Gericht

OGH

Entscheidungsdatum

24.04.1980

Geschäftszahl

7Ob505/80

Norm

HGB §105;

HGB §123;

ZPO §1;

Kopf

SZ 53/64

Spruch

Die Rechtswirksamkeit einer ein Grundhandelsgewerbe betreibenden Offenen Handelsgesellschaft vor Eintragung in das Handelsregister setzt eine wenigstens schlüssige Zustimmung des weiteren Gesellschafters zum Geschäftsbeginn voraus. Sonst haftet der Handelnde gutgläubigen Dritten für die Scheingesellschaft; die Parteibezeichnung kann auf seinen Namen berichtigt werden

OGH 24. April 1980, 7 Ob 505/80 (HG Wien 1 R 355/79; BGHS Wien 10 C 2680/79)

Text

Mit dem angefochtenen Beschluß wies das Berufungsgericht die Berufung der nunmehrigen Rekurswerberin T GesmbH i. L. (im folgenden kurz: GesmbH) gegen das wider die Beklagte T Warenhandelsgesellschaft m. b. H. & Co (im folgenden kurz: OHG) ergangene Versäumungsurteil mit der Begründung zurück, daß die Berufungswerberin ungeachtet der bisherigen Nichtregistrierung der beklagten Personalhandelsgesellschaft nicht Partei und daher zur Erhebung der Berufung nicht legitimiert sei. Selbst eine allfällige Nichtigkeit könne nur im Rahmen eines zulässigen Rechtsmittels geprüft werden. Personalhandelsgesellschaften entstunden überdies im Außenverhältnis auch ohne Registrierung, wenn sie wie hier ein natürliches Handelsgewerbe betrieben und einen Geschäftsbetrieb bereits begonnen hätten. Damit sei auch der von der Klägerin in der Berufungsmitteilung beantragten Berichtigung der Parteibezeichnung der Boden entzogen.

Der Oberste Gerichtshof gab dem Rekurs der T GesmbH i. L. unter gleichzeitiger Berichtigung der Bezeichnung der beklagten Partei auf diesen Namen Folge, hob den angefochtenen Beschluß auf und trug dem Berufungsgericht eine neue Entscheidung über die Berufung dieser Partei auf.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Zu Unrecht verweist die Rekurswerberin allerdings auf ein Recht, als Gesellschafterin der beklagten OHG eine Berufung in deren Namen zu erheben. Denn sie ist bei Erhebung der Berufung ausdrücklich nicht im Namen der Gesellschaft eingeschritten, sondern hat umgekehrt mit der Behauptung, daß die beklagte OHG nicht existiere, eine eigene Legitimation zum Einschreiten daraus abgeleitet, daß sie die Gründung einer solchen Gesellschaft mit dem in der Klage angeführten Firmennamen bloß beabsichtigt habe, als Gesellschafterin der nicht existent gewordenen OHG aber durch das Versäumungsurteil beschwert sei. Damit ist die Rekurswerberin ausschließlich im eigenen Namen tätig geworden; nur die Legitimation hiezu war und ist zu prüfen.

Ein "unechtes" Prozeßverhältnis im Sinne der Entscheidung SZ 33/129 und EvBl. 1971/129 liegt entgegen der Ansicht der Rekurswerberin ebenfalls nicht vor, weil sie bisher nicht als Partei behandelt wurde.

In der Sache selbst ist das Berufungsgericht zutreffend und insoweit unbekämpft davon ausgegangen, daß eine OHG, die ein Handelsgewerbe gemäß Paragraph eins, Absatz 2, HGB betreibt, schon durch den Geschäftsbeginn vor der Eintragung in das Handelsregister nach außen hin Rechtswirksamkeit erlangt (Paragraph 123, Absatz 2, HGB; Kastner, Grundriß des Österr. Gesellschaftsrechts, 58; Hueck, Das Recht der OHG[4], 42 ff.; SZ 38/214 u. a.). Daraus folgt notwendigerweise auch ihre Partei- und Prozeßfähigkeit (Hueck a.a.O., 42 f.; AC 3096). Im vorliegenden Fall ist in diesem Zusammenhang unbestritten, daß unter dem Firmennamen der in der Klage bezeichneten Personalhandelsgesellschaft bereits Geschäfte begonnen wurden; die Rekurswerberin tritt auch dem Schluß der 2. Instanz nicht entgegen, daß diese Geschäfte ein Handelsgewerbe im Sinne des Paragraph eins, Absatz eins, HGB, nämlich den Warenhandel, zum Gegenstand hatten.

Mit Recht hat aber die Rekurswerberin schon in ihrer Berufung darauf hingewiesen, daß eine Personalhandelsgesellschaft nicht ohne gesellschaftsrechtliche Vereinbarung entstehen kann. Alle Gesellschafter müssen mindestens stillschweigend dem Beginn der Geschäfte zugestimmt haben, auch wenn es sich dabei um Vorbereitungsgeschäfte handelte. Hingegen schafft die bloße Kundgebung durch einen Gesellschafter die Gesellschaft nicht; fehlt eine der wesentlichen Voraussetzungen der OHG wie besonders der wenigstens schlüssige Abschluß des Gesellschaftsvertrages, so kann auch im Außenverhältnis die Gesellschaft nicht zur Entstehung gelangen (Kastner a.a.O., 57, 97; Hämmerle - Wünsch; Handelsrecht[3] römisch II, 63); die Scheingesellschaft kann nicht klagen und geklagt werden (Hueck a.a.O., 45 ff.).

