Gericht

OGH

Entscheidungsdatum

10.06.1999

Geschäftszahl

2Ob54/99a

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Niederreiter als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schinko, Dr. Tittel, Dr. Baumann und Hon. Prof. Dr. Danzl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei S***** Gebäudereinigung GmbH, ***** vertreten durch Dr. Hans-Dieter Sereinig, Rechtsanwalt in Ferlach, wider die beklagte Partei S***** GmbH, ***** vertreten durch Dr. Franz Müller-Strobl und Dr. Robert Kugler, Rechtsanwälte in Klagenfurt, wegen S 215.349,60 sA, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht vom 18. Dezember 1998, GZ 4 R 262/98a-16, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt vom 8. Oktober 1998, GZ 26 Cg 124/97z-12, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Die angefochtene Entscheidung wird dahin abgeändert, daß das Urteil des Erstgerichtes wiederhergestellt wird.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S

38.726 (darin enthalten Umsatzsteuer von S 4.246 und Barauslagen von S 13.250) bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die beklagte Partei betreibt seit Sommer 1996 ein Seniorenwohnheim, welches 1997 zur Gänze fertiggestellt wurde. Die klagende Partei erstellte am 4. 4. 1996 ein Anbot für Reinigungs- und Hygieneleistungen in diesem Heim, das am 12. 5. 1996 nachgebessert und letztlich angenommen wurde; dieses sieht für die monatliche Unterhaltsreinigung ein Entgelt von S 29.700 netto und für die Grundreinigung eine Durchführungspauschale von S 13.900 netto vor.

Mit der vorliegenden Klage begehrt die klagende Partei die Zahlung von S 215.349,60 für die von ihr erbrachten Leistungen aus der Schlußrechnung vom 30. 9. 1997 und sechs Teilrechnungen aus der Zeit vom 31. 10. 1996 bis 31. 3. 1997. Sie brachte dazu vor, sie habe, obwohl für die Normalreinigung eine monatliches Pauschale von S

29.700 vereinbart worden sei, nur S 19.700 netto verrechnet, weil noch nicht alle Flächen zu reinigen gewesen seien. Die beklagte Partei habe anfangs die in Rechnung gestellten Tätigkeiten für die Monate August und September 1996 auch beglichen, sie sei jedoch ihrer Verpflichtung zur Zahlung der weiteren monatlichen Rechnungen nicht mehr nachgekommen. Die klagende Partei habe nach mehrmaligen Mahnungen die Arbeiten eingestellt und hafte für die Zeit Oktober 1996 bis Ende April 1997 der Klagsbetrag zur Gänze aus. Die klagende Partei habe die Reinigungsmittel sofort nach Aufforderung stets bereitgestellt, die Reinigung sei einwandfrei durchgeführt worden.

Die beklagte Partei wendete ein, die Abrechnung der klagenden Partei sei überhöht und nicht schlüssig. Die klagende Partei sei mehrfach aufgefordert worden, eine vollständige und detaillierte Abrechnung zu erstatten. Die Rechnungen bis zum Monat Februar seien überhöht, weil als Berechnungsgrundlage davon ausgegangen worden sei, daß das Haus bis zur Hälfte gefüllt sei, es sei aber nur zu 25 % belegt gewesen. Weiters habe die beklagte Partei verschiedene Reinigungsmaterialien zur Verfügung stellen müssen. Die Reinigung selbst sei auch äußerst mangelhaft erfolgt. Es seien bei der Grundreinigung Reinigungsmittel in solchem Ausmaß auf den Boden gegossen worden, daß Platten aufgequollen seien. Die erbrachten Leistungen seien durch die Zahlungen abgegolten, die Schäden aus der Ausbesserung des Bodens würden gegen allfällig zu Recht bestehende Forderungen aufgerechnet.

Das Erstgericht stellte fest, die Klagsforderung bestehe mit S

213.840 zu Recht, die eingewendete Gegenforderung bestehe entgegen nicht zu Recht. Es verurteilte daher die beklagte Partei zur Zahlung von S 213.840 sA und wies das Mehrbegehren auf Zahlung von S 1.509,60 samt Zinsen ab.

Dabei wurden im wesentlichen folgende Feststellungen getroffen:

Den Pauschalpreisen der klagenden Partei von S 29.700 für die Unterhaltsreinigung sowie von S 13.900 für die Grundreinigung (jeweils netto) lag eine kalkulierte Fläche von 760 m**2 zugrunde, wobei die einzelnen Leistungen im Leistungsverzeichnis angeführt wurden. Im Falle einer mindestens einjährigen Auftragserteilung sollte die Baufeinreinigung von der klagenden Partei kostenlos durchgeführt werden.

