Gericht

OGH

Entscheidungsdatum

02.12.1986

Geschäftszahl

2Ob550/85

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Scheiderbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik, Dr. Melber, Dr. Huber und Dr. Egermann als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. Rainer S***, Rechtspraktikant, 6020 Innsbruck, Andreas Hofer-Straße 6, vertreten durch Dr. Karl Hepperger, Rechtsanwalt in Innsbruck, wider die beklagte Partei Verlassenschaft nach Dr. Ekkehard S***, Rechtsanwalt, zuletzt wohnhaft in 6020 Innsbruck, Pontlatzerstraße 51 a, vertreten durch die erbserklärte Erbin Heidi S***, ebendort, diese vertreten durch Dr. Helmut Kasseroler, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen Einverleibung des Eigentumsrechtes, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes vom 26. November 1984, GZ. 1 R 270/84-32, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 5. Juni 1984, GZ. 14 Cg 650/82-27, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt und beschlossen:

Spruch

Die wegen Nichtigkeit erhobene Revision wird zurückgewiesen. Im übrigen wird der Revision nicht Folge gegeben.

Der Kläger hat der beklagten Partei die mit S 17.015,70 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten S 1.328,70 Umsatzsteuer und S 2.400,-- Barauslagen) binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Vater des Klägers, der Rechtsanwalt Dr. Ekkehard S***, ist am 17. Dezember 1979 verstorben. Seiner Witwe Heidi S*** wurde die Verwaltung und Benützung der Verlassenschaft überlassen. Eine Einantwortung ist noch nicht erfolgt. Zum Verlassenschaftsvermögen gehören die 84/1703-Anteile an der Liegenschaft EZ 232 römisch II KG Arzl, mit welchen das Wohnungseigentum an der Wohnung Nr. 12 im Hause Innsbruck, Pontlatzerstraße 51 a, verbunden ist.

Mit der vorliegenden Klage begehrt der Kläger von der beklagten Verlassenschaft die Einwilligung in die Einverleibung seines Eigentumsrechtes hinsichtlich der 84/1703-Liegenschaftsanteile mit der Behauptung, er habe über Auftrag seines Vaters für dessen Hausbau in Telfs die Bauleitung sowie weitere Arbeiten durchgeführt und vereinbart, daß ihm als Gegenleistung hiefür diese Eigentumswohnung vom Vater ins Eigentum übertragen werde. Die beklagte Partei verweigere nun die Zuhaltung dieser Vereinbarung. Eine Verjährung der Entlohnungsforderungen des Klägers liege nicht vor, weil er bis zum Tode des Vaters an der Erfüllung der übertragenen Aufträge gearbeitet habe.

Die beklagte Partei beantragte Klagsabweisung. Die vom Kläger behauptete Vereinbarung sei nicht geschlossen worden, der Kläger habe auch nicht den Hausbau seines Vaters geleitet, für seine Arbeiten sei überdies höchstens ein Entgelt von S 100.000 angemessen, wogegen der Wert der Eigentumswohnung S 830.000 betrage, weshalb laesio enormis eingewendet werde. Schließlich liege auch Anspruchsverjährung vor.

Das Erstgericht wies die Klage ab. Sein Urteil wurde vom Berufungsgericht bestätigt und ausgesprochen, daß der Wert des Streitgegenstandes, über den es entschied, den Betrag von S 300.000 übersteigt.

Gegen die berufungsgerichtliche Entscheidung erhebt der Kläger eine auf Paragraph 503, Absatz eins, Ziffer eins,, 2 und 4 ZPO gestützte Revision mit dem Antrage, die unterinstanzlichen Urteile wegen Nichtigkeit aufzuheben, in eventu, das angefochtene Urteil dahin abzuändern, daß dem Klagebegehren stattgegeben oder die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen werde.

