Gericht

OGH

Entscheidungsdatum

11.03.1994

Geschäftszahl

1Ob529/94

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schubert als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schlosser, Dr. Schiemer, Dr. Gerstenecker und Dr. Rohrer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Wilhelmine K*****, vertreten durch Dr. Stefan Bruckschwaiger, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagten Parteien 1. Monika B*****, vertreten durch Dr. Gustav Teicht, Dr. Gerhard Jöchl, Rechtsanwälte in Wien, 2. Gemeinnützige Bau-, Wohn- und Siedlungsgenossenschaft ***** regGenmbH, vertreten durch Dr. Joachim Meixner, Dr. Josef Schima, Rechtsanwälte in Wien, wegen S 100.000,-- sA und Feststellung (Feststellungsinteresse S 50.000,--), infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 17. Februar 1993, GZ 13 R 230/92-41, womit infolge Berufung der klagenden Partei und der zweitbeklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 18. August 1992, GZ 26 Cg 9/90-34, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt

Spruch

und beschlossen:

Der Revision wird in Ansehung der erstbeklagten Partei nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der erstbeklagten Partei die mit S 6.789,60 (darin S 1.131,60 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Im übrigen, somit in Ansehung der zweitbeklagten Partei, wird der Revision Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen, die hinsichtlich der Abweisung eines Mehrbegehrens von S 15.225,-- s.A. als unangefochten unberührt bleiben, werden in Ansehung der zweitbeklagten Partei aufgehoben. Die Rechtssache wird in diesem Umfang an das Erstgericht zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung zurückverwiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Kosten des Verfahrens erster Instanz.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin ist Mieterin der ihrem Sohn gehörigen Eigentumswohnung in P*****, Stiege 12, *****. Die Beklagte ist in dieser Wohnhausanlage Hausbesorgerin für die Stiegen 9 bis 12. Zu ihren vertraglich übernommenen Pflichten zählt die Betreuung (Reinigung von Schnee und Bestreuung bei Glatteis) der entlang der Liegenschaftsgrenze verlaufenden Gehsteige in einer Gesamtlänge von 210 m sowie der innerhalb der Liegenschaft befindlichen Wege in der Gesamtlänge von 232 m. Die Zweitbeklagte ist Verwalterin der Wohnungseigentumsanlage. Sie hat die Erstbeklagte als Hausbesorgerin eingestellt und mit ihr über die Verpflichtungen gemäß Paragraph 4, HBG hinaus ausdrücklich die Reinigung der Gehwege innerhalb der Liegenschaft und deren Bestreuung bei Glatteis vereinbart. Die Erstbeklagte wurde dahin belehrt, daß diese Räum- und Streupflicht auf den Wegen um 6 Uhr früh beginne. Eine bestimmte Reihenfolge der Betreuung der Wege wurde der Erstbeklagten nicht vorgeschrieben. Für die Räumung aller Gehsteige und Wege von Schnee benötigte die Erstbeklagte, der im Unfallszeitpunkt keine technischen Hilfsmittel wie etwa eine Schneefräse zur Verfügung standen, ca. 1 1/2 Stunden; für das anschließende Ausbringen von Streugut eine weitere Stunde.

Am 15.11.1985 verließ die Klägerin um 6.45 Uhr die Wohnung, um auf dem hiefür vorgesehenen Weg zur öffentlichen Straße zu gelangen. Sie hatte Moonboots an und stellte vor Erreichen der späteren Unfallsstelle fest, daß der Weg, der in Richtung zur Straße ein Gefälle von 2 bis 3 % aufweist, besonders glatt war. Rund 17,5 m nach Verlassen des Treppenabsatzes der Stiege 12 kam sie auf der von der Erstbeklagten wohl vom Schnee gesäuberten, nicht aber gestreuten Fläche zu Sturz. Die 1925 geborene Klägerin zog sich dabei einen Impressionsbruch des 12.Brustwirbelkörpers zu.

