Gericht

OGH

Entscheidungsdatum

16.03.2004

Geschäftszahl

4Ob13/04x

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kodek als Vorsitzenden, durch die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof. Dr. Griß und Dr. Schenk und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Vogel und Dr. Jensik als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. Michael A*****, gegen die beklagte Partei Raiffeisenbank M*****, vertreten durch Dr. Erwin Bajc, Dr. Peter Zach und Dr. Reinhard Teubl, Rechtsanwälte in Bruck/Mur, wegen 10.900,93 EUR sA, über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht vom 11. November 2003, GZ 2 R152/03w-18, womit das Urteil des Landesgerichtes Leoben vom 24. Mai 2003, GZ 4 Cg 22/02w-11, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 686,88 EUR (darin 114,48 EUR Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Die Revision der Beklagten ist entgegen dem - den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (Paragraph 508 a, Absatz eins, ZPO) - Ausspruch des Berufungsgerichts nicht zulässig.

Dass zu einem exakt gleichgelagerten Sachverhalt (Auskunftserteilung einer Bank an den zur Durchführung einer Umschuldungsmaßnahme beauftragten Treuhänder) keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs aufgefunden werden kann, bedeutet noch nicht, dass eine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des Paragraph 502, Absatz eins, ZPO angenommen werden müsste. Eine solche liegt insbesondere dann nicht vor, wenn - wie hier - die für vergleichbare Sachverhalte entwickelten Grundsätze der Rechtsprechung auf den konkreten Sachverhalt anwendbar sind und ohne grobe Subsumtionsfehler auch angewendet wurden vergleiche Kodek in Rechberger, ZPO² Paragraph 502, Rz 3).

Nach Paragraph 1300, ABGB ist ein Sachverständiger auch dann verantwortlich, wenn er gegen Belohnung in Angelegenheiten seiner Kunst oder Wissenschaft aus Versehen eine nachteilige Auskunft erteilt hat. Die Formulierung “gegen Belohnung” ist nach herrschender Lehre und Rechtsprechung dahin zu verstehen, dass die Auskunft nicht selbstlos erfolgte (Reischauer in Rummel ABGB² Paragraph 1300, Rz 7; 8 Ob 246/01m mwN, RIS-Justiz RS0044121). Diese auch auf die Auskunftserteilung von Banken erstreckte Haftung tritt nicht nur im Rahmen einer ständigen Geschäftsbeziehung, sondern bereits bei der erstmaligen Auskunftserteilung ein, sofern diese nicht selbstlos erfolgte (8 Ob 246/01 mwN aus L und Rspr).

Das Berufungsgericht hat - von diesen Grundsätzen ausgehend - eine Haftung der beklagten Bank aus einer fahrlässig unrichtig erteilten Auskunft über die für die Durchführung einer Umschuldungsmaßnahme maßgeblichen noch offenen Kostenforderungen bejaht. Eine im Interesse der Rechtssicherheit wahrzunehmende Fehlbeurteilung ist darin nicht zu erkennen. Dass die Auskunft der Beklagten - wie das Berufungsgericht ausführte - auch in ihrem eigenen Interesse erfolgte, ist nicht zu bezweifeln, diente doch die Umschuldung (auch) dem Ziel, die Forderungen der Beklagten zu bereinigen. Diese Bereinigungswirkung durch Umschuldung konnte aber jedenfalls früher herbeigeführt werden, als die Beklagte durch Zwangsversteigerung Befriedigung erlangt hätte.

