Gericht

OGH

Entscheidungsdatum

10.07.2012

Geschäftszahl

4Ob117/12b

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin Dr. Schenk als Vorsitzende und durch die Hofräte Dr. Vogel, Dr. Jensik, Dr. Musger und Dr. Schwarzenbacher als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. W***** M*****, gegen die beklagte Partei W***** Gesellschaft m.b.H., *****, vertreten durch Höhne, In der Maur & Partner, Rechtsanwälte OG in Wien, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Sicherungsverfahren 48.000 EUR), infolge Revisionsrekurses der klagenden Partei und der beklagten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Rekursgericht vom 29. März 2012, GZ 1 R 51/12w-30, womit infolge Rekurses der klagenden und der beklagten Partei der Beschluss des Handelsgerichts Wien vom 8. Februar 2012, GZ 11 Cg 108/11m-24, teilweise abgeändert wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs der klagenden Partei wird nicht Folge gegeben.

Dem Revisionsrekurs der beklagten Partei wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluss wird teilweise bestätigt und teilweise dahin abgeändert, dass die Entscheidung nunmehr zu lauten hat:

„Der Antrag, der beklagten Partei mit einstweiliger Verfügung aufzutragen, es bis zur Rechtskraft des über die Klage ergehenden Urteils im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs zu unterlassen, die Winkelschreiberei, dh das Ausüben von Vertretungs- und Beratungstätigkeiten, die den hierzu berufsbefugten Rechtsanwälten vorbehalten sind, durch hierzu nicht befugte Wirtschaftstreuhänder zu fördern, insbesondere durch das Angebot und den Vertrieb von Druckwerken und Mustersammlungen, die sich ihrem Inhalt nach ausdrücklich an Wirtschaftstreuhänder für die Zwecke der Erstellung ganzer Verträge und/oder von Gerichts- und Behördeneingaben sowie der allgemeinen Rechtsberatung, jeweils durch Wirtschaftstreuhänder für Kunden dieser Wirtschaftstreuhänder, richten, ausgenommen Eingaben an Abgaben- und Abgabenstrafbehörden und in VwGH-Verfahren in Abgabenangelegenheiten und ebensolche Beratung, wird abgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 1.308,60 EUR (darin 218,10 EUR USt) bestimmten Äußerungskosten binnen 14 Tagen zu ersetzen.“

Die klagende Partei hat die Kosten des Rechtsmittelverfahrens endgültig selbst zu tragen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 10.017,38 EUR (darin 956,73 EUR USt und 4.277 EUR Barauslagen) bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung:

Der Kläger ist Rechtsanwalt. Die Beklagte ist ein Verlagsunternehmen, das ua Medieninhaberin, Herausgeberin und Vertreiberin einer „Mustersammlung für Wirtschaftstreuhänder“. Dieses an Wirtschaftstreuhänder als potentielle Kunden gerichtete Werk in Form einer Loseblattsammlung enthält ein (an Wirtschaftstreuhänder gerichtetes) „Vorwort des Verlages“ mit unter anderem folgenden Textpassagen:

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Zur Sicherung eines inhaltsgleichen Unterlassungsanspruchs beantragte der Kläger, gegen die Beklagte eine umfangreiche einstweilige Verfügung zu erlassen; im zweiten Rechtsgang über diesen Sicherungsantrag ist noch das (mit 36.000 EUR bewertete) Begehren unerledigt, der Beklagten mit einstweiliger Verfügung aufzutragen, es bis zur Rechtskraft des über die Klage ergehenden Urteils im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs zu unterlassen, die Winkelschreiberei, dh das Ausüben von Vertretungs- und Beratungstätigkeiten, die den hierzu berufsbefugten Rechtsanwälten vorbehalten sind, durch hierzu nicht befugte Wirtschaftstreuhänder zu fördern, insbesondere durch das Angebot und den Vertrieb von Druckwerken und Mustersammlungen, die sich ihrem Inhalt nach ausdrücklich an Wirtschaftstreuhänder für die Zwecke der Erstellung ganzer Verträge und/oder von Gerichts- und Behördeneingaben sowie der allgemeinen Rechtsberatung, jeweils durch Wirtschaftstreuhänder für Kunden dieser Wirtschaftstreuhänder, richten, ausgenommen Eingaben an Abgaben- und Abgabenstrafbehörden und in VwGH-Verfahren in Abgabenangelegenheiten und ebensolche Beratung.

