Gericht

OGH

Entscheidungsdatum

16.04.1969

Geschäftszahl

5Ob101/69

Norm

KO §7;

KO §9;

Kopf

SZ 42/54

Spruch

Die Konkurseröffnung über das Vermögen des Gemeinschuldners unterbricht nicht die Verjährung der Forderungen des Gemeinschuldners.

Entscheidung vom 16. April 1969, 5 Ob 101/69.

römisch eins. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien; römisch II. Instanz:

Oberlandesgericht Wien.

Text

Nach der Darstellung der Klage hat der Beklagte den Gemeinschuldner mit Schreiben vom 26. Juli 1963 beauftragt, die Baumeisterarbeiten zum Wiederaufbau des Hauses Wien 2, T.-straße 104 durchzuführen. Am 6. Oktober 1963 sei ein schriftlicher Bauvertrag mit einer Gesamtbausumme von 2.5 Millionen Schillingen abgeschlossen worden. In diesem Entgelt seien auf Grund von Lohn- und Preiserhöhungen sich ergebende Mehrleistungen sowie solche auf Grund zusätzlicher Aufträge im Laufe der Bauführung nicht enthalten gewesen. Die Arbeiten seien bis Oktober 1964 durchzuführen gewesen. Der Gemeinschuldner hätte diesen Termin einhalten können, wenn sich nicht durch die nicht in seinen Händen liegende Gesamtbauleitung sowie wegen weiterer zusätzlicher Aufträge, die der Beklagte insbesondere mit dem Schreiben vom 31. Mai 1965 erteilt habe, die Bauarbeiten verzögert hätten. Mit Schreiben vom 31. Mai 1965 habe der Beklagte die Zahlung des noch ausstehenden restlichen Entgeltes innerhalb von 10 Tagen nach Rechnungslegung zugesagt. Der Gemeinschuldner habe nach Fertigstellung des Bauvorhabens dem Beklagten am 7. Juli 1965 eine Schlußrechnung über insgesamt 3.288.003.98 S gelegt. Unter Berücksichtigung der tatsächlich vom Beklagten geleisteten Zahlungen hafte von diesem Betrag noch ein Rest in der Höhe von 534.410.73 S aus. Laut Schreiben des Beklagten vom 31. Mai 1965 sei dieser Betrag am 17. Juli 1965 fällig gewesen. Es werde daher das Klagebegehren gestellt, den Beklagten schuldig zu erkennen, dem Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen des Gemeinschuldners den Betrag von 534.410.73 S samt 4% Zinsen seit 17. Juli 1965 zu bezahlen.

Der Beklagte bestritt das Klagsvorbringen zur Gänze und wendete ein, daß nach der Erteilung des Bauauftrages vom 26. Juli 1963 zwischen ihm und dem Gemeinschuldner am 6. Oktober 1963 schriftlich ein Bauvertrag geschlossen worden sei. Nach dem Inhalt des Vertrages sei mit den Bauarbeiten unverzüglich zu beginnen gewesen. Die Baumeisterarbeiten hätten bis 30. September 1964 fertiggestellt sein sollen. Nach einem Zusatzschreiben vom 15. Oktober 1963 sei in den Bauvertrag die Vereinbarung aufgenommen worden, daß, falls die Frist der Fertigstellung mehr als 14 Tage über den 1. Oktober 1964 hinausgehe, ein Pönale von täglich 2000 S von der Schlußrechnung in Abzug gebracht werde. Schon der Baubeginn habe sich verzögert. Auch in der Folge seien Schwierigkeiten eingetreten, für die der Gemeinschuldner aufzukommen habe. Am 7. Juli 1965 habe der Gemeinschuldner, obwohl noch nicht alle Arbeiten fertiggestellt gewesen seien, die Schlußrechnung gelegt. Ferner werden aufrechnungsweise mehrere Gegenforderungen eingewendet, die zusammen den Klagsbetrag übersteigen.

Eingewendet wurde schließlich die eingetretene Verjährung des Anspruches.

Mit Beschluß des Handelsgerichtes Wien vom 26. November 1965 wurde über das Vermögen des Gemeinschuldners das Konkursverfahren eröffnet.

Das Erstgericht stellte mit Beschluß vom 22. Juni 1966 fest, daß der Rechtsstreit zufolge der Konkurseröffnung über das Vermögen des Gemeinschuldners nach Paragraph 7, (1) KO. unterbrochen wurde.

