Gericht

OGH

Entscheidungsdatum

14.12.2011

Geschäftszahl

3Ob196/11m

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Prückner als Vorsitzenden sowie den Hofrat Hon.-Prof. Dr. Neumayr, die Hofrätin Dr. Lovrek und die Hofräte Dr. Jensik und Dr. Roch als weitere Richter in der Pflegschaftssache der mj S***** T*****, über den außerordentlichen Revisionsrekurs des Vaters T***** T*****, vertreten durch Dr. Michelle Grogger-Endlicher, Rechtsanwältin in Wien, gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 25. Juli 2011, GZ 45 R 220/11b-203, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Favoriten vom 11. März 2011, GZ 40 PS 50/09z-174, teilweise abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des Paragraph 62, Absatz eins, AußStrG zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Das Rekursgericht beseitigte über Rekurs der Mutter die erstgerichtliche Obsorgebeschränkung im Bereich der Aufenthaltsbestimmung (dauerhafte Verlegung des Wohnsitzes der Minderjährigen ins Ausland nur mit der Zustimmung des Vaters oder des Pflegschaftsgerichts) und den erstgerichtlichen Auftrag an die Eltern, zur Vermeidung weiterer Konflikte im Zusammenhang mit der Betreuung der Minderjährigen gemeinsam und regelmäßig Mediation in Anspruch zu nehmen, und zwar mindestens einmal in zwei Monaten, somit mindestens sechs Mal im Jahr. Weiters schränkte das Rekursgericht das Besuchsrecht des Vaters insoweit ein, als es das Wochenendbesuchsrecht alle zwei Wochen nicht von Donnerstag (Schulschluss), sondern erst von Freitag (Schulschluss) bis jeweils Montag (Schulbeginn) festsetzte (neben einem weiteren zweiwöchigem Besuchsrecht von Donnerstag Schulschluss bis Freitag Schulbeginn). Eine konkrete Gefährdung des Kindeswohls durch Verbringung ins Ausland sei nicht festgestellt worden, das Erstgericht habe einen Umzug der Mutter mit der Minderjährigen ins Ausland lediglich nicht ausschließen können. Das Besuchsrecht sei abzuändern (einzuschränken) gewesen, weil angesichts funktionierender Einigung durch die Eltern die frühere Empfehlung der Sachverständigen nicht wieder aufzugreifen sei. Die Mediationsauflage sei aufzuheben, weil hiefür eine gesetzliche Grundlage fehle.

Rechtliche Beurteilung

Die nach pflichtgemäßem Ermessen zu treffende Entscheidung, welchem Elternteil bei Gegenüberstellung der Persönlichkeit, Eigenschaften und Lebensumstände die Obsorge für das Kind übertragen werden soll, ist immer eine solche des Einzelfall, der in der Regel keine grundsätzliche Bedeutung nach Paragraph 62, Absatz eins, AußStrG zuerkannt werden könne, wenn dabei auf das Kindeswohl ausreichend Bedacht genommen wurde (RIS-Justiz RS0115719, RS0007101).

Die Beschränkung der Obsorge darf nur das letzte Mittel sein und nur insoweit angeordnet werden, als dies zur Abwendung einer drohenden Gefährdung des Kindeswohls notwendig ist. Eine solche Vorkehrung darf nur aus schwerwiegenden Gründen getroffen werden (RIS-Justiz RS0048712). Auch diese Beurteilung ist von den Umständen des Einzelfalls abhängig und wirft daher keine erhebliche Rechtsfrage iSd Paragraph 62, Absatz eins, AußStrG auf, sofern keine Gefährdung des Kindeswohls vorliegt vergleiche RIS-Justiz RS0007009 [T4]).

Es bildet keine vom Obersten Gerichtshof aufzugreifende Fehlbeurteilung, wenn das Rekursgericht angesichts des festgestellten Sachverhalts eine konkrete Kindeswohlgefährdung durch die Mutter nicht angenommen hat, weil die konkrete Absicht, mit der Minderjährigen dauerhaft nach Indonesien auszuwandern, ebenso wenig konkret festgestellt werden konnte, wie eine dadurch allenfalls bewirkte Gefährdung des Kindeswohls. Diese konkrete Einzelfallbeurteilung bedeutet nicht, dass generell etwa die Niederlassungsfreiheit über das Kindeswohl gestellt würde.

Ebenso von den Umständen des Einzelfalls abhängig ist die Entscheidung, ob und inwieweit einem Elternteil das Besuchsrecht in Ansehung des vom anderen Elternteil betreuten Kindes eingeräumt werden soll vergleiche 3 Ob 83/98x; 10 Ob 190/99k). Die Verkürzung des alle zwei Wochen angeordneten Wochenendbesuchsrechts um einen Tag bildet unter den Umständen dieses Falls keine korrekturbedürftige Fehlbeurteilung. Die Vorinstanzen sahen nicht nur eine weitere Übernachtung des Kindes beim Vater alle zwei Wochen während der Arbeitswoche vor (von Donnerstag auf Freitag), sondern auch ein umfangreiches Ferienbesuchsrecht samt weiteren Besuchstagen anlässlich verschiedener Geburtstage im Familienkreis und des Vatertags. Damit ist zweifellos dem Interesse des Kindes Rechnung getragen, die fortlaufend gute und enge Beziehung zum Vater, der einen gewissen Zeitraum sogar die Hälfte der Obsorge leistete, aufrecht zu erhalten.

Der Begründung des Rekursgerichts, für einen Auftrag an die Eltern, sich mit Bezug auf Obsorge- und Bezugsrechtsregelung einer Mediation zu unterziehen, fehle die gesetzliche Grundlage, vermag die Revisionsrekurswerberin nichts Stichhaltiges entgegenzusetzen. Der Oberste Gerichtshof verwies bereits darauf, dass gegen den Willen eines der Elternteile Mediation nicht angeordnet werden kann (1 Ob 161/97a), mag diese auch zweckmäßig und dem Kindeswohl dienlich erscheinen. Auch in diesem Zusammenhang wird daher keine erhebliche Rechtsfrage nach Paragraph 62, Absatz eins, AußStrG aufgezeigt.

Der außerordentliche Revisionsrekurs ist daher zurückzuweisen.