Die klagende Partei führte im Juli 1996 die Baufeinreinigung durch und begann während des Monats August mit der Grundreinigung und der täglichen Reinigung. Die Baufeinreinigung bezog sich auf jene Reinigungsleistungen, welche vor Beginn der Normalreinigung durchgeführt werden. Die Grundreinigung erfolgt nach durchgeführter Baufeinreinigung und umfaßt ua die Beschichtung der Bodenflächen mit Wachs sowie die Reinigung der Sanitäranlagen und ist in gewissen Abständen durchzuführen; die tägliche Reinigung umfaßt diverse Wisch- und Abstaubtätigkeiten.

Nach Durchführung der Grundreinigung begann die klagende Partei mit den normalen täglichen Reinigungsleistungen und erstellte am 31. 8. die erste Rechnung über brutto S 17.820 als halbes Monatspauschale, welche von der beklagten Partei bezahlt wurde.

Da zu diesem Zeitpunkt das Nebengebäude noch nicht benutzt wurde, verrechnete die klagende Partei ab September 1996 nur den reduzierten Betrag von S 23.880 inklusive Mehrwertsteuer, der von der beklagten Partei ebenfalls bezahlt wurde.

Die im Vertrag vorgesehenen Reinigungsleistungen wurden von der klagenden Partei auch erbracht. Die Arbeiten wurden ordnungsgemäß durchgeführt, es konnte nicht festgestellt werden, daß infolge mangelhafter oder oberflächlicher Reinigungsarbeiten der Boden beschädigt worden sei. Die klagende Partei kam auch ihrer Verpflichtung, das entsprechende Reinigungsmaterial beizustellen, nach. Fallweise ist es vorgekommen, daß Müllsäcke ausgingen und von der beklagten Partei zur Verfügung gestellt wurden.

Ab Oktober 1996 wurden mehrfache Zahlungsaufforderungen von der beklagten Partei nicht mehr beantwortet, weshalb die klagende Partei Ende April/Anfang Mai 1997 die Reinigungsarbeiten einstellte. Am 30. 4. 1997 legte sie eine Schlußrechnung mit der sie das Monatspauschale für April 1997 mit S 19.900, ein Grundreinigungspauschale von S

15.158 und als Baufeinreinigungspauschale S 25.000 je netto in Rechnung stellte.

Der Umstand, daß das Nebengebäude noch nicht fertiggestellt und daher noch nicht zu reinigen war, war von den Streitteilen nicht ausdrücklich besprochen worden, doch stellte die klagende Partei ein Pauschale von rund 2/3 des ursprünglich vereinbarten Preises in Rechnung. Eine konkrete Vereinbarung wurde diesbezüglich nicht getroffen. Die klagende Partei hat zu Beginn ihrer Tätigkeit im Hauptgebäude das Erdgeschoß und den ersten Stock zur Gänze, den zweiten Stock nur teilweise gereinigt, weil dort die Zimmer noch nicht belegt waren.

In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht aus, es sei zwischen den Streitteilen ein Werkvertrag mit einem monatlich zu leistenden Pauschalbetrag für die durchzuführenden Reinigungsarbeiten abgeschlossen worden. Mehr- oder Minderleistungen hätten auf diesen Pauschalbetrag keinen Einfluß, weshalb der Einwand der beklagten Partei, daß bei weniger Arbeitsleistung bzw weniger zu reinigenden Flächen der monatliche Pauschalpreis entsprechend zu reduzieren sei, belanglos sei. Der beklagten Partei sei zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses ja bekannt gewesen, daß noch nicht sämtliche Gebäudeteile von Anfang an zu reinigen seien, es sei ihr daher möglich gewesen, hier entsprechende Teilbereiche zu bilden und ein unterteiltes Anbot einzuholen. Die klagende Partei habe ohnedies ihre Pauschalentgelte auf 2/3 gekürzt. Wegen der Fixkosten sei eine lineare Kürzung nicht gerechtfertigt. Die Vereinbarung pauschalierter Entgelte lasse auch eine Aufschlüsselungsverpflichtung nicht entstehen. Für die Grundreinigung stünden der klagenden Partei aber nur S 13.900 netto zu. Ihr gebührten auch die Kosten der Feinreinigung, weil deren Unentgeltlichkeit nur für den Fall mindestens einjähriger Auftragserteilung zugesagt worden sei.