Der klagende Masseverwalter beantragte am 16. September 1968 die Fortsetzung des unterbrochenen Verfahrens.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es ging davon aus, daß dem Klagsanspruch ein Werkvertrag zugrunde liege. Nach Paragraph 1486, Ziffer eins, ABGB. unterliegen Forderungen aus einem Werkvertrag einer Verjährungsfrist von 3 Jahren. Die Verjährung beginne mit der Beendigung des Werkes, spätestens aber mit der Rechnungslegung (17. Juli 1965) zu laufen. Die Verjährung sei zwar durch die Klagseinbringung am 11. August 1965 gemäß Paragraph 1497, ABGB. unterbrochen worden, doch sei das Verfahren nicht gehörig, nämlich bis spätestens 16. Juli 1968, fortgesetzt worden. Der Fortsetzungsantrag sei im übrigen auch länger als 3 Jahre nach der Klagseinbringung gestellt und daher nicht rechtzeitig angebracht worden. Dem Ablauf der Verjährungsfrist stehe auch nicht die Bestimmung des Paragraph 7, KO. entgegen. Nach dieser Gesetzesstelle werden lediglich alle anhängigen Rechtsstreitigkeiten, an denen der Gemeinschuldner als Kläger oder Beklagter beteiligt sei, unterbrochen, nicht aber die Verjährung. Ebenso werde nach Paragraph 9, KO. durch die Anmeldung im Konkurs nur die Verjährung angemeldeter Forderungen unterbrochen, nicht aber die Verjährungsfrist der Aktivforderungen des Gemeinschuldners. Da der in der Klage geltend gemachte Anspruch demgemäß verjährt sei, sei die Klage nicht gerechtfertigt.

Das Berufungsgericht bestätigte das Urteil des Prozeßgerichtes.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision des Klägers nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Es ist davon auszugehen, daß nach dem zwischen dem Gemeinschuldner und dem Beklagten am 6. Oktober 1963 geschlossenen Bauvertrag der Gemeinschuldner den Wiederaufbau des Hauses Wien 2., T.-straße 104, durchzuführen hatte. Es wurde somit ein Werkvertrag geschlossen (Adler, Höller in Klang, Komm.[2] römisch fünf S. 167).

Nach Paragraph 1486, Ziffer eins, ABGB. verjähren Forderungen für die Ausführung von Arbeiten oder sonstigen Leistungen in einem gewerblichen, kaufmännischen oder sonstigen geschäftlichen Betrieb in 3 Jahren. Nach dem Klagsvorbringen hat der Gemeinschuldner nach der Fertigstellung der Arbeiten am 7. Juli 1965 die Schlußrechnung gelegt. Der Beklagte hat mit Schreiben vom 31. Mai 1965 die Zahlung des Restbetrages innerhalb von 10 Tagen nach der Rechnungslegung zugesagt, sodaß nach dem Klagsvorbringen der Anspruch auf Zahlung des Entgeltes für die durchgeführten Bauarbeiten vereinbarungsgemäß am 17. Juli 1965 fällig war. Damit war der Gemeinschuldner in der Lage, seinen Anspruch mittels Klage geltend zu machen, und beginnt der Lauf der Verjährungsfrist.

Wohl wird die Verjährung gemäß Paragraph 1497, ABGB. unterbrochen, wenn derjenige, welcher sich darauf berufen will, vor dem Ablauf der Verjährungszeit entweder ausdrücklich oder stillschweigend das Recht des anderen anerkannt hat oder wenn er von dem Berechtigten belangt und die Klage gehörig fortgesetzt wird. Dem Revisionswerber ist beizupflichten, daß nach dem Schrifttum (Klang, Komm.[2] römisch VI S. 653) und der Rechtsprechung (SZ. römisch XXIV 153, 5 Ob 54/67, 5 Ob 15/68 u. a.) ein Anerkenntnis im Sinne des Paragraph 1497, ABGB. nicht ausdrücklich erklärt werden muß. Es genügt ein schlüssiges Verhalten des Schuldners, aus dem sich entnehmen läßt, daß er das Bewußtsein hat, verpflichtet zu sein.

Allein wer zugibt, daß gegen ihn eine Forderung entstanden sei, aber gleichzeitig geltend macht, daß ihm Gegenforderungen zustehen, welche die Klagsforderung übersteigen, anerkennt nicht den aufrechten Bestand der Forderung, sondern bestreitet ihn. Durch eine solche Bestreitung wird daher die Verjährung, wie der Oberste Gerichtshof wiederholt ausgesprochen hat (Rspr. 1933 Nr. 296 und die Besprechung von Wahle zu dieser Entscheidung, SZ. römisch XXXIII 11, 4 Ob 141/62 in JBl. 1964 S. 218, 6 Ob 4/68 u. a.), nicht unterbrochen.

