Gericht

OGH

Entscheidungsdatum

14.10.2008

Geschäftszahl

8Ob92/08z

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden sowie die Hofräte Dr. Spenling und Dr. Kuras und die Hofträtinnen Dr. Lovrek und Dr. Glawischnig als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei L*****, vertreten durch Mag. Gernot Strobl, Rechtsanwalt in Salzburg, wider die beklagten Parteien 1.) Franz W*****, vertreten durch Dr. Philipp Lettowsky, Rechtsanwalt in Salzburg, und 2.) Ing. Herbert R*****, vertreten durch Dr. Harald Schwendinger und Dr. Brigitte Piber, Rechtsanwälte in Salzburg, wegen 9.676,12 EUR sA hinsichtlich der Erstbeklagten und 13.658,71 EUR sA hinsichtlich des Zweitbeklagten, über die Revision (Revisionsinteresse 5.434,99 EUR) der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Salzburg als Berufungsgericht vom 16. April 2008, GZ 22 R 25/08t-34, mit dem infolge Berufung der zweitbeklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichts Zell am See vom 24. Oktober 2007, GZ 24 C 74/05b-25, in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 8. November 2007, GZ 24 C 74/05b-27, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der zweitbeklagten Partei die mit 445,93 EUR (darin enthalten 74,32 EUR an USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung:

Die klagende Bauträgergesellschaft errichtete drei Doppelhäuser, die vom Erstbeklagten geplant und vom zweitbeklagten Baumeister errichtet wurden. Die klagende Bauträgergesellschaft selbst wurde von den Erwerbern dieser Reihenhäuser mit einer bereits im August 2003 eingebrachten Klage auf Zahlung von 17.132,40 EUR sA für Schäden durch einen Wassereintritt im Frühjahr 2002, die auf zu gering dimensionierte „Frostkoffer" zurückzuführen waren, in Anspruch genommen. Die nunmehr klagende Bauträgergesellschaft wurde in diesem Vorverfahren rechtskräftig für schuldig erkannt, den Erwerbern der Doppelhäuser 13.281,26 EUR samt 4 % Zinsen seit 29. 8. 2003 und die mit 3.899,40 EUR bestimmten Prozesskosten erster Instanz sowie weitere 728,78 EUR an Kosten des Berufungsverfahrens zu ersetzen. Für die nicht fachgerechte Ausführung der „Frostkoffer" wurde dabei ein Betrag von 11.651,66 EUR an Mängelbehebungskosten zugesprochen. An eigenen Kosten hatte die nunmehrige Klägerin in diesem Vorverfahren laut Kostenverzeichnis 15.855,59 EUR aufzuwenden.

In einem weiteren Vorverfahren zwischen der Planungsgesellschaft und der Bauträgergesellschaft wurden restliche Forderungen der Planungsgesellschaft gegen die Bauträgergesellschaft wegen deren Gegenforderung aus der mangelhaften Planung des „Frostkoffers" (30 cm statt der erforderlichen 60 cm) rechtskräftig abgewiesen. Auch in einem weiteren (dritten) Vorverfahren des nunmehr zweitbeklagten Baumeisters gegen die Bauträgergesellschaft mbH wurden seine restlichen Forderungen (wegen zu Unrecht behaupteter Einlösung einer Bankgarantie) teilweise rechtskräftig abgewiesen, weil von einer Gegenforderung in Höhe von 3.196,80 EUR wegen der Warnpflichtverletzung betreffend den „Frostkoffer" ausgegangen wurde. Im Vorprozess der Erwerber der Doppelhäuser gegen die nunmehr klagende Bauträgergesellschaft als beklagte Partei hat die damals beklagte Bauträgergesellschaft auch der nunmehr erstbeklagten Planungsgesellschaft und dem zweitbeklagten Baumeister den Streit verkündet; der zweitbeklagte Baumeister ist dem Verfahren allerdings nicht als Nebenintervenient beigetreten.