Das von der beklagten Partei angerufene Berufungsgericht änderte die angefochtene Entscheidung dahin ab, daß das Klagebegehren zur Gänze abgewiesen wurde; es sprach zunächst aus, die ordentliche Revision sei nicht zulässig.

In rechtlicher Hinsicht vertrat das Berufungsgericht die Ansicht, der gegenständlichen Pauschalpreisvereinbarung sei ein Anbot der klagenden Partei zugrundegelegen, welches auf der Grundlage eines Vollbetriebes beruht habe. Pauschalpreisvereinbarungen seien zwar an sich auch bei erheblicher Über- oder Unterschreitung der Kosten der übernommenen Arbeiten grundsätzlich verbindlich, komme es aber nachträglich zu Änderungen des vereinbarten Leistungsinhaltes, so wirkten sich diese auch auf die Höhe des Pauschalpreises aus. Der Besteller schulde für die in Abänderung des Vertragsinhaltes zu erbringenden Mehr- oder Minderleistungen (nur) das angemessene Entgelt. Der Pauschalpreis gelte also nur für die vertraglich vereinbarten Leistungen, nicht aber für jene, die in Abänderung des Vertrages später vereinbarungsgemäß erbracht würden. Daß die zwischen den Parteien getroffene Vereinbarung und das dort genannte Pauschalentgelt erst ab dem Vollbetrieb für die klagende Partei Gültigkeit haben sollte, sei aus ihrer Rechnungslegung schlüssig zu ersehen, welche sich zwar möglicherweise an der ursprünglichen Pauschalpreisvereinbarung orientiere, aber offenbar auch Mehrleistungszuschläge enthalte. Im übrigen habe die klagende Partei offenkundig schon zu Beginn ihrer Werkleistungserbringung ohne Einwendungen zur Kenntnis genommen, daß noch nicht das gesamte Objekt zu reinigen sei.

Könne die Klägerin aber nicht das Pauschalentgelt fordern, stehe ihr gemäß Paragraph 1152, ABGB nur das angemessene Entgelt zu. Dieses stehe aber noch nicht fest und sei daher nicht fällig. Gemäß Paragraph 1170, ABGB werde die Fälligkeit des Werklohnes mangels Preisvereinbarung erst durch eine detaillierte und überprüfbare Rechnungslegung ausgelöst. Die vorliegenden Rechnungen seien aber nicht detailliert und überprüfbar. Mangels Überprüfbarkeit der Angemessenheit der Rechnungen im Prozeß, sei demnach auch durch die Klagsführung der Fälligkeitseintritt nicht gegeben.

Die ordentliche Revision erachtete das Berufungsgericht wegen Fehlens einer Rechtsfrage von übergeordneter Bedeutung für nicht zulässig.

Über Antrag der beklagten Partei änderte das Berufungsgericht den Ausspruch über die Zulässigkeit der Revision dahin ab, daß die ordentliche Revision nach Paragraph 502, Absatz eins, ZPO doch zulässig sei. Dieser Beschluß wurde damit begründet, daß sich das Berufungsgericht der Ansicht der klagenden Partei, es liege eine Rechtsfrage vor, der eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukomme und auch eine andere Fallösung denkbar sei, nicht verschließen könne. Auch die vermeintliche Berücksichtigung überschießender Feststellungen begründe eine unrichtige rechtliche Beurteilung.

Gegen das Urteil des Berufungsgerichtes richtet sich die Revision der klagenden Partei mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung dahin abzuändern, daß dem Klagebegehren stattgegeben werde; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die beklagte Partei hat in der ihr freigestellten Revisionsbeantwortung beantragt, das Rechtsmittel der klagenden Partei zurückzuweisen, in eventu, ihm nicht Folge zu geben.

Die Revision ist zulässig, weil das Berufungsgericht - wie im folgenden noch darzulegen sein wird - von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes abgewichen ist; sie ist auch berechtigt.