Im vorliegenden Fall hat der Beklagte nicht nur den Anspruch des Klägers zur Gänze bestritten, sondern in seiner Klagebeantwortung aufrechnungsweise eine Reihe von Gegenforderungen geltend gemacht, die die Höhe des Klagsbetrages auf jeden Fall erreichen. Damit kann aber weder von einem Anerkenntnis, noch von einem etwaigen Verzicht auf die Erhebung der Verjährungseinrede gesprochen werden. Entgegen der Auffassung des Revisionswerbers ist demgemäß mangels eines Anerkenntnisses im Sinne des Paragraph 1497, ABGB. eine Unterbrechung der Verjährung nicht eingetreten.

Frei von Rechtsirrtum ist auch die Auffassung der Vorinstanzen, daß es für die Annahme einer Unterbrechung der Verjährung nicht genügt, wenn der Gemeinschuldner geklagt wird, sondern es muß die Klage auch gehörig fortgesetzt werden. Die Verjährung ist dazu bestimmt, der beharrlichen Nichtgeltendmachung des Anspruches entgegenzutreten. Für die Frage, ob ein längeres Zuwarten mit der Verfolgung des Anspruches im Sinne des Paragraph 1497, ABGB. noch hingenommen werden kann oder ob eine ungewöhnliche Untätigkeit vorliegt, welche dazu führt, daß die Verjährung nicht mehr als unterbrochen anzusehen ist, sind die Umstände des Einzelfalles von Belang (Klang im Komm.[2] römisch VI S. 656 ff., 3 Ob 309/60, 6 Ob 335/68 u. v. a.).

Von einer gehörigen Fortsetzung des Verfahrens kann aber nur dann gesprochen werden, wenn der Kläger alle Prozeßhandlungen vorgenommen hat, um wesentliche Verzögerungen des Verfahrens zu vermeiden. Dazu ist, wie der Oberste Gerichtshof ausgesprochen hat (8 Ob 332/64 in EvBl. 1965 Nr. 144, 6 Ob 335/68 u. a.), erforderlich, daß er in dieser Hinsicht alles unternimmt, was er zur Weiterführung des Rechtsstreites tun konnte. Im vorliegenden Fall wurde die Klage am 11. August 1965 überreicht. Die Unterbrechung des Verfahrens wurde mit Beschluß vom 22. Juni 1966 festgestellt. Der Fortsetzungsantrag des Masseverwalters wurde am 16. September 1968 beim Prozeßgericht überreicht. Zwischen der Konkurseröffnung (26. November 1965) und dem Fortsetzungsantrag liegen nahezu 3 Jahre. Es kann daher nicht gesagt werden, daß der Masseverwalter seinen Fortsetzungsantrag zu einem Zeitpunkt gestellt hat, in dem eine wesentliche Verzögerung des Verfahrens vermieden wurde.

Dem Revisionswerber entgeht aber auch, daß für den Fall, als sich in einem Verfahren der Beklagte auf Verjährung wegen nicht gehöriger Fortsetzung des Prozesses beruft, es, wie der Oberste Gerichtshof ausgesprochen hat (EvBl. 1961 Nr. 80 u. a.), die Aufgabe des Klägers ist, taugliche Gründe für die Untätigkeit und für die Nichtaufnahme und die Nichtfortsetzung des Verfahrens vorzubringen und unter Beweis zu stellen. Diesfalls hat der Beklagte bei der der Unterbrechung des Verfahrens folgenden Tagsatzung die Einrede der Verjährung erhoben. Der klagende Masseverwalter hat sich darauf beschränkt, zu bestreiten, daß für die Dauer der Unterbrechung des Rechtsstreites die Verjährung gehemmt worden sei. Umstände, die den Masseverwalter an einer früheren Fortsetzung des Rechtsstreites gehindert haben, wurden nicht behauptet, sodaß keine unrichtige rechtliche Beurteilung der Sache gegeben ist, wenn die Vorinstanzen das Vorliegen einer gehörigen Fortsetzung des Verfahrens sowie eine Unterbrechung der Verjährung durch die Klagseinbringung verneint haben.

Entgegen der Auffassung des Revisionswerbers ist auch durch die Konkurseröffnung die Verjährung einer Forderung des Gemeinschuldners gegen seinen Gläubiger nicht gehemmt worden. Weder die Vorschriften der Paragraphen 1494, ff. ABGB., noch die Bestimmungen der Paragraphen 7 und 9 KO. enthalten, wie der Oberste Gerichtshof in Übereinstimmung mit dem Schrifttum (Bartsch - Pollak, Konkursordnung[3] römisch eins. Band S. 84 Anmerkung 1, Lehmann, Kommentar S. 77 letzter Absatz) ausgesprochen hat (GH. 74. Jahrgang S. 76) einschlägige Anordnungen, sodaß eine Hemmung der Verjährung nicht eingetreten ist.