Gericht

OGH

Entscheidungsdatum

25.01.2012

Geschäftszahl

15Os157/11v

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 25. Jänner 2012 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Danek als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. T. Solé und Mag. Lendl sowie die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner-Foregger und Dr. Michel-Kwapinski als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Brandstetter als Schriftführer in der Strafsache gegen Driton S***** und andere Angeklagte wegen des Verbrechens des schweren Diebstahls durch Einbruch nach Paragraphen 12, dritter Fall, 127, 128 Absatz eins, Ziffer 4,, 129 Ziffer eins, StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Albert U***** und die Berufung des Angeklagten Lirim Q***** gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Graz als Jugendschöffengericht vom 9. Juni 2011, GZ 14 Hv 51/11z-302, weiters über die Beschwerde des Angeklagten U***** gegen den Beschluss gemäß Paragraph 494 a, Absatz eins, Ziffer 4, StPO, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten U***** „wegen des Ausspruchs über die Schuld“ werden zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen (betreffend den Strafausspruch und den Privatbeteiligtenzuspruch) und die Beschwerde werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

Dem Angeklagten U***** fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil, das auch in Rechtskraft erwachsene Schuldsprüche und einen in Rechtskraft erwachsenen Freispruch weiterer Angeklagter sowie Zusprüche an Privatbeteiligte enthält, wurde Albert U***** des Vergehens des schweren Betrugs nach Paragraphen 146,, 147 Absatz 2, StGB schuldig erkannt.

Danach hat er - soweit für das Verfahren über die Nichtigkeitsbeschwerde von Bedeutung -

römisch II./ im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit Driton S***** als Mittäter mit dem Vorsatz, sich und S***** durch das Verhalten nachgenannter Getäuschter unrechtmäßig zu bereichern, diese durch die listige Vorgabe, rückzahlungsfähige und -willige Darlehensnehmer zu sein „bzw“ einen Laptop zu verkaufen, zur Übergabe von Geldbeträgen verleitet, wodurch diese in einem 3.000 Euro, nicht jedoch 50.000 Euro übersteigenden Betrag an ihrem Vermögen geschädigt wurden, und zwar

1./ im September 2010 in G***** und B***** Amir Sa***** in zwei Angriffen zur Übergabe von 1.200 Euro;

2./ im Juli 2010 in Gl***** Simon Sal***** zur Übergabe von 3.500 Euro;

3./ im September 2010 in Gl***** Simon Sal***** zur Übergabe von 2.500 Euro.

Rechtliche Beurteilung

Gegen dieses Urteil richtet sich die auf Paragraph 281, Absatz eins, Ziffer 5 und Ziffer 9, Litera a, StPO gestützte (verfehlt als „Berufung wegen des Vorliegens von Nichtigkeitsgründen“ bezeichnete) Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten U*****, sie schlägt fehl.

Soweit die Mängelrüge unter Bezugnahme auf die Angaben des Zeugen Amir Sa***** in der Hauptverhandlung und auf die Verantwortung des Beschwerdeführers sowie durch selektives Hervorheben einzelner, für den Angeklagten günstiger Teile der Angaben des Zeugen Simon Sal***** eine unvollständige Begründung (Ziffer 5, zweiter Fall) behauptet, übergeht sie die Gesamtheit der Erwägungen der Tatrichter vergleiche RIS-Justiz RS0119370). Diese haben sich mit der Verantwortung der Angeklagten und den Angaben der Zeugen Sa***** und Sal***** hinreichend auseinandergesetzt, formal einwandfrei dargelegt, warum sie die belastenden Angaben der beiden Genannten vor der Polizei für glaubwürdig befanden, und bestehende Widersprüche zwischen den einzelnen Aussagen mängelfrei erörtert (US 8 ff). Auch die Täuschungshandlungen des Beschwerdeführers und die - im Übrigen keine entscheidende Tatsache ansprechende - Frage seiner Anwesenheit bei den Geldübergaben blieben dabei - entgegen dem Beschwerdevorbringen - nicht unerwähnt (US 7 und 9). Mit der Behauptung, das Erstgericht habe bestimmte Aspekte ohnehin verwerteter Beweismittel nicht oder nicht den Intentionen des Beschwerdeführers entsprechend berücksichtigt, macht das Rechtsmittel weder eine Unvollständigkeit noch eine offenbare unzureichende Begründung geltend, sondern bekämpft nach Art einer Schuldberufung in unzulässiger Form die Beweiswürdigung (RIS-Justiz RS0099599).

Die weitere (teilweise auch aus Ziffer 9, Litera a, geltend gemachte) Behauptung, das Beweisverfahren habe ergeben, dass der Kontakt zwischen Sal***** und dem Angeklagten S***** durch Manuel P***** hergestellt worden sei und letzterer Sal***** gegenüber bestätigt habe, dass „Geldgeschäfte mit S***** in Ordnung gehen würden“, spricht keine entscheidenden Tatsachen an (Ratz, WK-StPO Paragraph 281, Rz 421). Mangels Relevanz für die Schuld-
oder Subsumtionsfrage war das Erstgericht auch nicht verhalten, Feststellungen darüber zu treffen, in welcher Sprache sich die beiden Angeklagten und Sa***** unterhalten haben, wobei die Tatrichter die sprachlichen Divergenzen und ihre daraus gewonnene Überzeugung im Übrigen ohnehin ausreichend dargelegt haben (US 9).

