Gericht

OGH

Entscheidungsdatum

23.04.1998

Geschäftszahl

6Ob42/98i

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Mag.Engelmaier als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kellner, Dr.Schiemer, Dr.Prückner und Dr.Schenk als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Marktgemeinde W*****, vertreten durch Dr.Walter Sarg, Rechtsanwalt in Innsbruck, wider die beklagte Partei Dipl.-Ing.Wulfing H*****, vertreten durch Dr.Thaddäus Schäfer und Mag.Peter Prechtl, Rechtsanwälte in Innsbruck, wegen 906.105,-- S, infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes vom 28.November 1997, GZ 4 R 253/97f-63, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 13.Juni 1997, GZ 41 Cg 26/96h-53, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden aufgehoben.

Die Rechtssache wird an das Erstgericht zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen.

Die Kosten des Berufungs- und Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung:

Die klagende Gemeinde wollte einen im Ortsgebiet liegenden und auch dem Straßenverkehr dienenden Platz neu gestalten und beauftragte den beklagten Architekten mit der Planung, der Ausschreibung und der Bauaufsicht. Der Beklagte legte aus optischen Gründen für die Oberfläche des Platzes die Verwendung von Natursteinplatten (Porphyrplatten) fest. Er hatte über dieses Material Informationen in anderen Gemeinden eingeholt, wo Platzgestaltungen mit diesem Stoff ausgeführt worden waren. Die Planung und der Ausschreibungsvorschlag des Beklagten wurden von der Klägerin genehmigt. Sie beauftragte ein Bauunternehmen (die ursprünglich Zweitbeklagte) mit den Arbeiten. Dieses schloß die Arbeiten im April 1985 ab. An den verlegten Steinplatten traten in der Folge immer wieder Schäden auf. Es wurden Ausführungsfehler (am Unterboden; am Mörtelbett; bei der Verlegung der Platten und durch die Verwendung von Platten in der Stärke von weniger als der ausgeschriebenen Stärke von 5 cm; durch die Verwendung von zu wenig Zement ua) vermutet. Zahlreiche von 1988 bis November 1991 durchgeführte Sanierungsversuche des Bauunternehmens scheiterten. Bei einer Besprechung am 15.10.1991 vermutete der Vertreter des Bauunternehmens als Schadensursache die hohe Verkehrsbelastung. Nach dem neuerlichen Auftreten von Schäden und der Ablehnung von weiteren Sanierungsversuchen durch das Bauunternehmen beschloß die Klägerin erst im September 1993 die Einholung eines Sachverständigengutachtens. Nach dem Privatgutachten vom 6.6.1994 seien die entsprechend der Ausschreibung des Beklagten verlegten Platten infolge ihrer Stärke von nur 5 cm für den Durchzugsverkehr, insbesondere denjenigen mit LKW, ungeeignet.

Die Klägerin richtete ihre am 10.3.1995 beim Erstgericht eingebrachte Klage gegen den planenden Architekten und das ausführende Bauunternehmen und stützte sie auf Gewährleistungs- und Schadenersatzrecht. Der beklagte Architekt habe Planungsfehler begangen und die Bauaufsicht verletzt. Primär relevierte die Klägerin, daß die Plattenstärke mit 5 cm zu schwach ausgeschrieben worden sei. Gegen das Bauunternehmen machte die Klägerin Ausführungsmängel geltend. Die Klägerin begehrte zunächst den Sanierungsaufwand von 1,851.120 S, stellte im Zuge des Prozesses das Eventualbegehren auf Ersatz der frustrierten Aufwendungen (Kosten der Planung und Verlegung der Platten und deren Entfernung betreffend den vom Durchzugsverkehr betroffenen Teil des Platzes) in der Höhe von

906.105 S, erhob schließlich dieses Eventualbegehren zum Hauptbegehren und hielt das ursprüngliche Hauptbegehren als Eventualbegehren aufrecht (S 1 f zu ON 50).

Die Klage gegen das zweitbeklagte Bauunternehmen wurde wegen eines außergerichtlichen Vergleiches unter Anspruchsverzicht zurückgezogen.