Die Beratungs- und Vertretungsbefugnis von Wirtschaftstreuhändern beschränke sich im Wesentlichen auf das Abgaben- und Abgabenstrafrecht, das Rechnungswesen sowie die wirtschaftliche Unternehmensberatung. Die Beratung in Rechtsangelegenheiten sei den Wirtschaftstreuhändern nur gestattet, soweit diese mit den für den gleichen Auftraggeber durchzuführenden wirtschaftstreuhänderischen Arbeiten unmittelbar zusammenhingen (Paragraph 3, Absatz 2, Ziffer 5, WTBG). Das Verfassen ganzer Verträge, die Rechtsberatung sowie das Verfassen von Eingaben an Gerichte oder Behörden gehöre zu den den Rechtsanwälten vorbehaltenen Tätigkeiten, soweit die Gesetze hievon nicht Ausnahmen bestimmten. Die Beklagte erwecke in ihrem Druckwerk und der begleitenden Werbeinformation bewusst den irreführenden Eindruck, Wirtschaftstreuhänder dürften, könnten und müssten die enthaltenen Muster und Vorlagen im Interesse einer umfassenden Beratung ihrer Kunden in der täglichen Beratungspraxis für diese verwenden und ganze Verträge und Behördeneingaben für ihre Klienten ohne Beiziehung eines Rechtsanwalts erstellen. Die Beklagte handle unlauter, indem sie verbotene Rechtsberatung durch Wirtschaftstreuhänder fördere und Wirtschaftstreuhänder dazu auffordere. Es handle sich um ein Paragraph eins, Absatz eins, Ziffer eins, UWG zu unterstellendes Verhalten, nämlich die Förderung und Aufforderung zum Bruch von Rechtsvorschriften mit wettbewerbsregelndem und verbraucherschützendem Charakter (und zwar des zugunsten der befugten rechtsberatenden Berufe bestehenden Berufsschutzes); es liege auch eine irreführende unlautere Geschäftspraktik vor, die den Erfordernissen der beruflichen Sorgfalt widerspreche.

Die Beklagte beantragte die Abweisung des Sicherungsantrags. Es sei nicht widerrechtlich, dass ihre Mustersammlung Vertragsmuster zur Gänze enthalte, darin liege insbesondere kein Verstoß gegen Paragraph 3, Absatz 2, Ziffer 5, WTBG. Ein Steuerberater dürfe nämlich in Rechtsbereichen beraten, die mit seinen wirtschaftstreuhänderischen Arbeiten unmittelbar zusammenhingen. Die in der Mustersammlung erwähnte „ganzheitliche Beratung“ beziehe sich nur auf jene Tätigkeitsbereiche, die Wirtschaftstreuhänder erlaubterweise ausüben dürften. Die Beklagte habe keine bestimmte Person zur Begehung eines bestimmten Lauterkeitsverstoßes bestimmt, weshalb sie lauterkeitsrechtlich nicht als Anstifterin haftbar gemacht werden könne; Gleiches gelte für eine allfällige Haftung als Gehilfin. Anstifter- und Gehilfenhaftung setze voraus, dass es einen unmittelbaren (Haupt-)Täter gebe, der angestiftet oder gefördert werde; an einem solchen fehle es hier. Der Kläger habe nicht behauptet, dass die Beklagte Wirtschaftstreuhänder angestiftet hätte, Parteien zu vertreten oder gerichtliche Eingaben für die Parteien zu verfassen; das Unterlassungsgebot müsse sich aber stets am konkreten Wettbewerbsverstoß orientieren. Schließlich habe die Beklagte aufgrund der vertretbaren Rechtsansicht gehandelt, eine Anstiftung zu einer gesamten Vertragserrichtung liege nicht schon dann vor, wenn Wirtschaftstreuhändern zur Bewältigung juristischer Fragestellungen eine Mustersammlung zur Verfügung gestellt werde.

