Gericht

OGH

Entscheidungsdatum

09.08.2011

Geschäftszahl

4Ob88/11m

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin Dr. Schenk als Vorsitzende und die Hofräte Dr. Vogel, Dr. Jensik, Dr. Musger und Dr. Schwarzenbacher als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei M***** GmbH & Co KG, *****, vertreten durch Höhne, In der Maur & Partner Rechtsanwälte GmbH in Wien, gegen die beklagte Partei „Ö*****“-***** GmbH, *****, vertreten durch Zöchbauer Frauenberger, Rechtsanwälte in Wien, wegen Unterlassung, Urteilsveröffentlichung und Zahlung von 1.000 EUR sA (Gesamtstreitwert 36.000 EUR), über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 31. März 2011, GZ 3 R 103/10d-27, mit welchem das Urteil des Handelsgerichts Wien vom 28. Juli 2010, GZ 39 Cg 34/07d-23, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt und beschlossen:

Spruch

Der außerordentlichen Revision wird teilweise Folge gegeben.

Die Entscheidung des Berufungsgerichts wird zu den Punkten 2. und 3. des Unterlassungsbegehrens als Teilurteil bestätigt.

Die Entscheidung über die auf diesen Teil des Streitgegenstands entfallenden Kosten des Verfahrens aller drei Instanzen wird dem Endurteil vorbehalten.

Im Übrigen werden die Entscheidungen der Vorinstanzen aufgehoben, und die Rechtssache wird insofern zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Die auf diesen Teil des Streitgegenstands entfallenden Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin verlegt die österreichweit erscheinenden Tageszeitungen „Kronen Zeitung“ und „Kurier“. Die Beklagte war bis Ende 2007 Medieninhaberin der seit September 2006 österreichweit erscheinenden Tageszeitung „Österreich“, die sie als Kaufausgabe und in Wien und Oberösterreich auch als Gratisausgabe verbreitete. Derzeit ist die Beklagte Mehrheitsgesellschafterin der Medieninhaberin. Im Revisionsverfahren ist nicht strittig, dass sie auf diese Einfluss nehmen kann und mit der Klägerin im Wettbewerb steht.

Nach den Erhebungen des Vereins „Österreichische Gemeinschaft zur Feststellung der Verbreitung von Werbeträgern/Österreichische Auflagenkontrolle“ in der Fassung, ÖAK) hatte die Tageszeitung der Beklagten im vierten Quartal 2006 von Montag bis Samstag eine österreichweite Gesamtauflage von 317.043 Stück. Diese Auflage setzte sich aus der österreichweiten Kaufauflage (Montag bis Samstag), der Gratisauflage Wien City (Montag bis Freitag) und der Gratisauflage Oberösterreich City (Montag bis Samstag) zusammen. In Wien betrug die Gesamtauflage von Montag bis Samstag 175.783 Stück, bestehend wiederum aus der Kaufauflage (Montag bis Samstag) und der Gratisauflage Wien City (Montag bis Freitag).

Die Beklagte nutzte diese Zahlen im ersten Quartal 2007 für vergleichende Werbung, ohne den Erhebungszeitraum zu nennen und ohne darauf hinzuweisen, dass sich die Zahlen auf die Summe von Gratis- und Kaufauflage bezögen. Die Auflagenlisten der ÖAK enthielten einen entsprechenden aufklärenden Hinweis. Sowohl im Erhebungszeitraum als auch im Zeitpunkt der Werbung wichen Kauf- und Gratisauflage inhaltlich und umfangmäßig voneinander ab.

Die Klägerin beantragt (zusammengefasst und nach Klageänderung), der Beklagten zu untersagen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs

1.              bei der Werbung mit von der ÖAK ermittelten Auflagenzahlen die Auflagenzahlen oder die Zahlen der verbreiteten Ausgaben der Gratis- und Kaufausgaben (in eventu: der gratis vertriebenen und der verkauften Exemplare) ihrer Tageszeitung „Österreich“ mit den Auflagenzahlen anderer Zeitungen zu vergleichen, ohne in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, dass die Auflagenzahlen von „Österreich“ Kauf- und Gratisauflagen (in eventu: gratis vertriebene und verkaufte Exemplare) umfassen,

2.              bei Bewerbungen oder Verbreitungen der von der ÖAK ermittelten Auflagenzahlen in Verbindung mit Hinweisen auf die ÖAK nicht den Zeitraum hinzuzufügen, in dem die genannten Auflagen laut ÖAK erreicht wurden;

3.              bei Bewerbungen oder Verbreitungen der von der ÖAK ermittelten Auflagenzahlen in Verbindung mit Hinweisen auf die ÖAK mit diesen Auflagenzahlen zu werben, ohne in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, dass die genannten Auflagenzahlen verschiedene Kauf- und Gratisauflagen der Tageszeitung „Österreich“ umfassen, wenn die entsprechende Auflagenliste einen solchen aufklärenden Hinweis enthält.

