Gericht

OGH

Rechtssatznummer

RS0112744

Entscheidungsdatum

25.11.2020

Geschäftszahl

6Ob4/99b; 6Ob288/99t; 4Ob252/02s; 6Ob235/07p; 6Ob236/07k; 6Ob267/08w; 6Ob226/09t; 6Ob203/20a

Norm

AktG §52

AktG §65

AktG §178

AktG §219

AktG §224

AktG §225a

AktG §226

GmbHG §54

GmbHG §81

GmbHG §82

GmbHG §96

UmwG §5 Abs5

Rechtssatz

1. Wenn bei einer Konzernverschmelzung von Gesellschaften mit beschränkter Haftung von einer übertragenden 100 % Muttergesellschaft auf ihre übernehmende Tochtergesellschaft (Verschmelzung down stream) gemäß Paragraph 96, GmbHG, die ohne Erhöhung des Stammkapitals der Tochtergesellschaft durchgeführt werden soll, die Gesellschafter der Muttergesellschaft im gleichen Verhältnis wie bisher Gesellschafter der Tochtergesellschaft werden, ist das Verbot der Einlagenrückgewähr gemäß Paragraph 82, Absatz eins, GmbHG kein Verschmelzungshindernis; ebenso auch nicht das Verbot nach Paragraph 81, GmbHG, dass die Gesellschaft keine eigenen Anteile besitzen darf. Der Erwerb der Geschäftsanteile durch die Gesellschafter der Muttergesellschaft erfolgt ipso iure durch die Verschmelzung. 2. Die Verschmelzung setzt einen positiven Verkehrswert des übertragenen Vermögens der Muttergesellschaft voraus. 3. Die Verschmelzung von einer mit einem höheren Stammkapital ausgestatteten Muttergesellschaft auf eine Tochtergesellschaft mit niedrigerem Stammkapital hat kapitalherabsetzenden Effekt. Zum Schutz der Gläubiger der übertragenden Kapitalgesellschaft ist der Kapitalerhaltungsgrundsatz zu beachten. Die Verschmelzung darf im Firmenbuch nur eingetragen werden, wenn vor der Verschmelzung bei der übertragenden Gesellschaft eine ordentliche Kapitalherabsetzung auf das Ausstattungsniveau der Tochtergesellschaft durchgeführt wurde oder dem Firmenbuchgericht die Befriedigung oder Sicherstellung der Gläubiger in sinngemäßer Anwendung der Paragraphen 54, ff GmbHG nachgewiesen wird. 4. Die fusionsrechtlichen Gläubigerschutzbestimmungen der Paragraphen 226, ff AktG verdrängen die gesetzlichen Regeln über die Kapitalerhaltung nicht.

Entscheidungstexte

TE OGH 1999-11-11 6 Ob 4/99b

Veröff: SZ 72/172

TE OGH 2000-01-20 6 Ob 288/99t

Vgl auch; Beisatz: Kapitalerhaltungsvorschriften dienen dem im Gesellschaftsrecht verankerten Schutz des Gläubigers vor künftigen negativen Entwicklungen der Gesellschaft und stellen den Ausgleich für die mangelnde persönliche Haftung der Gesellschafter von Kapitalgesellschaften dar. Das Firmenbuchgericht hat daher im Rahmen seiner materiellen Prüfungspflicht die handelsrechtlichen Voraussetzungen der begehrten Eintragung von Amts wegen zu prüfen und allfällige Verstöße gegen Kapitalerhaltungsvorschriften wie das Verbot der Einlagenrückgewähr wahrzunehmen. (T1); Veröff: SZ 73/14

TE OGH 2002-11-19 4 Ob 252/02s

Vgl auch; Beisatz: Das Firmenbuchgericht hat allfällige Verstöße gegen das Verbot der Einlagenrückgewähr von Amts wegen wahrzunehmen. (T2)

TE OGH 2007-11-07 6 Ob 235/07p

Vgl auch; Beis wie T1; Beisatz: Hier: Umwandlung einer Einpersonen-Kapitalgesellschaft in eine Personengesellschaft. Nach Paragraph 5, Absatz eins, zweiter und dritter Satz UmwG in der Fassung ÜbRÄG 2006 Bundesgesetzblatt Teil eins, 75 aus 2006,) muss bei der errichtenden Umwandlung die Höhe der übernommenen Einlagen der Höhe des Stammkapitals entsprechen. Es steht den Gesellschaftern frei, ob sie sich als Kommanditist oder Komplementär beteiligen. Dabei muss mindestens ein weiterer Gesellschafter hinzutreten. (T3); Beisatz: Dem bei Umwandlung unter Errichtung einer GmbH & Co KG im engsten Sinn erforderlichen Gläubigerschutz ist bereits im Eintragungsverfahren Rechnung zu tragen. (T4); Veröff: SZ 2007/175

TE OGH 2007-11-07 6 Ob 236/07k

Vgl auch; Beis wie T1; Beis wie T3; Beis wie T4

TE OGH 2008-12-17 6 Ob 267/08w

Vgl; Beisatz: Hier: Errichtende Umwandlung einer GmbH in eine KG. (T5); Beisatz: Bei der errichtenden Umwandlung muss die Höhe der übernommenen Kommanditeinlagen (Hafteinlagen) die Höhe des entsprechenden Teils des Stammkapitals erreichen. (T6)

TE OGH 2010-04-15 6 Ob 226/09t

Auch; Beis wie T2; Beisatz: Das Verbot der Einlagenrückgewähr (Paragraph 224, Absatz 2, AktG) ist nur anzuwenden, sofern ein gewisser „Österreichbezug“ besteht. (T7); Beisatz: Hier: Enkelverschmelzung. (T8); Veröff: SZ 2010/35

TE OGH 2020-11-25 6 Ob 203/20a

vergleiche aber; Beisatz: Bei der up-stream-Verschmelzung kann das Vermögen der übertragenden Tochtergesellschaft negativ sein, sofern die Muttergesellschaft nach der Verschmelzung die (fälligen) Verbindlichkeiten sämtlicher Gläubiger (sowohl der übertragenden als auch der übernehmenden Gesellschaft) bedienen kann und durch die Übernahme des negativen Vermögens nicht selbst insolvenzreif wird. (T9)

Beisatz: Die Verschmelzung einer nicht nur buchmäßig überschuldeten übertragenden Gesellschaft ist auch dann zulässig, wenn die übernehmende Gesellschaft deutlich größer ist und eine ausreichende Bonität aufweist, insbesondere die übernommenen Verbindlichkeiten bereits in freien Rücklagen oder einem Gewinnvortrag der übernehmenden Gesellschaft Deckung finden. (T10)

Anmerkung, Veröff: SZ 2020/102

European Case Law Identifier

ECLI:AT:OGH0002:1999:RS0112744