Gericht

OGH

Entscheidungsdatum

19.01.1993

Geschäftszahl

5Ob151/92

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Jensik als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Zehetner, Dr.Klinger, Dr.Schwarz und Dr.Floßmann als weitere Richter in der Mietrechtssache der Antragstellerin Gudrun S*****-G*****, im Haushalt, ***** Wien, vertreten durch Hannelore Istvan, Landessekretärin des Mieterschutzverbandes Österreichs, Döblergasse 2, 1070 Wien, wider die Antragsgegnerin Ruth T*****, Wien, vertreten durch Dr.Georg Ch.Auteried, Rechtsanwalt in Wien, wegen Paragraph 37, Absatz eins, Ziffer 12, MRG infolge Revisionsrekurses der Antragsgegnerin gegen den Sachbeschluß des Landesgerichtes für ZRS Wien als Rekursgericht vom 27.Juli 1992, GZ 41 R 536/92-28, womit der Sachbeschluß des Bezirksgerichtes Fünfhaus vom 25.März 1992, GZ 6 Msch 27/89-25, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Der Antrag auf Zuspruch von Kosten rechtsfreundlicher Vertretung wird abgewiesen.

Text

Begründung:

Die Antragstellerin war seit November 1978 Hauptmieterin der Wohnung Nr 23 in dem auf der Liegenschaft EZ ***** Grundbuch ***** befindlichen Haus Wien *****, das im Verlaufe des vorliegenden Verfahrens abgerissen wurde. Die Antragsgegnerin war vorerst Hälfteeigentümerin und sodann von November 1983 bis 22.November 1988 Alleineigentümerin dieser Liegenschaft, die nunmehr im Eigentum des Ing.Richard L***** steht.

Die Antragstellerin beantragte bei der Schlichtungsstelle ***** (13.2.1986) die Überprüfung der ihr von der Antragsgegnerin in den Jahren 1983 bis 1986 verrechneten Betriebskosten und beanstandete dabei eine Reihe von zu Unrecht als Betriebskosten vorgeschriebenen Rechnungsposten.

Das gemäß Paragraph 40, Absatz 2, MRG angerufene Erstgericht stellte mit Sachbeschluß fest, daß die Antragsgegnerin durch Verrechnung von insgesamt 29 Positionen (darin 8 in der Abrechnung für 1983, 6 für 1984, 12 für 1985 und 3 für 1986) als Betriebskosten das gesetzlich zulässige Zinsausmaß um die jeweils genannten Beträge überschritten habe.

Das Gericht zweiter Instanz gab dem dagegen erhobenen Rekurs der Antragsgegnerin nicht statt, wobei es aussprach, daß der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Es billigte die im Hinblick auf den während des Verfahrens durchgeführten Abbruch des Gebäudes erfolgte Unterlassung des Erstgerichtes, die übrigen ehemaligen Mieter des Hauses am Verfahren zu beteiligen, weil die dem Verfahren nach Paragraph 37, Absatz eins, Ziffer 12, MRG üblicherweise beizuziehenden aktuellen Hauptmieter der Liegenschaft von den verfahrensgegenständlichen Betriebskostenpositionen nicht betroffen seien und anderseits der in Paragraph 37, Absatz 3, Ziffer 4, MRG genannte Anschlag im Stiegenhaus zur Verständigung von Personen, deren Hauptmietverhältnis bereits beendet sei, sinnvollerweise nicht vorgesehen sein könne. Gelegenheit zur Teilnahme am Verfahren sei iS des Paragraph 37, Absatz 3, Ziffer 2, MRG den anderen Hauptmietern der Liegenschaft zu geben, deren Interessen durch die Stattgebung des Antrages unmittelbar berührt werden könnten. Die Beiziehung ehemaliger Hauptmieter, deren Mietverhältnis bereits beendet worden sei, sei nicht vorgesehen.

Bei der inhaltlichen Behandlung des Rekurses der Antragsgegnerin ging das Rekursgericht vorerst davon aus, daß auch Kleinreparaturen Reparaturen darstellten und damit im allgemeinen mangels anderer gesetzlicher Anordnung nicht Kosten des Betriebes der Liegenschaft iS der Paragraphen 21, ff MRG seien (ImmZ 1987, 278 = WoBl 1988/17; 5 Ob 74/87).