Weiters erhebt sie ein Veröffentlichungs- und ein Schadenersatzbegehren. Die Beklagte erwecke den irreführenden Eindruck, die veröffentlichten Zahlen bezögen sich ausschließlich auf die Kaufauflage ihrer Zeitung, obwohl darin auch die Gratisauflage enthalten sei. Kauf- und Gratisauflage wichen in Inhalt und Umfang voneinander ab. Die Beklagte verstoße daher gegen Paragraph 2, UWG. Da die Beklagte die beiden Auflagentypen ohne aufklärende Hinweise oder einschränkende Vermerke zusammenfasse und auch nicht den Zeitraum anführe, in welchem diese Auflagen erreicht würden, verletze sie die Richtlinien der ÖAK. Darin liege ein Verstoß gegen Paragraph eins, UWG.

Die Beklagte wendet ein, seit dem 1. August 2007 seien die Kauf- und die Gratisauflage im Kernprodukt seitengleich und inhaltlich weitgehend ident, sodass die ÖAK nur mehr den Gesamtwert ausweise und keine weitere Differenzierung vornehme. Es müsse daher zulässig sein, diesen Gesamtwert jenem der Mitbewerber, deren Druckwerke ebenfalls in unterschiedlichen Mutationen erschienen, vergleichend gegenüberzustellen. Die ÖAK erscheine seit dem zweiten Halbjahr 2008 nur mehr halbjährlich und weise keine verbreitete Auflage mehr aus. Es sei daher nicht mehr möglich, dem Unterlassungsbegehren zu entsprechen.

Im Sicherungsverfahren erließ das Rekursgericht eine einstweilige Verfügung im Sinn des Klagebegehrens. Der Senat wies einen dagegen gerichteten außerordentlichen Revisionsrekurs zurück (4 Ob 6/08y).

Im Hauptverfahren stützte sich die Beklagte insbesondere darauf, dass es - anders als im ersten Quartal 2007 - nun keine Unterschiede zwischen Kauf- und Gratisauflage mehr gebe. Auch die ÖAK differenziere nicht mehr zwischen diesen Kategorien. Die Klägerin bestritt dieses Vorbringen.

Das Erstgericht gab dem Unterlassungs- und einem Teil des Veröffentlichungsbegehrens statt; das Mehrbegehren wies es ab. Es traf keine Feststellungen zum Vorbringen der Beklagten, dass sich Kauf- und Gratisauflage ihrer Zeitung nicht mehr unterschieden. Der Tatbestand des Paragraph 2, UWG sei aus den schon im Sicherungsverfahren aufgezeigten Gründen erfüllt.

Das nur von der Beklagten angerufene Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung. Es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 30.000 EUR übersteige und die ordentliche Revision nicht zulässig sei.

Die Berufung ziehe nicht in Zweifel, dass die Werbung im ersten Quartal 2007 irreführend gewesen sei. Dass die Beklagte nach ihrem Vorbringen die früher vorhandenen Unterschiede zwischen der Kauf- und der Gratisauflage beseitigt habe, sei unerheblich. Wegen der Möglichkeit einer neuerlichen Änderung der Verhältnisse fiele dadurch, wie sich aus der Entscheidung 4 Ob 96/06g ergebe, die Wiederholungsgefahr nicht weg. Die Beklagte könnte jederzeit die Kauf- und die Gratisausgabe ihrer Zeitung wieder unterschiedlich gestalten.

Rechtliche Beurteilung

Die gegen diese Entscheidung gerichtete außerordentliche Revision der Beklagten ist zulässig, weil die Urteile der Vorinstanzen zu Punkt 1.l des Unterlassungsbegehrens bei Zutreffen der ungeprüft gebliebenen Behauptungen der Beklagten ein materiell zulässiges Verhalten verbieten; sie ist in diesem Umfang im Sinn des Aufhebungsantrags berechtigt.

1. Punkt 1. des Unterlassungsbegehrens ist noch nicht spruchreif.

1.1. Die Ausführungen des Berufungsgerichts zur fortbestehenden Wiederholungsgefahr treffen zu (Paragraph 510, Absatz 3, ZPO).

