenverkehr, die Leistungsfähigkeit der Bevölkerung u. dgl. nicht dagegen stehen.
  2. Absatz 2An einzelne notleidende Personen oder deren Familienangehörige dürfen Sammelbewilligungen für ihre persönlichen Zwecke oder Armutszeugnisse zur Sammlung milder Gaben nicht austellt werden.
  3. Absatz 3Die öffentliche Ankündigung einer Sammlung ist vor Ersteilung der behördlichen Bewilligung unzulässig.

Paragraph 5,

  1. Absatz einsZur Erteilung der Sammlungsbewilligung ist zuständig:
    1. Litera a
      die Gemeindevertretung, wenn sich die Sammlung nur auf den Bereich der Gemeinde erstrecken und der Sammlungsertrag nur in der Gemeinde verwendet werden soll,
    2. Litera b
      diie Landesregierung in allen übrigen Fällen.
  2. Absatz 2Die Bewilligung hat schriftlich zu erfolgen und insbesonders festzulegen:
    1. Litera a
      ihren örtlichen und zeitlichen Geltungsbereich,
    2. Litera b
      die Art, in welcher die bewilligte Sammlung durchzuführen ist und die mit der Sammlung betrauten Personen sich auszuweisen haben oder die allenfalls verwendeten Sammelbüchsen und Sammellisten zu kennzeichnen sind,
    3. Litera c
      die Verwendung des Sammelertrages und dessen Aufteilung, wenn er mehrfachen Zwecken oder Beteiligten zugute kommen soll,
    4. Litera d
      besondere Bedingungen, wenn solche zur Verhinderung eines Mißbrauches der Bewilligung für eigennützige Zwecke oder zur Sicherung einer wirksamen behördlichen Überwachung der Sammlung angezeigt sind.
  3. Absatz 3Treten bei der Durchführung einer öffentlichen Sammlung Mißstände zu Tage, so kann die Bewilligungsbehörde die nach der Sachlage erforderlichen weiteren Anordnungen treffen, wenn nötig eine öffentliche Warnung erlassen und die Weiterführung der Sammlung untersagen.
  4. Absatz 4Die von der Landesregierung erteilte Sammelbewilligung ist vor Beginn der Sammlung den für den örtlichen Sammelbereich zuständigen Bürgermeistern zur Einsichtsnahme vorzulegen.

Paragraph 6,

Über das Ergebnis der Sammlung und dessen Verwendung hat ihr Veranstalter der Bewilligungsbehörde über deren Verlangen unter Vorlage entsprechender Nachweise Rechenschaft abzulegen.

Paragraph 7,

  1. Absatz einsSoweit es zur Überwachung und Überprüfung einer öffentlichen Sammlung notwendig ist, kann die Bewilligungsbehörde in alle auf die Sammlung bezüglichen Aufzeichnungen und Belege Einsicht nehmen, zu allen bezüglichen Besprechungen Vertreter entsenden und von allen mit der Durchführung der Sammlung betrauten Personen Auskünfte und Berichte verlangen.
  2. Absatz 2Wenn sich erhebliche Mißstände nicht auf andere Art beseitigen lassen, kann die Bewilligungsbehörde die auf der Sammlungsbewilligung beruhenden Befugnisse dem Sammlungsveranstalter und seinen Organen entziehen und auf einen Verwalter übertragen der unter ihrer Aufsicht alle für die Durchführung oder den Abschluß der Sammlung notwendigen Rechtshandlungen als gesetzlichen Vertreter des Sammlungsveranstalters durchzuführen hat.

Paragraph 8,

Den Bestimmungen dieses Gesetzes unterliegen nicht:

  1. Litera a
    Sammlungen, die für kirchliche Zwecke in den zum Gottesdienst benutzten Räumen einer Religionsgemeinschaft oder mit Sammelbüchsen (Opferstöcken) durchgeführt werden, die in oder bei Kirchen, Kapellen oder Bildstöcken angebracht sind.
  2. Litera b
    die üblichen jährlichen Haussammlungen der im Landes ansässigen Bettelorden.

