Gericht

OGH

Entscheidungsdatum

09.04.2002

Geschäftszahl

4Ob70/02a

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Kodek als Vorsitzenden und durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Graf, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Griß und Dr. Schenk sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Vogel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Ärztekammer für Steiermark, Körperschaft öffentlichen Rechtes, Graz, Kaiserfeldgasse 29, vertreten durch Dr. Nikolaus Kodolitsch und andere Rechtsanwälte in Graz, gegen die beklagte Partei Gisela H*****, vertreten durch Dr. Manfred Schiffner und Mag. Werner Diebald, Rechtsanwälte in Köflach, wegen Unterlassung (Streitwert 43.603 EUR) und Urteilsveröffentlichung (Streitwert 5.087,10 EUR), im Verfahren über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht vom 29. November 2001, GZ 6 R 208/01g-41, womit das Urteil des Landesgerichts Leoben vom 16. Juli 2001, GZ 7 Cg 37/00w-33, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung folgenden

Beschluss

gefasst:

Spruch

Das Revisionsverfahren wird bis zur Erledigung des zu 8 Ob 284/99v eingeleiteten Vorabentscheidungsverfahrens vor dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften, Rs C-294/00, unterbrochen.

Nach Einlangen der Vorabentscheidung wird das Revisionsverfahren von Amts wegen fortgesetzt werden.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Der Oberste Gerichtshof hat in dem im Spruch bezeichneten Verfahren dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften unter anderem folgende Frage gem Artikel 234, EG zur Vorabentscheidung vorgelegt:

"Kann weiterhin, insbesondere nach Erlassung der zweiten allgemeinen Anerkennungs-Richtlinie, 92/51/EWG, ein Mitgliedsstaat eine arztähnliche Tätigkeit wie die eines Heilpraktikers nach dem deutschen Heilpraktikergesetz, RGBl römisch eins 251/1939 in der geltenden Fassung, den Inhabern eines Ärztediploms vorbehalten oder steht dem nunmehr insbesondere Artikel 43, EG (ex 52 EGV) über die Niederlassungsfreiheit und Artikel 50, EG (ex 60 EGV) über den freien Dienstleistungsverkehr entgegen?"

Diese Frage betrifft eine auch im vorliegenden Verfahren zu beantwortende Vorfrage. Angesichts des anhängigen Vorlageverfahrens (in dem seit 13. 12. 2001 die Schlussanträge des Generalanwalts vorliegen) ist es nunmehr nach Abschluss des Sicherungsverfahrens zweckmäßig und geboten, mit der Entscheidung bis zu jener des Europäischen Gerichtshofes über das gestellte Vorabentscheidungsersuchen zuzuwarten und das behängende Revisionsverfahren zu unterbrechen. Der Oberste Gerichtshof hat nämlich auch in Rechtssachen, in denen er nicht unmittelbar Anlassfallgericht ist, von einer allgemeinen Wirkung der Vorabentscheidung des Europäischen Gerichtshofes auszugehen und diese seinen Entscheidungen zugrundezulegen (10 ObS 149/98d; 4 Ob 258/00w; JBl 2001, 600 mwN). Die Entscheidungen des EuGH schaffen nämlich objektives Recht (SZ 69/56) und entfalten über den Ausgangsrechtsstreit hinaus eine rechtliche Bindungswirkung dahin, dass alle Gerichte der Mitgliedstaaten die vom EuGH vorgenommene Auslegung zu beachten haben (RdW 2001, 338; vergleiche auch JBl 2001, 600). Dieser Umstand erfordert die Unterbrechung des Verfahrens (4 Ob 258/00w; 8 ObS 90/01w uva).