Gegen den beklagten Architekten brachte die Klägerin im wesentlichen vor, es sei von Anfang an klar gewesen, daß der Platz auch für LKW befahrbar sein müsse. Die aufgetretenen Mängel seien auf die fehlerhafte Planung und Ausschreibung sowie die mangelhafte Bauaufsicht zurückzuführen. Es seien auch Platten mit geringerer Stärke als in der Ausschreibung vorgeschrieben verlegt worden. Bis zum Vorliegen des Privatgutachtens eines Instituts für Baustofflehre und Materialprüfung vom 10.2.1994 und dessen Ergänzung vom 28.11.1994 seien nur Mutmaßungen über die Ursachen der Mängel angestellt worden.

Der Beklagte beantragte die Abweisung der Klage und wandte Verjährung ein. Die Schäden und deren Ursachen seien spätestens am 16.10.1987 bekannt gewesen. Die von ihm vorgesehene Plattenstärke sei ausreichend gewesen. Er habe die Bauaufsicht ordnungsgemäß durchgeführt. Allfällige Schäden hätte das bauausführende Unternehmen zu vertreten. Nach 1991 seien keine Sanierungen mehr durchgeführt worden. Ein Gutachten hätte bereits wesentlich früher eingeholt werden müssen. Die geltend gemachten Sanierungskosten seien überhöht.

Das Erstgericht wies die Klage ab. Es stellte den auf den S 14 bis 37 in ON 53 ersichtlichen Sachverhalt fest, von dem zusätzlich zu dem schon wiedergegebenen noch hervorzuheben ist:

Es sei von vorneherein vorgesehen gewesen, daß der östliche Teil des Platzes in seiner Straßenfunktion erhalten bleibe. Der Platz habe mit Natursteinflächen in Felder aufgeteilt werden sollen. Im Zuge der Planung habe sich der Beklagte mit einem zuständigen Sachbearbeiter des Tiefbauamtes I***** in Verbindung gesetzt und mit diesem und dem damaligen Gemeindebaumeister der Klägerin verschiedene Örtlichkeiten in Innsbruck besichtigt. Er habe ein Leistungsverzeichnis erstellt, das unter anderem folgende Bestimmungen enthalten habe:

"Treten an Bauteilen Mängel auf, die ihre Ursache in konstruktiven oder Materialfehlern haben, so ist ungeachtet der Erneuerung und deren Kosten die Änderung in konstruktiver Hinsicht auf Kosten des Erstellers derart und solange duchzuführen, bis dauernd ein sicherer und vollkommener Betriebszustand gewährleistet ist" sowie "Für die nötige Dimensionierung, Richtigkeit, Dauerhaftigkeit, Stand- und Betriebssicherheit aller eingebauten Bauteile trägt der Auftragnehmer die alleine Verantwortung ... Die Arbeiten sind nach dem heutigen Stand der Technik auszuführen".

