OGH
27.04.2022
9Ob35/22w
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Fichtenau als Vorsitzende, die Hofrätinnen und Hofräte des Obersten Gerichtshofs Mag. Ziegelbauer, Hon.-Prof. Dr. Dehn, Dr. Hargassner und Mag. Korn als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei A*, vertreten durch Salburg Rechtsanwalts GmbH in Wien, gegen die beklagte Partei T* Limited, *, vertreten durch Brandl Talos Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen 8.081,57 EUR sA, über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Salzburg als Berufungsgericht vom 24. Februar 2022, GZ 53 R 5/22z-32, mit dem das Urteil des Bezirksgerichts Salzburg vom 10. November 2021, GZ 14 C 433/20x-27, bestätigt wurde, den
Beschluss
gefasst:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 831,36 EUR (darin enthalten 138,56 EUR USt) bestimmten Kosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung:
[1] Die Beklagte ist eine Limited nach maltesischem Recht mit Sitz in Malta und verfügt über eine aufrechte Lizenz der Malta Gaming Authority für Online-Glücksspiele. Eine Konzession für ihre Tätigkeiten in Österreich iSd Paragraph 12 a, GSpG für elektronische Lotterien hat sie nicht, bietet aber über ihre deutschsprachige Website in Österreich Internet-Glücksspiele (Echtgeldpoker- und Casinospiele) an. Der in Österreich wohnhafte Kläger richtete bei der Beklagten einen Account zur Teilnahme am Online-Glücksspiel ein. Grundlage und Vertragsbestandteil für die zwischen ihm und der Beklagten abgeschlossenen Glücksspielverträge sind die Allgemeinen Geschäftsbedingungen, mit welchen sich der Kläger bei seiner Registrierung einverstanden erklärte. Der Kläger spielte von Februar 2013 bis Februar 2020 diverse von der Beklagten angebotene Online-Glücksspiele, darunter Online-Echtgeldpoker und erlitt dabei Spielverluste von insgesamt 8.081,57 EUR. Auf dem Spielerkonto des Klägers wurden sämtliche Zahlungsflüsse, insbesondere die Transferierung der eingelösten Wetteinsätze und erzielten Spielgewinne, zwischen dem Kläger und der Beklagten abgewickelt. Sowohl ein Nutzerkonto als auch ein Spielguthaben ist Voraussetzung für die Teilnahme an von der Beklagten angebotenem Glücksspiel.
[2] Der Kläger begehrt 8.081,57 EUR sA, weil die mit der Beklagten abgeschlossenen Glücksspielverträge mangels Konzession nach dem GSpG nach Paragraph 879, Absatz eins, ABGB nichtig seien und der saldierte Verlustbetrag bereicherungsrechtlich rückabzuwickeln sei.
[3] Die Beklagte bestreitet und wendet – sofern noch im Revisionsverfahren relevant – im Wesentlichen die fehlende Passivlegitimation ein, weil der dem Pokerspiel zugrundeliegende Vertrag zwischen den Spielern untereinander und nicht mit dem Anbieter der Website zustande gekommen sei. Die Beklagte hebe nur eine Servicegebühr für das Bereitstellen der Pokerplattform ein.
[4] Das Erstgericht gab der Klage statt.
[5] Das Berufungsgericht gab der dagegen erhobenen Berufung der Beklagten keine Folge und führte
– soweit für das Revisionsverfahren von Bedeutung – aus, dass die Beklagte zwar am Pokerspiel nicht selbst teilnehme, aber die gesamte Abwicklung des Spiels reglementiere und die Spielverträge mit den einzelnen Teilnehmern abschließe. Die Beklagte sei damit nicht bloß Abwicklungstreuhänderin und Zahlstelle und daher in Bezug auf die Rückabwicklungsansprüche passivlegitimiert. Aufgrund der Nichtigkeit der Glücksspielverträge wegen fehlender Konzession könne der Kläger seine Spieleinsätze zurückfordern.
