Gericht

OGH

Entscheidungsdatum

15.02.2011

Geschäftszahl

4Ob110/10w

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin Dr. Schenk als Vorsitzende und durch die Hofräte Dr. Vogel, Dr. Jensik, Dr. Musger und Dr. Schwarzenbacher als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Österreichischer Rundfunk, *****, vertreten durch Korn Rechtsanwälte OG in Wien, gegen die beklagte Partei U***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Beate Köll-Kirchmeyr, Rechtsanwältin in Schwaz, wegen Unterlassung (Streitwert im Provisorialverfahren 35.000 EUR sA), über den Revisionsrekurs der beklagten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Innsbruck als Rekursgericht vom 29. März 2010, GZ 2 R 43/09d-27, mit welchem der Beschluss des Landesgerichts Innsbruck vom 7. Jänner 2009, GZ 59 Cg 190/08d-6, abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei hat die Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Begründung:

              Der Kläger strahlt in seinem Radioprogramm „Radio Tirol“ seit über 25 Jahren jeweils mittwochs von 18 bis 19 Uhr die Volksmusik-Sendung „Musiktruch´n“ aus. Im Jahr 1979 waren H***** K***** und I***** R***** freie Mitarbeiter von „Radio Tirol“. H***** K***** hatte damals die Idee, eine volkstümliche Radiosendung mit dem Titel „Musiktruch´n“ ins Leben zu rufen. I***** R***** griff diese Idee auf. Ab 1979 wurde die Sendung „Musiktruch´n“ wöchentlich gesendet und von I***** R***** moderiert. I***** R***** unterfertigte für die Moderation der Sendung jeweils einen „Mitwirkendenvertrag“ mit dem Kläger. Für die Sendung vom 10. 9. 2008 unterfertigte er einen „Mitwirkendenvertrag HF (voll abgegolten)“. Darin wurde unter anderem festgehalten: „Moderator/in“ … „Musiktruch´n“ … „Es gilt der KV vom 17. 3. 2003 in der geltenden Fassung. Dienstort: Innsbruck“ … „Mit dieser Tätigkeit ist Arbeitsleistung in der Nacht, am Wochenende, an Feiertagen oder in Form von Überstunden verbunden. Diese wurden bei der Entgeltgestaltung gemäß Paragraph 20, Absatz 10, bzw Paragraph 21, Absatz 3, KV berücksichtigt.“ … „Die dem Vertragspartner bekannten Allgemeinen Bedingungen in der geltenden Fassung sind ein integrierender Bestandteil dieses Vertrags. Dem Vertragspartner sind die im ORF geltenden Beschäftigungsgrenzen für auf Honorarbasis Beschäftigte und die Verpflichtung diese einzuhalten, bekannt. Der Vertragspartner bestätigt die (gegebenenfalls von ihm richtig gestellten) obigen Arbeitszeiten“ … Die seit 1. 9. 2007 geltenden allgemeinen Vertragsbedingungen des Klägers sehen unter anderem vor: „Honorarbedingungen bei Urheberrechtsvertrag Hörfunk voll abgegolten.“ … „Für die Ausarbeitung und die Festlegung des Werkes wird einmalig ein Werkhonorar bezahlt. Als Abgeltung der Werknutzungsrechte erhält der Vertragspartner ein Sendehonorar.“ … „Das vereinbarte Gesamthonorar besteht zu gleichen Teilen aus dem Werkhonorar (50 % des Honorars) und dem Sendehonorar (50 % des Honorars).“ … „Mit dem vereinbarten Gesamthonorar sind alle Leistungen, Rechtseinräumungen und urheberrechtlichen Vergütungs-/ Beteiligungsansprüche des Vertragspartners an seinem Werk sowie allfällige Beteiligungsansprüche aus Verwertungserlösen zur Gänze abgegolten. Mitumfasst sind auch sämtliche derzeitigen und zukünftigen Rechte/ Entgeltansprüche, urheberrechtlichen Vergütungs-/ Beteiligungsansprüche, sonstige Ansprüche, die sich aus Schutzfristverlängerungen, sei es durch Gesetz, Verwaltungsakt oder durch Richterspruch ergeben. ...“ Bis Herbst 2008 wurde die Sendung von I***** R***** - nach eigenem Gutdünken - gestaltet und moderiert. Sie wurde meist aus dem Studio gesendet, teilweise aber auch live vor Publikum gestaltet und übertragen. Die Einladung der Musiker erfolgte nach Auswahl von I***** R*****, ohne dass es dazu ein bestimmtes Konzept gegeben hätte. Nach seinem Ausscheiden wird die Sendung von einem anderen Moderator betreut. Sie läuft nunmehr nach einer vorgegebenen „Sendeuhr“, die festlegt, wann Musiktitel welcher Art gespielt werden, wann Gäste zu Wort kommen und wann Neuvorstellungen erfolgen.

              Die Beklagte strahlt seit November 2008 in ihrem Radiosender „U1 Tirol“ wöchentlich am Mittwoch von 16 bis 17 Uhr eine volkstümliche Sendung mit dem Titel „U1 Musigtruchn“ aus. Moderator ist I***** R*****, der diese Sendung wiederum ohne strikte Vorgaben und Konzepte nach seinem persönlichen Stil moderiert. Vor dem Start seiner Moderatorentätigkeit bei der Beklagten wurde in der Kronenzeitung unter der Überschrift „Promotion“ und „I***** R***** weiterhin ‘on air’ im Radio zu hören“ darauf hingewiesen, dass I***** R***** künftig als Moderator beim privaten Radiosender U1 Tirol tätig sein werde. Weiter hieß es: „Untrennbar mit I***** R***** ... verbunden gilt die legendäre und beliebte Radiosendung 'Musigtruchn', die I***** R***** die vergangenen 29 Jahre bereits 1390mal moderiert hat. Mitentscheidend dafür, das Angebot des Tiroler Privatradiosenders, dort zu moderieren, anzunehmen, war laut I***** R***** auch die Möglichkeit, diese Sendung in irgendeiner Form weiterzuführen.“

              Am 4. 11. 2008 war auf der Homepage der Beklagten unter dem Link „Radio U1 Programm Musigtruchn“ folgender Eintrag zu finden: „Musigtruchn. Jeden Mittwoch von 16 bis 17 Uhr. Die bekannte Musiksendung mit Moderator I***** R*****. Musikalische Gäste aus dem In- und Ausland. Informationen rund um die Musik.“

              Für die Titelmelodie der von der Beklagten gesendeten „Musigtruchn“ wird ein Neuarrangement des Musiktitels „Spatzengrüße aus Tirol“ verwendet. Die entsprechenden Rechte wurden der Beklagten von S***** N***** als Autor und Komponist am 4. 11. 2008 eingeräumt. Diese Melodie - in einem früheren Arrangement - wurde bis 1999 von der Klägerin als Titelmelodie für die „Musiktruch´n“ verwendet.

              Die Beklagte meldete am 7. 1. 2008 die Marke „Musigtruchn“ in den Klassen 35: Werbung; und 38: Telekommunikation, insbesondere Ausstrahlung von Rundfunksendungen beim Österreichischen Patentamt an; Beginn der Schutzdauer war der 22. 4. 2008.

              Zur Sicherung eines inhaltsgleichen Unterlassungsbegehrens beantragte der Kläger die Erlassung einer einstweiligen Verfügung, mit der der Beklagten geboten werden sollte, es zu unterlassen, insbesondere in dem von ihr betriebenen Radioprogramm „U1 Radio Unterland“ eine Rundfunksendung unter dem Sendungstitel „Musiktruch´n“, „Musigtruchn“, „U1 Musigtruchn“ und/oder einen verwechselbar ähnlichen Sendungstitel anzukündigen und/oder auszustrahlen und/oder zu bewerben. Bei der Musiksendung „Musiktruch´n“ handle es sich um ein urheberrechtlich geschütztes Sammelwerk im Sinne des Paragraph 6, UrhG. Es bestehe Verwechslungsgefahr mit der von der Beklagten ausgestrahlten Sendung „Musigtruchn“, da der Sendungstitel nahezu ident sei. Der Zusatz „U1“ beseitige die Verwechslungsgefahr nicht. Darüber hinaus sei die Sendungsbezeichnung des Klägers „Musiktruch´n“ nach Paragraph 9, Absatz eins, UWG geschützt, da der dort verwendete Begriff des Druckwerks in einem weiteren Sinn auszulegen sei, und dem Sendungstitel „Musiktruch´n“, der über hohe Verkehrsgeltung verfüge, komme auch der Ausstattungsschutz des Paragraph 9, Absatz 3, UWG zu. Letztlich handle die Beklagte auch unlauter im Sinn des Paragraph eins, UWG, da sie den Ruf der Sendung des Klägers schmarotzerisch ausbeute, indem sie den ehemaligen Moderator des Klägers einsetze, unter dem praktisch identen Titel und der nahezu gleichen Uhrzeit sende und in der Werbung auf die „bekannte Sendung“ verweise.

              Die Beklagte wendete ein, bei der von I***** R***** moderierten volkstümlichen Radiosendung „Musiktruch´n“ habe es kein fixes Konzept gegeben. I***** R***** habe Gäste nach seinem Geschmack eingeladen und die Musik nach Gefühl und Gutdünken zusammengestellt. Das Publikum habe die Sendung „Musiktruch´n“ untrennbar mit der Person von I***** R***** verbunden. Er und der Erfinder der Sendung, H***** K*****, seien deren Urheber und hätten dem Kläger nie Werknutzungsrechte daran eingeräumt. Die einzelnen Sendungen seien keine eigentümlichen geistigen Schöpfungen. „Musik/gtruchn“ sei weder ein Unternehmen noch ein Druckwerk oder eine zugunsten des Klägers registrierte Marke, sodass Paragraph 9, UWG nicht herangezogen werden könne. Die Sendung der Beklagten sei nicht geeignet, den Wettbewerb zum Nachteil des Klägers nicht nur unerheblich zu beeinflussen. Dies ergebe sich schon aus den verschiedenen Sendereichweiten von Radio Tirol und U1. Verwechslungsgefahr bestehe nicht, da das Publikum über den Radiosender, den es höre, nicht irren könne. Dem Sendungstitel „Musiktruch´n“ komme keine Verkehrsgeltung zu, da eine Befragung von 500 Radiohörern nicht repräsentativ sei. Eine mögliche Marktbeeinflussung sei schon aufgrund der Reichweitenunterschiede von Radio Tirol und U 1 nicht gegeben, ebensowenig eine Herkunftstäuschung.

              Das Erstgericht erachtete den eingangs wiedergegebenen Sachverhalt als bescheinigt. Es stellte noch fest, H***** K***** als „Ideengeber“ der Radiosendung „Musiktruch´n“ habe seine „sämtlichen Verwertungsrechte am Werk Musiktruch´n“ exklusiv bis auf schriftlichen Widerruf an die Beklagte übertragen. Bei einer im September 2008 in Tirol durchgeführten Telefonbefragung von 500 Radiohörern im Alter von über 35 Jahren hätten 58 % der befragten Personen zwischen 35 und 55 Jahren und 64 % der Personen ab 56 Jahren angegeben, die Sendung „Musiktruch´n“ zu kennen. „Nicht feststellbar“ sei gewesen, welchen Inhalt die Verträge zwischen dem Kläger und I***** R***** vor September 2008 gehabt hätten und ob - bejahendenfalls in welcher Weise - der Kläger mit H***** K***** vertragliche Vereinbarungen betreffend die Verwendung des Titels „Musiktruch´n“ geschlossen habe. Das Erstgericht wies den Sicherungsantrag mit der Begründung ab, dass mangels Werkcharakters weder die Voraussetzungen des Paragraph 80, UrhG noch ein Sammelwerk im Sinn des Paragraph 6, UrhG vorlägen, zumal ein besonderer Leitgedanke für die einzelnen „Musiktruch'n“-Sendungen nicht erkennbar sei. Die Tatbestände des Paragraph 9, Absatz eins und Absatz 3, UWG seien nicht erfüllt, weil der Kläger „Musiktruch´n“ nicht als Unternehmenskennzeichen gebrauche; ein Verstoß gegen Paragraph eins, Absatz eins, Ziffer eins, UWG sei wegen des geringen Bekanntheitsgrads des Sendungstitels „Musiktruch´n“ und wegen fehlender Verwechslungsgefahr ebenfalls zu verneinen.

              Das Rekursgericht erließ die beantragte einstweilige Verfügung und sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 30.000 EUR übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei, weil sich das Rekursgericht bei der Auslegung des Begriffs „Druckwerk“ in Paragraph 9, Absatz eins, UWG nicht auf höchstgerichtliche Rechtsprechung habe stützen können. Der Titel der Hörfunksendung „Musiktruch´n“ falle - in ausdehnender Interpretation - unter den Begriff des „Druckwerks“ im Sinn von Paragraph 9, Absatz eins, UWG. Die Verwechslungsgefahr zwischen den Sendungsbezeichnungen „Musiktruch´n“ und „Musigtruchn“ sei - trotz des Zusatzes „U1“ zum Titel „Musigtruchn“ - zu bejahen, da der prägende Bestandteil des Titels der Begriff der Musiktruhe sei. Auch der Ausstattungsschutz des Paragraph 9, Absatz 3, UWG sei gegeben. Die Beklagte habe die Verkehrsgeltung des Titels des Klägers selbst eingeräumt, indem sie in ihrer Werbung ihre Sendung „Musigtruchn“ als „die bekannte Musiksendung mit Moderator I***** R*****“ angepriesen habe. Aus den unterschiedlichen Sendegebieten des Klägers (ganz Tirol) und der Beklagten (ein geringerer regionaler Bereich) sei für die Beklagte nichts zu gewinnen, weil sich aus den festgestellten Umfrageergebnissen eine Bekanntheit der Sendung des Klägers und damit die Verkehrsgeltung des Titels für ganz Tirol ergebe und ein geringerer regionaler Bereich von diesem in ganz Tirol geltenden Bekanntheitsgrad ebenfalls erfasst sei. Schließlich verwirkliche der Gebrauch des Titels „U1 Musigtruchn“ für eine zur beinahe gleichen Sendezeit und mit demselben Moderator ausgestrahlte Hörfunksendung, in der Musikstücke aus den Genre Volksmusik gespielt, Gespräche mit Volksmusikern geführt und Veranstaltungen präsentiert werden, eine unlautere Geschäftspraktik im Sinn des Paragraph eins, Absatz eins, Ziffer eins, UWG. Die Bekanntheit der Musiksendung des Klägers werde von der Beklagten schmarotzerisch ausgebeutet, weil sie für ihre eigene Musiksendung mit dieser Bekanntheit werbe.

Rechtliche Beurteilung

              Der Revisionsrekurs der Beklagten ist zulässig, aber nicht berechtigt.

              Die Beklagte macht geltend, es liege keine Gesetzeslücke vor, die es gebieten würde, den Begriff des Druckwerks im Sinn des Paragraph 9, Absatz eins, UWG im Wege der Analogie auch auf Titel von Radiosendungen auszudehnen. Der Begriff „Musik/gtruchn“ sei nur beschreibend und ein schwaches Zeichen, sodass der meist verwendete Zusatz „U1“ oder „mit I***** R*****“ ausreiche, um Verwechslungsgefahr hintan zu halten. Zudem verhindere auch die Aussendung auf verschiedenen, für den Hörer leicht als unterschiedlich erkennbaren Frequenzen die Gefahr von Verwechslungen. Paragraph 9, Absatz 3, UWG finde auf den vorliegenden Fall keine Anwendung. Die dafür nötige Verkehrsgeltung der „Musik/gtruchn“ sei nicht ausreichend bescheinigt. Für die Anwendung des Paragraph eins, UWG mangle es an der Voraussetzung der erheblichen Marktbeeinflussung. Die Beklagte habe nicht den Standard an Fachkenntnissen und Sorgfalt gemäß den anständigen Marktgepflogenheiten verletzt. Es könne ihr nicht als schmarotzerische Rufausbeutung angelastet werden, wenn sie Regelungslücken nütze. Die Marke „Musigtruchn“ sei für die Beklagte registriert worden, der Kläger habe nie gültig Nutzungsrechte an der Bezeichnung „Musiktruch´n“ erworben.

              Der Kläger verweist in seiner Revisionsrekursbeantwortung auf die Beurteilung des Rekursgerichts zu Paragraphen eins und 9 Absatz 3, UWG; sie sei zutreffend, weshalb die Auslegung des Paragraph 9, Absatz eins, UWG für das Verfahrensergebnis letztlich keine Rolle spiele - wiewohl die geltend gemachten Ansprüche auch aus Paragraph 9, Absatz eins, UWG begründet seien.

              Der Senat hat erwogen:

              1.1. Der Kläger beanstandet weder Konzept („Format“) noch Inhalt der Radiosendung; strittig ist der gebrauchte Sendungstitel.

              Die Beklagte macht geltend, der Kläger habe kein (eigenes) Nutzungsrecht am Titel „Musiktruch`n“ erworben. Dieser Einwand kann zur Verneinung des Klageanspruchs führen, wenn der Titel dieser Radiosendung selbst als Werk der Literatur Schutz für einen Dritten genießt und dieser dem Kläger kein Werknutzungsrecht eingeräumt hat.

              Nach den Bescheinigungsergebnissen stammt der Sendungstitel „Musiktruch`n“ vom vormals freien Mitarbeiter des Klägers H***** K*****. Vertragliche Vereinbarungen zwischen ihm und dem Kläger sind nicht bescheinigt. Ebensowenig ist bescheinigt, dass H***** K***** allfällige Verwertungsrechte am Titel dem Moderator I***** R***** eingeräumt und dieser sie an den Kläger übertragen hat. Für jede Sendung wurde ein eigener Vertrag abgeschlossen. Eine Vereinbarung, wonach dem Kläger über die einzelne Sendung hinaus allfällige Rechte am Titel übertragen worden wären, ergibt sich auch aus dem 2008 geschlossenen „Mitwirkendenvertrag“ nicht.

              Entscheidend ist daher, ob es sich beim Titel „Musiktruch´n“ um ein Werk im Sinn des UrhG handelt. Auf den (eigenen) Schutz als Titel eines Werks der Literatur oder der Tonkunst im Sinn des Paragraph 80, UrhG beruft sich der Kläger nicht mehr, sodass offen bleiben kann, ob das Format seiner Sendung trotz des nach dem bescheinigten Sachverhalt fehlenden Konzepts urheberrechtlichen Schutz genießt.

              1.2. In besonderen Ausnahmefällen kann auch der Titel selbst ein - wenn auch nur kurzes - Werk der Literatur sein (Dillenz/Gutmann, Praxiskommentar zum Urheberrecht² Paragraph 80, Rz 4 mwN; Walter, Österreichisches Urheberrecht [2008] Rz 1717). Der von einem Werk losgelöste Titel genießt aber nur dann urheberrechtlichen Schutz, wenn er ein zur selbstständigen Existenz fähiges Sprachwerk darstellt; wenn er also einen abgeschlossenen Gedankengang in eigentümlicher Form zum Ausdruck bringt. Titel solcher Art, ein als Titel verwendeter Spruch, sind denkbar, aber äußerst selten (Thiele in Kucsko, urheber.recht [2008] 1107; Dillenz/Gutmann, Praxiskommentar zum Urheberrecht2 Paragraph 80, Rz 4 mwN; Walter, Österreichisches Urheberrecht [2008] Rz 1717). Einzelne Worte können zwar ausnahmsweise urheberrechtlichen Schutz genießen, wenn es sich um individuell eigenartige sprachliche Wortgestaltungen handelt. In der Regel wird dies aber auch dann nicht der Fall sein, wenn es sich um unterscheidungskräftige Bezeichnungen (Phantasienamen, Titel, etc) handelt (4 Ob 96/97i, worin der Senat für das einzelne Wort „Ramtha“ die Qualifikation als Sprachwerk im Sinn des UrhG mangels eines Sprachgefüges verneinte, mit Glosse von Walter in MR 2000, 30). Die Beurteilung als Werk im Sinn des UrhG erfordert eine individuelle eigentümliche Leistung, die sich vom Alltäglichen, Landläufigen, üblicherweise Hervorgebrachten abhebt (RIS-Justiz RS0076397; RS0076841); sie setzt voraus, dass beim Werkschaffenden persönliche Züge - insbesondere durch die sprachliche Gestaltung und durch die gedankliche Bearbeitung - zur Geltung kommen (4 Ob 136/90).

              Diese Voraussetzungen liegen beim Titel „Musiktruch´n“, dessen gedanklicher Inhalt sich auf eine naheliegende Assoziation zum damit bezeichneten Format beschränkt, nicht vor.

              1.3. Mangels Sonderrechtsschutzes zugunsten eines anderen Berechtigten durfte der Kläger den Titel „Musiktruch`n“ für seine seit Jahrzehnten unter dieser Bezeichnung verbreitete und in hohem Maß verkehrsbekannte Radiosendung auch ohne Bewilligung von H***** K***** benutzen. Daran ändert - angesichts seiner Vorbenutzung - auch die spätere Eintragung der Marke „Musigtruchn“ für die Beklagte nichts. Die Zuordnung des Titels „Musiktruch´n“ zum Kläger ergibt sich aus der (jahrzehnte-)langen mit Aufwand und Kosten verbundenen Aufnahme und Ausstrahlung der Radiosendung unter dieser Bezeichnung. Darin liegt jedenfalls jene Leistung, der lauterkeitsrechtlicher Schutz zukommt.

              2.1. Gemäß Paragraph eins, Absatz eins, Ziffer eins, UWG in der Fassung der UWG-Novelle 2007 kann ua auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, wer im geschäftlichen Verkehr eine unlautere Geschäftspraktik oder sonstige unlautere Handlung anwendet, die geeignet ist, den Wettbewerb zum Nachteil von Unternehmen nicht nur unerheblich zu beeinflussen. Das Ausbeuten fremder Leistungen zählt zu den „sonstigen unlauteren Handlungen“. Damit ist die bisherige Rechtsprechung zur Unlauterkeit der Rufausbeutung im Sinn des Paragraph eins, UWG aF durch die UWG-Novelle 2007 unberührt geblieben vergleiche Wiltschek, MSA UWG2 Paragraph eins, Anmerkung 4; Heidinger in Wiebe/G. Kodek, UWG [2009] Paragraph eins, Rz 36-37).

              2.2. Wer ohne jede eigene Leistung, ohne eigenen ins Gewicht fallenden Schaffensvorgang das ungeschützte Arbeitsergebnis eines anderen ganz oder doch in erheblichen Teilen glatt übernimmt, um so dem Geschädigten mit dessen eigener mühevoller und kostspieliger Leistung Konkurrenz zu machen, handelt unlauter im Sinn des Paragraph eins, UWG (RIS-Justiz RS0078341; 4 Ob 164/09k). Die Anlehnung an eine fremde Leistung und die Ausnutzung eines guten Rufs ist nicht stets verwerflich. Es muss zur objektiven Rufausbeutung etwas Anstößiges hinzutreten (RIS-Justiz RS0118990). Besondere Umstände, welche die Übernahme einer fremden Leistung unlauter machen, sind die vermeidbare Herkunftstäuschung, das Erschleichen des fremden Arbeitsergebnisses oder sein Erlangen durch Vertrauensbruch, das systematische Nachahmen, um den Mitbewerber zu behindern, und das Ausbeuten des guten Rufs eines fremden Erzeugnisses. Für die Feststellung der Lauterkeitswidrigkeit ist das gesamte Verhalten des die Leistung Übernehmenden zu berücksichtigen vergleiche RIS-Justiz RS0078130).

              2.3. Derartige besondere Umstände sind etwa dann gegeben, wenn der Nachahmende das Vorbild nicht nur als Anregung zu eigenem Schaffen benützt, sondern seinem Produkt ohne ausreichenden Grund die Gestaltungsform eines fremden Erzeugnisses gibt und dadurch die Gefahr von Verwechslungen hervorruft. Verwechslungsgefahr ist allerdings nur dann anzunehmen, wenn dem nachgeahmten Produkt wettbewerbliche Eigenart und eine gewisse Verkehrsbekanntheit zukommt. „Wettbewerblich eigenartig“ ist ein Erzeugnis dann, wenn es bestimmte Merkmale oder Gestaltungsformen aufweist, die im Geschäftsverkehr seine Unterscheidung von gleichartigen Erzeugnissen anderer Herkunft ermöglichen. Um eine Herkunftsvorstellung auszulösen, wird ein Erinnerungsbild, ein geistiges Fortleben im Gedächtnis des Publikums verlangt (4 Ob 141/09b mwN).

              2.4. Im vorliegenden Fall offenbaren die Bescheinigungsergebnisse des Erstgerichts einen sehr hohen Bekanntheitsgrad der Sendung und damit des Titels „Musiktruch´n“ (58 % bzw 64 %). Der Titel ist untrennbar mit dem Radioprogramm „Radio Tirol“ - somit mit dem Kläger - verbunden, zumal nach den Bescheinigungsergebnissen davon auszugehen ist, dass die beteiligten Verkehrskreise (Radiohörer) den Titel mit dem Kläger in Verbindung bringen. Dass der Titel auch mit dem Moderator der Sendung, I***** R*****, in Verbindung gebracht werden mag, ändert nichts daran, dass der Leistungsschutz dem Kläger zusteht, war doch der Moderator bloß dessen Mitarbeiter, der dem Kläger überdies (allfällige) im Zusammenhang mit der Radiosendung stehende Werknutzungsrechte abgetreten hatte. Neben der hohen Verkehrsbekanntheit weist der Titel „Musiktruch´n“ auch ausreichende Originalität auf, um ein geistiges Fortleben im Gedächtnis des Publikums zu bewirken. Er verfügt daher über die erforderliche wettbewerbliche Eigenart.

              2.5. Die Verwechslungsgefahr zwischen „Musiktruch´n“ und „Musigtruchn“ ist schon aufgrund des phonetischen Gleichklangs der beiden Begriffe evident. Der „meist“ verwendete Zusatz 'U1' oder 'mit I***** R*****' kann daran nichts ändern, weil diese Zusätze im Verhältnis zum übernommenen Element völlig in den Hintergrund treten. Unerheblich ist, dass die Sendungen des Klägers und der Beklagten unterschiedliche Reichweiten haben, zumal es jedenfalls Überschneidungen gibt.

              2.6. Der Beklagten stünden unbeschränkte Möglichkeiten offen, ihre Musiksendung mit I***** R***** so zu bezeichnen, dass die Gefahr von Verwechslungen mit der Sendung des Klägers nicht entsteht. Die ganz offensichtlich und in bewusster Nachahmung vorgenommene Verwendung des Titels „Musigtruchn“, der mit jenem der langjährig bekannten Radiosendung des Klägers nahezu identisch ist, führt zu einer vermeidbaren Herkunftstäuschung. Die Täuschung des Publikums wird noch durch den Hinweis auf der Homepage der Beklagten „Die bekannte Musiksendung mit Moderator I***** R*****“, durch die Zeitungswerbung und nicht zuletzt die annähernd gleiche Sendezeit am späteren Nachmittag gefördert. Die Beklagte nutzt die über Jahrzehnte mit Kosten und Mühen geschaffene Bekanntheit der vom Kläger finanzierten Musiksendung aus, um ihm mit ihrer Radiosendung Konkurrenz zu machen. Die Vorgangsweise der Beklagten verwirklicht damit eine sonstige unlautere Handlung im Sinn des Paragraph eins, Absatz eins, Ziffer eins, UWG.

              2.7. Um die Erheblichkeitsschwelle des Paragraph eins, Absatz eins, Ziffer eins, UWG zu überschreiten, muss eine unlautere Geschäftspraktik oder sonstige unlautere Handlung dazu geeignet sein, den Wettbewerb zum Nachteil von Unternehmen nicht nur unerheblich zu beeinflussen. Diese Eignung ist im vorliegenden Fall schon wegen der durch die Radiosendungen erzielten Breitenwirkung evident, mag auch die Beklagte eine (im Vergleich zum Kläger) geringere Verbreitung haben.

              3. Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die Beklagte die Bekanntheit des Titels der Radiosendung des Klägers unlauter ausnützt und dadurch im geschäftlichen Verkehr eine sonstige unlautere Handlung (Paragraph eins, Absatz eins, Ziffer eins, UWG) anwendet, die geeignet ist, den Wettbewerb zum Nachteil des Klägers nicht nur unerheblich zu beeinflussen. Ob ihr Verhalten auch die Tatbestände des Paragraph 9, Absatz eins, UWG und/oder Paragraph 9, Absatz 3, UWG erfüllt, kann offen bleiben.

              Dem Revisionsrekurs der Beklagten war der Erfolg zu versagen.

              Die Kostenentscheidung beruht auf Paragraph 393, Absatz eins, EO in Verbindung mit Paragraphen 40,, 50 ZPO. Die Kosten der Revisionsrekursbeantwortung konnten mangels Verzeichnung nicht zugesprochen werden.