Gericht

OGH

Entscheidungsdatum

31.07.2003

Geschäftszahl

12Os72/03

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 31. Juli 2003 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schindler als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Holzweber, Dr. Habl, Dr. Philipp und Dr. Schwab als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Dokalik als Schriftführer, in der Strafsache gegen Rupert M***** wegen des Verbrechens der Unzucht mit Unmündigen nach Paragraph 207, Absatz eins, erster Fall und Absatz 2, erster Fall StGB aF und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Linz als Schöffengericht vom 14. Februar 2003, GZ 34 Hv 1003/01f-46, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.

Gemäß Paragraph 390 a, Absatz eins, StPO fallen dem Angeklagten auch die bisherigen Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Rupert M***** des Verbrechens der Unzucht mit Unmündigen nach Paragraph 207, Absatz eins, erster Fall und Absatz 2, erster Fall StGB aF (römisch eins.) sowie der Vergehen des Missbrauchs eines Autoritätsverhältnisses nach Paragraph 212, Absatz eins, erster Fall StGB (römisch II.), nach Paragraph 36, Absatz eins, Ziffer eins, WaffG 1986 (römisch III.) und nach Paragraph 50, Absatz eins, Ziffer eins, WaffG 1996 (römisch IV.) schuldig erkannt.

Soweit bekämpft hat er in Niederwaldkirchen im Zeitraum vom 24. August 1988 bis Juli 1990

römisch eins.) eine unmündige Person, nämlich die am 23. Juli 1976 geborene Sabine P*****, auf andere Weise als durch Beischlaf zur Unzucht missbraucht, indem er sie in zahlreichen Angriffen (wöchentlich etwa einmal) im Vaginal- und Brustbereich berührte und "abschleckte" sowie einen bzw bis zu vier Finger in ihre Scheide einführte, wobei die Tat eine schwere Körperverletzung der unmündigen Sabine P*****, nämlich eine schwere seelische Schädigung in Form einer Borderline-Persönlichkeitsstörung zur Folge hatte;

römisch II.) durch einzelne der unter Punkt römisch eins.) geschilderten Tathandlungen (gemeint: durch die unter Punkt römisch eins.) geschilderten Tathandlungen während eines Zeitraumes von mehreren Monaten - US 17) Sabine P*****, die wiederholt seiner Aufsicht unterstand, zur Unzucht missbraucht.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen vom Angeklagten aus Paragraph 281, Absatz eins, Ziffer 4,, 5 und 9 lit "c" StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde geht fehl.

In der Hauptverhandlung vom 17. Dezember 2002 hatte der Verteidiger eine psychologische Stellungnahme der Münchner Dipl. Psychologin Monika A***** zum gerichtlichen Sachverständigengutachten Dris. Brigitte H***** vorgelegt (S 389b verso), wobei dieses Privatgutachten auch Gegenstand der Verlesungen war (S 422) und dessen - auch in der Beschwerde wiederholten - Kritikpunkte zum Vorbringen der Verteidigung gemacht wurden.

Der Verfahrensrüge (Ziffer 4,) zuwider hat das Schöffengericht mit Recht den Antrag auf "Einholung eines weiteren aussagepsychologischen Gutachtens über die Glaubhaftigkeit der Aussage der Sabine P*****, insbesondere zum Beweis dafür, dass die Aussagen über sexuelle Missbrauchshandlungen des Angeklagten nicht auf tatsächlich Erlebtem beruhen", weil "durch die Ausführungen Dris. H***** die Bedenken, die in der letzten Hauptverhandlung - unter Hinweis auf das bezeichnete Privatgutachten - dargelegt wurden, nicht ausgeräumt seien, mit dem schlichten Verweis darauf, dass dadurch, dass man das eigene Gutachten aufrecht erhalte, auch nicht die Beseitigung von Zweifeln, Widersprüchlichkeiten etc durchgeführt ist" (S 420), abgelehnt. Denn der Angeklagte vermag es nicht, konkrete Mängel von Befund und Gutachten (Paragraphen 125,, 126 StPO) darzutun, die die Beiziehung eines weiteren Sachverständigen erforderlich gemacht hätten. Die Beurteilung, ob die Schwierigkeit des Falles (Paragraph 118, Absatz 2, StPO) die Zuziehung eines zweiten Sachverständigen gebietet, ist dem Gericht anheim gestellt. Hält es den Sachverständigen für fähig, ein einwandfreies Gutachten abzugeben, somit dieses für überzeugend, so kann die Entscheidung, dass ein zweiter Sachverständiger nicht zuzuziehen sei, nicht angefochten werden; denn dies wäre eine Anfechtung der Beweiswürdigung nach Art einer Schuldberufung, die im Nichtigkeitsverfahren nicht zulässig ist (Ratz WK-StPO Paragraph 281, Rz 351, Mayerhofer StPO4 Paragraph 118, E 72).