(a) Der unstrittige Verstoß gegen Paragraph 2, UWG in der Fassung vor der UWG-Novelle 2007 begründet die Vermutung, dass die Beklagte das auch nach neuem Recht unlautere Verhalten (zum Erfordernis einer doppelten Prüfung RIS-Justiz RS0123158) neuerlich setzen wird; die Entkräftung dieser Vermutung (RIS-Justiz RS0037661) ist der Beklagten nicht gelungen.

Eine Änderung der Verhältnisse lässt die Wiederholungsgefahr nur wegfallen, wenn dadurch ein weiteres unlauteres Verhalten aufgrund tatsächlicher Umstände ausgeschlossen ist, etwa wenn der belangte Mitbewerber sein Unternehmen veräußert und keine Anzeichen vorliegen, dass er das Geschäft in anderer Form wieder aufnehmen wird (4 Ob 352/63 = SZ 37/49; 4 Ob 87/94 = ÖBl 1995, 120 - Urlaub für Schlaue; RIS-Justiz RS0077206, RS0037664). Der bloße Umstand, dass das Verhalten der Beklagten bei Schluss der Verhandlung erster Instanz aufgrund einer Änderung der Verhältnisse rechtmäßig ist, hat daher für die Beurteilung der Wiederholungsgefahr keine Bedeutung, solange die Möglichkeit besteht, dass sich die Verhältnisse neuerlich ändern und das Verhalten dadurch wieder rechtswidrig wird (4 Ob 193/00m = ÖBl 2001, 267 - Einkaufszentrum U II; 4 Ob 96/06f = MR 2006, 329 - Zukunftsprognose; RIS-Justiz RS0114254).

(b) Eine solche Situation liegt hier vor: Auch wenn Gratis- und Kaufauflage derzeit übereinstimmen sollten, kann die Beklagte ihre diesbezügliche Geschäftspolitik jederzeit ändern und zur früheren Praxis zurückkehren. In diesem Fall wäre das beanstandete Verhalten wieder irreführend und daher rechtswidrig. Die Wiederholungsgefahr ist daher nicht weggefallen.

1.2. Davon zu trennen ist jedoch die Frage, ob ein ursprünglich rechtswidriges Verhalten, das aufgrund einer Änderung der Umstände bei Schluss der Verhandlung erster Instanz rechtmäßig ist, wegen fortbestehender Wiederholungsgefahr uneingeschränkt verboten werden kann.

(a) Der Beklagte kann nach allgemeinen Grundsätzen nicht zu einer Unterlassung verhalten werden, zu der er nach materiellem Recht nicht verpflichtet ist (RIS-Justiz RS0037461; zuletzt etwa 4 Ob 27/08m = ÖBl 2008, 325 [Schultes] - Zigarettenattrappe und 4 Ob 56/10d = wbl 2010, 542 - Verkehrscoaching). Dabei ist, soweit es auf tatsächliche Umstände ankommt, auf den Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz abzustellen. Ist ein bestimmtes Verhalten zu diesem Zeitpunkt nicht (mehr) irreführend, so führte ein nicht weiter eingeschränktes Verbot dazu, dass der Beklagte dieses Verhalten trotzdem unterlassen müsste. In der Sache bestünde die Verpflichtung aber nur für den Fall tatsächlich irreführender Behauptungen. Der Titel ginge daher über die materielle Verpflichtung hinaus.

(b) Die Einhaltung der titulierten Unterlassungspflicht könnte im Weg der Zwangsvollstreckung erzwungen werden. Denn nach ständiger Rechtsprechung hat das Gericht im Exekutionsverfahren die Verpflichtung allein aufgrund des Titels festzustellen (RIS-Justiz RS0000207, RS0000205); nicht die materielle Rechtslage, sondern allein der Inhalt des Exekutionstitels ist für den Umfang der Exekutionsbewilligung und für die Verhängung einer Beugestrafe maßgebend (RIS-Justiz RS0000279). Nur daran knüpft auch der Rechtsschutz im Exekutionsverfahren an: Der Verpflichtete kann mit Rekurs gegen die Exekutionsbewilligung oder einen Strafbeschluss geltend machen, dass der behauptete Sachverhalt nicht unter den Titel subsumiert werden könne; mit Impugnationsklage, dass er den als Zuwiderhandlung behaupteten Sachverhalt nicht verwirklicht habe (RIS-Justiz RS0123123, zuletzt etwa 3 Ob 236/10t und 3 Ob 100/11v). Beide Rechtsbehelfe wären nicht zielführend, wenn der Verpflichtete gegen einen über die materielle Rechtslage hinausgehenden Titel verstoßen hätte. Denn die Diskrepanz zwischen Titel und materieller Verpflichtung könnte der Verpflichtete wegen der alleinigen Relevanz des Exekutionstitels nicht geltend machen. Auch eine Oppositionsklage würde ihm nicht weiterhelfen, weil dafür eine Änderung der Sachlage gegenüber dem nach Paragraph 35, Absatz eins, EO maßgebenden Zeitpunkt (hier also dem Schluss der Verhandlung erster Instanz) erforderlich wäre (RIS-Justiz RS0122879).