Das Erstgericht erließ folgende einstweilige Verfügung: Der Beklagten wird ab sofort verboten, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs das Ausüben von Beratungstätigkeiten, die den hierzu berufsbefugten Rechtsanwälten vorbehalten sind, durch hierzu nicht befugte Wirtschaftstreuhänder zu fördern, insbesondere durch das Angebot und den Vertrieb von Druckwerken und Mustersammlungen, die sich ihrem Inhalt nach ausdrücklich an Wirtschaftstreuhänder für die Zwecke der Erstellung ganzer Verträge und/oder von Gerichts- und Behördeneingaben sowie der allgemeinen Rechtsberatung, jeweils durch Wirtschaftstreuhänder für Kunden dieser Wirtschaftstreuhänder, richten, ausgenommen Eingaben an Abgaben- und Abgabenstrafbehörden und in VwGH-Verfahren in Abgabenangelegenheiten und ebensolche Beratung.

Im Übrigen, also hinsichtlich der Förderung des Ausübens von Rechtsanwälten vorbehaltenen Vertretungstätigkeiten durch hierzu nicht befugte Wirtschaftstreuhänder, wies das Erstgericht den Sicherungsantrag ab.

Das Werk der Beklagten richte sich an Wirtschaftstreuhänder und enthalte Vertragsmuster für komplette Verträge. Das Errichten ganzer Verträge, die auch Fragen regelten, die wirtschaftstreuhänderisch nicht relevant seien, sei vom Berechtigungsumfang nach Paragraph 3, Absatz 2, Ziffer 5, WTBG ebenso wenig umfasst wie die Beratung in solchen Rechtsfragen. Die Beklagte fordere Wirtschaftstreuhänder zum Rechtsbruch auf und fördere deren gesetzwidrige Beratung; sie handle somit als Anstifter unlauter iSd Paragraph eins, UWG. Der Unterlassungsanspruch des Klägers sei somit - was die Anstiftung zu unbefugten Beratungstätigkeiten betreffe - berechtigt. Eine Anstiftung zu unzulässigen Behördeneingaben sei dem Text der Publikation hingegen nicht zu entnehmen; im Umfang unbefugter Vertretungstätigkeit sei der Sicherungsantrag daher abzuweisen.