Bei Auslegung der Erklärungen im Zusammenhang mit den von der Treugeberin zu übernehmenden offenen Forderungen der Beklagten ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass die Beklagte das Ersuchen des Klägers im Sinn einer Anfrage nach der gesamten unberichtigt aushaftenden Forderung verstehen musste, die die Treugeberin im Wege der Umschuldung übernehmen sollte, um die Lastenfreiheit und die Einstellung des Zwangsversteigerungsverfahrens herbeizuführen. Seine Auffassung, wonach unter Lastenfreiheit auch die Einstellung des Versteigerungsverfahrens zu verstehen war (und die Beklagte daher auch auf die dort aufgelaufenen Kosten hätte hinweisen müssen) ist nicht zu beanstanden, zumal von Anfang an vorgesehen war, dass die der Treugeberin durch die Umschuldung entstehende Forderung aus dem Verkaufserlös der Liegenschaften abgedeckt werden sollte. An einen Verkaufserlös, der geeignet gewesen wäre, diese Forderungen auch tatsächlich abzudecken, wäre aber nicht zu denken gewesen, solange das Versteigerungsverfahren anhängig war.

Indem nun die Beklagte lediglich einen noch offenen Kostenbetrag von 40.435,01 S angab, ohne auf die im Versteigerungsverfahren bereits aufgelaufenen oder noch zu bestimmenden Kosten hinzuweisen, war ihre Auskunft in einem wesentlichen aufzuklärenden Punkt unvollständig und damit unrichtig. Dass die Kosten des Versteigerungsverfahrens zum gewünschten Stichtag (31. 8. 2001) noch nicht bestimmt waren, ändert nichts an der Unvollständigkeit und damit der Unrichtigkeit der Auskunft. Um dem Begehren des Treuhänders auf Bekanntgabe aller “zur vollkommenen Lastenfreiheit” der Liegenschaft und zur “gänzlichen Abdeckung der Verbindlichkeiten der Huberta S***** bei der Beklagten” erforderlichen Beträge zu entsprechen, hätte die Beklagte auch auf diese noch nicht bestimmten Kosten des Versteigerungsverfahrens hinweisen müssen, wenn es sich dabei um Kosten handelte, deren Ersatz sie im Zuge der Umschuldung von der Treugeberin verlangen wollte.

In der Auffassung des Berufungsgerichts, wonach die unrichtige Auskunft über die Höhe der von der Treugeberin zu übernehmenden Verbindlichkeiten kausal für den Schaden des Klägers war, ist gleichfalls keine aus Gründen der Rechtssicherheit zu berichtigende Fehlbeurteilung zu erblicken, zumal der Kläger bei vollständiger Aufklärung über die Höhe der Gesamtkosten den von ihm nun rückgeforderten Betrag nie hätte decken müssen. Hätte die Beklagte auch die Kosten des Versteigerungsverfahrens angegeben, so hätte entweder die Treugeberin diese Kosten übernommen oder die gesamte Umschuldung wäre gescheitert. Keinesfalls hätte der Kläger aber diese Kosten zu tragen gehabt. Auf die unrichtige Auskunft der Beklagten vertrauend hat der Kläger die Überweisung der zunächst begehrten Beträge veranlasst. Er war seiner Treugeberin gegenüber zur Herstellung der Lastenfreiheit (und der Schaffung der Voraussetzungen für die Einstellung des Versteigerungsverfahrens) verpflichtet und konnte diese Verpflichtung nur dann nachkommen, wenn er zuvor die von der Beklagten geforderten weiteren Kosten zahlte.

Ob sich der Kläger auf die Auskunft der Beklagten verlassen durfte oder ob ihn ein Mitverschulden deshalb trifft, weil er sich nicht auch beim Beklagtenvertreter oder durch Einsicht in den Exekutionsakt vergewissert hatte, berührt eine nach den Umständen des konkreten Einzelfalls zu beurteilende Frage, der keine über diesen Fall hinausgehende Bedeutung zukommt.

Unter dem Revisionsgrund der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens bekämpft die Beklagte erneut die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichts. Eine Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens liegt nicht vor.

Die Revision der Beklagten wird mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage zurückgewiesen.

Die Kostenentscheidung beruht auf Paragraphen 41 und 50 Absatz eins, ZPO. Die Klägerin hat auf die Unzulässigkeit des Rechtsmittels hingewiesen, sodass ihre Revisionsbeantwortung der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung diente.