(c) Ein uneingeschränktes Verbot kann daher nur dann erlassen werden, wenn das beanstandete Verhalten auch nach der Sachlage bei Schluss der Verhandlung erster Instanz rechtswidrig ist. Denn nur dann wäre die Beklagte zu diesem Zeitpunkt zu einem nicht von weiteren Bedingungen abhängigen Unterlassen verpflichtet. Dies kann dann auch im Titel ausgedrückt werden. Eine spätere Änderung der Verhältnisse, die zum Erlöschen oder zur zeitweiligen Hemmung des Anspruchs führte, könnte der Verpflichtete dann mit Oppositionsklage geltend machen.

1.3. Im vorliegenden Fall ist die Beklagte nach dem Urteil der Vorinstanzen verpflichtet, einen Vergleich von Auflagenzahlen zu unterlassen, wenn sie nicht darauf hinweist, dass bei ihren Zahlen die Kauf- und die Gratisauflage zusammengerechnet werden. Dieses Verhalten wäre für sich allein nicht irreführend und daher lauterkeitsrechtlich zulässig, wenn Kauf- und Gratisauflage inhaltlich und quantitativ übereinstimmten. Dennoch müsste die Beklagte dieses Verhalten aufgrund des nicht weiter eingeschränkten Titels unterlassen. Gegen eine Exekutionsbewilligung oder einen Strafbeschluss könnte sie sich nur dann wehren, wenn man den Titel gegen seinen Wortlaut dahin auslegte, dass er nur ein tatsächlich irreführendes Verhalten erfassen sollte. Selbst wenn eine solche Auslegung möglich sein sollte, besteht kein Zweifel am berechtigten Interesse der Beklagten, einen die materielle Rechtslage eindeutig wiedergebenden Titel zu erwirken.

1.4. Die vom Berufungsgericht zitierte Entscheidung 4 Ob 96/06f (= MR 2006, 329 - Zukunftsprognose) steht dieser Auffassung nicht entgegen. Denn dort wurden bestimmte Behauptungen nur verboten, „sofern sie nicht zutreffen“. Ein solches Verbot ist - bei fortbestehender Wiederholungsgefahr - auch dann unbedenklich, wenn die beanstandete Äußerung bei Schluss der Verhandlung erster Instanz nicht mehr irreführend war. Denn das Aufstellen zutreffender Behauptungen ist vom Titel nicht erfasst. Würde eine Exekutionsbewilligung oder ein Strafbeschluss aufgrund eines Antrags erlassen, mit dem der Betreibende einen Verstoß gegen den Titel (also das Erheben unzutreffender Behauptungen) behauptete, so könnte der Verpflichtete in einer Impugnationsklage vorbringen, dass er die Behauptung zwar aufgestellt habe, diese jedoch zutreffe und daher aus tatsächlichen Gründen nicht unter den Titel falle.

Gleiches gilt für die jüngst ergangene Entscheidung 4 Ob 50/10x (= ÖBl 2010, 273). Auch dort wurden dem Beklagten nur „wahrheitswidrige“ Aussagen verboten. Damit war unerheblich, dass die beanstandeten Tatsachenbehauptungen (Paragraph 7, UWG) zwar nicht im Zeitpunkt ihrer Verbreitung, wohl aber bei Schluss der Verhandlung erster Instanz zugetroffen hatten. Da sich die Lage insofern wieder ändern konnte, bestand weiterhin Wiederholungsgefahr. Der Beklagte war daher materiell zum Unterlassen der Behauptungen verpflichtet, wenn sie im konkreten Fall (wieder) wahrheitswidrig sein würden. Der Titel entsprach daher jener materiellen Verpflichtung, die bei Schluss der Verhandlung erster Instanz bestand.