Das Rekursgericht bestätigte diesen Beschluss in der Hauptsache und sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 30.000 EUR übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs mangels Rechtsprechung zur Frage zulässig sei, ob die Aufforderung zum Rechtsbruch und dessen Förderung auch dann unter Paragraph eins, UWG falle, wenn noch kein Verstoß gegen die entsprechende Norm durch einen unmittelbaren Täter vorliege. Paragraph 3, Absatz 2, Ziffer 5, WTBG beschränke die Berufsbefugnis der zur selbständigen Ausübung des Wirtschaftstreuhandberufs eines Steuerberaters Berechtigten. Vom Umfang der Berechtigung sei das Verfassen ganzer Verträge ebenso wenig umfasst wie die Beratung in solchen Rechtsfragen. Ein unmittelbarer Zusammenhang mit der wirtschaftstreuhänderischen Tätigkeit bestehe nur dann, wenn diese Aufgaben ohne die Rechtsberatung nicht sachgemäß erledigt werden könnten. Eine spezifisch wirtschaftstreuhänderische Aufgabe müsse mit einer allgemeinrechtlichen Angelegenheit untrennbar verknüpft sein, sodass der Wirtschaftstreuhänder seine Aufgaben nicht wahrnehmen könne, ohne - etwa bei der Beurteilung als Vorfrage - auch die über seinen spezifischen Bereich hinausgehende Rechtsfrage einzubeziehen. Die von der Beklagten angesprochenen Wirtschaftstreuhänder sollten durch die Mustersammlung angestiftet werden, Paragraph 3, Absatz 2, Ziffer 5, WTBG zu überschreiten. Der Hinweis auf die „ganzheitliche“ Beratung und die „umfassende“ Beratung mithilfe der von „namhaften Juristen“ erstellten Vertragsmuster lasse nur den Schluss zu, dass die angesprochenen Wirtschaftstreuhänder ohne Rücksichtnahme auf die Beschränkung des Paragraph 3, Absatz 2, Ziffer 5, WTBG in Rechtsangelegenheiten vollständig und umfassend beraten sollten. Der lauterkeitsrechtliche Unterlassungsanspruch richte sich auch gegen jeden Dritten, der den Wettbewerbsverstoß überhaupt erst ermöglicht habe; damit würden auch Fälle einbezogen, in denen kein Zusammenhang mit einem gegenwärtigen aktuellen fremden Verstoß bestehe, aber künftige potentielle Wettbewerbsverstöße Dritter gefördert würden. Bereits das bewusste Fördern von Wettbewerbsverstößen Dritter (hier: des Rechtsbruchs durch Wirtschaftstreuhänder) erfülle den Tatbestand des Paragraph eins, UWG; auf einen tatsächlichen Verstoß durch einen Dritten (hier: durch einen Wirtschaftstreuhänder) komme es nicht an. Durch die sich ausdrücklich an Wirtschaftstreuhänder richtende Mustersammlung würden diese angeregt und geradezu aufgefordert, Beratungstätigkeiten über das gesetzlich zulässige Ausmaß hinaus durchzuführen. Die Beklagte könne sich angesichts des klaren Gesetzeswortlauts des Paragraph 3, Absatz 2, Ziffer 5, WTBG nicht auf eine vertretbare Rechtsauffassung berufen. Hingegen sei nicht bescheinigt, dass Wirtschaftstreuhänder mit der Mustersammlung auch zu unbefugten Vertretungstätigkeiten angestiftet werden sollten; ein durchschnittlicher Wirtschaftstreuhänder werde die Mustersammlung nicht als Aufforderung verstehen, rechtswidrige Vertretungstätigkeiten durchzuführen.

Rechtliche Beurteilung

Die Revisionsrekurse beider Streitteile sind zulässig; jener der Beklagten ist auch berechtigt.

Der Kläger erachtet sein Sicherungsbegehren auch unter dem Aspekt der Anstiftung zu unbefugten Vertretungstätigkeiten für berechtigt, weil die Mustersammlung auch Muster für Eingaben und Schreiben an Behörden enthalte; es seien zumindest die Voraussetzungen einer vorbeugenden Unterlassungsverfügung erfüllt.

Die Beklagte macht geltend, ihre lauterkeitsrechtliche Haftung wegen Anstiftung zu unbefugter Beratungstätigkeit sei schon deshalb ausgeschlossen, weil es an einem konkreten lauterkeitswidrigen Verhalten eines unmittelbaren Haupttäters (des Angestifteten) fehle. Ein unmittelbarer Täter des behaupteten Lauterkeitsverstoßes sei noch nicht einmal ins Versuchsstadium getreten; im Lauterkeitsrecht fehle eine dem Paragraph 15, Absatz 2, zweiter Fall StGB vergleichbare Norm. Es sei nicht bescheinigt, dass die Beklagte Wirtschaftstreuhänder zu gesetzwidrigen Beratungs- oder Vertretungshandlungen angestiftet habe.

1.1. Lehre und Rechtsprechung legen den Begriff des „Störers“ im Lauterkeitsrecht weit aus. Störer ist nicht nur der unmittelbare Täter, sondern jeder, der daran mitwirkt, indem er durch eigenes Verhalten den (Lauterkeits-)Verstoß eines anderen - auch eines selbständig handelnden Dritten - fördert oder überhaupt erst möglich macht. Der Unterlassungsanspruch richtet sich demnach auch gegen denjenigen, der einen anderen zu einem wettbewerbswidrigen Verhalten veranlasst, dieses fördert oder für sich ausnützt (RIS-Justiz RS0079462 [T15]; RS0079765 [T20, T24]). Aus diesen Erwägungen wird die Haftung desjenigen bejaht, der - ohne selbst Täter zu sein - als Anstifter oder Gehilfe vorsätzlich handelt (4 Ob 155/99v mwN).