Zu den im Revisionsrekursverfahren konkret strittig gebliebenen Positionen nahm es wie folgt Stellung:

Die (in der Betriebskostenabrechnung für 1983 in Rechnung gestellten) Kosten der Reparatur der Stiegenhausbeleuchtung stellten entgegen der Ansicht der Antragsgegnerin keine Betriebskostenposition dar. Die (mit einer Rate in der Abrechnung für 1983 und im übrigen in jener für 1984 vorgeschriebenen) Kosten der Vermessung der Liegenschaft zum Zwecke der Ermittlung des Nutzflächenschlüssels (im Betrag von 5.868,14 S) seien Kosten der Verwaltung der Liegenschaft; sie ermöglichten dem Vermieter, seine Forderungen gegenüber dem Mieter in richtiger Höhe zu erheben. Auslagen für die Verwaltung der Liegenschaft seien Betriebskosten iS des Paragraph 21, Absatz eins, Ziffer 7, MRG. Das Erstgericht habe richtig erkannt, daß diese Verwaltungsauslagen in Paragraph 22, MRG pauschaliert seien und daher nicht gesondert in Rechnung gestellt werden könnten. Die in der Abrechnung für 1985 enthaltenen Kosten des Ersetzens von vier Hängeleuchten im Stiegenhaus fielen unter die eingangs erwähnten, nicht Betriebskosten darstellenden Kleinreparaturen. Zu dem im Rekurs vertretenen Standpunkt, daß die "Zulässigkeit der Vorschreibungen mit den Mietern vereinbart gewesen sei", verwies das Rekursgericht unter Berufung auf Paragraph 500, a ZPO auf die als zutreffend erklärten Ausführungen des Erstgerichtes, das ein Eingehen auf das diesbezügliche Vorbringen der Antragsgegnerin im Hinblick darauf abgelehnt hatte, daß es sich bei den Paragraphen 21, ff MRG um Vorschriften handle, die zum Schutz des Mieters erlassen worden seien und daher zwingendes, der Parteiendisposition nicht unterliegendes Recht darstellten.

Den Ausspruch über die Zulässigkeit des ordentlichen Revisionsrekurses begründete das Rekursgericht damit, daß zur Frage, ob Vermessungskosten tatsächlich Kosten der Verwaltung darstellen, eine Rechtsprechung fehle.

Gegen diesen Sachbeschluß des Gerichtes zweiter Instanz richtet sich der auf die Anfechtungsgründe der "unrichtigen Beweiswürdigung und Tatsachenfeststellung", der Mangelhaftigkeit des Verfahrens und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung gestützte Revisionsrekurs der Antragsgegnerin, in dem ein Aufhebungsantrag gestellt und hilfsweise die Abänderung im Sinne der Abweisung des Antrages der Antragstellerin beantragt wird.

Die Antragstellerin hat sich am Revisionsrekursverfahren nicht beteiligt.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist aus dem vom Rekursgericht genannten Grund zulässig, er ist aber nicht berechtigt.

Im Hinblick auf die das Gericht von Amts wegen treffende Pflicht, dafür zu sorgen, daß den Verfahrensbeteiligten bei Mehrparteienverfahren iS des Paragraph 37, Absatz 3, Ziffer 2, MRG Gelegenheit zur Beteiligung am Verfahren gegeben wird, ist vorerst auf die Frage einzugehen, ob diese Verpflichtung von den Vorinstanzen eingehalten wurde. Das Erstgericht hat die anderen Hauptmieter des Hauses von dem vorliegenden Mieterantrag durch Anschlag im Haus (Paragraph 37, Absatz 3, Ziffer 4, MRG) verständigt und ihnen auf diese Weise auch die Verständigungen von den jeweiligen Tagsatzungen (Verhandlungen) zugestellt. Erst als hervorkam, daß die Zustellung auf diese Art wegen des erfolgten Abbruches des Hauses nicht mehr möglich war, unterließ das Erstgericht eine weitere Verständigung der anderen Hauptmieter vom Verfahrensfortgang. Das Rekursgericht billigte unter den gegebenen Umständen diese Unterlassung des Erstgerichtes. Da die mangelnde Beiziehung der anderen Hauptmieter zu einzelnen Tagsatzungen (Verhandlungen) im Mehrparteienverfahren nach dem MRG keine Nichtigkeit bewirkt, sondern nur eine Mangelhaftigkeit darstellt, die hier vom Rekursgericht als nicht gegeben erkannt wurde, ist im Verfahren dritter Instanz auf die Frage des Vorliegens eines Verfahrensmangels erster Instanz nicht mehr weiter einzugehen. Die anderen Hauptmieter des Hauses haben von der ihnen eingeräumten Möglichkeit, sich am Verfahren zu beteiligen, nicht Gebrauch gemacht. Das von der Antragstellerin anhängig gemachte Verfahren betraf die Betriebskostenvorschreibungen der Jahre 1983 bis 1986. Der Sachbeschluß des Erstgerichtes wurde am 25.3.1992 gefaßt. Der in Paragraph 27, Absatz 3, MRG normierte Rückforderungsanspruch verjährt in drei Jahren. Geht man nun davon aus, daß die übrigen Hauptmieter die ihnen vorgeschriebenen Betriebskosten entsprechend ihrer Fälligkeit bezahlt haben, wäre ihr diesbezüglicher Rückforderungsanspruch verjährt. Der im vorliegenden Verfahren ergangenen Entscheidung käme somit für sie keine rechtserhebliche Bedeutung zu. Werden aber die rechtlichen Interessen der anderen ehemaligen (Paragraph 1112, ABGB) Hauptmieter durch das Ergebnis des vorliegenden Verfahrens nicht mehr unmittelbar berührt, so wären sie durch die in diesem Verfahren letztlich ergehende Entscheidung nicht beschwert. Wäre ihnen aber mangels Beschwer die Erhebung eines Rechtsmittels nicht möglich, so kann in der Unterlassung der Zustellung der Entscheidungen der Vorinstanzen an die ehemaligen Hauptmieter eine Beeinträchtigung ihrer Rechtssphäre nicht erblickt werden.