[6] Die Revision wurde vom Berufungsgericht zugelassen, weil zur Frage der bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung eines (verbotenen) Online-Pokerspiels keine gesicherte höchstgerichtliche Rechtsprechung vorliege.
[7] Die dagegen erhobene Revision der Beklagten ist entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch des Berufungsgerichts (Paragraph 508 a, Absatz eins, ZPO) mangels der Voraussetzungen des Paragraph 502, Absatz eins, ZPO nicht zulässig.
[8] 1. Das Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage ist nach dem Zeitpunkt der Entscheidung über das Rechtsmittel durch den Obersten Gerichtshof zu beurteilen (RS0112921, RS0112769). Eine im Zeitpunkt der Einbringung des Rechtsmittels aufgeworfene Rechtsfrage ist nicht mehr iSd Paragraph 502, Absatz eins, ZPO erheblich, wenn sie durch eine oder mehrere andere Entscheidungen des Obersten Gerichtshofs bereits vorher geklärt wurde vergleiche 8 Ob 23/08b ua).
[9] 2. Zu den hier zu beurteilenden Rechtsfragen hat der Oberste Gerichtshof in den ebenfalls die Beklagte betreffenden Verfahren 6 Ob 229/21a, 6 Ob 207/21s 3 Ob 197/21s und 9 Ob 79/21i kürzlich Stellung genommen.
[10] Dabei verwies er darauf, dass gemäß Paragraph 2, Absatz eins und 4 in Verbindung mit Paragraph 4, Absatz eins, GSpG bereits das konzessionslose Veranstalten, Organisieren, Anbieten oder Zugänglichmachen von Glücksspiel durch einen Unternehmer verboten sei; und zwar auch dann, wenn er nicht selbst am Spiel teilnehme und etwa die Gewinne stelle, sondern nur auf sonstige Weise an der Durchführung des Spiels mitwirke. Vor diesem Hintergrund könne keinem Zweifel unterliegen, dass der Vertrag, mit dem der Kläger die Teilnahme an Online-Pokerspielen auf der Website der Beklagten ermöglicht worden sei, nach Paragraph 879, Absatz eins, ABGB nichtig sei.
[11] Die Rechtsfolgen der Nichtigkeit eines Rechtsgeschäfts wegen Verbots- und Sittenwidrigkeit richten sich nach einer Analogie zu Paragraph 877, ABGB. Die Passivlegitimation der Beklagten ergebe sich schon daraus, dass diese Empfängerin der Leistung des Klägers gewesen sei. Durch die wiederkehrenden Geldüberweisungen des Klägers sei die Beklagte sehr wohl unmittelbar bereichert worden, ganz unabhängig davon, dass es sich dabei jeweils noch nicht um die Leistung eines Spieleinsatzes im Rahmen eines unerlaubten Glücksvertrags gehandelt habe. Ein Belassen der Zahlung oder die Anwendung der Paragraph 1174, Absatz eins, Satz 1 ABGB oder Paragraph 1432, ABGB, auch wenn die Zahlung nicht geleistet werde, um das verbotene Spiel unmittelbar zu bewirken, sondern „nur“ um am Spiel überhaupt teilnehmen zu können, widerspräche überdies dem Verbotszweck der Paragraphen 2, Absatz eins und 4 in Verbindung mit Paragraph 4, Absatz eins, GSpG vergleiche insb 6 Ob 229/21a).
[12] 3. Von diesen Grundsätzen abzugehen bietet die vorliegende Revision keine Veranlassung. Die Entscheidung des Berufungsgerichts steht mit dieser Rechtsprechung im Einklang, sodass die Revision mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage iSd Paragraph 502, Absatz eins, ZPO zurückzuweisen war.
[13] 4. Die Kostenentscheidung gründet sich auf Paragraphen 41,, 50 ZPO Der Kläger hat in seiner Revisionsbeantwortung auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen.
ECLI:AT:OGH0002:2022:0090OB00035.22W.0427.000