Gericht

OGH

Entscheidungsdatum

05.03.1986

Geschäftszahl

1Ob533/86

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schragel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schubert, Dr. Gamerith, Dr. Hofmann und Dr. Schlosser als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei S*** T***-Gesellschaft mbH, Ehrenhausen, Landscha 8,

vertreten durch Dr. Hans Kortschak, Rechtsanwalt in Leibnitz, wider die beklagte Partei Alfred S***, Schlachthof, Wolfsberg

i. Schw. 1, vertreten durch Dr.Alfred Lind und Dr.Klaus Rainer, Rechtsanwälte in Graz, wegen S 944.633,73 s.A. infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgerichtes vom 15.November 1985, GZ. 1 R 184/85-12, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 17.Juli 1985, GZ. 8 Cg 35/85-7, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 16.975,11 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (hievon S 1.543,19 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu bezahlen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin ist jene Tierkörperverwertungsanstalt nach der Vollzugsanweisung des Staatsamtes für Land- und Forstwirtschaft im Einvernehmen mit dem Staatsamt für Volksernährung vom 19.April 1919, betreffend die Verwertung von Gegenständen animalischer Herkunft in Tierkörperverwertungsanstalten (Tierkörperverwertung), StGBl. Nr.241, in der Fassung des Bundesgesetzes vom 14.Dezember 1977 über die Tragung der Kosten für die Beseitigung von Tierkörpern, Bundesgesetzblatt Nr.660 (im folgenden: Tierkörperverwertungsgesetz = TKVG), an welche nach der am 1.Jänner 1980 in Kraft getretenen Verordnung des Landeshauptmannes der Steiermark vom 28.November 1979 über die Einsammlung, Abfuhr, Beseitigung und Verwertung von Tierkörpern und Tierkörperteilen (Tierkörperverwertungsordnung), Landesgesetzblatt Nr.90, in der Fassung der Kundmachung des Bundesministers für Gesundheit und Umweltschutz vom 14. September 1984, Bundesgesetzblatt Nr.376 (im folgenden:

Tierkörperverwertungsverordnung = TKVV), die in der Steiermark anfallenden, nach den zitierten Vorschriften dem Ablieferungszwang unterliegenden Gegenstände zur Einsammlung, Abfuhr, Beseitigung und Verwertung abzuliefern sind. Nach Punkt 2 des Tarifs der TKVV sind für die Einsammlung, Abfuhr und Beseitigung der abfuhrpflichtigen Gegenstände an die Klägerin von den Inhabern von Fleischhauereibetrieben für jedes geschlachtete Rind S 19,75, für jedes geschlachtete Kalb S 2,44 und für jedes geschlachtete Schwein S 2,39 als Entgelt zu entrichten.

Die klagende Partei begehrt den Betrag von S 944.633,73 s.A. als Entgelt für die Einsammlung, Abfuhr und Beseitigung von Tierkörpern, Schlachtungsabfällen und verdorbenen Waren animalischer Herkunft gemäß der Gesamtabrechnung für die Jahre 1981 bis 1983 und als für das Jahr 1984 zu leistende Vorauszahlung.

Die beklagte Partei beantragt Abweisung des Klagebegehrens und brachte vor, ein Entgeltanspruch bestehe nicht, weil die klagende Partei sämtliche von der beklagten Partei abgeholten Gegenstände, gleichgültig ob diese dem Ablieferungszwang unterliegen oder nicht, gewinnbringend verwerte. Der Tarif der TKVV sei in diesem Falle nicht anzuwenden.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Gemäß Paragraph 10, TKVV sind für die Einsammlung, Abfuhr und Beseitigung der nach Paragraph 2, TKVV abzuliefernden Gegenstände kostendeckende Entgelte zu entrichten. Die Höhe dieser Entgelte ist in der einen Bestandteil dieser Verordnung bildenden Anlage festgelegt. Die klagende Partei habe diesem Tarif entsprechend die beklagte Partei zu Recht mit S 19,75 pro geschlachtetem Rind, S 2,39 pro geschlachtetem Schwein und S 2,44 pro geschlachtetem Kalb belastet. Die Entgeltvorschreibungen seien der Höhe nach richtig, das Entgelt sei fällig. Das Berufungsgericht gab der gegen dieses Urteil erhobenen Berufung nicht Folge. Es billigte die rechtliche Beurteilung des Erstrichters.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen das Urteil des Berufungsgerichtes erhobenen Revision der beklagten Partei kommt Berechtigung nicht zu.

