Gericht

OGH

Entscheidungsdatum

16.03.1988

Geschäftszahl

9ObA32/88

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof. Dr. Kuderna als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Gamerith und Dr. Maier sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Dkfm. Reinhard Keibl und Alfred Klair als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei W*** K*** und M*** Gesellschaft mbH, Wien 21., Siemensstraße 88, vertreten durch Dr. Michael Meyenburg, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Robert H***, Starkstrommonteur, Wien 3., Steingasse 26/1/3/19, vertreten durch Josef R***, Sekretär der Gewerkschaft Metall, Bergbau, Energie, Wien 4., Plößlgasse 15, dieser vertreten durch Dr. Adolf Fiebich, Dr. Vera Kremslehner und Dr. Josef Milchram, Rechtsanwälte in Wien, wegen S 85.134,56 netto sA, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 30. Oktober 1987, GZ 33 Ra 77/87-9, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 2. März 1987, GZ 15 Cga 166/86-5, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 4.243,80 (darin S 385,80 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Rechtliche Beurteilung

Das Berufungsgericht hat die streitentscheidende Frage, ob der Beklagte verpflichtet ist, die irrtümlich erbrachte rechtsgrundlose Leistung zurückzuerstatten, richtig gelöst vergleiche Kuderna, DRdA 1978, 3 ff und 7 f; Strasser im ArbVG-Handkommentar Paragraph 2, Rz 5.3; Arb. 10.057 = DRdA 1983/11 = ZAS 1983/9 mwH; ZAS 1987/1 = JBl. 1986, 603; JBl. 1987, 513; WBl. 1987, 195; 14 Ob A 86/87 ua). Es reicht daher aus, auf die Richtigkeit der Begründung der angefochtenen Entscheidung hinzuweisen (Paragraph 48, ASGG).

Ergänzend ist zur Revision des Beklagten auszuführen, daß die von Wachter in einer Entscheidungsbesprechung vertretene Rechtsansicht, daß Verfallsklauseln in Kollektivverträgen auch für bereicherungsrechtliche Ansprüche zu beachten seien (DRdA 1983, 180 ff, insbes. 184 ff), gerade im Anwendungsbereich des Kollektivvertrages für die eisen- und metallerzeugende und -verarbeitende Industrie keine Stütze findet. Nach Punkt römisch XX des Kollektivvertrages müssen alle gegenseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis bei sonstigem Verfall innerhalb von 3 Monaten nach Fälligkeit bzw. Bekanntwerden mündlich oder schriftlich geltend gemacht werden (1). Als Fälligkeitstag gilt der Auszahlungstag für jene Lohnperiode, in welcher der Anspruch entstanden ist (2). Bei rechtzeitiger Geltendmachung bleibt die gesetzliche dreijährige Verjährungsfrist gewahrt (3). Es ergibt sich sohin schon aus dem in der systematischen Stellung der Verfallsnorm zum Ausdruck kommenden Sachzusammenhang vergleiche Geppert in ZAS 1983, 103 ff), daß nur der Verfall von typischen Ansprüchen aus dem Arbeitsverhältnis, die im wesentlichen schon aus dem sonstigen Inhalt des Kollektivvertrages oder des Einzelarbeitsvertrages herrühren, geregelt werden sollte. Dies bestätigt nicht nur die Bezugnahme auf eine Fälligkeit am Auszahlungstag in der "Lohnperiode", sondern auch der ausdrückliche Vorbehalt der Wahrung der gesetzlichen Verjährungsfrist von drei Jahren bei rechtzeitiger Geltendmachung, woraus eindeutig zu entnehmen ist, daß jedenfalls Bereicherungsansprüche, die einer 30jährigen Verjährung unterliegen vergleiche SZ 52/170 ua), von der kollektivvertraglichen Verfallsbestimmung nicht getroffen werden. Abgesehen davon wurde der Klägerin die irrtümliche Überzahlung nach den Feststellungen erst am 15. Oktober 1986 "bekannt", so daß die Geltendmachung ihres Rückforderungsanspruches mit und vor der am 5. Dezember 1986 eingebrachten Klage ohnehin innerhalb der Verfallsfrist erfolgte (4 Ob 102/85 und 4 Ob 159/85). Soweit sich die Rechtsrüge subsidiär gegen die Annahme der fehlenden Gutgläubigkeit des Beklagten bei Empfang und Verbrauch der Doppelzahlung richtet, geht sie nicht von den Feststellungen aus, nach denen der Beklagte wußte, daß er eine Abfertigung in Höhe von 4 Monatsbezügen erhalte und es ihm bekannt war, daß ihm ein seine Ansprüche bei weitem übersteigender Betrag ausgezahlt wurde. Da er bei seinem Anruf im Lohnbüro der Klägerin den Erhalt des Abfertigungsvorschusses von S 85.134,56 verschwieg, kann er sich auch nicht darauf berufen, er habe - objektiv gesehen - alles getan, um den Irrtum aufzuklären vergleiche Arb. 10.057).

Die Kostenentscheidung ist in den Paragraphen 41 und 50 ZPO begründet.