Gericht

OGH

Entscheidungsdatum

01.08.2012

Geschäftszahl

1Ob125/12g

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Sailer als Vorsitzenden sowie die Hofräte Univ.-Prof. Dr. Bydlinski, Dr. Grohmann, Mag. Wurzer und Mag. Dr. Wurdinger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Heinz R*****, Deutschland, vertreten durch Salpius Rechtsanwalts GmbH in Salzburg, gegen die beklagte Partei Anlegerentschädigung von Wertpapierfirmen GmbH, *****, vertreten durch Preslmayr Rechtsanwälte OG in Wien, wegen 20.148,58 EUR sA, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 7. März 2012, GZ 12 R 117/11f-13, mit dem das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom 22. April 2011, GZ 6 Cg 126/10h-9, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 1.189,44 EUR (darin enthalten 198,24 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung:

Nach dem im vorliegenden Fall unstrittig anzuwendenden Paragraph 23 b, Absatz 2, dritter Satz WAG 1996 ist die Beklagte als Entschädigungseinrichtung von Wertpapierdienstleistungsunternehmen verpflichtet, den Anleger auf Verlangen und nach Legitimierung innerhalb von drei Monaten ab dem Zeitpunkt, zu dem Höhe und Berechtigung der Forderung festgestellt sind, zu entschädigen.

Rechtliche Beurteilung

Entgegen dem - den Obersten Gerichtshof nicht bindenden - Ausspruch des Berufungsgerichts, das die ordentliche Revision zur Interpretation der dreimonatigen Frist des Paragraph 23 b, Absatz 2, WAG 1996 zuließ, ist die Revision mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage nicht zulässig.

Der klagende Anleger vertritt die Rechtsansicht, es reiche für seine Legitimierung nach Paragraph 23 b, Absatz 2, dritter Satz WAG 1996 aus, auf einer Liste von Geschädigten neben Namen und Adresse lediglich eine Depotnummer und die Höhe der gestellten Forderung anzugeben. Die Beklagte müsse dann die Forderung prüfen, ohne dass der Anleger seinen Anspruch bescheinigen müsse. Die Ablehnung einer Überprüfung durch die Beklagte bewirke den Eintritt der Fälligkeit des eingeklagten Anspruchs auf Entschädigung.

Diese Rechtsauffassung hat der Oberste Gerichtshof bereits in mehreren Entscheidungen, die einen jeweils gleichgelagerten Sachverhalt betrafen, eindeutig abgelehnt (7 Ob 222/11i; 8 Ob 110/11a; 9 Ob 62/11z; 1 Ob 240/11t; 8 Ob 65/12k; 6 Ob 94/12k). Danach muss grundsätzlich der geschädigte Anleger nachweisen, welche Zahlungen er an das nunmehr insolvente Wertpapierdienstleistungsunternehmen geleistet hat. Die Verpflichtung zu diesem Nachweis ergibt sich schon aus dem Wortlaut des Paragraph 23 b, Absatz 2, dritter Satz WAG 1996, der eine „Legitimierung“ und nicht nur die Behauptung einer Forderung verlangt (8 Ob 110/11a; 8 Ob 65/12k). Der Anleger muss daher mehr tun, als nur seine Daten bekannt zu geben (7 Ob 222/11i).

Der Kläger legte - trotz mehrmaliger Aufforderung durch die Beklagte vor Prozessbeginn - erstmals mit am 14. 2. 2011 im Elektronischen Rechtsverkehr übermittelten Schriftsatz Urkunden zu seiner Veranlagung vor (Anlegerzertifikate, Kontoauszüge). Die Rechtsansicht des Berufungsgerichts, die Vorlage dieser Nachweise sei dem Kläger jedenfalls bereits zuvor möglich sowie zumutbar und der eingeklagte Anspruch zum Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung erster Instanz am 6. 4. 2011 mangels Ablaufs selbst der dreimonatigen Zahlungsfrist (abgesehen von einer angemessenen Prüfungszeit; dazu 6 Ob 94/12k mwN) noch nicht fällig gewesen, entspricht der zitierten, jüngst ergangenen oberstgerichtlichen Judikatur.

Auf das Feststellungsbegehren war schon deshalb nicht einzugehen, weil die Berufung des Klägers diesbezüglich keine Rechtsrüge enthielt. Wurde die Entscheidung erster Instanz von der unterlegenen Partei (hier: dem Kläger) nur in einem bestimmten Punkt wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung angefochten (oder die gesamte Rechtsrüge nicht gesetzmäßig ausgeführt), dann sind diese Versäumnisse im Revisionsverfahren nicht mehr nachholbar und andere Punkte können in der Rechtsrüge der Revision nicht mehr geltend gemacht werden (RIS-Justiz RS0043338 [T4, T10, T11, T13]; RS0043480 [besonders T22]; RS0043573 [besonders T2, T13, T29, T31, T33, T36, T42]; Kodek in Rechberger³ Paragraph 503, Rz 27; Zechner in Fasching/Konecny² Paragraph 503, Rz 56 in Verbindung mit Rz 191). Daran vermag im vorliegenden Fall auch der Umstand nichts zu ändern, dass das Berufungsgericht die rechtliche Beurteilung des Erstgerichts im Hinblick auf die Geltendmachung des Eventualfeststellungsbegehrens dennoch überprüfte vergleiche RIS-Justiz RS0043480 [T10]; RS0043573 [T14]). In der Berufung des Klägers finden sich nur Ausführungen zur behaupteten Fälligkeit des Leistungsbegehrens, nicht jedoch zur Berechtigung seines hilfsweise gestellten Feststellungsbegehrens. Es ist dem Kläger deshalb verwehrt, die Berechtigung seines Begehrens unter dem erstmals behaupteten Aspekt, dass „jedes Leistungsbegehren automatisch auch ein Feststellungsbegehren“ enthalte, in dritter Instanz überprüfen zu lassen.

Einer weiteren Begründung bedarf es nicht (Paragraph 510, Absatz 3, ZPO).

Die Kostenentscheidung gründet sich auf Paragraph 41, Absatz eins und Paragraph 50, Absatz eins, ZPO. Die Beklagte hat auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen.