Gericht

OGH

Entscheidungsdatum

11.05.2010

Geschäftszahl

4Ob29/10h

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin Dr. Schenk als Vorsitzende und durch die Hofräte Dr. Vogel, Dr. Jensik, Dr. Musger und Dr. Schwarzenbacher als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Verein für Konsumenteninformation, *****, vertreten durch Kosesnik-Wehrle & Langer Rechtsanwälte KG in Wien, gegen die beklagte Partei K*****Handelsgesellschaft m.b.H., *****, vertreten durch Mag. Dr. Lothar Wiltschek, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterlassung (Streitwert 21.500 EUR) und Urteilsveröffentlichung (Streitwert 4.500 EUR), infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 16. November 2009, GZ 30 R 23/09m-14, mit dem infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichts St. Pölten vom 9. Februar 2009, GZ 2 Cg 194/08b-9, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung folgenden

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 1.470,24 EUR (darin 245,04 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung:

Die Beklagte bewarb im Dezember 2007 und im Juni 2008 ihren Einzelhandel mit Einrichtungsgegenständen und Hausrat mit als Postwurfsendungen verteilten Werbeprospekten im Format von ca 30 cm x ca 35 cm, die folgende Ankündigungen enthielten:

Die Schriftgröße beim Hinweis auf die Kosten betrug etwa 2 mm (Großbuchstaben). Einer der Kataloge stand auch in einer auf das Format DIN A4 verkleinerten Form im Internetauftritt der Beklagten zur Verfügung.

Der nach § 14 Abs 1 UWG klagelegitimierte Verein zur Wahrung von Verbraucherinteressen begehrte, der Beklagten aufzutragen, es im geschäftlichen Verkehr zu unterlassen, a) in ihrer Werbung, insbesondere in Werbeprospekten, ihren Kunden die Finanzierung des Kaufpreises über zinsenlose Kredite in Aussicht zu stellen - hilfsweise b): den unrichtigen Eindruck zu erwecken, sie biete ihren Kunden die Finanzierung des Kaufpreises über zinsenlose Kredite an -, etwa durch die blickfangartig hervorgehobene Ankündigung „0 % Zinsen“, wenn die Inanspruchnahme des Kredits tatsächlich mit Entgelten, etwa Bearbeitungs- und Kontoführungsgebühren und damit mit einem Effektivzins von beispielsweise 3,9 % oder 5,02 % verbunden ist; der Kläger begehrte ferner, ihn zur Urteilsveröffentlichung zu ermächtigen. Die Ankündigung verstoße gegen Z 20 Anhang zum UWG, weil sie als Angebot der Vermittlung eines unverzinsten Darlehens, somit einer Dienstleistung zu verstehen und daher an diesem Tatbestand zu messen sei. Als unvermeidbare Kosten nach der genannten Bestimmung seien jedoch nur die staatlichen Rechtsgeschäftsgebühren anzusehen, nicht hingegen die Bearbeitungs- und Kontoführungsentgelte. Überdies sei die Ankündigung irreführend gemäß § 2 Abs 1 UWG. Dem Umworbenen werde ein besonderer Preisvorteil (§ 2 Abs 1 Z 4 UWG) vorgegaukelt, der aufklärende Hinweis auf die anfallenden Bearbeitungs- und Kontoführungsgebühren sei in den Prospekten kaum zu entziffern und im Online-Katalog schlicht unleserlich. Das Versprechen einer zinsenfreien Kreditierung der Kaufpreisforderung sei geeignet, den Durchschnittsverbraucher einerseits zum Kauf eines Produkts und andererseits auch zur Inanspruchnahme eines Kredits zu bewegen, wovon er bei Kenntnis der wahren Umstände Abstand genommen hätte.

Die Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Sie bewerbe die beanstandete Finanzierungsaktion durchgehend in farblich untermalten Kästchen. Der im Vergleich zu den übrigen Ankündigungen in diesem Kästchen relativ klein gedruckte Hinweis „0% Zinsen“ beziehe sich auf den Nominalzinssatz und damit auf die reinen Kreditzinsen. Die Ankündigung „2009 zahlen!“ sei mit einer klar erkennbaren Fußnote versehen, die auf weitergehende Informationen verweise. Der erklärende Text sei unmittelbar unterhalb der beanstandeten Äußerung abgedruckt, falle jedermann ins Auge und werde von einem vernünftigen und kritischen Verbraucher auch zweifellos gelesen, weil von einem am Kauf von Möbeln samt allfälliger Finanzierung interessierten Durchschnittsverkäufer ein höherer Grad an Aufmerksamkeit zu erwarten sei. Aus dem erklärenden Text ergebe sich unmissverständlich, dass zwar der reine Kreditzinssatz 0 %, der effektive Jahreszinssatz jedoch aufgrund einer Bearbeitungs- und Rechtsgeschäftsgebühr 3,9 % bzw 5,02 % betrage. Die vermittelte Information sei ausreichend deutlich und rechtzeitig, sodass keine Gefahr bestehe, ein Durchschnittsverbraucher werde durch die Werbung zu einer geschäftlichen Entscheidung veranlasst, die er sonst nicht getroffen hätte. Die beanstandete Ankündigung bewerbe keine Ware oder Dienstleistung als „gratis“, „umsonst“, „kostenfrei“ oder ähnlich und verstoße damit auch nicht gegen Z 20 Anhang zum UWG. In einem vorbereitenden Schriftsatz bot die Beklagte „ohne Anerkennung einer Rechtspflicht“ den Abschluss eines Vergleichs an; ihr - vom Kläger abgelehntes - Angebot umfasste das Unterlassungshauptbegehren mit dem Zusatz „ohne dass darauf ausreichend deutlich hingewiesen wird“ sowie die Veröffentlichung im Sinne des Klagebegehrens. Der Kläger lehnte das Vergleichsangebot ab.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab.

Das Berufungsgericht änderte dieses Urteil dahin ab, dass es dem Unterlassungshauptbegehren und dem Begehren auf Ermächtigung zur Urteilsveröffentlichung stattgab; es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 5.000 EUR, nicht aber 30.000 EUR übersteige und die ordentliche Revision zulässig sei, weil Rechtsprechung zur Frage fehle, ob die unrichtige Beschreibung eines Produkts als „gratis“ „umsonst“, „kostenfrei“ oder ähnlich auch dann nach Z 20 Anhang zum UWG zu untersagen sei, wenn die Ankündigung einen deutlichen Hinweis auf etwaige Zusatzkosten enthalte. Mit der Ankündigung „0% Zinsen“ werde ein zinsenfreies und damit unentgeltliches Darlehen (bzw die Vermittlung eines solchen) angeboten, somit eine Leistung, die vom weiten Produktbegriff in Z 20 Anhang zum UWG umfasst sei. Es werde der Eindruck der Kostenlosigkeit vermittelt. Diese Beschreibung entspreche nicht den Tatsachen, weil der Kunde trotz eines Nominalzinssatzes von 0 % aufgrund der Bearbeitungs- und Kontoführungsgebühren je nach Laufzeit einen Effektivzinssatz 3,9 % bzw 5,02 % zu zahlen habe. Nur die vom Kunden zu leistende Rechtsgeschäftsgebühr sei als im Rahmen des Eingehens auf die Geschäftspraktik unvermeidbar anzusehen, nicht hingegen die Bearbeitungsgebühr und die Kontoführungsgebühren. Die Ankündigung verstoße daher gegen Z 20 Anhang zum UWG. Die Tatbestände des Anhangs zum UWG seien per se-Verbote und führten ohne weitere Prüfschritte zur Beurteilung als unlautere Geschäftspraktiken; es könne daher selbst ein deutlicher Hinweis auf etwaige Zusatzkosten die mögliche Irreführung bei Verwendung der Begriffe „gratis“ „umsonst“ „kostenfrei“ und ähnliches nicht beseitigen. Damit erweise sich das Vergleichsangebot der Beklagten, die sich dem Unterlassungshauptbegehren nur mit einem einschränkenden Zusatz unterwerfen habe wollen, als nicht ausreichend, um die Wiederholungsgefahr zu beseitigen, sodass der Kläger mit diesem Begehren durchdringe.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist unzulässig. Entgegen dem - den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 508a Abs 1 ZPO) - Ausspruch des Berufungsgerichts hängt die Entscheidung nicht von der Lösung einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO ab.

1. Nichts geändert hat die UWG-Novelle 2007 an der Rechtsprechung, wonach eine Ankündigung nach ihrem Gesamteindruck zu beurteilen ist (RIS-Justiz RS0043590 [T49]). Der Gesamteindruck ist aber nicht gleichbedeutend mit dem Gesamtinhalt der Ankündigung, da der Gesamteindruck durch einzelne Teile der Ankündigung, die als Blickfang besonders herausgestellt sind, bereits entscheidend geprägt werden kann. In solchen Fällen darf auch der blickfangartig herausgestellte Teil der Ankündigung für sich allein nicht irreführend iSd § 2 UWG sein vergleiche RIS-Justiz RS0078542). Ein aufklärender Hinweis kann die Irreführungseignung nur bei ausreichender Deutlichkeit beseitigen (RIS-Justiz RS0118488).

2. Das Berufungsgericht ist von dieser Rechtsprechung im Ergebnis nicht abgewichen. Die beanstandete Ankündigung vermittelt einen unrichtigen Eindruck, weil der aufklärende Hinweis über anfallende Gebühren im Kleinstdruck gehalten und daher nicht geeignet ist, die durch die 0%-Zinsen-Angabe veranlasste Annahme einer kostenlosen Finanzierung zu korrigieren.

3. Das dem Hauptbegehren entsprechende Unterlassungsgebot orientiert sich am Kern der bescheinigten Verletzungshandlung, die darin liegt, dass die Beklagte durch ihre Ankündigung aus Sicht eines Durchschnittsverbrauchers eine kostenlose Finanzierung angeboten hat. Es beschreibt das künftig gebotene Verhalten hinreichend deutlich, so dass in einer für das Gericht und die Parteien unverwechselbaren Weise feststeht, was geschuldet wird (RIS-Justiz RS0119807). Dass ein ausreichend deutlicher Hinweis auf die Kostenbelastung zu einem anderen Gesamteindruck führen könnte, trifft zwar zu. Einen solchen Hinweis gab es hier aber nicht. Daher konnte das Verbot in der beantragten Form erlassen werden. Es greift ohnehin nicht ein, wenn die Beklagte ihre Werbung in Zukunft durch eine deutliche Information über die Kosten so gestaltet, dass für einen Durchschnittsverbraucher nicht mehr der Eindruck einer kostenlosen Finanzierung entsteht. Ein Zusatz im Spruch, der ausdrücklich auf diese Möglichkeit hinweist, ist nicht erforderlich.

Das einen solchen Zusatz enthaltende Vergleichsangebot der Beklagten war mit der Behauptung verbunden, dass die konkret beanstandete Werbung ohnehin rechtens gewesen sei und daher - wie zu ergänzen ist - nicht unter das Verbot falle; es konnte die Wiederholungsgefahr daher nicht beseitigen.

4. Das bekämpfte Unterlassungsgebot sanktioniert somit eine Verletzungshandlung, die jedenfalls unter den Tatbestand der irreführenden Geschäftspraktik (§ 2 Abs 1 UWG) fällt. Ob darüber hinaus der Tatbestand der Z 20 Anhang zum UWG erfüllt ist, bedarf bei dieser Sachlage keiner weiteren Prüfung.

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 41 Abs 1, § 50 Abs 1 ZPO. Da der Kläger in seiner Revisionsbeantwortung auf die Unzulässigkeit des Rechtsmittels hingewiesen hat, diente sein Schriftsatz der zweckentsprechenden Rechtsverteidigung.