Die Klägerin habe in ihrer Sitzung vom 5.7.1984 die Arbeiten in Auftrag gegeben. Der Platz sollte mit Porphyrplatten im Ausmaß von 40 x 50 cm verlegt werden. Im Zuge der Sitzungen des Gemeinderates und des technischen Ausschusses der Klägerin sei der Begriff der Befahrbarkeit nicht genauer erklärt worden. Aus den Planunterlagen des Beklagten ergebe sich darüber nichts. Bei der Begehung vom 15.10.1991 seien verhältnismäßig starke Plattenschäden dort festgestellt worden, wo der Platz befahren worden sei. Teilweise seien Platten zerbrochen, einige seien locker gewesen und hätten in der Höhe nicht entsprochen. Es seien verschiedene mögliche Schadensursachen besprochen worden. Der Vertreter der bauausführenden Firma habe die hohe Verkehrsbelastung angesprochen. Es seien aber auch schlechtes Material, Setzungen, Mängel im Verlegemörtel oder in der horizontalen Materialschichtung als mögliche Schadensursachen diskutiert worden. Eine Probebohrung sei nicht durchgeführt worden. Lose und gebrochene Platten seien von der bauausführenden Firma in der Zeit vom 22.10. bis 7.11.1991 ausgetauscht worden. Es sei möglich, daß dabei Platten mit einer Dicke von weniger als 5 cm eingebaut worden seien. Es könne nicht festgestellt werden, daß die bauausführende Firma die Sanierungen (nur) aus Kulanzgründen durchgeführt habe. Zwei bis drei Monate später seien Platten wieder gebrochen. 1992 seien keine Sanierungsarbeiten durchgeführt worden. Am 29.9.1993 sei wiederum eine Begehung des Platzes vorgenommen worden. Der Vertreter des bauausführenden Unternehmens habe erklärt, daß die Belastung durch den LKW-Durchzugsverkehr zu groß sei. Der Beklagte habe sich dieser Meinung angeschlossen. Die bei der Besprechung Anwesenden hätten sich geeinigt, daß ein Gutachten eingeholt werde. In seiner zweiten Stellungnahme vom 6.6.1994 habe der Privatgutachter festgehalten, daß für Straßenzüge, die mit LKW befahren werden, Plattenstärken von 5 cm zu schwach seien. Das bauausführende Unternehmen habe neuerliche Sanierungsarbeiten abgelehnt. Die Schäden seien durch eine Überbelastung des Fahrbahnbelages infolge des Verkehrs entstanden. Für die vorhandene Verkehrsbelastung sei ein falscher Oberflächenbelag gewählt und ausgeführt worden. Die Schäden seien auf den Oberflächenbelag begrenzt. Der Unterbau habe den Belastungen standgehalten. Aus den für 1979 gültigen Richtlinien für Straßenbau gehe hervor, daß bei Straßenbauten Natursteinplatten nicht zugelassen und nur für Fußgängerzonen geeignet seien. Der hergestellte Belag vertrage nur Maximalgeschwindigkeiten von 30 km/h. Die Bauaufsicht sei "sehr genau" ausgeübt worden. Das Auftragsvolumen der Bauunternehmung habe 6,885.477,60 S betragen. Die Kosten für den Plattenbelag samt anteiligem Architektenhonorar betreffend den Fahrbahnbereich des Platzes hätten 499.398,92 S ausgemacht.