Am Tag vor dem Sturz der Klägerin hatte es in den Vormittagsstunden zu schneien begonnen. Der Schneefall hielt bis ca. 4 Uhr früh des 15.11.1985 an. Insgesamt fielen 5 bis 10 cm Schnee. Am 15.11.1985 gegen 7 Uhr früh lag die Höchsttemperatur bei ca. 0 Grad, in Bodennähe unter dem Gefrierpunkt. Dadurch kam es zum Frieren des durchnäßten Schnees und es trat verbreitet Schnee- und Eisglätte auf. Unter der Schnee- und Eisschicht befand sich eine vom Vortag stammende Schicht aus Streugut. Die Erstbeklagte begann mit der Schneeräumung um 5 Uhr früh, wobei sie zuerst den Schnee wegschaufelte und erst danach mit dem Streuen begann.

Mit ihrer am 14.11.1988 bei Gericht eingelangten Klage begehrte die Klägerin, die Beklagten zur ungeteilten Hand zur Zahlung eines Betrages von S 100.000,-- sA schuldig zu erkennen und die Haftung der Beklagten für künftige Schäden, welche ihr aus Anlaß des Sturzes am 15.11.1985 entstehen werden, festzustellen. Die Erstbeklagte hafte für den entstandenen Schaden, weil sie zum Unfallszeitpunkt den gegenständlichen Weg weder geräumt noch gestreut habe. Es sei für sie erkennbar gewesen, daß bei ihren Arbeiten zuerst diejenigen Wege zu sichern gewesen seien, welche vom Haus zur Straße führen. Auf dem leicht abschüssigen Wegstück, auf welchem sie zu Sturz gekommen sei, müsse besondere Sorgfalt bei der Räumung aufgewendet werden, zumal der Erstbeklagten bekannt gewesen sei, daß Hausbewohner ab 6 Uhr früh das Haus verlassen. Die von der Erstbeklagten gewählte Reihenfolge der Arbeiten sei unzweckmäßig gewesen, sie hätte unmittelbar nach der Schneeräumung die jeweils geräumten Flächen auch bestreuen müssen. Die Erstbeklagte habe die von ihr bestreuten Wege ständig mangelhaft geräumt und bestreut, weshalb sie von der Hausverwaltung über Antrag einer großen Anzahl von Mitbewohnern gerügt worden sei. Die Erstbeklagte wäre verpflichtet gewesen, bei Verweigerung der Anschaffung technischer Hilfsmittel durch die Hausgemeinschaft auf die besonderen Gefahren hinzuweisen oder die Aufgabe der Schneeräumung nicht zu übernehmen. Die Zweitbeklagte habe es unterlassen, die Erstbeklagte trotz mehrfacher Beschwerden in früheren Zeiten entsprechend anzuweisen und zu beaufsichtigen. Sie hätte der Erstbeklagten genaue Anweisungen darüber zu geben gehabt, wie zu räumen und zu streuen sei. Hätte die Zweitbeklagte den für die Schneeräumung erforderlichen Zeitaufwand ermittelt, hätte sie erkennen können, daß die Erstbeklagte ihre Pflicht nicht in angemessener Frist erfüllen könne und wäre daher verpflichtet gewesen, der Erstbeklagten entweder ein maschinelles Hilfsmittel in Form einer Schneefräse oder eine Aushilfsperson beizustellen. Die Zweitbeklagte habe sich bei Begründung des Wohnungseigentums die Liegenschaftsverwaltung ausdrücklich vorbehalten, weshalb sie die Verkehrssicherungspflicht treffe.

