OGH
18.05.2022
1Ob82/22y
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Univ.-Prof. Dr. Bydlinski als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Hofrätin Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger, Mag. Wessely-Kristöfel und Dr. Parzmayr als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei P*, vertreten durch die Gottgeisl & Leinsmer Rechtsanwälte OG, Wien, gegen die beklagte Partei T* Limited, * Malta, *, vertreten durch die Brandl Talos Rechtsanwälte GmbH, Wien, wegen 45.207,47 EUR sA, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 16. März 2022, GZ 10 R 3/22z-23, mit dem das Urteil des Landesgerichts Feldkirch vom 16. November 2021, GZ 4 Cg 92/21h-14, bestätigt wurde, den
Beschluss
gefasst:
Die außerordentliche Revision wird gemäß Paragraph 508 a, Absatz 2, ZPO mangels der Voraussetzungen des Paragraph 502, Absatz eins, ZPO zurückgewiesen.
Begründung:
[1] Der in Österreich wohnhafte Kläger erlitt bei von der Beklagten – einem maltesischen Unternehmen ohne Konzession nach dem österreichischen GSpG – über deren Website veranstalteten Online-Glücksspielen zwischen 2003 und 2020 Verluste in Höhe des nunmehr von ihm eingeklagten Betrags.
[2] Die Vorinstanzen gaben dem sowohl auf das Bereicherungsrecht als auch auf Schadenersatz gestützten Klagebegehren statt. Das österreichische Glücksspielmonopol sei nicht unionsrechtswidrig. Die Durchführung einer Ausspielung ohne Konzession sei damit verbotenes Glücksspiel, was die Möglichkeit zur bereicherungs- sowie schadenersatzrechtlichen Rückforderung erlittener Spielverluste eröffne. Die Passivlegitimation der Beklagten sei zu bejahen. Die ordentliche Revision sei mangels erheblicher Rechtsfrage iSd Paragraph 502, Absatz eins, ZPO nicht zulässig.
[3] Die dagegen erhobene außerordentliche Revision zeigt keine solche Rechtsfrage auf:
[4] 1. Die Revisionswerberin argumentiert im Wesentlichen, dass der Oberste Gerichtshof bisher nicht zur Frage der Unionsrechtswidrigkeit des österreichischen Glücksspielmonopols in der bis 30. 12. 2010 geltenden Fassung des GSpG Stellung genommen habe. Das Berufungsgericht habe diese Frage unrichtig beantwortet.
[5] 2. Das Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage ist nach dem Zeitpunkt der Entscheidung über das Rechtsmittel durch den Obersten Gerichtshof zu beurteilen vergleiche RISJustiz RS0112921; RS0112769). Eine bei Einbringung des Rechtsmittels aufgeworfene erhebliche Rechtsfrage fällt weg, wenn sie durch eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofs bereits geklärt wurde (RS0112921 [T5]).
[6] 3. Der Oberste Gerichtshof hat in der ebenfalls die beklagte Partei betreffenden Entscheidung vom 2. 2. 2022 zu 6 Ob 229/21a zu der von der Revisionswerberin aufgeworfenen Frage ausführlich Stellung genommen und diese zusammengefasst wie folgt beantwortet:
[7] Der Anwendungsvorrang des Unionsrechts betreffend die Rechtslage bis (einschließlich) 30. 12. 2010 habe lediglich zu einem Wegfall des in Paragraph 14, Absatz 2, Ziffer eins und Paragraph 21, Absatz 2, Ziffer eins, GSpG in der Fassung vor BGBl römisch eins 2010/111) normierten Sitzerfordernisses geführt, die übrigen Voraussetzungen für den Erhalt einer Konzession und das Konzessions bzw Monopolsystem aber an sich unberührt gelassen. Dass die Beklagte jemals um eine Konzession angesucht habe oder gar die übrigen, für die Erteilung einer Konzession normierten Voraussetzungen erfüllt hätte, behaupte sie nicht, sodass sie sich nicht auf den Effektivitätsgrundsatz berufen könne. Aus diesem Grund bestehe auch keine Notwendigkeit zur Einholung eines Vorabentscheidungsersuchens. Die zivilrechtliche Unerlaubtheit eines Spiels setze im Übrigen – entgegen der von der Beklagten auch im vorliegenden Revisionsverfahren vertretenen Ansicht – nicht zwingend die Strafbarkeit des Spiels nach Paragraph 168, StGB voraus.
[8] 4. Der erkennende Senat schließt sich – ebenso wie etwa jüngst zu 1 Ob 22/22z, 1 Ob 31/22y sowie 1 Ob 37/22f – diesen Ausführungen an. Die Revision der Beklagten stimmt mit den in den genannten Parallelverfahren erhobenen Rechtsmitteln inhaltlich überein und enthält keine zusätzlichen, nicht bereits behandelten Argumente.
ECLI:AT:OGH0002:2022:0010OB00082.22Y.0518.000