In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht aus, daß die dreijährige Verjährungsfrist des Paragraph 1489, ABGB ab dem Zeitpunkt zu laufen beginne, in dem der Ersatzberechtigte sowohl den Schaden als auch den Ersatzpflichtigen so weit kenne, daß eine Klage mit Aussicht auf Erfolg erhoben werden könne. Der Geschädigte dürfe aber nicht solange warten, bis er einen Prozeß zu gewinnen glaube. Die Verjährung beginne, wenn zumindest eine Feststellungsklage erhoben werden könne. Die Klägerin als Gebietskörperschaft könne nicht als Laie bezeichnet werden, weil sie über einen technischen Ausschuß und über einen Gemeindebaumeister verfügt habe. Die Schäden seien bereits 1988 eingetreten. Die Klägerin wäre zumindest seit Oktober 1991 in der Lage gewesen, ein Feststellungsbegehren gegen den beklagten Architekten zu stellen. Die Klägerin hätte schon 1992 ein Gutachten einholen können. Die Klageforderung sei verjährt. Der Klägerin sei überdies der Beweis ihrer Vorwürfe der Planung einer zu geringen Plattenstärke und der Verletzung der Bauaufsicht nicht gelungen.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin nicht Folge. Ausgehend von den Feststellungen des Erstgerichtes teilte es dessen Rechtsansicht über die Verjährung der Klageforderung. Die Kenntnis, welche schuldhaften Handlungen oder Unterlassungen des Schädigers Ursachen des Schadens seien, sowie die Kenntnis der genauen Höhe des Schadens sei nicht erforderlich; es genüge die Möglichkeit der Ermittlung, weil die Verjährung durch eine Feststellungsklage unterbrochen werden könne. Es genüge, wenn dem Geschädigten die schädlichen Wirkungen des Ereignisses bekannt seien, deren Ursache oder Mitursache irgendein dem Schädiger anzulastendes Verhalten sei. Bis zur völligen Gewißheit eines Prozeßerfolges dürfe nicht zugewartet werden. Die Einholung eines Sachverständigengutachtens könne nur dort den Beginn der Verjährung hinausschieben, wo der Geschädigte aufgrund fehlender Sachkenntnisse erst durch ein Gutachten vom schuldhaften Verhalten des Schädigers Kenntnis erlange. Bezüglich schuldhafter Handlungen des Beklagten, also der Verwendung von Natursteinplatten als Fahrbahnbelag und der Nichtbeachtung der Straßenbaurichtlinien 1979 sei der Wissensstand der Klägerin bereits zu einem sehr frühen Zeitpunkt hoch gewesen. Bereits bei der Besichtigung am 15.10.1991 sei festgestellt worden, daß verhältnismäßig starke Plattenschäden in dem Bereich aufgetreten seien, wo der Platz befahren worden sei. Eine Klage auf Feststellung der Haftung für die Schäden wäre schon damals möglich gewesen. Nur bei nicht vorhersehbaren schädigenden Wirkungen eines Schadensfalls begänne die Verjährungsfrist ab Kenntnis des Ersatzberechtigten neu zu laufen. Bei juristischen Personen komme es auf den Wissensstand der zur Vertretung berufenen Organe an. Die Klägerin habe einen eigenen Gemeindebaumeister und einen technischen Ausschuß eingerichtet. Es müsse ein Fachwissen der Klägerin vorausgesetzt werden. Sie sei von 1987 bis 1991 in der Lage gewesen, sich Kenntnis über den Ursachenzusammenhang zu verschaffen. Die Klägerin hätte die naheliegende Verantwortlichkeit des Beklagten zu prüfen gehabt. Sie habe nach dem Ergebnis der Besprechung vom 15.10.1991 nicht untätig bleiben dürfen. Die Verbesserungsversuche des bauausführenden Unternehmens könnten die Verjährung gegenüber dem beklagten Architekten nicht hinausschieben. Die Verjährungsfrist beginne nicht vor dem tatsächlichen Eintritt des Schadens zu laufen. Bei zeitlich gedehnten Teilschäden verbiete es nach der Entscheidung des Obersten Gerichtshofes 2 Ob 2019/96d die Prozeßökonomie, die Verjährung jedes folgenden Teilschadens erst mit dessen Entstehung beginnen zu lassen. Es komme auf die Verjährungsfrist für den Erstschaden an. Der drohenden Verjährung des Anspruchs auf Ersatz der künftigen, aber schon vorhersehbaren Schäden sei mit Feststellungsklage zu begegnen.

Auf den Einwand des Beklagten in seiner Berufungsbeantwortung, daß ein Zeuge zu dem Thema zu vernehmen gewesen wäre, daß sämtliche Schäden der Klägerin vor Schluß der Verhandlung vom bauausführenden Unternehmen bereits behoben worden seien, sei nicht einzugehen, weil der Klägerin ohnehin der Beweis haftungsbegründender Tatsachen nicht gelungen sei.

Das Berufungsgericht sprach aus, daß die ordentliche Revision nicht zulässig sei.

Mit ihrer außerordentlichen Revision beantragt die Klägerin die Abänderung dahin, daß der Klage stattgegeben werde; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Mit der ihm freigestellten Revisionsbeantwortung beantragt der Beklagte, die Revision als unzulässig zurückzuweisen; hilfsweise, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch des Berufungsgerichtes zulässig. Das Berufungsgericht ist in der Frage der Verjährung des auf Schadenersatzrecht gestützten Anspruchs zumindest teilweise von der oberstgerichtlichen Judikatur abgewichen. Die Revision ist im Sinne einer Aufhebung der Entscheidung der Vorinstanzen zur Verfahrensergänzung auch berechtigt.