Vor Eingehen in die zu den einzelnen, zum Gegenstand des Revisionsrekursverfahrens gemachten Rechnungsposten erstatteten Ausführungen ist die Rechtsmittelwerberin darauf hinzuweisen, daß der Oberste Gerichtshof auch im besonderen Verfahren nach dem MRG nur Rechtsinstanz ist und ihm damit die Überprüfung der Beweiswürdigung und der Tatsachenfeststellungen der Vorinstanzen verwehrt ist. Die im Revisionsrekurs behauptete Mangelhaftigkeit des Verfahrens ist nicht gegeben (Paragraphen 528 a,, 510 Absatz 3, ZPO in Verbindung mit Paragraph 37, Absatz 3, Ziffer 16, MRG). Insoweit die Rechtsmittelwerberin dem Rekursgericht zum Vorwurf macht, nicht auf ihr Vorbringen, "die Zulässigkeit der Vorschreibungen sei mit den Mietern vereinbart worden" eingegangen zu sein, übersieht sie die auf Paragraph 500 a, ZPO gestützten Ausführungen dieses Gerichtes. Wenn sie nun meint, die Vorschriften der Paragraphen 21, ff MRG seien zum Schutz des Mieters erlassen worden und bloß relativ zwingendes Recht, und sie aus dem Umstand, daß sie zahlreiche ihr gegen die Antragstellerin zustehende Forderungen nicht geltend gemacht habe, ableiten möchte, die "entsprechenden Bestimmungen des MRG (Paragraphen 21, ff) seien wegen dieser auf Seite der Antragstellerin eingetretenen Begünstigung sehr wohl einer Disposition zugänglich, ist ihr - abgesehen davon, daß es sich bei diesen Ausführungen um eine auch im Rekursverfahren nach dem MRG unzulässige Neuerung handelt - zu entgegnen, daß die Unterlassung der Geltendmachung von berechtigten Forderungen des Vermieters gegen den Mieter dem Vermieter nicht das Recht gibt, andere als in Paragraph 21, Absatz eins, MRG (taxativ) aufgezählte Kosten als Betriebskosten zu verrechnen.

In ihren der Rechtsrüge zuzuordnenden Ausführungen wendet sich die Revisionsrekurswerberin gegen die Ansicht der Vorinstanzen, die "Reparaturkosten für die Stiegenhausbeleuchtung" (1983) sowie die Kosten der Ersetzung von 4 Stiegenhausleuchten im Jahr 1985 im Wert von 1.178,-- S und die Kosten in der Höhe von 5.868,14 S für die Vermessung der Liegenschaft seien zu Unrecht als Betriebskosten verrechnet worden. Die Qualifikation der beiden vorerst angeführten Kosten als Betriebskosten begründet die Antragsgegnerin damit, daß die vom Vermieter aufgewendeten Kosten für eine entsprechende Beleuchtung in den allgemein zugänglichen Teilen des Hauses nach Paragraph 21, Absatz eins, Ziffer 3, MRG sehr wohl Betriebskosten seien, bzw das Ersetzen von 4 Hängeleuchten im Stiegenhaus sehr wohl als "Klein-Reparatur" bezeichnet werden könne. Aus welchen Gründen die Kosten für die Vermessung und Zusammenstellung der für die Umstellung des Betriebskostenschlüssels erforderlichen Naturmaße zu den verrechenbaren Betriebskosten zählen sollten, wird von der Antragsgegnerin in ihrem Rechtsmittel nicht einmal darzulegen versucht. Der von der Antragsgegnerin vertretenen Rechtsmeinung kann aus folgenden Gründen nicht gefolgt werden:

Die Vorinstanzen haben iS der schon zu Paragraph 2, Absatz 2, MG ergangenen und im Geltungsbereich des MRG auch weiterhin maßgeblichen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zutreffend darauf hingewiesen, daß die Aufzählung der Betriebskosten - nunmehr - in Paragraph 21, Absatz eins, MRG taxativ ist (ImmZ 1976, 351; ImmZ 1985, 194 = EvBl 1984/140 ua) und abweichende Vereinbarungen zu Lasten des Mieters nicht rechtswirksam getroffen werden können (MietSlg 21.286/19, MietSlg 31.331 ua). Im Hinblick auf die taxative Aufzählung der Betriebskosten im Gesetz ist auch eine extensive Auslegung des Gesetzes ausgeschlossen (ImmZ 1976, 351).

Nach Paragraph 21, Absatz eins, Ziffer 3, MRG gelten als Betriebskosten die vom Vermieter aufgewendeten Kosten für die entsprechende Beleuchtung der allgemein zugänglichen Teile des Hauses. Zu den Kosten der Beleuchtung des Hauses zählen nicht nur die Stromkosten, sondern auch der Aufwand für den Ersatz jener Teile der Beleuchtungsanlage, die nach dem normalen Lauf der Dinge in bestimmten Zeitabständen bei ordnungsgemäßem Gebrauch funktionsuntüchtig werden, wie etwa Glühbirnen, Sicherungen oder Schalter vergleiche Würth-Zingher, Miet- und Wohnrecht19, Rz 8 zu Paragraph 21, MRG). Die Kosten der Instandsetzung schadhafter Anlagen, wie etwa durch Feuchtigkeit beschädigter Lichtleitungen (ImmZ 1954, 240) oder

einer automatischen Stiegenhausbeleuchtung (ImmZ 1966, 42 = EvBl

1965/448 = MietSlg 17.249/25) gehören nicht zu den Betriebskosten,

sie stellen vielmehr Auslagen zur ordnungsgemäßen Erhaltung des Hauses dar (Würth-Zingher, aaO, Rz 8 zu Paragraph 21, MRG samt Rechtsprechungshinweis). In der Ablehnung der Vorinstanzen, die Kosten der im Jahr 1983 durchgeführten Reparatur der Stiegenhausbeleuchtung (in der Höhe von mehr als 20.000 S) sowie die Kosten der Ersetzung von 4 Hängeleuchten im Stiegenhaus im Jahre 1985 als Betriebskosten zu qualifizieren, kann daher kein Rechtsirrtum erblickt werden.

Was schließlich die Kosten der Vermessung der Bestandgegenstände sowie der Zusammenstellung der für die Umstellung des Betriebskostenschlüssels erforderlichen Naturmaße anlangt, so stellen diese Kosten Auslagen dar, die mit der Verwaltung des Hauses verbunden sind. Als Betriebskosten können aber Auslagen für die Verwaltung des Hauses gemäß Paragraph 21, Absatz eins, Ziffer 7, MRG den Mietern nur im Rahmen der Bestimmungen des Paragraph 22, MRG, also nur mit dem darin normierten Pauschalbetrag verrechnet werden. Die Vorinstanzen haben es daher mit Recht abgelehnt, die "Vermessungskosten" als Betriebskosten anzuerkennen.

Damit erweist sich aber der Revisionsrekurs als unberechtigt, weshalb ihm kein Erfolg beschieden sein konnte.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsrekurses gründet sich auf Paragraph 37, Absatz 3, Ziffer 19, MRG. Barauslagen, die die Rechtsmittelwerberin im Hinblick auf die Erfolglosigkeit ihres Rechtsmittels selbst zu tragen hätte, wurden nicht verzeichnet.