Mit ihrer Klage begehrt die klagende Bauträgergesellschaft von der Planungsgesellschaft und vom zweitbeklagten Baumeister jeweils zur Hälfte den Ersatz des ihr im Vorverfahren gegen die Erwerber der Doppelhäuser auferlegten Schadenersatzes von (nach mehrfachen Ausdehnungen und Einschränkungen) zuletzt 13.281,26 EUR zuzüglich Prozesskosten von zusammen 20.483,77 EUR, abzüglich der von beiden Beklagten in den Vorverfahren geleisteten Zahlungen. Die Beklagten wendeten ua Verjährung, aber auch Verletzung der Schadensminderungspflicht, ein.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren hinsichtlich der Erstbeklagten rechtskräftig zur Gänze und hinsichtlich des Zweitbeklagten im Ausmaß von 12.870,91 EUR sA statt; das Mehrbegehren von 814,80 EUR sA wurde (ebenfalls rechtskräftig) abgewiesen. Es stützte sich hinsichtlich des zweitbeklagten Baumeisters auf die Verletzung der Warnpflicht nach Paragraph 1162 a, ABGB und die zu gering dimensionierten „Frostkoffer". Eine Verjährung sei im Hinblick auf die Klagsanbringung im Jahr 2002 nicht anzunehmen. Die Bestreitung der Klagebegehren im Vorverfahren der Erwerber der Doppelhäuser habe der Rechtsverteidigung gedient und damit auch der Abwehr von Ansprüchen gegenüber den nunmehr beklagten Parteien.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Zweitbeklagten teilweise Folge und änderte das Urteil des Erstgerichts hinsichtlich des Zweitbeklagten dahin ab, dass es den von ihm zu leistenden Ersatz auf 7.435,92 EUR sA - insoweit rechtskräftig - reduzierte und ein weiteres Mehrbegehren von 6.259,79 EUR sA abwies.

Auch das Berufungsgericht verneinte das Vorliegen einer Verjährung und verwies darauf, dass der Schaden erst durch die rechtskräftige Feststellung der Zahlungspflicht im Vorverfahren entstanden sei. Hinsichtlich der Prozesskosten des Vorverfahrens wies das Berufungsgericht darauf hin, dass die Beklagten als Nebenpflicht der klagenden Bauträgergesellschaft mbH Streithilfe zu leisten gehabt hätten. Nur wenn kein Regressanspruch in Frage komme, scheide eine Kostenhaftung aus. Die in den Vorverfahren als Gegenforderungen aufgerechneten Beträge schlössen die Geltendmachung weitergehender Ansprüche nicht aus und seien bei der Klagsforderung auch entsprechend berücksichtigt worden.

Ab der Streitverkündung sei von einer Bindungswirkung und damit auch von einem für den Zweitbeklagten nützlichen Prozessaufwand auszugehen; lediglich für die bis dahin aufgelaufenen Kosten hafte die klagende Partei allein. Um die darauf entfallenden Kosten von weiteren 5.434,99 EUR (die Hälfte des Gesamtbetrags von 10.869,99 EUR) sei daher das Urteil des Erstgerichts im klagsabweisenden Sinne abzuändern.

Die ordentliche Revision erachtete das Berufungsgericht für zulässig, da zur Frage, ob für die bis zur Streitverkündung aufgelaufenen Kosten im Vorprozess die klagende Partei auch dann allein zu haften habe, wenn sie für die Klagsforderung nicht solidarisch mit der beklagten Partei hafte, soweit ersichtlich keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs vorliege.

Gegen dieses Urteil richtet sich die auf den Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung gestützte Revision der klagenden Partei mit dem Antrag, es im Sinne einer Wiederherstellung des erstgerichtlichen Urteils abzuändern; hilfsweise stellt sie Aufhebungsanträge.

Der Zweitbeklagte beantragt in seiner Revisionsbeantwortung, die Revision mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage zurückzuweisen, hilfsweise, dieser keine Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist ungeachtet des gemäß Paragraph 508 a, Absatz eins, ZPO den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruchs des Berufungsgerichts mangels Darstellung einer erheblichen Rechtsfrage im Sinn des Paragraph 502, Absatz eins, ZPO nicht zulässig.

Die Revision stützt sich im Wesentlichen darauf, der nunmehr beklagte Baumeister habe im Vorverfahren den Erwerbern der Doppelhäuser gar nicht gehaftet, sondern allein der klagenden Bauträgergesellschaft als deren Erfüllungsgehilfe; der Vorprozess sei aber nur durch das rechtswidrige Verhalten ua des beklagten Baumeisters verursacht worden. Die klagende Bauträgergesellschaft habe an dem Vorprozess kein eigenes Interesse gehabt. Unter Beachtung der Kriterien des Schadenersatzrechts seien die ua vom beklagten Baumeister verursachten Schäden durch das Entstehen der Verfahrenskosten im Vorprozess von diesem auch zu tragen. Hätte der zweitbeklagte Baumeister unverzüglich nach Streitverkündung die Verantwortung für die Mängel übernommen, so wäre es ihm freigestanden, sich das Auflaufen der Kosten des Vorprozesses nicht zurechnen zu lassen. Er habe aber vielmehr nach Streitverkündung seine Mithaftung für die im Vorprozess geltend gemachten Schäden „vehement bestritten", sodass er auch dafür einzustehen habe.

