Gericht

OGH

Entscheidungsdatum

13.01.1998

Geschäftszahl

8ObS294/97m

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Petrag als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Langer und Dr.Rohrer und die fachkundigen Laienrichter Dr.Michael Manhard und Mag.Thomas Kallab als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Kurt E*****, vertreten durch Dr.Adalbert Laimer, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Bundessozialamt W*****, vertreten durch die Finanzprokuratur in Wien, wegen S 167.276,80 netto sA, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 26.Juni 1997, GZ 10 Rs 28/97d-13, mit dem infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 21.Mai 1996, GZ 15 Cgs 206/95h-7, bestätigt wurde, zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei hat die Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger war bei der späteren Gemeinschuldnerin als Angestellter vom 14.4.1986 bis 13.12.1994 beschäftigt und hatte unter anderem eine sechsmonatige Kündigungsfrist und eine Kündbarkeit des Arbeitsverhältnisses nur zu den Terminen 31.3. und 30.9. jedes Jahres vereinbart. Am 2.12.1994 erfuhr er, daß das Novembergehalt und die Weihnachtsremuneration nicht bezahlt werden könnten, worauf er der beklagten Partei eine Nachfrist bis 12.12.1994 setzte und infolge Nichtzahlung mit Schreiben vom 12.12.1994, das seiner Dienstgeberin am Folgetag zuging, seinen vorzeitigen Austritt erklärte. Kurz danach, nämlich am 16.12.1994 wurde über das Vermögen seiner ehemaligen Dienstgeberin der Konkurs eröffnet.

Strittig ist ein der Höhe nach außer Streit gestellter Betrag von insgesamt S 167.276,80 netto sA Insolvenz-Ausfallgeld, das von der beklagten Partei unter Hinweis auf Paragraph 3, Absatz 3, IESG nicht zuerkannt und im vorliegenden Verfahren von den Vorinstanzen abgewiesen wurde; es betrifft S 120.761,53 Insolvenz-Ausfallgeld für Kündigungsentschädigung samt aliquoten Sonderzahlungen für die Zeit vom 1.4. bis 30.9.1995 und S 46.515,27 Insolvenz-Ausfallgeld für Urlaubsentschädigung für 40 Werktage nicht konsumierten Urlaubs im Urlaubsjahr 1995/96, das fiktiv am 14.4.1995 begonnen hätte.

Das Berufungsgericht erklärte die Revision für zulässig, weil zur streitentscheidenden Frage des Umfangs der Anspruchsbegrenzung auf Insolvenz-Ausfallgeld bei vorzeitigem Austritt eines Arbeitnehmers infolge Entgeltschmälerung (im Falle vertraglich vereinbarter, den in Paragraph 3, Absatz 3, IESG genannten Zeitraum übersteigender Kündigungsfristen und -termine) eine ausdrückliche oberstgerichtliche Rechtsprechung fehle.

Gegen die Bestätigung der Abweisung des Klagebegehrens durch das Berufungsgericht richtet sich die Revision des Klägers wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, das Urteil im klagsstattgebenden Sinn abzuändern.