Beide Beklagte bestritten das Klagebegehren und beantragten dessen Abweisung. Die Erstbeklagte brachte vor, daß Paragraph 93, StVO an der Unfallsstelle nicht gelte. Sie habe um 5 Uhr früh mit der Räumung begonnen, jedoch für ihre Tätigkeit insgesamt zwei bis drei Stunden benötigt. Sei habe weder rechtswidrig noch schuldhaft gehandelt. Im Dienstvertrag sei ihr keine bestimmte Reihenfolge der Verrichtung ihrer Arbeiten überbunden worden. Die Klägerin treffe an dem Unfall das überwiegende Mitverschulden, da sie die mangelnde Räumung erkannt habe, aber dennoch äußerst unvorsichtig gegangen sei. Die Zweitbeklagte bestritt, daß sie ein Verschulden treffe. Sie habe die Erstbeklagte über ihre Obliegenheiten und Verpflichtungen insbesondere im Zusammenhang mit der Räumung und Streuung der Wege in der Wintersaison informiert. Es habe keinen Grund zu besonderer Überwachung gegeben, da die Erstbeklagte bisher ihren Pflichten nachgekommen sei. Tatsächlich habe sie auch die Stelle, an der die Klägerin zu Sturz gekommen sei, bereits von Schnee geräumt, jedoch lediglich noch nicht gestreut gehabt. Die Anschaffung eines Schneeräumgerätes sei deshalb unterblieben, weil sich die Wohnungseigentümer dagegen ausgesprochen haben. Die Zweitbeklagte als Verwalterin habe keine Möglichkeit, diese autonome Entscheidung der Hausgemeinschaft zu beeinflussen. Die Klägerin wäre nach den Umständen zu besonderer Vorsicht verpflichtet gewesen.

Das Gericht erster Instanz wies das Klagebegehren in Ansehung der Erstbeklagten ab und erkannte die Zweitbeklagte schuldig, der Klägerin S 84.775,-- sA zu bezahlen. Es stellte die Haftung der Zweitbeklagten für alle zukünftigen Schäden aus dem Unfallereignis fest und wies ein Mehrbegehren von S 15.225,-- ab. Das Erstgericht traf die eingangs wiedergegebenen Feststellungen und führte in rechtlicher Hinsicht aus, daß die Erstbeklagte unter Berücksichtigung der sie gemäß Paragraph 93, StVO treffenden Verpflichtung, die an die Liegenschaft angrenzenden Gehsteige zwischen 6 und 22 Uhr von Schnee gesäubert und bei Glatteis bestreut zu halten, in der ihr insgesamt zur Verfügung stehenden Zeit nicht in der Lage gewesen sei, auch alle Wege im Inneren der Liegenschaft zu räumen und zu streuen. Die Erstbeklagte treffe daher kein Verschulden. Die Zweitbeklagte stehe als Verwalterin der Wohnungseigentumsanlage im vertraglichen Verhältnis zu den Wohnungseigentümern, woraus sich Schutzwirkungen auch zugunsten von Mietern dieser Eigentumswohnungen ergeben. Die Zweitbeklagte habe alle Maßnahmen zu treffen, die zur ordentlichen Verwaltung notwendig seien. Dazu gehöre auch die Bestellung von Hausbesorgern und die Vorsorge dafür, daß diese die im Interesse der Wohnungseigentümer übernommenen Verpflichtungen erfüllen können. Da die Erstbeklagte aufgrund der zur Verfügung stehenden Zeit mit der Räumung aller Wege im Inneren der Liegenschaft nicht rechtzeitig habe fertig werden können, wäre es Sache der Zweitbeklagten gewesen, dafür Vorkehrungen zu treffen, daß ausreichendes Betreuungspersonal zur Verfügung stehe. Es wäre auch Sache der Zweitbeklagten gewesen, im Rahmen der ordentlichen Verwaltung eine Schneefräse anzuschaffen. Die Zustimmung der Wohnungseigentümer wäre dazu nicht erforderlich gewesen.