Dem ist jedoch schon im Ansatz entgegenzuhalten, dass eine derartige „Bestreitung" im Vorprozess weder festgestellt wurde noch sich aus den Akten ergibt, ist doch nach der festgestellten und maßgeblichen Aktenlage nur die erstbeklagte Planungsgesellschaft, nicht aber auch der zweitbeklagte Baumeister nach der Streitverkündung im Vorprozess auf Seiten der damaligen Beklagten (nunmehrigen Klägerin) als Nebenintervenient beigetreten (ON 22 des bezogenen Voraktes). Insoweit entfernt sich daher die Rechtsrüge der Klägerin vom festgestellten Sachverhalt und kann einer weiteren Behandlung insoweit nicht zugeführt werden vergleiche RIS-Justiz RS0043312; RS0043603; Kodek in Rechberger ZPO3 Paragraph 503, Rz 22).

Im Übrigen ist vorweg klarzustellen, auf welcher Anspruchsgrundlage die Klägerin den Ersatz ihrer Prozesskosten begehrt, und sie allgemein darauf hinzuweisen, dass allein die Schlechterfüllung eines Vertrags für sich allein noch nicht eine schadenersatzrechtliche Haftung auch für die Prozesskosten begründet, sondern nur dann, wenn der Regresspflichtige über die Schlechterfüllung der Hauptleistung hinaus weitere Vertragspflichten verletzt und diese Pflichtverletzungen für den (hier) Gewährleistungsprozess kausal waren; nur dann kann auf Basis des Schadenersatzrechts auch ein Ersatz der Prozesskosten des Vorprozesses begehrt werden. Jedenfalls dann, wenn die beklagte Werkunternehmerin den Werkbesteller weder veranlasst noch darin bestärkt hat, sich auf das Vorverfahren einzulassen und einen nachteiligen Prozessstandpunkt zu verfechten, ist sie für die Kosten des Vorverfahrens nicht ersatzpflichtig (RIS-Justiz RS0045850 [T8 und T9] unter Hinweis auf 3 Ob 313/01b und 9 Ob 140/03h; idS auch RIS-Justiz RS0108826). Hier war der vom Zweitbeklagten im Rahmen seiner - wie nunmehr unstrittig und überdies rechtskräftig feststeht - Warnpflichtverletzung zu vertretende Mangel einer aufgrund von Planungsfehlern des Erstbeklagten zu geringen Ausführung des „Frostkoffers" schon im Vorverfahren von der nunmehrigen Klägerin als Beklagter bereits in ihrem ersten vorbereitenden Schriftsatz ausdrücklich zugestanden worden, allerdings hiezu näher ausgeführt, dass die „Wasserschäden" der Erwerber der Doppelhäuser mit diesem Mangel nichts zu tun hätten (ON 7 des Vorverfahrens).

Ein näheres Vorbringen dazu, warum hier der zweitbeklagte Baumeister für die Prozesskosten des Vorverfahrens unter schadenersatzrechtlichen Gesichtspunkten einzustehen hätte, hat die Klägerin indes gar nicht erstattet.