Bei dieser Rechtslage kam entgegen der Meinung der zweiten Instanz dem Vorbringen der Berufung wesentliche Bedeutung zu, daß die Verhandlungen zur Gründung einer OHG gescheitert seien. Die Frage war allerdings dahin zu präzisieren, ob der in Aussicht genommene weitere Gesellschafter wenigstens stillschweigend der Aufnahme des Geschäftsbetriebes zugestimmt hatte, weil dies im Außenverhältnis zu gutgläubigen Dritten ohne Rücksicht auf eine gegenteilige Absicht der Gesellschafter den Tatbestand des Paragraph 105, HGB verwirklicht hätte, unter gemeinschaftlicher Firma ein Handelsgewerbe zu betreiben (Hueck a.a.O., 45), zumal ein Vollhandelsgewerbe nicht als Gesellschaft bürgerlichen Rechtes betrieben werden kann (NZ 1977, 140). Wurde hingegen der Gesellschaftsvertrag nicht einmal in diesem Sinne schlüssig abgeschlossen und konnte die OHG demnach im Außenverhältnis nicht zur Entstehung gelangen, dann hätte eine Scheingesellschaft gehandelt. In diesem Fall können gutgläubige Dritte geltend machen, daß ihnen gegenüber der äußere Anschein einer OHG hervorgerufen wurde; die angeblichen Gesellschafter müssen sich so behandeln lassen, als ob eine OHG bestunde (Hämmerle - Wünsch a. a.O). Unter Hinweis auf Fasching römisch III, 112 f. und die (nicht passende) Entscheidung EvBl. 1958/256 hielt das Berufungsgericht auch für diesen Fall eine Richtigstellung der Parteibezeichnung im Sinne des Paragraph 6, ZPO für ausgeschlossen. Die Unbilligkeit dieser Lösung liegt aber gerade im vorliegenden Fall auf der Hand. Würde doch der gutgläubige Dritte, dem jede Einsicht in die inneren Vorgänge der in Gründung befindlichen Gesellschaft verschlossen ist, gegenüber demjenigen Teilhaber derselben benachteiligt, der nicht nur voreilig Geschäfte im Namen dieser Gesellschaft geschlossen hat und materiell dafür haftet, sondern auch noch im Gerichtsverfahren für sie eingeschritten ist. Die Rechtsansicht der zweiten Instanz entspricht aber auch nicht der neueren Rechtsprechung, die das entscheidende Gewicht darauf legt, ob nur die Bezeichnung der schon im Klagsvorbringen eindeutig umschriebenen Partei unrichtig gewählt wurde oder ob an die Stelle des bisher als Partei betrachteten Rechtssubjektes ein anderes in den Rechtsstreit einbezogen werden soll, wobei die Existenz zweier Rechtssubjekte für einen unzulässigen Parteiwechsel, die Existenz nur eines aber für eine bloße Berichtigung der Parteibezeichnung spricht (EvBl. 1973/30; RZ 1977/102; 4 Ob 581/78; 1 Ob 750/79 u. a.; ähnlich Fasching römisch II, 127, 152). Das hier zu beurteilende Handeln für eine Scheingesellschaft läßt mangels einer rechtlichen Existenz derselben keine Zweifel am wahren Prozeßrechtssubjekt zu, wenn wie hier der für die Scheingesellschaft Handelnde feststeht. Der OGH hat deshalb keine Bedenken, der schon in Lehre und Rechtsprechung (Hueck a.a.O., 47 bei FN 21; SZ 23/27) vertretenen Ansicht zu folgen, daß die Berichtigung der Parteibezeichnung von einer Scheingesellschaft auf den für sie Handelnden zulässig ist (im Falle der Entscheidung EvBl. 1959/58 stand derselbe nicht fest).

Nach den vom OGH in diesem Sinne veranlaßten Erhebungen ist hier der erste der beiden dargestellten Fälle verwirklicht. Die Rekurswerberin beabsichtigte zwar die Gründung einer Personalhandelsgesellschaft mit der in der Klage für die beklagte Partei angegebenen Bezeichnung und sie hat unter dieser Bezeichnung auch bereits Geschäfte getätigt. Der in Aussicht genommene weitere Gesellschafter Alois T wußte davon jedoch nichts; er hat auch in der Folge solche Geschäfte nicht genehmigt. Die Verhandlungen zur Gründung der Personalhandelsgesellschaft zerschlugen sich schließlich.

Bei dieser Sachlage hat die Rekurswerberin für eine Scheingesellschaft gehandelt. Entgegen der Meinung des Rekursgerichtes ist einerseits die in der Berufungsmitteilung vorgenommene Berichtigung der Parteibezeichnung nach dem Gesagten zulässig, andererseits aber auch die Berufung der Scheingesellschafterin. Über dieses Rechtsmittel wird demnach die zweite Instanz sachlich zu entscheiden haben.