Mit der Behauptung einer offenbar unzureichenden Begründung kritisiert die Beschwerde (Ziffer 5, vierter Fall) den vom Schöffengericht den Angaben des Zeugen Sa***** und des Angeklagten U***** zuerkannten Beweiswert, übersieht aber dabei, dass Beweiserwägungen der Tatrichter - sofern sie nicht den Kriterien folgerichtigen Denkens oder grundlegenden empirischen Erfahrungen widersprechen - als Anfechtungsgegenstand der Ziffer 5, von vornherein ausscheiden (RIS-Justiz RS0118317 und RS0099455; Ratz, WK-StPO Paragraph 281, Rz 431). Das Erstgericht hat bei der Beurteilung der Überzeugungskraft der Aussagen des Zeugen Sa***** logisch einwandfrei und unter Berücksichtigung aller Verfahrensergebnisse dargelegt, warum es die Angaben des Genannten vor der Polizei für glaubwürdig erachtete (US 8 f), wobei auch die Wertung der leugnenden Verantwortung des Beschwerdeführers als Schutzbehauptung (US 9 und 10) nicht zu beanstanden ist.

Die Rechtsrüge (Ziffer 9, Litera a,) orientiert sich mit den Behauptungen, das Erstgericht habe zum einen entscheidende Tatsachen nicht zum Gegenstand seiner Feststellungen gemacht, zum anderen wiederum aufgrund der Ergebnisse des Beweisverfahrens gebotene Feststellungen unterlassen, nicht an der Prozessordnung. Die gesetzmäßige Ausführung eines materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrundes hat das Festhalten am gesamten im Urteil festgestellten Sachverhalt, dessen Vergleich mit dem darauf anzuwendenden Gesetz und die Behauptung, dass das Erstgericht bei Beurteilung dieses Sachverhalts einem Rechtsirrtum unterlegen sei, zur Voraussetzung (RIS-Justiz RS0099810; Ratz, WK-StPO Paragraph 281, Rz 581). Es liegt daher keine prozessordnungsgemäße Darstellung solcher Beschwerdegründe vor, wenn im Urteil konstatierte Tatsachen bestritten oder übergangen werden oder wenn ein nicht festgestellter Umstand als gegeben angenommen wird vergleiche RIS-Justiz RS0099810, [T15]). Nichts anderes unternimmt die Beschwerde aber, indem sie - teilweise in Form inhaltlicher Wiederholung der Argumentation zu Ziffer 5, - unter Berufung auf die Ergebnisse des Beweisverfahrens die vom Erstgericht getroffenen Feststellungen kritisiert, beweiswürdigend eigene Erwägungen anstellt und daraus die Schlussfolgerung zieht, das Erstgericht habe die Rechtsfrage unrichtig gelöst und hätte bei einwandfreier rechtlicher Beurteilung aufgrund der vom Beschwerdeführer gewünschten Feststellungen zu 1./ und 2./ einen Freispruch zu fällen gehabt.

Soweit die Beschwerde (teilweise auch aus Ziffer 5,) das Fehlen von Feststellungen dahin behauptet, dass der Angeklagte U***** bei zwei Geldübergaben nicht anwesend gewesen sei, vernachlässigt sie zum einen die ohnedies in diese Richtung getroffenen - wenngleich erneut keine entscheidende Tatsache betreffenden - begründeten Urteilskonstatierungen (US 7 und 9) und legt zum anderen nicht methodengerecht dar, warum es für die rechtliche Beurteilung des festgestellten Verhaltens des Angeklagten U***** als Betrug - unter Festhalten an den getroffenen Feststellungen zu dessen Täuschungshandlungen -
entscheidend sein soll, dass er auch beim Eintritt des Vermögensschadens anwesend war.

Das als „Berufung wegen des Ausspruchs über die Schuld“ bezeichnete Rechtsmittelvorbringen scheitert daran, dass eine Überprüfung der Beweiswürdigung in Form der im Einzelrichterverfahren vorgesehenen Schuldberufung im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht möglich ist (Paragraphen 280,, 283 Absatz eins, StPO).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher ebenso wie die „Berufung wegen des Ausspruchs über die Schuld“ bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (Paragraph 285 d, Absatz eins, StPO), woraus sich die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen (wegen des Strafausspruchs und des Privatbeteiligtenzuspruchs) und über die implizite Beschwerde gegen den Beschluss auf Widerruf bedingter Strafnachsicht ergibt (Paragraphen 285 i,, 498 Absatz 3, StPO).

Die Kostenentscheidung gründet sich auf Paragraph 390 a, Absatz eins, StPO.