OGH
18.09.2012
4Ob102/12x
Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin Dr. Schenk als Vorsitzende und durch die Hofräte Dr. Vogel, Dr. Jensik, Dr. Musger und Dr. Schwarzenbacher als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei I***** GmbH, *****, vertreten durch Mag. Johannes Stephan Schriefl, Rechtsanwalt in Mödling, wider die beklagte Partei T***** GmbH, *****, vertreten durch PHH Prochaska Heine Havranek Rechtsanwälte OG in Wien, wegen Unterlassung, Beseitigung, Rechnungslegung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Sicherungsverfahren 25.000 EUR), infolge Revisionsrekurses der beklagten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Rekursgericht vom 25. April 2012, GZ 1 R 39/12f-19, womit der Beschluss des Handelsgerichts Wien vom 24. Jänner 2012, GZ 19 Cg 158/11y-9, bestätigt wurde, folgenden
Beschluss
gefasst:
Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Der Schriftsatz der Klägerin vom 5. 9. 2012 wird als unzulässig zurückgewiesen.
Die klagende Partei hat die Kosten ihrer Revisionsrekursbeantwortung vorläufig selbst zu tragen.
Begründung:
Entgegen dem - den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (Paragraph 526, Absatz 2, ZPO) - Ausspruch des Rekursgerichts hängt die Entscheidung nicht von der Lösung einer erheblichen Rechtsfrage iSd Paragraph 528, Absatz eins, ZPO ab.
1. Das Rekursgericht hat das Zeichen „myTaxy“ im Zusammenhang mit dem Vertrieb von Anwender-Software, mit der der Kunde über Handy ein Taxi bestellen kann, wobei sein Standort dem Taxilenker übermittelt wird, als originär kennzeichnungskräftigen Teil der Gemeinschaftsmarke der Klägerin beurteilt. Diese Beurteilung hält sich im Rahmen höchstgerichtlicher Rechtsprechung.
Die Kennzeichnungskraft fehlt nur bei solchen Zeichen, deren Begriffsinhalt von den beteiligten Verkehrskreisen zwanglos und ohne komplizierte Schlussfolgerungen erschlossen werden kann und die als beschreibender Hinweis auf die Art der Tätigkeit des betreffenden Unternehmens verstanden werden (RIS-Justiz RS0117763, RS0066456, RS0066644). Enthält das Zeichen nur Andeutungen einer bestimmten Beschaffenheit, ohne die damit bezeichnete Ware oder Dienstleistung konkret oder umfassend zu beschreiben, ist es nicht rein beschreibend (17 Ob 10/08g mwN).
Das Rekursgericht hat diese Voraussetzung hier in vertretbarer Weise verneint. Das in Frage stehende Zeichen eröffnet zwar gedankliche Assoziationen zu Taxidienstleistungen im weiteren Sinn, beschreibt aber den genauen Gegenstand der Tätigkeit der Beklagten (Handel mit Software für Handys zur Bestellung eines Taxis) nicht unmittelbar und nicht ohne jede Denkarbeit. Die Beurteilung des Rekursgerichts richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls und verwirklicht keine erhebliche Rechtsfrage vergleiche RIS-Justiz RS0121895).
2. Ob Verwechslungsgefahr vorliegt, ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls umfassend zu beurteilen. Zu berücksichtigen sind die Kennzeichnungskraft der verletzten Marke, die Ähnlichkeit der einander gegenüberstehenden Zeichen und die Ähnlichkeit der von den Zeichen erfassten Waren oder Dienstleistungen (RIS-Justiz RS0121500). Dabei ist auf die Wechselbeziehung zwischen den in Betracht kommenden Faktoren Bedacht zu nehmen. So kann ein geringer Grad der Gleichartigkeit der erfassten Waren oder Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken ausgeglichen werden und umgekehrt (RIS-Justiz RS0121482).
Auch schwache Zeichen mit geringer Kennzeichnungskraft sind gegen mißbräuchliche Verwendung geschützt; ihr Schutz ist allerdings einschränkend zu beurteilen, sodass schon geringe Abweichungen häufig die Verwechslungsgefahr beseitigen (RIS-Justiz RS0078887, zuletzt 4 Ob 218/03t). Die unveränderte, buchstabengetreue Übernahme eines Zeichens mit auch nur geringer Kennzeichnungskraft durch einen Konkurrenten ist unzulässig (RIS-Justiz RS0078897, zuletzt 4 Ob 326/00w).
Mit dieser Rechtsprechung steht die angefochtene Entscheidung im Einklang. Nach dem bescheinigten Sachverhalt wird vom Publikum in der mündlichen Kommunikation nur der Markenbestandteil „MyTaxy“ zur Kennzeichnung der Dienstleistungen der Klägerin verwendet. Die Beklagte verwendet eine idente Buchstabenfolge als Domain des top-levels „.at“ und im Quelltext ihrer Homepage und hatte sie bis November 2011 als Schlüsselwort bei einer Internet-Suchmaschine gebucht. Die unter beiden Zeichen vertriebenen Dienstleistungen stimmen überein. Wenn das Rekursgericht unter diesen Umständen einen Markeneingriff bejaht hat, begegnet diese Beurteilung im Lichte der referierten Rechtsprechung keinen Bedenken, zumal die Frage der Verwechslungsfähigkeit von Kennzeichen nach dem Wortklang und/oder ihrer Bedeutung praktisch nie über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung hat und daher keine erhebliche Rechtsfrage ist vergleiche RIS-Justiz RS0112739).
3. Da das Unterlassungsgebot schon unter dem Aspekt des Markenrechtseingriffs berechtigt ist, kommt es auf die im Rechtsmittel weiters aufgeworfene Frage der Behinderungsabsicht im Zusammenhang mit Domain-Grabbing oder bösgläubigem Markenrechtserwerb nicht an.
4. Die Entscheidung über die Kosten der Klägerin beruht auf Paragraph 393, Absatz eins, EO. Sie hat in ihrer Revisionsrekursbeantwortung auf die Unzulässigkeit des Rechtsmittels hingewiesen, weshalb ihr Schriftsatz grundsätzlich der zweckentsprechenden Rechtsverteidigung diente.