Die beklagte Partei beantragt in ihrer Revisionsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist, soweit sie Nichtigkeit geltend macht, unzulässig; im übrigen ist sie nicht gerechtfertigt. Von den erstgerichtlichen Sachverhaltsfeststellungen sind für das Revisionsverfahren folgende erheblich: Die klagsgegenständliche Eigentumswohnung wurde von Dr. Ekkehard S*** bis zu seinem Tode gemeinsam mit seiner Ehefrau Heidi S***, welche er am 28. Jänner 1978 geheiratet hatte, bewohnt. Seit dem Jahre 1977 war er mit dem Bau eines Wohnhauses in Telfs befaßt, zum Zeitpunkt seines Todes war diese Bauführung aber noch nicht vollendet. Mit der Bauleitung und Überwachung sowie mit der Vertretung im Bauverfahren war der ortsansässige Baumeister Ing. K*** beauftragt. Dieser wurde hiefür auch entlohnt. Der Kläger, ein Sohn aus einer früheren Ehe des Dr. Ekkehard S***, hat im März 1978 maturiert. Damals war der Rohbau des Hauses gerade fertiggestellt. In der Folge hat der Kläger über Ersuchen seines Vaters bis zu dessen Tod zahlreiche Arbeiten und Erledigungen im Zusammenhang mit der weiteren Bauführung übernommen, fallweise auch die Koordination und die Überwachung von Handwerkerleistungen sowie die Vornahme von Bestellungen, gelegentlich auch die Erhebung von Mängelrügen. Auch legte er manchesmal selbst Hand an und leistete geringwertige Hilfsarbeiterdienste, ebenso nahm er Botengänge vor. Neben dieser Tätigkeit des Klägers und jener des Ing. K***, dessen Beauftragung nie widerrufen wurde, hat auch Dr. Ekkehard S*** selbst teilweise die oben genannten organisatorischen Tätigkeiten ausgeübt. Mit der Bauleitung hatte er den Kläger nie beauftragt. Es ist auch nicht erwiesen, daß sich Dr. Ekkehard S*** jemals verpflichtet habe, dem Kläger zur Abgeltung seiner vorgenannten Tätigkeiten und Aufwendungen das Eigentumsrecht an den klagsgegenständlichen Liegenschaftsanteilen mit der Wohnung zu übertragen.

Davon ausgehend verneinte das Erstgericht den klagsgegenständlichen Anspruch des Klägers auf Einverleibung seines Eigentumsrechtes an den genannten Liegenschaftsanteilen verbunden mit dem Wohnungseigentum an der angeführten Wohnung. Da ein Eventualbegehren nicht gestellt worden sei, könne die Frage einer allfälligen Entgeltforderung des Klägers und deren von der beklagten Partei behauptete Verjährung dahingestellt bleiben. Das Berufungsgericht hielt die aus den Gründen der Mangelhaftigkeit des Verfahrens, der unrichtigen Tatsachenfeststellung sowie der unrichtigen Beweiswürdigung erhobene Berufung des Klägers nicht für gerechtfertigt. Es führte auf den Seiten 9 bis 12 seiner Entscheidung im einzelnen aus, warum die behaupteten erstgerichtlichen Verfahrensmängel nicht vorlägen und ging auf den Seiten 12 bis 19 ausführlich auf die erstgerichtlichen Tatsachenfeststellungen und die Beweiswürdigung ein, welche es als zutreffend und unbedenklich erachtete.

Unter dem Revisionsgrund der Nichtigkeit bringt der Kläger vor, das Erstgericht habe nach Zustellung der berufungsgerichtlichen Entscheidung die Vorlage der Prozeßvollmachten aufgetragen, woraus sich ergebe, daß die Streitteile im Verfahren nicht ordnungsgemäß vertreten gewesen seien, sodaß ein Verstoß gegen Paragraph 477, Absatz eins, Ziffer 5, ZPO vorliege. Im übrigen sei Heidi S*** nicht berechtigt gewesen, ohne Genehmigung des Verlassenschaftsgerichtes den Nachlaß zu vertreten und ebensowenig der für sie einschreitende Rechtsanwalt Dr. Helmut K***.

