Gericht

AUSL EGMR

Entscheidungsdatum

16.01.2001

Geschäftszahl

Bsw32636/96

Kopf

Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte, Kammer römisch III, Beschwerdesache A. T. gegen Österreich, Zulässigkeitsentscheidung vom 16.1.2001, Bsw. 32636/96.

Spruch

Artikel 6, Absatz eins, EMRK, Paragraph 6, MedienG, Paragraph 7 a, MedienG, Paragraph 7 b, MedienG - Recht auf eine mündliche Verhandlung.

Zulässigkeit der Beschwerde (einstimmig).

Text

Begründung:

Sachverhalt:

Im vorliegenden Fall geht es um zwei verschiedene Verfahren, in denen der Bf. vom Wochenmagazin „News" Schadenersatz forderte. Die Artikel in „News" behandelten die Briefbombenserie in Österreich.

1.) Am 3.5.1995 klagte der Bf. den Herausgeber von „News". Ein in der Ausgabe vom 16.2.1995 erschienener Artikel unterstelle ihm, dass es Beweise gäbe, er sei aufgrund seiner rechtsextremen Gesinnung sowie technischer, organisatorischer und intellektueller Fähigkeiten der Drahtzieher des Briefbombenterrors. Auch ein Bild von ihm wurde veröffentlicht. Er begehrte Schadenersatz nach Paragraphen 6,, 7a und 7b MedienG.

Am 20.6.1995 stellte das LG St. Pölten das Verfahren mit der Begründung ein, der Name des Bf. sei nicht voll wiedergegeben worden und auf dem veröffentlichte Foto sei es für den Leser nicht erkennbar, wer von den darauf abgebildeten (und mit einem schwarzen Balken über den Augen versehenen) Personen der Bf. sei. Dieser Beschluss wurde vom Bf. erfolglos beim OLG Wien angefochten.

2.) Am 26.7.1995 klagte der Bf. erneut den Herausgeber von „News". Ein Artikel in der Ausgabe vom 22.6.1995 unterstelle ihm, Neonazi und für den Briefbombenterror verantwortlich zu sein. Auch diesmal wurde ein Bild von ihm veröffentlicht. Das LG St. Pölten stellte erneut das Verfahren mit der Begründung ein, dass der Bf. auf dem abgebildeten Foto und seiner Anführung mit verkürztem Namen von einem nicht unmittelbar informierten größeren Personenkreis nicht identifizierbar sei und ihm daher die Aktivlegitimation nicht zukomme. Es führte aus, dass sich der genannte Artikel hauptsächlich mit Versäumnissen der polizeilichen Ermittlungstätigkeit befasste. Der Bf. sei nur einmal mit ausgeschriebenem Vornamen und dem Anfangsbuchstaben seines Nachnamens genannt. In einer Textstelle hieß es weiters: „Selbst wichtige Verdächtige der Polizei, wie der Vater des inhaftierten Franz Radl und die Kärntner Rechtsextremisten A. (ausgeschriebener Vorname des Bf.) T. und Ewald F. wurden entweder überhaupt nicht oder nur sporadisch überwacht."

Das OLG Wien befand zwar, dass sich die Begründung des angefochtenen Beschlusses insoweit als mangelhaft erweise, als nur der im Paragraph 7 a, (1) MedienG normierte Schutz vor Bekanntgabe der Identität in besonderen Fällen auf die Eignung einer Veröffentlichung abstellt, in einem nicht unmittelbar informierten größeren Personenkreis zum Bekanntwerden der Identität einer Person zu führen. Die Einstellung des Verfahrens sei dennoch zu Recht erfolgt. Die zusammengefasste Wiedergabe des Artikels zeige, dass der Bf. iZm. der seinen (gekürzten) Namen beinhaltenden Textstelle klar als Verdächtiger bezeichnet werde und auch die weitere Bezugnahme auf seine Person lediglich iZm. der Schilderung der Verdachtslage rund um die Briefbombenserie erfolge. Aus der Formulierung des Artikels ergebe sich klar, dass dort, wo von „Tätern" gesprochen wird, die wahren, noch nicht bekannten Täter gemeint seien, dass aber hinsichtlich aller im Artikel genannten Personen von einer bestehenden Verdachtslage aufgrund ihrer rechtsextremen Gesinnung oder Betätigung gesprochen werde. Eine Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereiches nach Paragraph 7, (1) MedienG komme iZm. der hier ausschließlich erfolgten Erörterung des Verdachtes einer strafbaren Handlung ebenso nicht in Betracht, wie die Verletzung der Unschuldsvermutung iSd. Anspruches nach Paragraph 7 b, (1) MedienG.

Rechtliche Beurteilung

Rechtsausführungen:

Der Bf. behauptet eine Verletzung von Artikel 6, (1) EMRK, da das OLG Wien in beiden Verfahren keine öffentliche mündliche Verhandlung abgehalten hätte. Der GH stellt fest, dass der Fall komplexe Sach- und Rechtsfragen aufwirft und erklärt die Bsw. gemäß Artikel 35, (3) EMRK für zulässig (einstimmig).

Hinweis:

Das vorliegende Dokument über die Zulässigkeitsentscheidung des EGMR vom 16.1.2001, Bsw. 32636/96, entstammt der Zeitschrift „ÖIMR-Newsletter" (NL 2001, 15) bzw. der entsprechenden Datenbank des Österreichischen Institutes für Menschenrechte, Salzburg, und wurde von diesem dem OGH zur Aufnahme in die Entscheidungsdokumentation Justiz im RIS zur Verfügung gestellt.

Die Zulässigkeitsentscheidung im englischen Originalwortlaut

(pdf-Format):

www.menschenrechte.ac.at/orig/01_1/A.T..pdf

Das Original der Zulässigkeitsentscheidung ist auch auf der Website des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (www.echr.coe.int/hudoc) abrufbar.