1.2. Wer Anstifter (Bestimmungstäter) oder Gehilfe (Beitragstäter) ist, wird im UWG nicht definiert, obwohl diese Begriffe in Paragraph 34, Absatz eins, UWG ausdrücklich erwähnt werden (und sich dort auf Paragraph 7, VStG beziehen: „Wer vorsätzlich veranlasst, dass ein anderer eine Verwaltungsübertretung begeht, oder wer vorsätzlich einem anderen die Begehung einer Verwaltungsübertretung erleichtert, unterliegt der auf diese Übertretung gesetzten Strafe, und zwar auch dann, wenn der unmittelbare Täter selbst nicht strafbar ist.“). Wegen der Verweisung in Paragraph 34, Absatz 3, UWG sind diese Begriffe auch bei der Behandlung des Unterlassungsanspruchs zu verwenden (Gamerith, Wettbewerbsrechtliche Unterlassungsansprüche gegen „Gehilfen“, wbl 1991, 305, 306).

2.1. Gehilfe eines Lauterkeitsverstoßes ist, wer den Täter bewusst fördert. Für die Haftung reicht eine bloß adäquate Verursachung nicht aus, auch der Gehilfe muss sich rechtswidrig verhalten. Er muss daher den Sachverhalt kennen, der den Vorwurf gesetzwidrigen Verhaltens begründet (RIS-Justiz RS0026577, RS0077158, RS0079462) oder zumindest eine diesbezügliche Prüfpflicht verletzen. Diese Prüfpflicht ist allerdings auf grobe und auffallende Verstöße beschränkt (17 Ob 34/08m mwN; vergleiche auch 4 Ob 331/83 - Stilmöbeltisch, und RIS-Justiz RS0078656: wer sich der Erkenntnis der die Rechtswidrigkeit begründenden Umstände „bewusst verschließt“).

2.2. Anstiftung liegt vor, wenn jemand einen anderen zur Begehung eines Lauterkeitsverstoßes bestimmt (Gamerith aaO 306 f; vergleiche auch die dort in FN 15 aufgezählten Fallbeispiele, etwa die sittenwidrige Verleitung zum Vertragsbruch, wenn dieser selbst ein Lauterkeitsverstoß ist).

2.3. Der Oberste Gerichtshof hat schon ausgesprochen, dass das bewusste Verleiten eines anderen zum Vertragsbruch auch ohne Hinzutreten weiterer Umstände in der Regel sittenwidrig ist. Unter „Verleiten“ wird nicht nur die erfolgreiche Anstiftung im strafrechtlichen Sinn, sondern jedes bewusste Hinwirken darauf verstanden, dass der andere einen Vertragsbruch begeht, mag auch der Widerstand, den er dabei findet, noch so gering sein (4 Ob 71/94 = RIS-Justiz RS0079386). Bei der Beurteilung kommt es immer auf die Umstände des einzelnen Falles an (4 Ob 71/94).

2.4. Anstiftung oder zumindest psychische Beihilfe ist etwa die Behauptung der Zulässigkeit einer bestimmten Handlung. Beihilfe liegt etwa vor, wenn ein Hersteller Händlern Materialien für deren unerlaubte Werbung zur Verfügung stellt, einen anderen im unzutreffenden Vertrauen auf die Zulässigkeit einer Maßnahme bestärkt oder es pflichtwidrig unterlässt, den Irrtum eines anderen über die Unrechtmäßigkeit einer Maßnahme aufzuklären (Ohly in Piper/Ohly/Sosnitza, UWG5 Paragraph 8, Rn 119 mit Hinweis zur Rsp des BGH).