Das Gericht zweiter Instanz gab der nur gegen die Abweisung des Klagebegehrens hinsichtlich der Erstbeklagten gerichteten Berufung der Klägerin nicht Folge und änderte infolge Berufung der Zweitbeklagten das angefochtene Urteil dahin ab, daß es das Klagebegehren auch hinsichtlich der Zweitbeklagten abwies. Das Berufungsgericht sprach aus, daß die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Der zweitbeklagten Hausverwalterin komme die Stellung eines Erfüllungshilfen der Hauseigentümer im Sinne des Paragraph 1313 a, ABGB zu. Es liege aber kein Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter vor, da einerseits der Mieter eines Wohnungseigentümers gegen diesen vertragliche Ansprüche habe und andererseits die auch die Räumung und Streuung der Wege umfassende Pflicht, das Bestandstück in brauchbarem Zustand zu erhalten, nicht gerade als die Hauptleistung des zwischen den Wohnungseigentümern und der Zweitbeklagten abgeschlossenen Verwaltervertrages angesehen werden könne. Gleiches gelte auch für die Erstbeklagte, die ebenfalls als Erfüllungsgehilfin der Miteigentümer der Wohnhausanlage anzusehen sei. Hinsichtlich beider Beklagter komme daher eine Haftung aufgrund Vertrages nicht in Frage. Auch ein deliktisches Verhalten im Sinne der Verletzung einer gegenüber jedermann bestehenden Verhaltenspflicht liege nicht vor, weil es sich um Wege innerhalb der Liegenschaft handle, die von der Streu- und Räumpflicht des Paragraph 93, StVO nicht erfaßt seien.

Die dagegen erhobene Revision der Klägerin ist zulässig und in Ansehung der Zweitbeklagten auch berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Es ist in Rechtsprechung und Lehre allgemein anerkannt, daß Schutz- und Sorgfaltspflichten als vertragliche Nebenpflichten des Schuldners nicht nur seinem Vertragspartner sondern auch dritten Personen gegenüber bestehen können. In diesem Fall erwirbt der Dritte direkte vertragliche Ansprüche gegen den Schuldner, der dann auch gemäß Paragraph 1313 a, ABGB wie für sein eigenes für das Verschulden der Personen haftet, deren er sich zur Erfüllung bediente (SZ 50/34; SZ 49/14; SZ 48/23; SZ 58/4; JBl. 1992, 323). Verletzen der Schuldner oder seine Leute solche zugunsten Dritter bestehende Schutz- und Sorgfaltspflichten, so kann der in den Schutzkreis des Vertrages aufgenommene Dritte direkt gegen den Schuldner Schadenersatzansprüche geltend machen (JBl. 1991, 453; JBl. 1992, 323). Die Klageberechtigung wurde vom Obersten Gerichtshof unter anderem dann verneint, wenn der geschädigte Dritte gegen den Geschäftsherrn ohnedies Ansprüche aufgrund Vertrages hatte (SZ 51/176; SZ 62/173). Der gegenständliche Fall ist dadurch charakterisiert, daß die Klägerin lediglich zu einem der Wohnungseigentümer in einem vertraglichen Verhältnis steht. In Anbetracht der Formulierung des Paragraph 2, Absatz eins, MRG, wonach Hauptmiete unter anderem dann vorliegt, wenn der Mietvertrag ... mit dem Wohnungseigentümer geschlossen wird, ergibt sich, daß der Wohnungseigentümer nicht als Repräsentant der übrigen Miteigentümer, sondern nur im Rahmen seines beschränkten Nutzungsrechtes vermietet, sodaß der Mieter zu den übrigen Miteigentümern bzw. zur Gemeinschaft der Wohnungseigentümer in keiner vertraglichen Beziehung steht (Würth in Rummel ABGB2 Rdz 4 zu Paragraph 13, WEG und Rdz 5 zu Paragraph 2, MRG). Daran vermag grundsätzlich auch nichts zu ändern, daß hinsichtlich jener Teile der Liegenschaft, die infolge ihrer rechtsgeschäftlichen oder tatsächlichen Zweckbestimmung einer ausschließlichen Benützung durch einen Wohnungseigentümer entzogen sind, schlichtes Miteigentum der Teilhaber der Liegenschaft vorliegt (EvBl. 1981/183) und der Mieter in die sich daraus ergebenden Rechte des Wohnungseigentümers durch den Mietvertrag eintritt. Die diesbezüglichen im Rahmen der ordentlichen Verwaltung (Paragraph 14, WEG) wahrzunehmenden Pflichten hat die Wohnungseigentümergemeinschaft, nämlich an einen Verwalter (Paragraph 17, WEG) übertragen, für welchen sie mangels vertraglicher Bindung zum Mieter lediglich gemäß Paragraph 1315, ABGB und - wie noch darzustellen sein wird - in dem Umfang haftet, in welchem sie dessen Gestion durch gesetzlich zulässige Weisungen beeinflußt. Daß die Klägerin gegen ihren Vermieter selbst keine Ansprüche aus dem gegenständlichen Unfall durchsetzen könnte, ergibt sich daraus, daß dem einzelnen Miteigentümer im Falle der Bestellung eines Verwalters selbständige Verwaltungshandlungen verwehrt sind (SZ 42/68; SZ 51/173), weshalb er auf die Art der Durchführung der Schneeräumung keinen Einfluß nehmen kann.

