Gericht

OGH

Entscheidungsdatum

18.01.2018

Geschäftszahl

12Os61/17p

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 18. Jänner 2018 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Schroll als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. T. Solé, Dr. Oshidari, Dr. Michel-Kwapinski und Dr. Brenner in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Ettel als Schriftführerin in der Strafsache gegen Ante Z***** wegen des Verbrechens des schweren sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach Paragraph 206, Absatz eins, StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie über die Berufungen der Staatsanwaltschaft und der Privatbeteiligten Tia R***** gegen das Urteil des Landesgerichts Wiener Neustadt als Jugendschöffengericht vom 15. Februar 2017, GZ 36 Hv 40/16f-33, und über die Beschwerde gegen den unter einem gefassten Beschluss nach Paragraphen 50,, 52 StGB nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen und die Beschwerde werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Ante Z***** des Verbrechens des schweren sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach Paragraph 206, Absatz eins, StGB schudig erkannt.

Danach hat er Ende März 2016 in T***** mit einer unmündigen Person, nämlich der am 13. August 2013 geborenen Tia R***** eine dem Beischlaf gleichzusetzende geschlechtliche Handlung in Form einer digitalen Vaginalpenetration unternommen.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richtet sich die auf Paragraph 281, Absatz eins, Ziffer 5,, Ziffer 9, Litera a und Ziffer 11, StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, der keine Berechtigung zukommt.

Dem Einwand der Unvollständigkeit (Ziffer 5, zweiter Fall) zuwider haben sich die Tatrichter eingehend mit jenen Umständen auseinandergesetzt, welche zu dem vor der Polizei abgelegten Geständnis des Beschwerdeführers führten (US 4 f), und auch die Angaben seiner Schwester, wonach die Befragung „normal“ abgelaufen sei vergleiche ON 22 S 31), in ihre Überlegungen miteinbezogen (US 7 f).

Das Erstgericht hat neben seinen sonstigen Erwägungen die Darstellung des Angeklagten anlässlich seiner Exploration durch die Kinder- und Jugendpsychologin, wo er zwei ausgestreckte Finger vor- und zurückbewegte und seine Äußerung „aber ich habe keine Verletzungen gemacht, da war kein Blut“ über Nachfrage, ob er das bei Tia so gemacht habe (ON 25 S 43, 45), bloß als „bezeichnend“ gewürdigt und in diesem Umstand daher erkennbar keine notwendige Bedingung für Feststellungen hinsichtlich einer entscheidenden Tatsache erblickt. Die in den Entscheidungsgründen zum Ausdruck kommende sachverhaltsmäßige Bejahung oder Verneinung bloß einzelner von mehreren erheblichen Umständen, welche erst in der Gesamtschau mit anderen zum Ausspruch über entscheidende Tatsachen führen, kann jedoch aus Paragraph 281, Absatz eins, Ziffer 5, StPO nicht bekämpft werden (RIS-Justiz RS0116737 [T5]).

Der Rüge zuwider hat das Schöffengericht die von Zorana R***** angefertigten und in der Hauptverhandlung vorgeführten (ON 29 bis 31) Videoaufnahmen mit ihren Kindern Tia und Leon R***** erwogen, diesen aber keine besondere Bedeutung beigemessen und insbesondere die von Tia R***** verneinte Frage, ob der Angeklagte die Hand in die „Muschi“ gesteckt habe, auf deren Überforderung in Anbetracht ihres Alters zurückgeführt (US 8).

Auch die Aussage des Zeugen Leon R***** in der Hauptverhandlung (ON 33 S 7 ff) würdigte das Erstgericht hinreichend und gelangte zum Ergebnis, dass dieser die Tat beobachtet hatte (US 3, 6 f). Soweit der Nichtigkeitswerber aus diesen Angaben im Wege eigenständiger beweiswürdigender Überlegungen für ihn günstigere Schlussfolgerungen ableitet, kritisiert er – im kollegialgerichtlichen Verfahren jedoch unzulässig – nach Art einer Schuldberufung die tatrichterliche Beweiswürdigung.

Eben dies gilt auch für den Versuch, die vom Schöffengericht gleichfalls berücksichtigte (US 5, 9) Aussage der Mutter des Tatopfers (ON 22 S 11 ff) schon im Hinblick auf bestehende finanzielle Interessen als unglaubwürdig darzustellen vergleiche auch RIS-Justiz RS0106588). Ihre Bekundung, dass Tia R***** schon vor dem Tatzeitpunkt beim Windelwechseln geweint habe, hat das Tatgericht in seine Überlegungen aufgenommen (US 6), sodass die auch insoweit behauptete Unvollständigkeit nicht vorliegt.

Dass die Tat von einem auf die

Befriedigung des Geschlechtstriebs gerichteten Willen des Angeklagten getragen worden sein müsste vergleiche demgegenüber RIS-Justiz RS0113816, RS0094905 [T16, T19]; Philipp in WK2 StGB Paragraph 206, Rz 20), wird von der Rechtsrüge (Ziffer 9, Litera a,) lediglich begründungslos behauptet, nicht jedoch methodengerecht aus dem Gesetz abgeleitet (RIS-Justiz RS0116569).

Der Sanktionsrüge (Ziffer 11,) zuwider ist die Sicherstellung einer angemessenen Strafe nicht Gegenstand des dritten, aber auch nicht des zweiten Falls der Ziffer 11, des Paragraph 281, Absatz eins, StPO (12 Os 177/09k mwN).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (Paragraph 285 d, Absatz eins, StPO), woraus sich die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen und die Beschwerde ergibt (Paragraph 285 i, StPO; Paragraph 498, StPO).

Die Kostenentscheidung gründet sich auf Paragraph 390 a, Absatz eins, StPO.

European Case Law Identifier

ECLI:AT:OGH0002:2018:0120OS00061.17P.0118.000