Gericht

OGH

Entscheidungsdatum

09.11.2022

Geschäftszahl

7Ob168/22i

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin Dr. Solé als Vorsitzende und die Hofrätinnen und die Hofräte Mag. Dr. Wurdinger, Mag. Malesich, Dr. Weber und Mag. Fitz als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei M* L*, vertreten durch die Gottgeisl & Leinsmer Rechtsanwälte OG in Wien, gegen die beklagte Partei N* Limited, *, vertreten durch Dr. Fabian Maschke, Rechtsanwalt in Wien, wegen 39.759,85 EUR sA, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 25. August 2022, GZ 3 R 102/22y-18, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß Paragraph 508 a, Absatz 2, ZPO mangels der Voraussetzungen des Paragraph 502, Absatz eins, ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung:

[1]                  Die Beklagte hat ihren Sitz in Malta. Sie verfügt über keine nationale Glücksspiellizenz in Österreich, bietet aber hier auf einer von ihr betriebenen Website Online- Glücksspiele an. Der Kläger beteiligte sich daran und erlitt im Zeitraum Februar 2021 bis November 2021 Verluste in Höhe des Klagebetrags.

[2]                  Die Vorinstanzen gaben der vom Kläger auf die Unwirksamkeit der Glücksspielverträge gestützten Klage auf Rückersatz statt.

Rechtliche Beurteilung

[3]                  Die Revision ist mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage im Sinn von Paragraph 502, Absatz eins, ZPO unzulässig:

[4]           1. Der gerügte Mangel des Berufungsverfahrens wurde geprüft, er liegt nicht vor (Paragraph 510, Absatz 3, ZPO).

[5]                  2.1. Die Durchführung einer Ausspielung ohne Konzession stellt ein verbotenes Glücksspiel dar. Nach der Rechtsprechung sind jene Spiele im Sinn des Paragraph 1174, Absatz 2, ABGB verboten und damit nichtig im Sinn des Paragraph 879, Absatz eins, ABGB, die – wie hier – den in Paragraph 168, Absatz eins, StGB und in Paragraph eins, Absatz eins, GSpG angeführten Charakter haben, bei denen also Gewinn und Verlust ausschließlich oder vorwiegend vom Zufall abhängen (RS0102178; RS0038378). Verbotene Spiele erzeugen nicht einmal eine Naturalobligation. Der Verlierer kann die gezahlte Wett- oder Spielschuld zurückfordern, ohne dass dem die Bestimmung des Paragraph 1174, Absatz eins, Satz 1 ABGB oder Paragraph 1432, ABGB entgegenstünde, weil die Leistung nicht „zur Bewirkung“ der unerlaubten Handlung, sondern als „Einsatz“ erbracht wurde. Den Rückforderungsanspruch zu verweigern widerspräche nämlich dem Zweck der Glücksspielverbote (RS0025607 [T1]; 9 Ob 54/22i Rz 12, mwN).

[6]                  2.2. Die Rechtsansicht der Vorinstanzen, dass dem Rückforderungsanspruch des Klägers die Bestimmung des Paragraph 1174, Absatz eins, Satz 1 ABGB nicht entgegenstehe, weil seine Einzahlungen nicht „zur Bewirkung“ der unerlaubten Handlung, sondern als „Einsatz“ erbracht worden seien, steht im Einklang mit der dargestellten Rechtsprechung. Daran vermag auch das Vorbringen der Beklagten, der Kläger habe durch seine Teilnahme an den von ihr angebotenen Online-Glücksspielen den (Verwaltungs-)Straftatbestand des Paragraph 52, Absatz 5, GSpG verwirklicht, nichts zu ändern, weil Paragraph 1174, Absatz eins, Satz 1 ABGB schon mangels „Bewirkens“ einer unerlaubten Handlung anwendbar ist vergleiche 9 Ob 54/22i Rz 12).

[7]                  3. Der Oberste Gerichtshof hat – im Einklang mit der Rechtsprechung der beiden anderen österreichischen Höchstgerichte – auf Basis der einschlägigen Judikatur des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) in mehreren aktuellen Entscheidungen wiederholt festgehalten, dass das österreichische System der Glücksspielkonzessionen nach gesamthafter Würdigung aller tatsächlichen Auswirkungen auf den Glücksspielmarkt allen vom EuGH aufgezeigten Vorgaben entspricht und nicht gegen Unionsrecht verstößt (RS0130636 [T7]; 5 Ob 30/21d; 9 Ob 20/21p; 4 Ob 223/21d; 6 Ob 229/21a; 6 Ob 226/21k; 9 Ob 25/22z). Die Revisionswerberin bringt keine neuen Argumente, die den Senat zu einem Abgehen von der mittlerweile gefestigten Rechtsprechung veranlassen könnten. Sekundäre Feststellungsmängel „zum Thema Unionsrechtswidrigkeit“, die eine vollständige rechtliche Beurteilung erforderten, liegen nicht vor.

[8]                  4. Der als Anregung zu wertende Antrag der Beklagten vergleiche RS0058452) auf neuerliche Befassung des EuGH war nicht aufzugreifen, weil die unionsrechtlichen Rechtsgrundsätze geklärt sind.

[9]           5. Dieser Beschluss bedarf keiner weiteren Begründung (Paragraph 510, Absatz 3, ZPO).

European Case Law Identifier

ECLI:AT:OGH0002:2022:0070OB00168.22I.1109.000