Gericht

OPMS

Entscheidungsdatum

14.11.2012

Geschäftszahl

OBm3/12

Kopf

Der Oberste Patent- und Markensenat hat durch die Präsidentin des Obersten Patent- und Markensenates Dr. Irmgard GRISS, die Räte des Obersten Patent- und Markensenates Hofrat Mag. Wilfried KYSELKA, Hofrat des OGH Dr. Manfred VOGEL, Hofrat des OGH Dr. Gottfried MUSGER als rechtskundige Mitglieder und den Rat des Obersten Patent- und Markensenates
Dr. Wolfram GÖRNER als fachtechnisches Mitglied in der Markenrechtssache des Antragstellers   M a g .   F *****, vertreten durch Wille Brandstätter Scherbaum Rechtsanwälte OEG, Ferstelgasse 1, 1090 Wien, wegen Abweisung der Markenanmeldung AM 2158/2008 „LOUNGE.AT“, über die Beschwerde des Antragstellers gegen die Entscheidung der Rechtsmittelabteilung des Österreichischen Patentamtes vom 24. April 2012, Zl Bm 7/2010-1, mit der die Beschwerde des Antragstellers gegen den abweisenden Beschluss der Rechtsabteilung Österreichische Marken des Österreichischen Patentamtes vom 23. November 2009, AM 2158/2008-3, abgewiesen und der angefochtene Beschluss bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss gefasst:

 

Spruch

Der Beschwerde wird Folge gegeben.

 

Die angefochtene Entscheidung wird dahin abgeändert, dass dem zu Geschäftszahl AM 2158/2008 eingebrachten Antrag, die Wortmarke „LOUNGE.AT“ für die Dienstleistungen der Klassen 35, 38 und 41 in das Markenregister einzutragen, stattgegeben wird.

 

Text

G r ü n d e :

 

Mag. F***** (in der Folge: Anmelder) beantragte am 25. März 2008 beim Österreichischen Patentamt die Registrierung des Zeichens „LOUNGE.AT“ als österreichische Wortmarke für folgende Waren und Dienstleistungen: 

Klasse 9: Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Bild und Ton

Klasse 16: Druckereierzeugnisse, Druckschriften aller Art

Klasse 35: Werbung

Klasse 38: Telekommunikation

Klasse 41: Unterhaltung

 

Die Rechtsabteilung Österreichische Marken stellte mit amtlichen Mitteilungen vom 23. Juli 2008 und 20. Februar 2009 unter Bezugnahme auf Paragraph 4, Absatz eins, Ziffer 3, MSchG die teilweise Abweisung des Antrages auf Registrierung wegen fehlender Unterscheidungskraft mit der Begründung in Aussicht, dass die beteiligten Verkehrskreise im angemeldeten Zeichen im Zusammenhang mit den Dienstleistungen der Klassen 35, 38 und 41 lediglich einen allgemeinen Hinweis darauf sähen, dass diese Dienstleistungen in einer beliebigen Lounge (Bedeutung laut Duden: Bar mit anheimelnder Atmosphäre; laut wikipedia: Aufenthaltsort bzw Bereich, in dem sich Personen aufhalten können; laut Langenscheidt Großes Schulwörterbuch: Halle, Gesellschaftsraum, Foyer, Salon) angeboten würden. Es handle sich um einen kurzen, einprägsamen und einfachen englischen Begriff, der auch im deutschsprachigen Raum (zB als VIP-Lounge oder Business-Lounge) häufig verwendet werde. Die Beifügung des Zeichens „.at“ werde von den Konsumenten lediglich als Hinweis auf einen Zusammenhang mit dem Internet gesehen. Das Zeichen werde damit als allgemeiner Hinweis auf Ort und Art der Erbringung der Dienstleistungen verstanden und sei somit in seiner Gesamtheit nicht geeignet, als individualisierender Unternehmenshinweis zu dienen; „LOUNGE.AT“ sei daher für die Klassen 35, 38 und 41 ohne Nachweis der Verkehrsgeltung von der Registrierung ausgeschlossen.