In SZ 62/173 wurde der Vertrag zwischen dem Hauseigentümer und dem Hausverwalter nicht als ein solcher mit Schutzwirkungen zugunsten Dritter qualifiziert, da unter anderem die den dort klagenden Mietern geschuldete Leistung das Bestandstück in brauchbarem Zustand zu erhalten und die Bestandnehmer in dem bedungenen Gebrauch nicht zu stören, nicht geradezu als die Hauptleistung des Vertrages über die Verwaltung des Hauses angesehen werden könne. Dem kann nicht beigetreten werden. Gerade die ordnungsgemäße Erhaltung und Betreuung der Liegenschaft ist auch Inhalt des Verwaltervertrages.

Dem Hausverwalter ist auch ohneweiteres erkennbar, daß durch diese Leistung nicht nur seine unmittelbaren Vertragspartner, die Wohnungseigentümer, begünstigt werden sollen, sondern auch etwa deren Angehörige und Besucher. Zumindest ebenso nahe liegt der Schutzgedanke hinsichtlich Mietern von Eigentumswohnungen, da ein derartiger Vorgang nicht ungewöhnlich und vom Verwalter daher jedenfalls zu bedenken ist.

Die Schutzwirkungen des zwischen den Wohnungseigentümern und dem Zweitbeklagten abgeschlossenen Vertrages über die Verwaltung der Liegenschaft erstrecken sich daher auch auf die Klägerin als Mieterin einer der Eigentumswohnungen. Eine Verletzung der vertraglich übernommenen Pflichten macht daher die Zweitbeklagte der Klägerin direkt haftbar.

Haftet die Zweitbeklagte aber aufgrund vertraglich übernommener Schutzpflichten, ist das Haftungsprivileg des Paragraph 1319 a, ABGB nicht anwendbar (SZ 53/143; JBl 1986, 730; ZVR 1990/14). Es erübrigt sich daher auf die Frage einzugehen, ob die Wege innerhalb der Liegenschaft zu den in der genannten Gesetzesstelle bezeichneten Landflächen zählen vergleiche SZ 53/169).

Dem Erstgericht ist darin beizupflichten, daß sich aus dem festgestellten Sachverhalt eine mangelhafte Organisation der Schneeräumung innerhalb der Anlage ergibt. Der Zweitbeklagten konnte nicht verborgen bleiben, daß es nicht unüblich ist, daß Hausbewohner ihre Wohnung bereits in der Zeit zwischen 6 und 7 Uhr früh verlassen müssen. Sie mußte daher Vorsorge dafür treffen, daß nicht nur die Gehsteige entsprechend der Anrainerpflicht des Paragraph 93, Absatz eins, StVO ab 6 Uhr früh geräumt sind, sondern daß auch die innerhalb der Anlage befindlichen Wege so rasch als möglich gefahrlos begehbar gemacht werden. In Anbetracht der festgestellten Länge der von der Erstbeklagten zu räumenden Wege muß die Weisung an die Erstbeklagte, innerhalb der Liegenschaft mit der händisch durchzuführenden Schneeräumung ab 6 Uhr zu beginnen, als unzureichend erachtet werden. Dem Erstgericht ist grundsätzlich darin zuzustimmen, daß bei der gegebenen Sachlage die Anschaffung einer mechanischen Schneeräumhilfe für die Erstbeklagte erforderlich gewesen wäre, da davon eine wesentliche Beschleunigung der Arbeiten der Erstbeklagten zu erwarten war.