Nach den von den Vorinstanzen getroffenen Feststellungen hat der beklagte Architekt den Planungsfehler zu vertreten, daß die von ihm geplante und zur Ausschreibung gebrachte Neugestaltung des Platzes mit Porphyrplatten in einer Stärke von 5 cm für den auch für den Beklagten vorhersehbaren Durchzugsverkehr ungeeignet und daher eine Sanierung in natura selbst mit stärkeren Natursteinplatten nicht möglich ist (S 31 in ON 53). Die Bauarbeiten waren am 19.4.1985 abgeschlossen. 1987 traten die ersten Schäden auf. Bis November 1991 hatte das bauausführende Unternehmen zahlreiche Sanierungsarbeiten durchgeführt, die erfolglos blieben. Als zwei bis drei Monate später neuerlich Schäden auftraten, lehnte das Bauunternehmen weitere Sanierungsmaßnahmen ab. Die Rechtsansicht des Berufungsgerichtes, daß der erst mit der Klage vom 10.3.1995 geltend gemachte Schadenersatzanspruch verjährt sei, kann aus folgenden Gründen nicht geteilt werden:

Der Beginn der Verjährungsfrist des Paragraph 1489, ABGB setzt die Kenntnis des Schadens und des Schädigers voraus. Diese Kenntnis ist erst dann anzunehmen, wenn eine Klage mit Aussicht auf Erfolg eingebracht werden könnte (SZ 40/40, SZ 63/53 uva). Dies ist erst dann der Fall, wenn auch der Ursachenzusammenhang bekannt ist. Nur wenn der Geschädigte die für die erfolgversprechende Anspruchsverfolgung notwendigen Voraussetzungen ohne nennenswerte Mühe in Erfahrung bringen könnte, gilt die Kenntnisnahme schon als in dem Zeitpunkt erlangt, in welchem sie dem Berechtigten bei angemessener Erkundigung zuteil geworden wäre. Die Erkundigungspflicht des Geschädigten darf aber nicht überspannt werden (SZ 63/37 mwN). Für den Bereich der Verschuldenshaftung müssen auch die Umstände, aus denen sich das Verschulden des Schädigers ergibt, bekannt sein. Die Verjährungsfrist beginnt grundsätzlich nicht, solange der Geschädigte als Laie keinen Einblick in die maßgeblichen Zusammenhänge hat und diese erst durch ein Sachverständigengutachten geklärt werden können. Die bloße Möglichkeit der Ermittlung einschlägiger Tatsachen reicht nicht aus (SZ 68/179 ua). Wenn der Geschädigte annehmen kann, daß der aufgetretene Schaden saniert werden könne, besteht kein Anlaß zur Einbringung einer Feststellungsklage (1 Ob 590/94). Der Geschädigte darf allerdings nicht solange zuwarten, bis er glaubt, den Prozeß gewinnen zu können (JBl 1985, 745 und JBl 1991, 730).