 

Der Anmelder äußerte sich jeweils zu den von der Rechtsabteilung aufgeworfenen Bedenken und hielt seine Anmeldung aufrecht.

 

Die Rechtsabteilung Österreichische Marken wies mit Beschluss vom 23. November 2009 den Antrag auf Registrierung des Zeichens „LOUNGE.AT“ für die Dienstleistungen der Klassen 35, 38 und 41 gemäß Paragraph 4, Absatz eins, Ziffer 3, MSchG unter Hinweis auf die in den Schreiben vom 23. Juli 2008 und 20. Februar 2009 angegebenen Gründe ab und sprach aus, dass nach Rechtskraft dieser Entscheidung das Registrierungsverfahren hinsichtlich der verbleibenden Klassen 9 und 16 fortgesetzt werde.

 

Die Rechtsmittelabteilung des Österreichischen Patentamtes wies mit Beschluss vom 24. April 2012 die Beschwerde des Anmelders ab und bestätigte die Entscheidung der Rechtsabteilung Österreichische Marken. Das angemeldete Zeichen sei für die betroffenen Dienstleistungen nicht unterscheidungskräftig, weil es von den beteiligten Verkehrskreisen als Zusammensetzung der Zeichen „Lounge“ (in der Bedeutung: Aufenthaltsraum) und „.at“ (Top Level-Domain für Österreich) und damit als allgemeiner Hinweis auf die inhaltliche Ausrichtung der damit bezeichneten Dienstleistungen verstanden werde; das Zeichen informiere unmittelbar über Ort und Art der Erbringung der Dienstleistungen und werde nicht als Marke eines Unternehmens wahrgenommen.       

 

Rechtliche Beurteilung

Die gegen diese Entscheidung gerichtete Beschwerde des Anmelders ist berechtigt.

 

Nach Paragraph 4, Absatz eins, Ziffer 3, MSchG sind Zeichen von der Registrierung ausgeschlossen, die keine Unterscheidungskraft haben.

 

Ein Zeichen ist unterscheidungskräftig, wenn es unmittelbar als Hinweis auf die betriebliche Herkunft der fraglichen Waren oder Dienstleistungen wahrgenommen werden kann, so dass die maßgeblichen Verkehrskreise die Waren oder Dienstleistungen des Markeninhabers ohne Verwechslungsgefahr von denen anderer betrieblicher Herkunft unterscheiden können (EuGH Rs T-471/07 - Wella AG/HABM Randnummer 15 mwN; EuGH Rs C-398/08 - Audi). Fehlt die Unterscheidungskraft, kann das Zeichen die Hauptfunktion der Marke als betrieblicher Herkunftshinweis nicht erfüllen (OBm 1/11 – Oxi-Effekt, Oxi-Wirkung mwN). Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist ein großzügiger Maßstab anzulegen; jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden (BGH römisch eins ZB 22/11 – Starsat).

 

Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes gelten Zeichen als beschreibend, wenn sie für die beteiligten Verkehrskreise eine unmittelbare und ohne weiteres erkennbare Aussage über die Art, Natur oder Beschaffenheit der angemeldeten Waren oder Dienstleistungen enthalten, das heißt sie müssen sofort und ohne weiteres Nachdenken einen konkreten und direkten Bezug zwischen dem fraglichen Zeichen und den von der Anmeldung erfassten Waren und Dienstleistungen herstellen können (EuGH C-326/01, Universaltelefonbuch, Randnummer 33 mwN).

 