Die beklagte Partei beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Die Revision ist zwar aus dem vom Berufungsgericht genannten Grund zulässig, aber nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, daß der Oberste Gerichtshof seit seiner grundlegenden Entscheidung vom 6.5.1994, 8 ObS 4/94, SZ 67/85, die sich ausführlich mit der Entwicklungsgeschichte des Paragraph 3, IESG befaßte, davon ausgeht, daß der Gesetzgeber beabsichtigte, sämtliche gesicherten, auf den Zeitraum nach Ablauf der Dreimonatsfrist des Paragraph 3, Absatz eins, IESG entfallenden Ansprüche (und nicht nur die auf laufendes Entgelt) in die Anspruchsbeschränkung des Paragraph 3, Absatz 3, IESG einzubeziehen, und daß dies auch sachlich gerechtfertigt ist. Seit der Entscheidung vom 25.4.1996, 8 ObS 4/96, SZ 69/106, ist auch klargestellt, daß die durch das IRÄG 1994 neu gefaßte Bestimmung des Paragraph 25, KO, insbesondere dessen Absatz 2,, ebensowenig wie die Vorgängerbestimmungen für den austretenden Arbeitnehmer einen über den Zeitraum der privilegierten, nicht an Kündigungstermine gebundenen Aufkündigung durch den Masseverwalter hinausgehenden Anspruch auf Kündigungsentschädigung zu begründen vermag und daher auch nicht gesichert sein kann, woraus folgt, daß sich die Beschränkung auf gesicherte Ansprüche bis längstens bis zum Ablauf der gesetzlichen oder kollektivvertraglichen Kündigungsfristen unter Bedachtnahme auf die Kündigungstermine und die gesetzlichen Kündigungsbeschränkungen nicht nur auf den in der hier maßgeblichen Fassung des Paragraph 3, Absatz 3, IESG vor der Novelle BGBl römisch eins 1997/107 ausdrücklich genannten Fall der Kündigung durch den Arbeitgeber oder Masseverwalter bezieht, sondern auch für den nach Paragraph 25, Absatz eins, KO austretenden Arbeitnehmer gilt, zumal ihm dieses Austrittsrecht ausschließlich im eigenen Interesse zugebilligt wird.

Wenn auch diese Entscheidung als dort nicht entscheidungswesentlich die Frage offenläßt, ob die Beschränkung des Paragraph 3, Absatz 3, IESG auch im Fall des vorzeitigen Austritts des Arbeitnehmers wegen Vorenthaltens des Entgelts (Paragraph 26, Ziffer 2, AngG; vergleiche auch Paragraph 1162 b, ABGB) gilt, ist es - wie die Vorinstanzen zutreffend erkannt haben - folgerichtig, daß die Ansprüche auf Insolvenz-Ausfallgeld auch in diesem Fall des vorzeitigen Austritts auf die in Paragraph 3, Absatz 3, IESG genannte Zeitspanne beschränkt werden und einem aus diesem Grund vorzeitig austretenden Arbeitnehmer keine höhere Entgeltsicherung nur deshalb gebührt, weil er vertraglich längere Kündigungsfristen und spätere Kündigungstermine vereinbart hat. Dies erhellt schon daraus, daß die Kündigungsentschädigung gemäß den Paragraphen 1162, b ABGB und 29 Absatz eins, AngG im Ausmaß jenes Entgeltes zusteht, das dem Arbeitnehmer bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch ordnungsgemäße Arbeitgeberkündigung gebührt hätte. Damit wird der berechtigt ausgetretene oder zu Unrecht entlassene Arbeitnehmer bezüglich des Entgeltes einem vom Arbeitgeber ordnungsgemäß gekündigten Arbeitnehmer gleichgestellt. Es liegt daher nahe, die Kündigungsentschädigung auch bezüglich ihrer Sicherung nicht anders zu behandeln als das bei ordnungsgemäßer Arbeitgeberkündigung bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses weiterlaufende Entgelt, zumal es sachlich nicht gerechtfertigt wäre, dem vorzeitig austretenden Arbeitnehmer weitergehenden Entgeltschutz zuzubilligen als dem nach ordnungsgemäßer Arbeitgeberkündigung bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses weiter arbeitenden Arbeitnehmer vergleiche 9 ObA 2276/96p = ARD 4857/1/97).

Daran kann entgegen der Meinung des Revisionswerbers auch der Umstand nichts ändern, daß es der Gesetzgeber trotz - oder gerade wegen - der ihm bekannten Auslegung dieser Bestimmung durch den Obersten Gerichtshof unterlassen hat, die im Paragraph 3, Absatz 3, IESG enthaltene und aufs erste irreführende einschränkende Formulierung (im Fall der Kündigung durch den Arbeitgeber oder Masseverwalter) anläßlich einer der zahlreichen Novellierungen des IESG im Sinn der gebotenen teleologischen Ausweitung zu präzisieren.

Die Kostenentscheidung beruht auf den Paragraphen 40,, 50 ZPO in Verbindung mit Paragraph 77, Absatz eins, ASGG, da der Kläger keinerlei Gründe für einen ausnahmsweisen Kostenzuspruch nach Billigkeit darlegte.