2.5. Ausreichend, aber auch notwendig, ist eine vorsätzliche Mitwirkung an der Verwirklichung des objektiven Tatbestands der Zuwiderhandlung durch einen anderen (Köhler in Köhler/Bornkamm, UWG30 Paragraph 8, Rn 2.15). Wer als Nachfrager Freiberufler zu Angeboten auffordert, die nur unter Rechtsbruch erfolgen können, kann nur dann als Anstifter haften, wenn der Nachfrager in Kenntnis von der Rechtswidrigkeit handelt (Köhler aaO Rn 2.15a mN zur Rsp des BGH).

2.6. Der BGH hat einen auf Paragraph eins, UWG gestützten Unterlassungsanspruch gegen einen Verleger grundsätzlich bejaht, sofern dieser durch Anbieten eines „Lexikons der Nahrungsmittel“ zwecks Weiterverkaufs in Apotheken die Apotheker zu einem Gesetzesverstoß aufgefordert haben sollte (im konkreten Fall aber einen Rechtsbruch verneint, weil das Lexikon in Apotheken verkauft werden durfte: BGH GRUR 1988, 767 f - Ernährungsbroschüre).

3. Nach diesen Grundsätzen hängt die Frage, ob der Beklagten durch den Vertrieb der beanstandeten Publikation selbst ein Lauterkeitsverstoß vorzuwerfen ist, davon ab, ob sie mit ihrem Verhalten Wirtschaftstreuhänder zu einem Gesetzesverstoß auffordert oder zu einem solchen Verstoß beiträgt. Diese Frage haben die Vorinstanzen zu Unrecht (teilweise) bejaht.

4.1. Gemäß Paragraph 3, Absatz 2, Ziffer 5, WirtschaftstreuhandberufsG (WTBG) ist der Wirtschaftstreuhänder unter anderem zur „Beratung in Rechtsangelegenheiten, soweit diese mit den für den gleichen Auftraggeber durchzuführenden wirtschaftstreuhänderischen Arbeiten unmittelbar zusammenhängen“, berechtigt. Diese Bestimmung gesteht dem Steuerberater unter den genannten Bedingungen die Beratung in rechtlicher Hinsicht zu, nicht jedoch die gesamte Vertragserrichtung. Verlangt wird nicht bloß irgendein Zusammenhang zwischen rechtlichen und wirtschaftstreuhänderischen Aufgaben, sondern ein unmittelbarer Zusammenhang. Ein solcher ist nur hinsichtlich jener Vertragsteile zu bejahen, die sich unmittelbar auf die wirtschaftstreuhänderische Arbeit beziehen. Die Verfassung ganzer Verträge, die auch Fragen regeln, die wirtschaftstreuhänderisch nicht relevant sind, ist daher vom Berechtigungsumfang ebensowenig umfasst wie die Beratung in solchen Rechtsfragen. Ein unmittelbarer Zusammenhang mit der wirtschaftstreuhänderischen Tätigkeit besteht dann, wenn diese Aufgaben ohne die Rechtsberatung nicht sachgemäß erledigt werden können.

4.2. Daraus folgt, dass die Mitbehandlung einer allgemeinrechtlichen Frage zulässig ist, wenn ohne sie der Steuerberater seiner Verpflichtung zur ordnungsgemäßen und vollständigen steuerlichen Beratung und Betreuung seines Mandanten nicht nachkommen kann. Der geforderte unmittelbare Zusammenhang ist nur anzunehmen, wenn eine spezifisch wirtschaftstreuhänderische Aufgabe mit einer allgemeinrechtlichen Angelegenheit untrennbar verknüpft ist, sodass der Wirtschaftstreuhänder seine Aufgabe nicht wahrnehmen kann, ohne - etwa typischerweise aufgrund der Notwendigkeit der Beurteilung als Vorfrage - auch die über seinen spezifischen Bereich hinausgehende Rechtsfrage einzubeziehen. Kein unmittelbarer (und untrennbarer) Zusammenhang liegt hingegen vor, wenn ein- und dasselbe rechtliche Phänomen - zB ein abzuschließender Vertrag - zivilrechtlich und abgabenrechtlich zu beurteilen ist (so schon 6 Ob 124/10v mN zum Schrifttum).