1.5. Auf dieser Grundlage liegt ein sekundärer Feststellungsmangel vor.

(a) Das Verbot in der beantragten Form wäre berechtigt, wenn die Ausgaben der Gratis- und der Kaufauflage auch bei Schluss der Verhandlung erster Instanz in einer Weise voneinander abwichen, die eine nicht weiter differenzierende Werbung mit Auflagenzahlen irreführend erscheinen ließe. Denn nur in diesem Fall wäre die Beklagte zu diesem Zeitpunkt ohne weitere Einschränkung zur Unterlassung verpflichtet. Trifft hingegen die ungeprüft gebliebene Behauptung der Beklagten zu, wonach solche Unterschiede überhaupt nicht mehr oder doch nur in unerheblichem Umfang bestehen, dürfte das Verbot nur in einer eingeschränkten Form erlassen werden, die der materiellrechtlichen Verpflichtung entspricht; das Mehrbegehren wäre abzuweisen. Dabei handelte es sich um den Zuspruch eines Minus, nicht um ein Aliud.

(b) Diese Erwägungen führen zur Aufhebung der Entscheidung über Punkt 1. des Unterlassungsbegehrens in die erste Instanz. Dort werden nach Erörterung mit den Parteien und Entgegennahme eines konkreten Vorbringens Feststellungen zu den noch bestehenden Unterschieden zwischen den Ausgaben der Gratis- und der Kaufauflage zu treffen sein. Maßgebend sind dabei die Verhältnisse in jenem Zeitraum vor Schluss der Verhandlung erster Instanz, der den nun üblichen Erhebungszeiträumen der ÖAK entspricht. Gab es in diesem Zeitraum keine Unterschiede oder waren diese so gering, dass die beanstandete Werbung nicht geeignet wäre, die geschäftliche Entscheidung des Durchschnittsverbrauchers zu beeinflussen, so wäre das Verbot entsprechend enger zu formulieren und das Mehrbegehren abzuweisen. Die konkrete Fassung des Spruchs wäre zuvor mit den Parteien zu erörtern.

2. Zu Punkt 2. des Unterlassungsbegehrens (Angabe des Erhebungszeitraums) ist die Revision nicht gesetzmäßig ausgeführt. Die Beklagte beantragt zwar die „vollinhaltliche“ Klageabweisung und bekämpft damit das Urteil des Berufungsgerichts auch in diesem Punkt. Inhaltlich fehlt dazu aber jedes Vorbringen. Insofern ist die angefochtene Entscheidung daher als Teilurteil zu bestätigen.

3. Ebenfalls zu bestätigen ist die Entscheidung über Punkt 3. des Unterlassungsbegehrens. Danach hat die Beklagte darauf hinzuweisen, dass die von ihr verbreiteten Auflagenzahlen Gratis- und Kaufauflagen umfassen, wenn die entsprechende Auflagenliste der ÖAK einen solchen Hinweis enthält. Offenbar mit Bezug darauf macht die Beklagte geltend, dass die ÖAK Gratis- und Kaufauflage nun einheitlich ausweise, worin eine „Änderung der Rechtslage“ liege. Dabei übersieht sie aber, dass die ÖAK diese Vorgangsweise wieder ändern kann, weswegen die Wiederholungsgefahr nicht weggefallen ist (oben 1.1.). Da das untersagte Verhalten nur dann titelwidrig ist, wenn die Auflagenliste der ÖAK einen Hinweis auf die Zusammenrechnung von Gratis- und Kaufauflage enthält, geht die titulierte Verpflichtung auch nicht über die materielle Rechtslage hinaus (oben 1.2.).

4. Wegen der Aufhebung des Ausspruchs über Punkt 1. des Unterlassungsbegehrens kann über das Veröffentlichungsbegehren nicht abschließend entschieden werden. Ein Teilurteil ist hier nicht zweckmäßig, weil mit einer weiteren Veröffentlichung nach Vorliegen des Endurteils zusätzliche Kosten verbunden wären, die bei einer gemeinsamen Veröffentlichung nicht anfallen (4 Ob 50/89 = ÖBl 1990, 55 - PSK; Ciresa, Handbuch der Urteilsveröffentlichung3 [2006] Rz 197 mwN). Das Erstgericht wird daher im fortgesetzten Verfahren auch über das gesamte Veröffentlichungsbegehren zu entscheiden haben.

5. Die Kostenentscheidung gründet sich auf Paragraph 52, Absatz eins und 2 ZPO.