Es ist nun zutreffend, dass auch die Bestimmung des Paragraph 1037, ABGB betreffend die Geschäftsführung ohne Auftrag als Grundlage für derartige Kostenersatzansprüche herangezogen wurde. Ausgehend von dem von einem verstärkten Senat zu 1 Ob 2123/96d (SZ 70/60 = JBl 1997, 368; RIS-Justiz RS0107338) formulierten Rechtssatz - wonach sich die Wirkungen eines materiell rechtskräftigen zivilgerichtlichen Urteils soweit auf den einfachen Nebenintervenienten und denjenigen, der sich am Verfahren trotz Streitverkündung nicht beteiligte, erstrecken, als diese Personen als Parteien eines als Regressprozess geführten Folgeprozesses keine rechtsvernichtenden oder rechtshemmenden Einreden erheben dürfen, die mit den notwendigen Elementen der Entscheidung des Vorprozesses in Widerspruch stehen; sie in diesem Rahmen daher an die ihre Rechtsposition belastenden Tatsachenfeststellungen im Urteil des Vorprozesses gebunden sind -, sind nach seither ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs auch die Prozesskosten des Vorprozesses im Grundsätzlichen - entsprechend den jeweiligen Haftungsgründen - als typische Folge der unterlassenen Streithilfe zu qualifizieren und insoweit von der Interventionswirkung der Streitverkündung im Sinne dieser Entscheidung des verstärkten Senats ebenfalls umfasst (1 Ob 242/97p = SZ 70/200; 6 Ob 324/97h = SZ 70/241; 4 Ob 313/00h = SZ 74/6; 7 Ob 30/02s; 7 Ob 43/02b). Dass dabei die „Interventionswirkung" der Streitverkündung nicht bloß für Regressverhältnisse im engeren Sinn zwischen Solidarschuldnern, sondern auch für sonstige „materiell-rechtliche Alternativverhältnisse" (die einander gegenseitig ausschließen) und Sonderrechtsbeziehungen gilt, entspricht ebenfalls der inzwischen herrschenden Rechtsprechung (1 Ob 242/97p = SZ 70/200; 7 Ob 43/02b; 7 Ob 159/07v = JBl 2008, 458). Hat sich der regresspflichtige Schuldner trotz Streitverkündung nicht am Prozess zwischen dem Gläubiger und dem in Anspruch genommenen Schuldner beteiligt, so ist anzunehmen, dass er die Prozessführung durch diesen als auch seinem Interesse dienend betrachtet. Er hat dann ab dem Zeitpunkt der Streitverkündung (6 Ob 324/97h; 4 Ob 62/01y; 7 Ob 30/02s; 7 Ob 43/02b; Fucik/Hartl/Schlosser, Verkehrsunfall römisch VI [2005] Rz II/94 mwN) sowohl die der nunmehr regressierenden Hauptpartei des Vorprozesses selbst entstandenen als auch die dem dort obsiegenden Prozessgegner ersetzten Kosten zu tragen.

Die von den geschädigten Käufern allein als Beklagte in Anspruch genommene nunmehrige Klägerin führte den bereits mehrfach zitierten Vorprozess auch für den diesem Verfahren trotz Aufforderung nicht beigetretenen nunmehrigen Zweitbeklagten; dieser hatte es in der Hand, den Prozessaufwand zu minimieren, indem er dem Verfahren beitritt und dort statt eines Bestreitungsvorbringens im Einvernehmen mit der Beklagten etwa den Klagsanspruch anerkannt hätte. Wenn er sich statt dessen nicht am Verfahren beteiligte und der Beklagten die Klärung des Anspruchs der Geschädigten überließ, so ist der Kostenaufwand im Interesse beider Schuldner in einem Verfahren entstanden, das bindend auch über den Anspruch der Geschädigten gegen den am Prozess nicht beteiligten Mitschuldner absprach, und kann daher aus dem Rechtsgrund des Paragraph 1037, ABGB nunmehr von der vormaligen Beklagten als Klägerin mit Erfolg geltend gemacht werden (6 Ob 324/97h; 2 Ob 108/00x; 10 Ob 79/05y). Gegen die Höhe des so vom Berufungsgericht im Sinne dieser Rechtsprechungsgrundsätze zutreffend ermittelten Ersatzbetrags wird in der Revision nichts substanziell vorgebracht.

Daraus folgt, dass - entgegen den Ausführungen des Berufungsgerichts - von einer fehlenden höchstgerichtlichen Rechtsprechung nicht ausgegangen werden kann. Mangels Vorliegens der Voraussetzungen des Paragraph 502, Absatz eins, ZPO ist das Rechtsmittel der Klägerin daher als unzulässig zurückzuweisen. Einer weitergehenden Begründung bedarf dies nicht (Paragraph 510, Absatz 3, letzter Satz ZPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf Paragraphen 41,, 50 ZPO. Die Zweitbeklagte hat auf die Unzulässigkeit des gegnerischen Rechtsmittels ausdrücklich hingewiesen. Allerdings beträgt die Bemessungsgrundlage hiefür nur 5.434,99 EUR und nicht (wie verzeichnet) 6.249,79 EUR.