Hierauf ist dem Revisionswerber zu entgegnen: Es trifft zu, daß die Vertretungsmacht des Einschreiters eine absolute Prozeßvoraussetzung darstellt, Prozeßhandlungen ohne Vollmacht mangels nachträglicher Genehmigung unbeachtlich sind und ein Verfahren insoweit für nichtig erklärt werden muß (Fasching römisch IV 103 f., 131; SZ 51/3; 1 Ob 677/78 ua.). Vorliegendenfalls war der Kläger, wie sich aus der am 29. Oktober 1982 eingebrachten Klage ergibt (siehe AS 1) von Anfang an durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt vertreten, dessen im Akt erliegende Vollmacht am 7. Juli 1982 ausgestellt worden war. Ein Vertreterwechsel erfolgte erst im Revisionsverfahren. Die beklagte Verlassenschaft war anfänglich durch den Verlassenschaftskurator Rechtsanwalt Dr. Hansjörg M*** und sodann durch die erbserklärte Erbin Heidi S***, welche dem Verfahren zunächst als Nebenintervenientin beigetreten und welcher schließlich die Verwaltung der Verlassenschaft vom Nachlaßgericht übertragen worden war, vertreten (siehe AS 37 und die diesbezüglichen Urteilsfeststellungen). Sie hatte ihrerseits Rechtsanwalt Dr. K*** bevollmächtigt (AS 19; Vollmacht vom 16. November 1980). Daß diese Bevollmächtigungen nicht gesetzmäßig erfolgt oder widerrufen worden seien, behauptet der Revisionswerber selbst nicht.

Eine Nichtigkeit des Verfahrens mangels gehöriger Bevollmächtigung der einschreitenden Prozeßvertreter oder mangels gesetzlicher Vertretung des Nachlasses liegt somit nicht vor. Demgemäß war die Revision, soweit sie Nichtigkeit geltend macht, zurückzuweisen.

Als Mängel des Berufungsverfahrens rügt der Revisionswerber ausschließlich angebliche erstgerichtliche Verfahrensmängel, von welchen bereits das Berufungsgericht erkannte, daß sie nicht vorliegen. Nach ständiger Judikatur ist in diesem Falle eine neuerliche Rüge in dritter Instanz unzulässig.

Im weiteren trifft der Revisionswerber unter den Überschriften "Fehlende und unrichtige Tatsachenfeststellungen" und "Unrichtige Beweiswürdigung" umfangreiche Ausführungen mit der Schlußfolgerung, daß auf Grund der Beweisergebisse eine zwischen Vater und Sohn getroffene Vereinbarung betreffend die Übertragung der Eigentumswohnung an den Kläger erwiesen und daher festzustellen sei. Dem ist zu entgegnen, daß die Revisionsgründe in Paragraph 503, Absatz eins, ZPO taxativ aufgezählt sind und eine Überprüfung der unterinstanzlichen Tatsachenfeststellungen und Beweiswürdigung durch den Obersten Gerichtshof, der nur Rechtsinstanz ist, daher nicht möglich erscheint.

In der Rechtsrüge führt der Kläger aus, die Unterinstanzen seien auf den Charakter der zwischen ihm und seinem Vater mündlich getroffenen Vereinbarung nicht eingegangen, es handle sich um einen Vertrag sui generis. Im übrigen hätten die Unterinstanzen die Normen über die Beweislastverteilung verkannt, weil der Kläger keinesfalls allein für die behauptete Vereinbarung beweispflichtig sei. Wie oben dargestellt hat der Kläger in seiner Berufung keine Rechtsrüge erhoben. Nach ständiger Judikatur kann eine Partei, die ihre Berufung nicht auch auf den Berufungsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung gestützt hat, die von ihr versäumte Rechtsrüge in der Revision nicht mehr nachtragen (JBl 1954, 516; RZ 1966, 204; 1977, 65; SZ 50/152 uva., zuletzt 2 Ob 602 bis 604/86). Eine Anfechtung des berufungsgerichtlichen Urteiles aus dem Revisionsgrund des Paragraph 503, Absatz eins, Ziffer 4, ZPO ist daher vorliegendenfalls nicht zulässig. Im übrigen geht die Rechtsrüge nicht vom festgestellten Sachverhalt aus und wäre daher insoweit auch nicht gesetzmäßig ausgeführt.

Mangels Vorliegens eines der weiters behaupteten Revisionsgründe war der Revision demnach nicht stattzugeben.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf die Paragraphen 41 und 50 ZPO.