Gericht

OGH

Entscheidungsdatum

22.05.2007

Geschäftszahl

4Ob93/07s

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Zechner als Vorsitzenden und durch die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Schenk sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Vogel, Dr. Jensik und Dr. Musger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Verein für Konsumenteninformation, Wien 6, Linke Wienzeile 18, vertreten durch Kosesnik-Wehrle & Langer Rechtsanwälte KEG in Wien, gegen die beklagte Partei m***** Aktiengesellschaft, *****, vertreten durch Dr. Wolfgang Richter, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert 25.000 EUR), über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien vom 19. Februar 2007, GZ 4 R 176/06s-10, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

Spruch

1. Die Bezeichnung der beklagten Partei wird von „m***** Aktiengesellschaft & Co KG" auf „m***** Aktiengesellschaft" richtig gestellt.

2. Die außerordentliche Revision wird gemäß Paragraph 508 a, Absatz 2, ZPO mangels der Voraussetzungen des Paragraph 502, Absatz eins, ZPO zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

zu 1.

Bei der beklagten Partei kam es während des Verfahrens zu einer Gesamtrechtsnachfolge durch Anwachsung iSv Paragraph 142, HGB aF. Ihre Bezeichnung ist daher entsprechend richtig zu stellen (RIS-Justiz RS0039306).

zu 2.

1. Die Vorinstanzen haben der Beklagten nach Paragraph 2, UWG verboten, in der Werbung für Mobilfunkverträge, insbesondere in Werbeblättern und/oder Tarifübersichten, den Eindruck zu erwecken, alle regelmäßig anfallenden Entgelte seien enthalten, wenn sie tatsächlich weitere Entgelte (insb ein „Aktivierungsentgelt") verlangt, die dort nicht ziffernmäßig angeführt sind. Sie haben ihr weiters nach Paragraph 28, in Verbindung mit Paragraph 6, Absatz 3, KSchG verboten, in Vertragsformblättern die Klausel „Für die Aktivierung eines Mobilfunkanschlusses ist ein Aktivierungsentgelt (vormals Herstellungsentgelt) entsprechend den EB zu entrichten" oder sinngleiche Kauseln zu verwenden.

2. Ob eine Werbung durch das Verschweigen von wesentlichen Umständen zur Irreführung des Publikums geeignet ist (RIS-Justiz RS0078615, RS0078579), hängt von den Umständen des Einzelfalls ab und begründet daher idR keine erhebliche Rechtsfrage iSv Paragraph 528, Absatz eins, ZPO (4 Ob 7/07v). Die im Rechtsmittel behauptete krasse Fehlbeurteilung liegt nicht vor. Denn auch ein durchschnittlich informierter und verständiger Verbraucher, der eine dem Anlass angemessene Aufmerksamkeit aufwendet (RIS-Justiz RS0114366), kann die beanstandeten Werbematerialien dahin deuten, dass sie alle von ihm zu leistenden Entgelte enthalten. Dieser Eindruck der Vollständigkeit unterscheidet den hier zu beurteilenden Fall von Situationen, in denen erkennbar nur mit bestimmten (für die Auswahlentscheidung bedeutsamen) Teilen eines Tarifs geworben wird. Hier müssten nur jene Zusatzkosten genannt werden, die ein maßstabgerechter Verbraucher

nicht erwartet vergleiche 4 Ob 58/06t = RdW 2006, 696 - Österreichs

billigstes Breitbandinternet, einerseits; 4 Ob 247/02f = MR 2003, 48

[Pöchhacker] - 3 Monate gratis surfen und 4 Ob 7/07v, andererseits).

3. Aus dem Transparenzgebot des Paragraph 6, Absatz 3, KSchG kann sich eine Pflicht zur Vollständigkeit ergeben, wenn die Auswirkungen einer Klausel für den Kunden sonst unklar bleiben (RIS-Justiz RS0115219). Ein Querverweis in einem Klauselwerk oder ein Verweis auf Preislisten führt zwar an sich noch nicht zur Intransparenz iSv Paragraph 6, Absatz 3, KSchG. Allerdings kann im Einzelfall unklar sein, welche Rechtsfolgen sich aus dem Zusammenwirken der aufeinander bezogenen Bestimmungen ergeben; weiters führt die Unzulässigkeit der Bestimmung, auf die verwiesen wird, zwingend auch zur Unzulässigkeit der verweisenden Bestimmung (4 Ob 227/06w).

Im vorliegenden Fall hat das Berufungsgericht ausführlich dargelegt, warum es den Verweis auf die mehrere Tarife umfassenden und in sich verschachtelten Entgeltbestimmungen der Beklagten als intransparent ansah. Darin ist zumindest keine auffallende Fehlbeurteilung zu erkennen.