Paragraph 9,

  1. Absatz einsJede Übertretung dieses Gesetzes und der auf Grund dieses Gesetzes ergangenen behördlichen Anordnungen wird von der Bezirksverwaltungsbehörde mit Geldstrafe bis zu S 3000.- oder Arreststrafe bis zu 3 Monaten geahndet. Geld- und Arreststrafe können beim Vorliegen erschwerender Umstände auch nebeneinander verhängt werden.
  2. Absatz 2Derselben Strafe unterliegt, wenn die Tat nicht nach einer anderen Bestimmung mit strengerer Strafe bedroht ist.
    1. Litera a
      wer der Behörde gegenüber, um eine Sammlungsbewilligung zu erlangen oder die Überwachung einer Sammlung zu vereiteln oder zu erschweren, unwahre oder unvollständige Angaben macht oder Auskünfte verweigert,
    2. Litera b
      wer einer nach Paragraph 7, (2) angeordneten Verwaltung Gegenstände ganz oder teilweise entzieht,
    3. Litera c
      wer die Hilfsbereitschaft der Menschen dadurch mißbraucht, daß er bei der Durchführung einer Sammlung wider besseres Wissen irreführende Angaben macht oder irreführende Mitteilungen verbreitet.
  3. Absatz 3Der Versuch ist strafbar.
  4. Absatz 4Der Ertrag einer nicht bewilligten Sammlung oder ein bestimmungswidrig verwendeter Sammlungsertrag sind verfallen zu erklären. Sind sie nicht mehr faßbar, tritt an ihre Stelle ein wertgleicher Geldbetrag. Über die Verwendung des Verfallsbetrages entscheidet die Landesregierung.
  5. Absatz 5Ist die Übertretung an mehreren Orten begangen worden, so ist der Strafbetrag auf die Bezirksfürsorgeverbände des Landes möglichst in jenem Verhältnis aufzuteilen, in welchem die Bezirke am Aufkommen des Sammlungsertrages beteiligt sind, oder wenn dies nicht feststellbar ist, entsprechend der Einwohnerzahl des von der Sammlung entfaßten Gebietes beteiligt sein dürfen.

Paragraph 10,

  1. Absatz einsDieses Gesetz tritt mit dem Ablauf des Kundmachungstages in Kraft.
  2. Absatz 2Gleichzeitig treten für den Bereich des Landes Vorarlberg außer Kraft:
    1. Litera a
      das Gesetz zur Regelung der öffentlichen Sammlungen und sammlungsähnlichen Veranstaltungen (Sammlungsgesetz) vom 5. 11. 1934, Deutsches RGBl. römisch eins. Sitzung 1086 (GBl.f.Ö.Nr. 364/1938).
    2. Litera b
      die Verordnung zur Durchführung dieses Gesetzes vom 14. 12. 1934, Deutsches RGBl. römisch eins. Sitzung 1250 (GBl.f.Ö.Nr. 364/1938).
    3. Litera c
      die Verordnung zur Änderung des Gesetzes zur Regelung der öffentlichen Sammlungen und sammlungsähnlichen Veranstaltungen (Sammlungsgesetz) vom 26. 9. 1939. Deutsches RGBl. römisch eins. Sitzung 1943 (GBl. f. Ö. Nr. 1377 v. 1939).
    4. Litera d
      die Zweite Verordnung zur Änderung des Gesetzes zu Regelung der öffentlichen Sammlungen und sammlungsähnlichen Veranstaltungen (Sammlungsgesetz) vom 23. 10. 1941, Deutsches RGBl. römisch eins. Sitzung 654.
  3. Absatz 3Die vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzs von einer Behörde erteilten Sammlungsbewilligungen gelten mit dem Inkrafttreten dieses Gesetzes als nach diesem Gesetz erteilt.
  4. Absatz 4Mit der Durchführung dieses Gesetzes ist die Landesregierung betraut.