Die Tatrichter haben zutreffend dargelegt, dass die Würdigung der Aussage des zu diesem Zeitpunkt bereits erwachsenen Tatopfers vornehmlich der Beweiswürdigung des Schöffengerichts selbst obliegt und mit logisch und empirisch einwandfreier Begründung die Ausführungen der gerichtlich bestellten psychologischen Sachverständigen Dr. H*****, welche sich gelegentlich zweier kontradiktorischer Vernehmungen (ON 11, hier ON 17) einen persönlichen Eindruck von der Geschädigten verschaffen konnte, und in ihrem ergänzenden Gutachten - der Beschwerde zuwider - auch konkret auf das Privatgutachten Bezug nahm (S 415 ff) (und nicht - so die insoweit aktenwidrige Rechtsmittelargumentation - ihr Gutachten bloß aufrechterhalten hat), als fachlich einwandfrei erachtet (US 14). Darüber hinaus wurde gelegentlich des psychiatrischen Sachverständigengutachtens Dris. S***** eine weitere psychologische Begutachtung der Zeugin Sabine P***** durchgeführt (S 63 ff), deren mit den Schlussfolgerungen der Sachverständigen Dr. H***** übereinstimmendes Ergebnis vom Angeklagten nicht in Zweifel gesetzt wird.

Letztlich unterlässt es der Beweisantrag darzutun, dass sich das zu einer Mitwirkung an der Befundaufnahme nicht verpflichtete Tatopfer, das schon anlässlich der kontradiktorischen Vernehmung erklärt hatte, nicht noch einmal aussagen zu wollen (S 207), zu einer neuerlichen Befundnahme bereit finden werde (Ratz aaO Rz 350).

Entgegen der Mängelrüge (Ziffer 5,) haben die Tatrichter die in einer Krankengeschichte festgehaltenen Angaben des Tatopfers, wonach seine Mutter einen Lebensgefährten hatte, der es im Alter von 7-11 Jahren sexuell missbraucht habe (S 353), sehr wohl ausführlich in ihre Erwägungen einbezogen und insbesondere dargelegt, dass ein weiterer Missbrauchsfall keine Aussagekraft mit Blick auf die vorliegenden habe (US 15).

Die Beschwerde erkennt selbst, dass ein unverletztes Hymen nicht als Beweis gegen Missbrauchshandlungen geführt werden kann. Dass aber Blutungen im Scheidenbereich vergleiche S 189, 204) auch durch Kratzen mit Fingernägeln ausgelöst werden können, bedarf als allgemein einsichtig keiner näheren Erörterung.

Die Verjährung der Tathandlungen behauptende Rechtsrüge (inhaltlich Ziffer 9, Litera b,) schließlich verfehlt eine methodisch vertretbare Ableitung aus dem Gesetz (Ratz aaO Rz 588), sieht doch Artikel 5, Absatz 3, StRÄG 1998 vor, dass Paragraph 58, Absatz 3, Ziffer 3, StGB in der Fassung dieses Bundesgesetzes auch auf vor dem Inkrafttreten begangene Taten anzuwenden ist, sofern die Strafbarkeit zu diesem Zeitpunkt nicht bereits erloschen ist vergleiche 12 Os 12/01, JBl 2001, 672 = EvBl 2001/133).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher schon bei einer nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (Paragraph 285 d, Absatz eins, StPO), woraus die Kompetenz des Oberlandesgerichtes Linz zur Entscheidung über die Berufung folgt (Paragraph 285 i, StPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf der bezogenen Gesetzesstelle.