Das Berufungsgericht vertritt unter teilweiser Zitierung der angeführten Grundsätze die Auffassung, daß die klagende Gemeinde schon wesentlich früher ein Sachverständigengutachten hätte einholen müssen und daß ihr die eigenen Fachkenntnisse anzulasten seien. Das erstgenannte Argument widerspricht dem Grundsatz, daß die Erkundungspflicht des Geschädigten nicht überspannt werden darf. Es sind nur ohne nennenswerte Mühen und Kosten einholbare Erkundigungen zu fordern (SZ 63/53 uva). Die Einholung eines kostenintensiven Sachverständigengutachtens über die Eignung des vorgesehenen Oberflächenmaterials gehört nicht zu den zumutbaren Erkundigungspflichten des Geschädigten. Die Klägerin durfte aufgrund der ihr bekannten Tatsache, daß die Porphyrplatten bei Platzgestaltungen in anderen Ortschaften bereits Verwendung gefunden hatten, davon ausgehen, daß die Schadensursache wo anders, vor allem in Ausführungsfehlern, zu suchen sei. Nach den Feststellungen wurde erstmals bei der Begehung vom 29.9.1993 der Verdacht geäußert, daß das Porphyrmaterial ungeeignet sein könnte. Zuvor hatte der stets beigezogene beklagte Architekt eine derartige Schadensursache nicht geäußert. Zu einem derartigen Hinweis war er aber aufgrund seiner Fachkunde durchaus verpflichtet (8 Ob 600/93). Es hieße die Erkundigungspflicht der geschädigten Klägerin zu überspannen, wenn man von ihr die Einholung eines kostspieligen Sachverständigengutachtens über alle denkmöglichen Schadensursachen verlangte (7 Ob 602/94, teilweise veröffentlicht in ecolex 1997, 258; Mader in Schwimann, ABGB2 Rz 21 zu Paragraph 1489,), solange durchaus noch Ausführungsfehler des Bauunternehmens in Frage kamen. An dieser Beurteilung vermag der vom Berufungsgericht hervorgehobene Umstand nichts zu ändern, daß die Klägerin infolge der von ihr unterhaltenen eigenen bautechnischen Einrichtungen über ein besonderes Fachwissen verfügte. Richtig ist, daß die Klägerin sich die Kenntnis ihrer Organe und fachkundigen Mitarbeiter zurechnen lassen muß. Eine Kenntnis dieser Personen vom Ursachenzusammenhang zu einem Zeitpunkt vor der Einholung des Privatgutachtens im Jahr 1994 wurde jedoch nicht festgestellt. Selbst ein "Kennen-Müssen" des Ursachenzusammenhangs ist hier nicht anzunehmen, erforderte dies doch besondere Fachkenntnisse auf dem Gebiet der Materialkunde im Bauwesen, die bei den von den Gemeinden üblicherweise bestehenden Bauabteilungen nicht vorauszusetzen ist. Ob das aus optischen Gründen gewünschte Material für die Oberflächengestaltung des Platzes, der auch dem Durchzugsverkehr dienen soll, für die zu erwartenden Belastungen geeignet sei, war zum Zeitpunkt der Errichtung des Bauwerks eine keineswegs leicht ermittelbare technische Fachfrage, was sich schon aus den angestellten Recherchen des beklagten Architekten ergibt, der sich über Musterplätze in anderen Gemeinden informierte, dabei aber ganz offensichtlich die verschiedenartigen Verkehrsbelastungen außer acht ließ. Der erkennende Senat vertritt daher die Auffassung, daß der Klageanspruch noch nicht verjährt ist, weil der Klägerin der Ursachenzusammenhang erst im Jahr 1994 bekannt wurde und sie zuvor nicht verpflichtet war, sich durch die Einholung eines kostspieligen Gutachtens Klarheit über allfällige Planungsfehler zu verschaffen.

Die Klägerin begehrt mit ihrem nunmehrigen Hauptbegehren den Ersatz der von der Fehlplanung des Beklagten verursachten frustrierten Aufwendungen (für die Verlegung der Platten und deren Entfernung inklusive der anteiligen Planungskosten). Mit dem bauausführenden Unternehmen (der ursprünglichen Zweitbeklagten) hat sie sich in einem außergerichtlichen Vergleich dahin geeinigt, daß dieses auf seine Kosten eine Sanierung vornimmt (offenkundig durch Aufbringung einer Asphaltdecke auf dem für den Straßenverkehr vorgesehenen Teil des Platzes, auf dem die nicht behebbaren Mängel an den Platten aufgetreten waren). Auch wenn das rechtliche Motiv dieser Leistungsverpflichtung des Bauunternehmens nicht feststeht (sei es aufgrund der Haftungsvereinbarung oder wegen der Verletzung von Warnpflichten), kommt die Vorgangsweise der Klägerin dem Fall gleich, daß sie von mehreren Schädigern (Paragraph 1302, ABGB) einen auf Naturalersatz und den anderen auf Geldersatz in Anspruch nimmt. Der Beklagte hat dazu eingewandt, daß infolge Befriedigung durch die (ursprüngliche) Zweitbeklagte kein Schaden der Klägerin bestehe (S 1 zu ON 50) und diesen Einwand in der Berufungsbeantwortung (ON 59) wiederholt. Ausgehend von seiner nicht zu teilenden Ansicht über die Verjährung des Schadenersatzanspruchs ist das Berufungsgericht darauf sachlich nicht eingegangen. Der Oberste Gerichtshof hat den Sachverhalt in rechtlicher Hinsicht nach allen Richtungen zu prüfen. Der Einwand des Beklagten, daß die Klägerin bereits vollständig durch einen Mitschädiger entschädigt worden sei, könnte berechtigt sein:

Mehrere fahrlässig handelnde Nebentäter haften dem Geschädigten gemäß Paragraph 1302, ABGB kumulativ, wenn sich - wie hier - die Anteile der Schadenszufügung nicht feststellen lassen. Solidarhaftung entsteht auch dann, wenn jeder der Schädiger eine conditio sine qua non für den ganzen Schaden gesetzt hat (JBl 1989, 578). Der Geschädigte kann Naturalersatz oder Geldersatz fordern und ist grundsätzlich auch berechtigt, von einem Schädiger Naturalersatz und vom anderen Geldersatz zu verlangen (Reischauer in Rummel, ABGB2 Rz 8 zu Paragraph 1302, mN). Die Regreßansprüche bei Erfüllung durch einen Mitschuldner sind hier nicht zu prüfen. Sie entstehen jedenfalls erst ab tatsächlicher Befriedigung des Geschädigten durch einen der Schädiger (Gamerith in Rummel, ABGB2 Rz 2 zu Paragraph 896, mwN). Bei der Solidarschuld ist es unzweifelhaft, daß dem Geschädigten von den Schädigern nur einmal Ersatz zu leisten ist. Selbst wenn die beiden Schädiger hier infolge der Unterschiedlichkeit der von der Klägerin verlangten Leistungen keine Solidarschuldner wären (Reischauer aaO), ist die Befriedigung der Geschädigten durch einen der Schuldner auch für den anderen Schuldner befreiend, was sich schon aus den Gründen der Vorteilsausgleichung (dazu Koziol-Welser, Grundriß I10 464 f) ergibt. Aus der Möglichkeit, von Mitschuldnern verschiedene Formen der Schadensgutmachung zu verlangen, kann nicht die Rechtfertigung einer doppelten Entschädigung abgeleitet werden. Daraus folgt die grundsätzliche Berechtigung des Einwands, die Klägerin sei im Wege einer Sanierung des Bauwerks in natura bereits schadlos gestellt. Dies könnte allerdings nur dann bejaht werden, wenn feststünde, daß im Vergleichsweg die vom bauausführenden Unternehmen übernommene Verpflichtung bereits erfüllt wurde und daß damit keine Äquivalenzstörung verbunden ist, daß also die Sanierung auch wertmäßig dem ursprünglich geplanten Bauwerk gleichkommt. Im fortzusetzenden Verfahren werden diese Fragen mit den Parteien zu erörtern und danach Feststellungen zu treffen sein, insbesondere ob das Bauwerk bereits saniert wurde. Bejahendenfalls werden die angemessenen Kosten des Werks in seiner tatsächlichen Ausführung festzustellen sein. Wenn diese Kosten mit den von der Klägerin bereits bezahlten Kosten ident sein sollten, wäre ein Schadenersatzanspruch (mit Ausnahme der anteiligen Architektenkosten für die Fehlplanung des betroffenen Teils des Platzes) gegenüber dem Beklagten nicht mehr berechtigt. Ein vom Beklagten verursachter und zu ersetzender Schaden könnte nur dann bejaht werden, wenn der fiktiv zu ermittelnde Werklohn für das tatsächlich hergestellte Werk die Höhe der von der Klägerin getragenen Aufwendungen für das mangelhafte Werk nicht erreicht.

Die Entscheidung über die Kosten des Berufungs- und des Revisionsverfahrens beruht auf dem Paragraph 52, ZPO.