Gericht

OGH

Entscheidungsdatum

11.02.1986

Geschäftszahl

10Os12/86

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 11.Februar 1986 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bernardini als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Friedrich, Dr. Reisenleitner, Dr. Kuch sowie Dr. Massauer als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Regen als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Karl K*** wegen des Verbrechens nach Paragraph 12, Absatz eins, SuchtgiftG und einer weiteren strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 17.September 1985, GZ 6 b römisch fünf r 12554/84-60, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Aus Anlaß der Nichtigkeitsbeschwerde wird gemäß Paragraph 290, Absatz eins, StPO das erstgerichtliche Urteil, das in seinem Schuldspruch wegen des Vergehens nach Paragraph 16, Absatz eins, SuchtgiftG (Pkt 2) als unangefochten unberührt bleibt, im Schuldspruch wegen des Verbrechens nach Paragraph 12, Absatz eins, SuchtgiftG, Paragraph 12, StGB (Pkt 1) und demzufolge im Strafausspruch sowie im Ausspruch über die Anrechnung der Vorhaft aufgehoben und die Strafsache im Umfang der Aufhebung zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Mit seiner Berufung wird der Angeklagte darauf verwiesen.

Text

Gründe:

Mit dem bekämpften Urteil wurde der Angeklagte Karl K*** des Verbrechens nach Paragraph 12, Absatz eins, SuchtgiftG als Beteiligter nach Paragraph 12, StGB sowie des Vergehens des Paragraph 16, Absatz eins, SuchtgiftG schuldig erkannt.

Rechtliche Beurteilung

Nur den erstbezeichneten Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit einer auf die Ziffer 10, des Paragraph 281, Absatz eins, StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, die jedoch nicht gesetzmäßig ausgeführt ist. Die prozeßordnungsgemäße Ausführung einer Rechtsrüge setzt das Festhalten an dem vom Erstgericht festgestellten Sachverhalt und dessen Vergleich nicht aber den eines anderen, in der Beschwerde angenommenen, von den Urteilsfeststellungen abweichenden Sachverhaltes mit dem Gesetz voraus.

Dies unternimmt aber der Beschwerdeführer, wenn er "zugunsten" des Angeklagten (somit aus im Nichtigkeitsverfahren nicht vorgesehenen Beweiswürdigungserwägungen) von einer "etwa 10%igen Mischung" und einer - von ihm selbst als "hypothetisch" deklarierten - Annahme einer 50%igen Konzentration des Suchtgiftes ausgeht und allein hiedurch zu einer geringeren Heroinmenge als der vom Erstgericht konstatierten Menge von fünf Gramm gelangt. Auf die weiteren Ausführungen der Nichtigkeitsbeschwerde zu den Tatsachenfeststellungen des Erstgerichtes muß schon deshalb nicht eingegangen werden, weil sie in der Beschwerde selbst - insoweit zutreffend - als "in der Nichtigkeitsbeschwerde nicht erfolgreich relevierbar" angesehen werden. Nur am Rande sei angemerkt, daß die Ausführungen der Nichtigkeitsbeschwerde über einen Günstigkeitsvergleich ins Leere gehen, weil das Erstgericht - wie schon aus dem Spruch des erstgerichtlichen Urteils

hervorgeht - ohnedies Paragraph 12, Absatz eins, SuchtgiftG i.d.F. der Suchtgiftgesetznovelle 1985, BGBl 1985/184 anwendete; in der Beschwerde wird insoweit ein Nichtigkeitsgrund überhaupt nicht aufgezeigt.

Aus Anlaß der mangels gesetzmäßigen Ausführung gemäß Paragraph 285, d Absatz eins, Ziffer eins, StPO in Verbindung mit Paragraph 285, a Ziffer 2, StPO zurückzuweisenden Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten mußte sich jedoch der Oberste Gerichtshof von Amts wegen davon überzeugen, daß dem erstgerichtlichen Urteil ein die abschließende Beurteilung der Tathandlung des Angeklagten (zum Faktum 1) hindernder Feststellungsmangel anhaftet.

Nach den Urteilsfeststellungen brachte der Angeklagte den Türken A***, von dem er selbst schon Heroin bezogen hatte, mit dem Heroinvermittler H*** zusammen, der sodann von A*** 5 g Heroin kaufte, wobei dem Angeklagten bewußt war, daß H*** das Heroin (nach Aufstrecken) weiter veräußern werde.

Der Vorsatz des Täters muß sich auf alle Tatbildmerkmale des Paragraph 12, Absatz eins, SuchtgiftG beziehen, demnach auch darauf, daß die Tat in Beziehung auf eine große Menge Suchtgiftes begangen wird; er muß also die Eignung der Suchtgiftmenge, in großem Ausmaß eine Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Menschen entstehen zu lassen, in seinen Vorsatz mitaufgenommen haben (Foregger-Litzka, SuchtgiftG 2 Anmerkung römisch VI zu Paragraph 12 ;, vergleiche auch SSt 44/12, EvBl 1972/139,

EvBl 1972/52 = Rz 1971, 174, SSt 45/10 = JBl 1974, 536

= EvBl 1974/257 = Rz 1974/77, EvBl 1978/74 ua).

Hiezu bedarf es nicht nur Feststellungen über eine nach Vorstellung des Täters mögliche Weitergabe des Suchtgiftes, sondern auch darüber, um welche Menge welcher Qualität es sich nach der Vorstellung des Täters handelt. Eine Feststellung in dieser Beziehung wäre im vorliegenden Fall im Hinblick auf die tatsächliche Menge des verhandelten Suchtgiftes sowie darauf, daß Heroin nach forensischer Erfahrung gelegentlich "gestreckt" verhandelt wird und es sich beim Angeklagten um einen Vermittler handelte, von dem nicht zwangsläufig vorausgesetzt werden kann, daß er um die Menge des nach der Vorstellung der "Kontrahenten" zu verhandelnden oder tatsächlich verhandelten Suchtgiftes wußte, geboten gewesen, zumal es das Erstgericht außerdem bei der Feststellung beließ, daß der Angeklagte mit A*** gemeinsam in der Wohnung H*** eintraf (US 5), aber Feststellungen über eine (durchaus mögliche) weitere Anwesenheit des Angeklagten bei der Abwage und Übergabe des Suchtgiftes und damit seine Kenntnis über die (von A*** und H*** durch Abwiegen bestimmte) Suchtgiftmenge unterließ.

Der aufgezeigte Feststellungsmangel nötigt daher zur (amtswegigen) Kassation des erstgerichtlichen Urteils im Schuldspruch zu Punkt 1 des Urteilsspruches und demzufolge auch im Strafausspruch (einschließlich des Ausspruches über die Vorhaftanrechnung) bereits in der nichtöffentlichen Beratung (Paragraph 285, e StPO).

Mit seiner (dadurch gegenstandslos gewordenen) Berufung war der Angeklagte auf die kassatorische Entscheidung zu verweisen.