Die klagende Partei vertritt in ihrem Rechtsmittel die Ansicht, die beklagte Partei habe den Einwand der mangelnden Fälligkeit gar nicht erhoben, im übrigen sei er auch unberechtigt. Daß bei einer Pauschalpreisvereinbarung, wie sie hier vorliege, eine Detaillierung nicht erforderlich und notwendig sei, liege auf der Hand. Die mit der beklagten Partei getroffene Vereinbarung sei niemals abgeändert worden. Die klagende Partei habe vielmehr von sich aus lediglich 2/3 der Pauschalsumme in Rechnung gestellt, dies obwohl das Risiko für die entsprechenden Mehr- oder Minderleistungen aufgrund der Pauschalpreisvereinbarung von den Vertragsteilen zu tragen gewesen wäre. Jedenfalls könne aus der Zahlung der Rechnungen nur der einzig gültige Schluß gezogen werden, daß die beklagte Partei die von der klagenden Partei vorgenommene Reduktion, zu welcher sie gar nicht verpflichtet gewesen wäre, akzeptiert und anerkannt habe und sohin auch Schlüssigkeit der Rechnungen anzunehmen sei.

Rechtliche Beurteilung

Hiezu wurde erwogen:

Zwischen den Parteien wurde für die von der klagenden Partei zu erbringenden Leistungen ein Pauschalpreis vereinbart (s hiezu Rebhahn in Schwimann, ABGB**2, Rz 61 zu Paragraph 1165,), der auch bei erheblichen Über- oder Unterschreitungen grundsätzlich verbindlich ist (EvBl 1987/176). Ist ein solcher vereinbart, so ist dem Besteller auch von vornherein bekannt, welchen Betrag er dem Unternehmer nach Vollendung des Werkes (Teilwerkes) schuldet, und ist eine gesonderte Rechnungslegung nicht erforderlich (Krejci in Rummel, ABGB**2, Rz 12 zu Paragraph 1170, mwN). Lediglich dann, wenn es nachträglich zu Änderungen des vereinbarten Leistungsinhalts kommt, wirken sich diese auch auf die Höhe des Pauschalpreises aus. Der Pauschalpreis gilt demnach nur für die vertraglich vereinbarten Leistungen, nicht aber für jene, die in Abänderung des Vertrages später vereinbart wurden (EvBl 1997/200 = RdW 1997, 657). Kommt es nachträglich zu Veränderungen des vereinbarten Leistungsinhaltes schuldet der Besteller für die in Abänderung des Vertragsinhaltes zu erbringenden Mehrleistungen ein angemessenes Entgelt; entsprechendes gilt auch für die Vereinbarung geringerer als der ursprünglich festgelegten Leistungen; hier ist weniger zu bezahlen (Krejci, aaO, Rz 4b zu Paragraph 1170 a,). Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichtes erfolgte aber hier keine nachträgliche Änderung des vereinbarten Leistungsinhaltes. Vielmehr war, wie das Erstgericht schon zutreffend ausgeführt hat, der beklagten Partei bei Auftragserteilung bekannt, daß noch nicht sämtliche Gebäudeteile von Anfang an zu reinigen waren. Wenn daher die klagende Partei anfangs nicht alle Gebäudeteile reinigte, so geschah dies nicht in Abänderung des ursprünglichen Leistungsumfanges, sondern unterblieb die Ausführung des Werkes insoweit durch Umstände auf Seite des Bestellers. Unterbleibt aber die Werkerstellung durch Umstände auf Seite des Bestellers, so gebührt dem Unternehmer gemäß Paragraph 1168, ABGB gleichwohl das vereinbarte Entgelt, wenn er zur Leistung bereit war; er muß sich jedoch auch im Fall der Vereinbarung eines Pauschalpreises anrechnen, was er infolge Unterbleibens der Arbeit erspart oder durch anderweitige Verwendung erworben oder zu erwerben absichtlich versäumt hat. Der Unternehmer muß nicht von sich aus die Anrechnung vornehmen; vielmehr hat der Besteller zu behaupten und zu beweisen, was sich der Unternehmer anrechnen lassen muß (Krejci, aaO Rz 19 zu Paragraph 1168, ABGB; Rebhahn, aaO, Rz 34 zu Paragraph 1168, jeweils mwN). Behauptungen über die Ersparnis im einzelnen hat die beklagte Partei aber nicht aufgestellt.

Daraus folgt, daß der klagenden Partei grundsätzlich das vereinbarte Pauschalentgelt zusteht und es auch keiner detaillierten Rechnung bedurfte, um dessen Fälligkeit herbeizuführen. Wenn die klagende Partei nur einen Teil dieses Honorars begehrte, kann ihr dies nicht zum Nachteil gereichen.

Es war daher der Revision stattzugeben und das im wesentlichen klagsstattgebende Urteil des Erstgerichtes wiederherzustellen.

Die Entscheidung über die Kosten gründet sich auf die Paragraphen 41,, 50 ZPO.