5.1. Ist demnach in der Mandantenberatung eines Steuerberaters die Mitbehandlung einer allgemeinrechtlichen Frage zulässig, wenn er seiner Verpflichtung zur ordnungsgemäßen und vollständigen steuerlichen Beratung und Betreuung des Mandanten anders nicht nachkommen kann, ist der Beklagten kein lauterkeitsrechtlicher Vorwurf daraus zu machen, dass sie in das von ihr verlegte Druckwerk vollständige Vertragsmuster ua aus den Bereichen Gesellschafts-, Arbeits- und Mietrecht aufgenommen hat. Es kann nämlich im Vorhinein nicht abstrakt beantwortet werden, welche konkreten Fragen an einen Steuerberater im Rahmen seiner (zulässigen) Beratungstätigkeit herangetragen werden, und welche konkreten Textteile von Verträgen zur Beantwortung dieser Fragen hilfreich und nützlich sein können.

5.2. Im Regelfall darf ein Unternehmer darauf vertrauen, dass sein Vertragspartner die gelieferte Ware oder die erbrachten Dienstleistungen nicht für rechtswidrige Zwecke verwenden wird. Daher ist er im Allgemeinen nicht verpflichtet, Nachforschungen darüber anzustellen, ob dies tatsächlich zutrifft oder nicht (17 Ob 34/08m). Die Beklagte musste daher nicht von vornherein annehmen, ihr Verlagswerk werde von Steuerberatern zu berufsfremder Beratungs- oder Vertretungstätigkeit genutzt.

5.3. Auch bei Berücksichtigung der Textierung des Vorworts und der Werbeaussagen über ihr Werk kann der Beklagten nicht vorgeworfen werden, sie habe den damit angesprochenen Personenkreis in einem unzutreffenden Vertrauen auf die Zulässigkeit einer juristischen Beratung ohne die Schranken des Paragraph 3, Absatz 2, Ziffer 5, WTBG bestärkt, bewusst auf ein Überschreiten der Berufsbefugnis von Steuerberatern hingewirkt oder solches auch nur billigend in Kauf genommen. Die Aussagen der Beklagten, ihr Werk ermögliche eine umfassende, ganzheitliche und rechtssichere Beratung der Klienten, ist weder ausdrücklich noch konkludent als Aufforderung an Steuerberater zu verstehen, ganze Verträge und Behördeneingaben für ihre Klienten ohne Beiziehung eines Rechtsanwalts zu erstellen. Ebenso wenig liegt darin eine Irreführung über den Umfang der Steuerberatern gesetzlich erlaubten Tätigkeiten.

6. Das in dritter Instanz noch unerledigte Unterlassungsbegehren zielt darauf ab, der Beklagten zu untersagen, das Ausüben von Vertretungs- und Beratungstätigkeiten, die den hierzu berufsbefugten Rechtsanwälten vorbehalten sind, durch hierzu nicht befugte Wirtschaftstreuhänder [als Beitrags- oder Bestimmungstäter] zu fördern. Ein solches Verhalten ist der Beklagten nicht allein deshalb vorzuwerfen, weil sie eine Mustersammlung für Wirtschaftstreuhänder verlegt, die vollständige Vertragsmuster ua aus den Bereichen Gesellschafts-, Arbeits- und Mietrecht und auch Muster für Eingaben und Schreiben an Behörden enthält und die sie mit dem Argument bewirbt, dieses Werk ermögliche eine umfassende, ganzheitliche und rechtssichere Beratung der Klienten. Nur dem Revisionsrekurs der Beklagten ist daher Folge zu geben und der Sicherungsantrag im noch unerledigten Umfang abzuweisen.

7. Die Kostenentscheidung beruht auf Paragraph 393, Absatz eins, EO in Verbindung mit Paragraph 41, Absatz eins, ZPO, für das Rechtsmittelverfahren in Verbindung mit Paragraph 50, Absatz eins, ZPO.