OGH
04.04.2017
5Ob4/17z
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Hradil als Vorsitzenden, die Hofrätin Dr. Grohmann sowie die Hofräte Mag. Wurzer, Mag. Painsi und Dr. Steger als weitere Richter in den verbundenen wohnrechtlichen Außerstreitsachen der 1. zu AZ 16 Msch 5/13k des Bezirksgerichts Innsbruck antragstellenden Partei T***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Erwin Köll, Rechtsanwalt in Innsbruck, und der 2. zu AZ 26 Msch 7/13p des Bezirksgerichts Innsbruck antragstellenden Partei Verlassenschaft nach Dr. H*****, vertreten durch Dr. T*****, als Verlassenschaftskurator, vertreten durch Dr. Richard Leitner, Rechtsanwalt in Innsbruck, gegen sämtliche Mit- und Wohnungseigentümer des Hauses T*****straße 32, *****, EZ 601 KG ***** W*****, darunter die Antragsgegnerin N*****, vertreten durch Prader, Ortner, Fuchs, Wenzl Rechtsanwälte in Innsbruck, wegen Paragraphen 52, Absatz eins, Ziffer eins,, 9 Absatz 2,, 56 Absatz eins, WEG, über die Revisionsrekurse beider antragstellender Parteien gegen den Sachbeschluss des Landesgerichts Innsbruck als Rekursgericht vom 9. August 2016, GZ 1 R 171/16b, 1 R 172/16z, 1 R 278/15m-39, mit dem der Sachbeschluss des Bezirksgerichts Innsbruck vom 19. März 2015, GZ 16 Msch 5/13k-18 in der Fassung des Berichtigungs- und Ergänzungsbeschlusses vom 24. November 2015, GZ 16 Msch 5/13k-29, abgeändert wurde, den
Beschluss
gefasst:
Die Akten werden dem Erstgericht zurückgestellt.
Begründung:
Gegenstand der verbundenen Verfahren sind Anträge auf Nutzwert-(neu-)festsetzung betreffend Tiefgarageneinstellplätze, die Zubehörwohnungseigentum zu den den beiden Antragstellerinnen (damals) gehörigen Wohnungseigentumsobjekten sein sollen. Das Stadtmagistrat Innsbruck gab den Anträgen mit Entscheidungen vom 20. 8. und 9. 9. 2013 jeweils statt. Die Antragsgegnerin als Mit- und Wohnungseigentümerin rief dagegen das Gericht an.
Das Erstgericht setzte letztlich – nach Berichtigung bzw Ergänzung seines Sachbeschlusses – in Übereinstimmung mit der Schlichtungsstelle gesonderte Nutzwerte für die Abstellplätze fest.
Das Rekursgericht gab – neben anderen hier nicht gegenständlichen Entscheidungen – mit dem angefochtenen Sachbeschluss dem dagegen erhobenen Rekurs der Antragsgegnerin Folge und wies die Anträge auf Neufestsetzung der Nutzwerte ab.
Dagegen richten sich die ordentlichen Revisionsrekurse der beiden Antragstellerinnen, über die der Oberste Gerichtshof derzeit noch nicht entscheiden kann.
1. Im Nutzwert-(neu-)festsetzungsverfahren kommt gemäß Paragraph 52, Absatz 2, Ziffer eins, WEG sämtlichen bücherlichen Miteigentümern der Liegenschaft Parteistellung zu, wobei auf den Grundbuchstand im Zeitraum des erstinstanzlichen Verfahrens abzustellen ist (RIS-Justiz RS0083224; RS0083019). Das Erstgericht hat der Parteistellung der im Verfahren nicht aufgetretenen Mit- und Wohnungseigentümer zwar dadurch Rechnung getragen, dass es die Zustellung des erst- und zweitinstanzlichen Sachbeschlusses auch durch Hausanschlag im Sinn von Paragraph 52, Absatz 2, Ziffer 4, WEG veranlasst hat. Eine Zustellung der Revisionsrekurse durch Hausanschlag unterblieb allerdings bislang und wird nachzuholen sein.
2.1. Offensichtlich übersehen haben die Vorinstanzen den aus dem Grundbuch ersichtlichen Umstand, dass die Erstantragstellerin ihr Eigentumsrecht noch vor Beschlussfassung erster Instanz verloren hat. Aufgrund des Kaufvertrags vom 1. Oktober 2013 samt Nachtrag vom 23. September 2014 war nämlich bereits am 29. Oktober 2014 ob den Miteigentumsanteilen der Erstantragstellerin B-LNr 10 zu TZ 11511/2014 das Eigentumsrecht für die T***** GmbH einverleibt worden.
2.2. In außerstreitigen Verfahren nach Paragraph 52, WEG ist die Parteistellung des Wohnungseigentümers an das aufrechte bücherliche Eigentum geknüpft. Bei Eigentumsübergang scheidet der frühere Eigentümer aus dem Verfahren aus und tritt der Erwerber ein (RIS-Justiz RS0083019 [T2]; RS0126080). Durch die Veräußerung des Miteigentumsanteils samt Wohnungseigentum verliert der Veräußerer daher nicht nur die Legitimation zur Antragstellung, sondern seine Parteistellung nicht nur im materiellen, sondern auch im formellen Sinn (RIS-Justiz RS0083185; RS0083100; Kodek in Gitschthaler/Höllwerth AußStrG Paragraph 2, Rz 177; Lovrek, Einige Fragen zur Parteistellung im Verfahren nach Paragraph 37, MRG, wobl 2012, 279 [283]). Der Außerstreitrichter ist diesfalls verpflichtet, von Amts wegen dem Erwerber des Miteigentumsanteils der Antragstellerin die Möglichkeit zu geben, den Antrag aufrechtzuerhalten (RIS-Justiz RS0083185; 5 Ob 59/11d). Paragraph 234, ZPO ist im wohnrechtlichen Außerstreitverfahren nicht anwendbar (RIS-Justiz RS0005786 [T3]).
2.3. Hier hat das Erstgericht diese Vorgangsweise nicht eingehalten, auch das Rekursgericht hat die Erstantragstellerin noch als Partei im formellen Sinn behandelt. Eine ausdrückliche Einbeziehung der T***** GmbH erfolgte nach der Aktenlage nicht. Der Hausanschlag der Sachbeschlüsse der Vorinstanzen, die die Rechtsnachfolgerin der Erstantragstellerin nicht erwähnten (dem erstinstanzlichen Sachbeschluss war im Gegenteil sogar ein nicht mehr aktueller Grundbuchsausdruck angeschlossen, der noch die Erstantragstellerin als Eigentümerin auswies), war zwar ausreichend, um eine Zustellung an die nicht namentlich angeführten übrigen Mit- und Wohnungseigentümer als Antragsgegner zu bewirken. Eine Warnfunktion gegenüber der T***** GmbH, sie werde auf Antragstellerseite anstelle der Erstantragstellerin in das Verfahren einbezogen (und damit verpflichtet, ihre prozessualen Rechte allenfalls geltend zu machen), konnte diesem Hausanschlag, der keinen derartigen Hinweis enthielt, hingegen nicht zukommen.
2.4. Das Erstgericht wird daher die Sachbeschlüsse der Vorinstanzen auch der anstelle der Erstantragstellerin als Partei in das Verfahren eingetretenen T***** GmbH mit der Aufforderung zuzustellen haben, zu erklären, ob sie den Antrag aufrechterhalten will, und um dieser eine Beteiligung am Revisionsrekursverfahren zu ermöglichen. Für den Fall eines Revisionsrekurses der T***** GmbH wird dieser den übrigen Mit- und Wohnungseigentümern zuzustellen sein.
2.5. Die Akten sind erst nach Einlangen weiterer Rechtsmittel(-beantwortungen) bzw ungenütztem Ablauf der Fristen hiefür dem Obersten Gerichtshof neuerlich vorzulegen.
ECLI:AT:OGH0002:2017:0050OB00004.17Z.0404.000