Enthält das Zeichen demgegenüber nur Andeutungen, ohne die damit bezeichnete Ware oder Dienstleistung konkret oder umfassend zu beschreiben, ist es nicht bloß beschreibend und daher auch ohne Verkehrsgeltung registrierbar (RIS-Justiz RS0109431[T3]; OBm 1/12 – Die grüne Linie). Bloße Andeutungen stehen einer Eintragung in der Regel nicht entgegen, so lange sie nur in phantasiehafter Weise auf bestimmte Eigenschaften hinweisen, ohne sie in sprach- oder verkehrsüblicher Form unmittelbar zu bezeichnen. Stellt ein Zeichen nur einen Zusammenhang mit einem allgemeinen Begriff her, ohne etwas Bestimmtes über Herstellung oder Beschaffenheit der Ware oder Dienstleistung auszusagen, liegt keine beschreibende Angabe vor (17 Ob 33/08i - happykauf mwN; OPM Om 10/09 – Lümmeltüten-Party). Ist die angemeldete Marke nicht geeignet, beim Durchschnittsverbraucher mehrheitlich eindeutige Vorstellungen über die Art, Natur oder Beschaffenheit von Waren oder Dienstleistungen hervorzurufen, ohne dass noch weitere Überlegungen über die mit einer bestimmten Bezeichnung erzielte Aussage erforderlich wären, besitzt sie Unterscheidungskraft (vergleiche OPM OBm 3/11 - ATELIER PRIVE, PBl 2012, 159, 161). 

 

Auch aus mehreren Bestandteilen zusammengesetzte Zeichen sind nach denselben Kriterien zu prüfen wie herkömmliche Wortmarken. Sie sind dann als bloß beschreibend nicht schutzfähig, wenn das Zeichen nur eine allgemeine Aussage über die Waren oder Dienstleistungen selbst enthält. Anderes gilt, wenn die Zeichenfolge eine interpretationsbedürftige Aussage enthält (OBm 1/12 - Die grüne Linie mwN). Für die Eintragung einer Domain als Marke gelten grundsätzlich keine anderen Regeln als für sonstige Kennzeichen. Die Prüfung auf Schutzhindernisse ist im Einzelfall nach den allgemeinen Kriterien vorzunehmen (Thiele in Kucsko, marken.schutz 18).

 

Auf dieser Grundlage kann dem angemeldeten Zeichen Unterscheidungskraft nicht abgesprochen werden. Die Rechtsmittelabteilung des Österreichischen Patentamtes ist zum gegenteiligen Schluss nur dadurch gelangt, dass sie einen denkbaren beschreibenden Gehalt in mehreren gedanklichen Schritten ermittelt hat. Eine derartige analysierende Betrachtung kann jedoch nicht dazu führen, die Unterscheidungskraft eines Zeichens zu verneinen, denn sie zeigt ja, dass das Zeichen beim Durchschnittsverbraucher keine eindeutigen Vorstellungen über die Art, Natur oder Beschaffenheit der Dienstleistungen hervorruft, für die die Marke eingetragen werden soll.

 

Dass das angemeldete Zeichen bei Teilen der angesprochenen Verkehrskreise die von den Vorinstanzen beschriebenen allgemeinen Assoziationen zu einem Aufenthaltsraum mit anheimelnder Atmosphäre oder zu einem exklusiven Warteraum oder Empfangsraum in einem vornehmen Hotel hervorrufen mag, schafft noch keinen unmittelbaren Bezug zu den Dienstleistungen der Klassen 35, 38 und 41. Es stehen dann nämlich immer noch mehrere Bedeutungsvarianten im Raum, und es bedarf erst eines gewissen Denkprozesses sowie eines Interpretationsaufwands, um den Sinngehalt des Zeichens zu erfassen und ihn mit der Art, Natur oder Beschaffenheit der damit bezeichneten Dienstleistungen gedanklich in Verbindung zu bringen. Ist es aber dem Publikum nicht möglich, ohne weiteres Nachdenken und ohne Unklarheiten den beschreibenden Begriffsinhalt des Zeichens sofort zu erfassen, ist das Zeichen unterscheidungskräftig und damit auch ohne Verkehrsgeltungsnachweis eintragungsfähig.

 

Der Beschwerde des Anmelders ist Folge zu geben und die Eintragung des angemeldeten Zeichens „LOUNGE.AT“ für die Klassen 35, 38 und 41 auch ohne Vorliegen der Voraussetzungen des Paragraph 4, Absatz 2, MSchG anzuordnen. 

Die Beschwerdegebühr ist dem Anmelder gemäß Paragraph 28, Absatz eins, Ziffer 4, PAG zurückzuerstatten (Paragraph 28, Absatz 3, PAG).