Gericht

OGH

Entscheidungsdatum

28.02.2012

Geschäftszahl

4Ob222/11t

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin Dr. Schenk als Vorsitzende und durch die Hofräte Dr. Vogel, Dr. Jensik, Dr. Musger und Dr. Schwarzenbacher als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. R***** GmbH, *****, 2. D***** Limited, *****, beide vertreten durch Mag. Klaus Fuchs, Rechtsanwalt in Linz, gegen die beklagten Parteien 1. O*****, vertreten durch Dr. Günter Klepp, Rechtsanwalt in Wien, 2. Ö*****, 3. Ö***** Gesellschaft mbH, *****, 4. Ö***** Gesellschaft mbH, *****, 5. Ö***** GmbH, *****, Beklagte zu 2. bis 5. vertreten durch Dr. Clemens Grünzweig, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterlassung (Streitwert 34.340 EUR) und Urteilsveröffentlichung (Streitwert 2.000 EUR), über die außerordentliche Revision der klagenden Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 4. November 2011, GZ 1 R 155/11m-24, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß Paragraph 508 a, Absatz 2, ZPO mangels der Voraussetzungen des Paragraph 502, Absatz eins, ZPO zurückgewiesen.

Der Antrag der zweitbeklagten Partei auf Zuspruch der Kosten der Revisionsbeantwortung wird gemäß Paragraph 508 a, Absatz 2, Satz 2 ZPO abgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

1.1. Voraussetzung der Aktivlegitimation zur Geltendmachung von Ansprüchen wegen Verletzung des Paragraph 1330, ABGB ist ein hinreichender Bezug des Äußerungsinhalts zu einer bestimmten Person, dem Betroffenen (RIS-Justiz RS0031766). Für die persönliche Betroffenheit des Einzelnen ist die Namensnennung nicht erforderlich (Höhne in Berka/Höhne/Noll/Polley, MedienG² Paragraph 9, Rz 47; 6 Ob 110/11m). Es kommt darauf an, wie das Publikum - zumindest aber ein nicht unbeträchtlicher Teil davon - die Äußerung auffasst und mit wem es den darin enthaltenen Vorwurf in Verbindung bringt (RIS-Justiz RS0031757, RS0067196). Es handelt sich somit um eine Frage der Auslegung, die so sehr von den Umständen des einzelnen Falls abhängt, dass ihr regelmäßig keine darüber hinausgehende Bedeutung zukommt und sie keine erhebliche Rechtsfrage iSd Paragraph 502, Absatz eins, ZPO bildet (RIS-Justiz RS0031766 [T5]).

1.2. Die Erstklägerin vertreibt als Reifengroßhändlerin unstrittig Produkte verschiedener Marken, die Zweitklägerin ist Lieferantin der Erstklägerin. In der Auffassung des Berufungsgerichts, es fehle den Klägerinnen als bloßen Vertriebspartnerinnen der chinesischen Produzentin mangels personalisierender Elemente in den beanstandeten Passagen des Warentests der Zweitbeklagten an der vom Gesetz geforderten Betroffenheit, liegt keine vom Obersten Gerichtshof im Interesse der Rechtssicherheit aufzugreifende Fehlbeurteilung.

1.3. Die Entscheidung 6 Ob 69/01t ist nicht einschlägig. Dort wurde die Aktivlegitimation eines Mobilfunknetzbetreibers im Streit über Aussagen betreffend die Gefährlichkeit der von Sendemasten ausgehenden Strahlung bejaht. Während die Verkehrskreise wissen, dass Mobilfunkanbieter Handymasten betreiben, ist eine Betroffenheit von - dem Publikum regelmäßig unbekannten - Vertriebspartnern eines chinesischen Reifenherstellers auf Großhandelsebene im Streit über Aussagen betreffend die Produktqualität nicht ersichtlich.

1.4. Im Verfahren 4 Ob 286/99h wurde die klagende Lizenznehmerin mit dem Markennamen des von ihr vertriebenen Produkts identifiziert; diese Voraussetzung trifft auf die Klägerinnen hier nicht zu.

1.5. Im Verfahren 4 Ob 213/06m wehrte sich die Klägerin gegen den Vorwurf, sie vertreibe Arzneimittel ohne entsprechende Zulassung. Ein vergleichbarer Vorwurf wurde im Anlassfall nicht erhoben.

1.6. Im Verfahren 4 Ob 15/02p wurde die Klage abgewiesen, ohne dass die Frage der Aktivlegitimation näher releviert worden wäre.

2.1. Der Senat hat erst jüngst einen lauterkeitsrechtlichen Unterlassungsanspruch gegen einen Verband verneint, der selbst nicht wirtschaftlich tätig wurde, sondern Warenvergleiche zu Informationszwecken veröffentlicht hat (4 Ob 171/11t). Zur Förderung fremden Wettbewerbs ist seit der UWG-Novelle 2007 Wettbewerbsabsicht zwar nicht mehr erforderlich, sondern es genügt die objektive Eignung des beanstandeten Verhaltens fremden Wettbewerb zu fördern. Trotz einer solchen Eignung liegt aber keine relevante Förderung fremden Wettbewerbs vor, wenn andere Zielsetzungen bei objektiver Betrachtung eindeutig überwiegen (4 Ob 40/11b = RIS-Justiz RS0123244 [T1]). Letzteres ist dann der Fall, wenn der beklagte Verband kein (eigenes) Interesse am Ergebnis seines Produktvergleichs oder am wirtschaftlichen Erfolg der einzelnen Anbieter hatte, sondern - seinen Statuten entsprechend - ausschließlich im Interesse seiner Mitglieder handelte. Dass er dadurch faktisch den Wettbewerb einzelner Anbieter förderte, ist ein bloßer Reflex dieser eindeutig einem anderen Zweck dienenden Tätigkeit.

2.2. Von dieser Rechtsprechung ist das Berufungsgericht nicht abgewichen. Die Veröffentlichung des vergleichenden Warentests durch die Zweitbeklagte im Rahmen deren gemeinnützigen statutarischen Zwecks diente ausschließlich der Interessenvertretung ihrer Mitglieder und der Information von Konsumenten. Eine Bevorzugung bestimmter Reifenhersteller durch die Zweitbeklagte haben die Tatsacheninstanzen nicht festgestellt.