Allerdings kann dem Erstgericht nicht gefolgt werden, daß dem Vorbringen der Zweitbeklagten, sie sei an einer derartigen Anschaffung durch einen Mehrheitsbeschluß der Wohnungseigentümer gehindert worden, keine Relevanz zukäme. Gemäß Paragraph 17, Absatz 2, WEG ist der Verwalter verbunden, die Interessen aller Miteigentümer der Liegenschaft zu wahren und die Weisungen der Mehrheit zu befolgen. Ein Weisungsrecht ergibt sich auch aus dem gemäß Paragraph 17, Absatz 3, WEG unter anderem heranzuziehenden Paragraph 1009, ABGB („... der erklärten Absicht des Machtgebers gemäß, ...“). Der Verwalter hat daher auch in den Fällen der ordentlichen Verwaltung generellen Direktiven und individuellen Weisungen der Mehrheit Folge zu leisten. Die Grenze bilden lediglich offensichtlich gesetzwidrige Mehrheitsbeschlüsse (Faistenberger-Barta-Call, WEG Paragraph 17, Anm.47 ff; Würth in Rummel ABGB2 Rdz 4 zu Paragraph 17, WEG). Daß eine möglicherweise erteilte Weisung, eine Schneefräse nicht anzuschaffen, gesetzwidrig wäre, kann nicht gesagt werden. Lag aber eine derartige Weisung vor, läge das Verschulden nicht beim Zweitbeklagten, sondern bei der Miteigentümergemeinschaft. Der vom Erstgericht weiters herangezogene Verschuldensvorwurf, keine zweite Arbeitskraft eingestellt zu haben, könnte in einem derartigen Fall nicht aufrecht erhalten werden, da der Verwalter auch mit der Genehmigung einer derartigen - auf Dauer wohl kostenintensiveren - Maßnahme nicht rechnen konnte.

Das Erstgericht wird daher im fortgesetzten Verfahren Feststellunen zu dieser Einwendung der Zweitbeklagten zu treffen und sodann neuerlich zu entscheiden haben. Für den Fall der Klagsstattgebung wird sich das Erstgericht auch mit dem der Sache nach erhobenen Mitverschuldenseinwand der Zweitbeklagten (ON 26) auseinanderzusetzen haben.

Insoweit die Vorinstanzen das gegen die Erstbeklagte gerichtete Begehren abgewiesen haben, ist die Revision nicht im Recht.

Auch aus dem zwischen der Erstbeklagten und dem von der Zweitbeklagten vertretenen Wohnungseigentümern abgeschlossenen Vertrag bestanden nach den bereits dargestellten Grundsätzen Schutzrechte zugunsten der Klägerin. Allerdings ist im Verfahren nicht hervorgekommen, daß die Erstbeklagte ihre vertragliche Pflichten verletzt hätte. An sie wurde die Verpflichtung überbunden, die innerhalb der Liegenschaft befindlichen Wege ab 6 Uhr früh zu räumen. Dieser Verpflichtung ist die Erstbeklagte nachgekommen. Aus der ihr erteilten Weisung im Zusammenhalt mit der Bestimmung des Paragraph 93, StVO, wonach Gehsteige ab 6 Uhr früh geräumt zu sein haben, ergibt sich, daß sie zuerst die an die Liegenschaft angrenzenden Gehsteige und sodann die Wege im Inneren der Liegenschaft räumen mußte. Welche Reihenfolge der Arbeiten sie im Inneren der Liegenschaft einhielt, kann unter den gegebenen Umständen nicht relevant sein, da jede andere Arbeitseinteilung lediglich eine Verschiebung der Gefährdung zu Lasten anderer Hausbewohner bedeuten würde. Da somit das Verfahren weder eine Vertragsverletzung der Erstbeklagten noch einen Anhaltspunkt für deren deliktisches Verhalten erbracht hat, war das angefochtene Urteil in diesem Umfang zu bestätigen.

Die Kostenentscheidung gründet sich hinsichtlich des bestätigenden Teiles auf Paragraphen 50,, 41 ZPO, im übrigen auf Paragraph 52, Absatz eins, ZPO.