Die beklagte Partei führt im wesentlichen aus, gemäß Paragraph 10, TKVV seien für die Einsammlung, Abfuhr und Beseitigung der nach Paragraph 2, TKVV abzuliefernden Gegenstände kostendeckende Entgelte zu entrichten. Der Verordnungsgeber unterscheide demnach, wie auch in Paragraph eins, der Verordnung, zwischen dem Beseitigen und dem Verwerten. Es seien dies begrifflich verschiedene Tätigkeiten der klagenden Partei. In Paragraph 10, TKVV sei die Verpflichtung zur Entrichtung eines Entgelts nur für den Fall bestimmt, daß abzuliefernde Gegenstände beseitigt werden, nicht aber auch dann, wenn diese von der klagenden Partei einer Verwertung zugeführt werden, wie dies im vorliegenden Fall zutreffe.

Der Oberste Gerichtshof hat sich in den Entscheidungen vom 10. Dezember 1985, 5 Ob 504,507/86, und vom 9.Jänner 1986, 6 Ob 506,507/86, die Rechtssachen betreffen, an denen die hier beteiligten Rechtsanwälte als Parteienvertreter einschritten, mit der entscheidenden Rechtsfrage ausführlich auseinandergesetzt. Er gelangte zusammenfassend zum Ergebnis, daß sowohl das Tierkörperverwertungsgesetz als auch die Tierkörperverwertungsverordnung in erster Linie auf die unschädliche Beseitigung von Gegenständen animalischer Herkunft in Tierkörperverwertungsanstalten abzielen, um Tierseuchen hintanzuhalten und zu bekämpfen und vor allem Gefahren abzuwenden, die der Volksgesundheit bei der Verwertung tierischer Produkte drohen; die unschädliche Verwertung stellt nur eine bestimmte Art der unschädlichen Beseitigung dar (VfSlg.7936/1976; siehe auch VfSlg.9897/1983, sowie VfSlg.10.038/1984). Daraus, daß das Tierkörperverwertungsgesetz und die Tierkörperverwertungsverordnung in verschiedenen Bestimmungen einmal von (unschädlicher) Verwertung (Verarbeitung) und einmal von (unschädlicher) Beseitigung sprechen, sowie insbesondere daraus, daß in den das Entgelt betreffenden Bestimmungen dieser Vorschriften (Paragraph 6, Absatz , TKVG, Paragraph 10, TKVV samt Tarif) nur auf die Einsammlung, Abfuhr und Beseitigung der ablieferungspflichtigen (abfuhrpflichtigen) Gegenstände abgestellt wird, kann noch nicht abgeleitet werden, daß im Falle der Verwertung dieser eingesammelten und abgeführten Gegenstände kein Entgelt nach der Tierkörperverwertungsverordnung geschuldet werde. Die genannte Verordnung läßt bei der Regelung betreffend die Zurverfügungstellung und Abholung der Sammelbehälter sowie bei der Festlegung der Entgeltberechnungsmethode und des Tarifs jeden Anhaltspunkt dafür vermissen, ob und wie zwischen einer (unschädlichen) Beseitigung durch (thermische oder chemische) Vernichtung und einer (unschädlichen) Beseitigung durch Verwertung unterschieden werden sollte.

Der erkennende Senat schließt sich der Rechtsauffassung des fünften und sechsten Senats, auf deren Ausführung verwiesen wird, an. Demzufolge ist der Revision der Erfolg zu versagen. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die Paragraphen 41,, 50 ZPO.